Rabenalt | Musikdramaturgie im Film | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 420 Seiten

Rabenalt Musikdramaturgie im Film

Wie Filmmusik Erzählformen und Filmwirkung beeinflusst
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-96707-102-3
Verlag: edition text+kritik
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Wie Filmmusik Erzählformen und Filmwirkung beeinflusst

E-Book, Deutsch, 420 Seiten

ISBN: 978-3-96707-102-3
Verlag: edition text+kritik
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Die auditive Gestaltung im Kino lädt zum aufmerksamen Zuhören ein, um eine Geschichte interessant und unterhaltsam zu erzählen. Musik im Film ist ein dramaturgisches Mittel und beeinflusst dabei sowohl Form als auch Wirkung des Films. Der schillernde Begriff "Dramaturgie", der sich stets zwischen Theorie und Praxis behaupten muss, erfährt in diesem Buch eine für die Beschäftigung mit Filmmusik notwendige Konkretisierung.

Mit zahlreichen Beispielen und auf unterschiedlichen Wegen der Filmmusikanalyse, die vom Allgemeinen zum filmmusikalischen Detail führen oder umgekehrt von einem Teilmoment ausgehen und auf dessen Bedeutung für das Ganze schließen lassen, werden Grundformen und Ausnahmen des filmischen Erzählens thematisiert und die Rolle, die der Filmmusik dabei zukommt, illustriert.

Mit Blick auf das Verwenden und Komponieren von Musik sowie auf deren Wahrnehmung im Kontext einer Geschichte wird die oft benannte, aber bisher weder ausführlich noch systematisch untersuchte Bedeutung der Dramaturgie von Grund auf überdacht.

Das dramaturgisch Verbindende der verschiedenen eingenommenen Perspektiven, die Querverbindungen zwischen Musiktheorie, filmischer Montage, Erzählformen und Filmrezeption führen schließlich zu einem neuen, auf die dramaturgische Wirkungsweise von Musik spezialisierten Modell der auditiven Ebenen im Film. In Verbindung mit einer Systematik von dramaturgisch wirksamen Musik-Bild-Kopplungen und dem Konzept vom Fabelzusammenhang der Filmmusik wird ein universelles und zeitgemäßes Analysemodell für Filmmusik offeriert, das sich auch über die besprochenen Genres und Formen hinaus anwenden lässt. Ein ausführliches Glossar schließt das Buch ab, das damit für Medienschaffende und Forschende gleichermaßen von Interesse sein wird.

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Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


Einleitung

Teil I: Grundlagen und interdisziplinäre Umgebung
1. Dramaturgie und Musik
1.1 Dramaturgie
1.2 Musikästhetische Perspektiven auf Musik und Erzählen
1.3 Zusammenfassung Kapitel 1

2. Ästhetik und Affekt
2.1 Filmästhetische Überlegungen zur Einheit von Klang und Bild
2.2 Einfühlung und Distanz
2.3 Filmmusik und Emotion
2.4 Zusammenfassung Kapitel 2

3. Was ist Musikdramaturgie im Film?
3.1 Praxisorientierte und theoretische Ansätze
3.2 Abgrenzung zur Musiktheater-Dramaturgie
3.3 Zusammenfassung konkreter Aspekte der Musikdramaturgie im Film

Teil II: Methoden und Anwendung der musikdramaturgischen Analyse
4. Filmmusik und Analyse
4.1. Vorüberlegungen zum Themenbereich Filmmusik und Analyse
4.2 Kritik der Modelle und Kataloge filmmusikalischer Funktionen
4.3 Möglichkeiten und Grenzen der musikalischen Analyse von Filmmusik
4.4 Fabelzusammenhang der Filmmusik
4.5 Sujetbezug der Filmmusik
4.6 Die dramaturgische Dimension von Musik-Bild-Kopplungen
4.7 Die auditiven Gestaltungs- und Wahrnehmungsebenen
4.8 Zusammenfassung Kapitel 4

5. Zusammenfassung und Ausblick

6. Anhang
6.1 Verzeichnis der Filme
6.2 Verzeichnis der Abbildungen und Noten
6.3 Verzeichnis der Personen
6.4 Verzeichnis der Musikstücke und literarischen Werke
6.5 Internetquellen
6.6 Literaturverzeichnis
6.7 Glossar


Teil I
Grundlagen und interdisziplinäre Umgebung
Im Film kann Musik als ein wesentliches Element der Dramaturgie einen faszinierenden Anteil an der Wirkung haben. Doch wie kann dieser analysiert, beschrieben und erklärt werden? In der Musik selbst stecken bereits Anteile dramaturgischer Gesetzmäßigkeiten, z. B. eine kalkulierte Verlaufswirkung, der Zusammenhalt der musikalischen Mittel untereinander oder das Einbeziehen von Publikumswissen. Beim Zusammentreffen verschiedener Kunstsysteme, die ihre eigenen Gesetze zu Sprache, Musik und Bild einbringen, prägt der Film eigene Spezifika aus. Die Kapitel des I. Teils sollen die Grundlage bilden, um diesen Dingen nachzugehen und eine Bestimmung des Begriffs »Musikdramaturgie im Film« zu ermöglichen. Kapitel 1–3 bewegen sich im interdisziplinären Umfeld der Filmmusik, beginnend mit der Frage, was unter Dramaturgie, Filmdramaturgie und filmischer Narration verstanden werden kann. Der changierende Begriff »Dramaturgie« wird hinterfragt, die wesentlichsten Aspekte zur Filmdramaturgie werden erläutert. Danach richtet sich der Blick auf musikgeschichtlich gewachsene Konnotationen zwischen Musik und außermusikalischen Inhalten, narrative Analogien in der Musik, psychologische Anteile der Filmwahrnehmung und Grundlagen der emotionalen Teilnahme am Film. Die Beschäftigung mit den filmästhetischen Bedingungen, unter denen Musik im Film wirkt, folgt der Ansicht, dass Dramaturgie auch eine ästhetische Theorie beinhaltet, die Inhalt, Struktur und Wirkung zueinander in Beziehung setzt. Die verschiedenen Blickwinkel in den ersten drei Kapiteln sind durch Querverweise und Rückfragen miteinander verbunden, auch um nach geeigneter Terminologie für ein Konzept der Musikdramaturgie im Film und die musikdramaturgische Analyse von Musik im Film zu suchen. 1. Dramaturgie und Musik
1.1 Dramaturgie
1.1.1 Begriffsbestimmung Dramaturgie Eine Begriffsbestimmung für den Terminus »Dramaturgie« vorzunehmen, die alle mit Dramaturgie praktisch oder theoretisch in Berührung kommenden Bereiche, Kunstformen, Wissenschaftsdisziplinen usw. gleichermaßen berücksichtigt (und die Ansichten der Vertreterinnen und Verfechter ausreichend berücksichtigt), ist nach eingehender Untersuchung der Materie kaum möglich. Es stellt sich sogar die Frage, ob Dramaturgie überhaupt als Begriff taugt. Ähnlich verhält es sich bei der Diskussion, wie weit der Begriff »Filmmusik« zu fassen sei, wodurch einige Schwierigkeiten für eine wissenschaftliche Betrachtung von Musikdramaturgie im Film entstehen. In diesem Kapitel wie auch in der gesamten Untersuchung finden sich Gedanken, Definitionen und Tendenzen wieder, die einen Dramaturgiebegriff untermauern, der praktische, analytische und theoriebildende Aspekte berücksichtigt. Die Gewichtung dieser Anteile kann je nach Kontext, in dem das Wort Dramaturgie gebraucht wird, sehr unterschiedlich ausfallen. Zusammengehalten werden die genannten Aspekte durch die Ästhetik des darstellenden Erzählens, zu dem auch die Kunstform Film gezählt werden kann. Der hier dargelegte Dramaturgiebegriff greift Grundlagen der Theaterdramaturgie auf, schließt dabei antike, klassische und zeitgenössische Prägungen ein und öffnet sich auch den Erkenntnissen und Kategorien der Narratologie, die für die Filmwissenschaft und Filmmusikforschung immer bedeutsamer geworden sind. Ein aus der Belletristik stammendes Zitat zeigt anschaulich und kompakt die vielen Anteile, die Dramaturgie als Theorie und Praxis der Erzählkunst hat, und rückt einen noch nicht genannten Aspekt in den Mittelpunkt: dass der/die Erzählende um das Wissen des Publikums weiß und die eigene Sichtweise auf Thema und Geschichte zwar nicht vollständig offenlegt, aber dennoch durchblicken lässt: »Ich selbst genoss meinen Bericht so, als würde er von einem ganz anderen erzählt, und ich steigerte mich von Wort zu Wort und gab dem Ganzen, von meiner Leidenschaft für das Berichtete selbst angefeuert, eine Reihe von Akzenten, die entweder den ganzen Bericht würzende Übertreibungen oder sogar zusätzliche Erfindungen waren, um nicht sagen zu müssen: Lügen. Ich hatte auf dem Schemel neben dem Fenster sitzend, den Schorschi auf seinem Bett gegenüber, einen durch und durch dramatischen Bericht gegeben, von dem ich überzeugt war, dass man ihn als ein wohlgelungenes Kunstwerk auffassen musste, obwohl kein Zweifel darüber bestehen konnte, dass es sich um wahre Begebenheiten und Tatsachen handelte. Wo es mir günstig erschien, hielt ich mich länger auf, verstärkte das eine, schwächte das andere ab, immer darauf bedacht, dem Höhepunkt der ganzen Geschichte zuzustreben, keine Pointe vorwegzunehmen und im Übrigen mich als den Mittelpunkt meines dramatischen Gedichts niemals außer acht zu lassen. Ich wusste, was dem Schorschi imponierte und was nicht, dieses Wissen war die Grundlage meines Berichts.« Thomas Bernhard, Ein Kind (Bernhard 1982/2012, S. 35 f.) Dramaturgie ist ein Bereich der Praxis (Erfindung und Umsetzung) und zugleich der Theorie (Analyse und Reflexion der Regeln). Um eine Brücke zwischen theoretischen und praktischen Anteilen von Dramaturgie zu schlagen, kann man grundsätzlich sagen, dass Dramaturgie als eine Form des kreativen Durchdenkens einer Sache mit den Mitteln der poetischen Gestaltung zeitbasierter Künste verstanden werden kann. Daraus ergibt sich, dass Dramaturgie kein geschlossenes oder homogenes System darstellt – in diesem Sinne sollten die zitierten Definitionen oder Anmerkungen verstanden werden. Unterschiedliche Auffassungen zu und Anforderungen an Aufbau, Umsetzung und Rezeption einer Geschichte lassen Dramaturgie als vielfältiges und keineswegs normatives Gefüge begreifbar werden. Dieses Gefüge besteht aus in der Praxis gewonnenen und erprobten Strukturen und Wirkungsstrategien, die sich nicht selten zu erzählerischen Modellen und rezeptionsästhetischen Modellvorstellungen zu Wahrnehmung und Aufschlüsselung von narrativen Werken verfestigt haben. Hierauf aufbauend entwickelte und entwickelt sich Dramaturgie als künstlerische und – wenn auch noch vereinzelt – zunehmend wissenschaftliche Disziplin, die unterschiedliche theoriebildende Ansätze und Forschungstraditionen bedient oder nutzt. Der im Folgenden ausgebreitete Dramaturgiebegriff berücksichtigt, dass Dramaturgie Strukturen und Wirkungen hervorbringt, aber mit ihrer Hilfe dieselben zugleich auch analysiert werden können.1 Ein solcher Dramaturgiebegriff lässt Strategien und Wirkungen als (bewusst oder unreflektiert) auf einer in Werken und Theorien überlieferten Basis sich entfaltend begreifbar werden. Aber auch nicht vollständig benennbare und dennoch praktizierte Strategien und funktionierende Wirkungsmechanismen sind Teil von Dramaturgie. Der Dramaturg und Drehbuchautor Jean-Claude Carrière spricht sogar von einem »Geheimnis«, das dem Erzählen innewohnt, und verortet damit Dramaturgie indirekt in einem Bereich, wo nicht alle Gestaltungselemente und Wirkungsweisen entschlüsselbar sind, aber dennoch in der Praxis existieren.2 Der Terminus »Dramaturgie« zielt insgesamt auf drei wesentliche Aspekte des darstellenden Erzählens ab: 1. die Tätigkeit der Fertigung und Aufführung von Dramen (in der Philosophie »Poiesis« genannt, altgriechisch: für zweckgebundenes Handeln),
2. die Lehre von den Regeln und Prinzipien für die Umsetzung im Rahmen der dem Medium entsprechenden Kriterien (»Poetik«)
3. eine Theorie, die Rechtfertigungen und Analysemethoden für die postulierten Regeln liefert und systematisiert.3
Aus der Perspektive, Dramaturgie als Werkzeug der Umsetzung wie auch Analyse zu betrachten, hat, als Beispiel, Gotthold Ephraim Lessing auf zeitgenössische Dramenaufführungen geblickt. Seine »Hamburgische Dramaturgie«4 enthält neben den Analysen implizit auch eine Theorie der Theaterdramaturgie. Er greift dabei unter anderem auf den von Aristoteles mit »Mythos« titulierten, in der Folge aber mit »Fabel« übersetzten Terminus (Schmitt 2008, S. 222) für die Organisation der Einheit der Handlung zurück und führt den Begriff »Intrige« ein (Lessing 1767/69, S. 163 f.). »Intrige« steht in manchen Dramentheorien für das Prinzip der »Fabel«, in anderen für den Teil der Geschichte, der durch meist entgegengesetzte Interessen und daraus resultierende Konflikte eine Handlung vorantreibt. Lessing knüpft an das aristotelische Paradigma an, dass die Handlung aus Notwendigkeit und nach Wahrscheinlichkeit voranschreiten solle (Aristoteles 2008, S. 13; Kap. 9, 1451a35), und führt es mit den Ideen der Aufklärung zusammen. Die Katharsis, meist als Reinigung von den Affekten Furcht, Schaudern und Mitleid bzw. als Ausgleich dieser Affekte verstanden,5 transferiert Lessing demnach zu einer Verwandlung hin zu einem tugendhaften und aufgeklärten Geist. Von Brecht wurden die inhärenten Grundlagen der aristotelischen Dramaturgie und des bürgerlichen Theaters des 19. Jahrhunderts, wie z. B. die Einfühlung in Protagonisten und Konflikte sowie die schicksalhafte Unabänderlichkeit der Umstände, in denen eine Geschichte angesiedelt ist, scharf kritisiert. Doch auch er verwendet den Begriff »Fabel« und sieht ihn als einen zentralen dramaturgischen Terminus an. Zu Brechts Verständnis eines reformierten Fabel-Begriffs gehört die Idee, dass das Wesen des Menschen sich durch sein gesellschaftliches Handeln zeige.6...


Rabenalt, Robert
Robert Rabenalt, geb. in Berlin, Studium der Musikwissenschaft und Musiktheorie in Berlin, Lehrtätigkeit im Bereich Musiktheorie an der Hochschule für Musik und Theater Leipzig, daneben Tätigkeit als Komponist für Ensembles und Film, Lehrbeauftragter für Musik- und Tondramaturgie an der Filmuniversität Babelsberg und als Mitherausgeber der Onlinezeitschrift "Kieler Beiträge zur Filmmusikforschung". Weitere Tätigkeit als Mitherausgeber, Autor von Artikeln, Lexikonbeiträgen, Leiter und Organisator von Workshops, Fachtagungen im Bereich Musiktheorie, Filmmusik und zur Didaktik im Spannungsfeld künstlerisch-wissenschaftlicher Arbeit sowie Vorträge auf nationalen und internationalen Tagungen und im Rahmen von Erasmus+ (Lissabon). 2019 Promotion an der Martin-Luther-Universität Halle/Wittenberg.



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