Buch, Deutsch, 720 Seiten, PB, Format (B × H): 140 mm x 222 mm, Gewicht: 1037 g
Zur Entwicklung eines Theorieprogramms. Mit einem Nachwort zur Studienausgabe 2006
Buch, Deutsch, 720 Seiten, PB, Format (B × H): 140 mm x 222 mm, Gewicht: 1037 g
ISBN: 978-3-938808-20-7
Verlag: Velbrück
Die westlichen Sozialwissenschaften haben im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts einen weitreichenden cultural turn vollzogen. Sie haben sich zunehmend zu 'Kulturwissenschaften' entwickelt, deren Grundannahme lautet, daß die soziale Welt durch symbolische Ordnungen konstituiert ist. Andreas Reckwitz zieht im Rahmen seiner theoriesystematischen und theoriehistorischen Studie eine vorläufige Bilanz des kulturtheoretischen Programms in den Sozialwissenschaften.
Dabei geht es darum, systematisch zu klären, was das Spezifikum und die Attraktivität der Kulturtheorien im Vergleich zu traditionellen Versionen der Sozialtheorie ausmacht. Und es geht darum, die Struktur und die Entwicklung des Feldes höchst unterschiedlicher Optionen und Versionen moderner Kulturtheorien zu rekonstruieren, um die bislang eher diffus scheinenden Gemeinsamkeiten, Defizite und Vorzüge zwischen den verschiedenen Theorieschulen durch eine übergreifen de Interpretation der kulturwissenschaftlichen Theorieentwicklung im ganzen transparent zu machen.
Im ersten Teil des Buches argumentiert Reckwitz, daß das Spezifikum der Kulturtheorien in einem Typus sozialwissenschaftlicher Handlungserklärung zu suchen ist, der sich von den klassischen Modellen des homo oeconomicus und des homo sociologicus unterscheiden läßt. Im zweiten Teil des Buches entwickelt Reckwitz anhand einer Serie detaillierter Interpretationen ausgewählter Autoren die These einer 'immanenten Transformation' des kulturtheoretischen Feldes. Er zeigt, daß sich die strukturalistisch-semiotischen Theorien einerseits und die phänomenologisch-hermeneutische Tradition andererseits in einer Konvergenzbewegung immer weiter angenähert haben.
Die Rekonstruktion der Entwicklung (neo-)strukturalistischer Kulturtheorien – von Claude Lévi-Strauss über Ulrich Oevermann, den frühen und den späten Michel Foucault bis zu Pierre Bourdieu – sowie eine parallele Rekonstruktion der Entwicklung phänomenologischer Kulturtheorien – vom frühen Alfred Schütz über den späten Schütz, Erving Goffmann, Clifford Geertz bis zu Charles Taylor – demonstrieren, wie in der Theorieentwicklung der Dualismus zwischen einer 'subjektiven Perspektive' und einer 'objektiven Perspektive' auf Sinnmuster schrittweise aufgegeben wird.
Die Theorie sozialer Praktiken, vor allem bei Bourdieu und Taylor, stellt sich am Ende als gegenwärtig leistungsfähigster Entwurf einer kulturwissenschaftlichen Neubegründung der Sozialtheorie dar.
Zielgruppe
Philosophen, Kulturtheoretiker
Autoren/Hrsg.
Fachgebiete
Weitere Infos & Material
Andreas Reckwitz
Die Transformation der Kulturtheorien
Zur Entwicklung eines Theorieprogramms
Danksagung
1. Der cultural turn in den Sozialwissenschaften
1.1. Die vier Dimensionen des cultural turn
1.2. Der historische Kontext
1.3. Das kulturtheoretische Feld und seine Transformation
ERSTER TEIL
'Kulturtheorie' als Typus der Sozialtheorie
Eine begriffliche und systematische Bestimmung
2. Eine Typologie des Kulturbegriffs
2.1. Der normative Kulturbegriff
2.2. Der totalitätsorientierte Kulturbegriff
2.3. Der differenzierungstheoretische Kulturbegriff
2.4. Der bedeutungs- und wissensorientierte Kulturbegriff
3. 'Kulturtheorie' als Typus der Handlungserklärung
3.1. Das Problem der Handlungserklärung
3.2. Drei Muster sinnorientierter Handlungserklärung
3.3. Wissensordnungen und Wissenssoziologie
ZWEITER TEIL
Zwischen Strukturalismus und Sozialphänomenologie
Die Transformation der sozialwissenschaftlichen Kulturtheorien
4. 'Holismus' und 'Subjektivismus' im Feld der Kulturtheorien
4.1. 'Holismus' und 'Individualismus'
4.2. Holistische und subjektivistische Kulturtheorien
4.3. Die Konvergenzbewegung und ihre Akteure
4.4. Exkurs zur Methode einer 'systematischen Theoriegeschichte'
5. Von Lévi-Strauss zu Bourdieu. Die Entwicklung der (neo-)strukturalistischen Kulturtheorien
5.1. Claude Lévi-Strauss - Die unbewußte symbolische Ordnung und ihre strukturale Analyse
5.2. Ulrich Oevermann - Bedeutungsgenerierende Regeln und Deutungsmuster
5.3. Michel Foucault (I) - Wissenscodes und die 'Archäologie' des Wissens
5.4. Michel Foucault (II) - Wissensanalyse und 'Praktiken' im Spätwerk
5.5. Pierre Bourdieu - Habitusschemata und Praxeologie
5.6. Erste Zwischenbilanz - Die Entstehung einer kulturtheoretischen 'Theorie sozialer Praktiken' aus der Tradition des Strukturalismus
6. Von Schütz zu Taylor. Die Entwicklung der interpretativen Kulturtheorien
6.1. Alfred Schütz (I) - Sinnverstehen, Deutungsschemata und die mundane Phänomenologie
6.2. Alfred Schütz (II) - Sinnprovinzen und Lebensweltanalyse
6.3. Erving Goffmann - 'Rahmen' und Rahmenanalyse
6.4. Clifford Geertz - Kulturelle Modelle und 'Kultur als Text'
6.5. Charles Taylor - 'Self-interpreting animal' und kognitiv-evaluatives Hintergrundwissen
6.6. Zweite Zwischenbilanz - Die Entstehung einer kulturtheoretischen 'Theorie sozialer Praktiken' aus der Tradition der interpretativen Sozialtheorie
7. Die Transformation der Kulturtheorien und ihre Konsequenzen
7.1. Die Konvergenzbewegung zwischen neostrukturalistischen und interpretativen Kulturtheorien. Eine Bilanz
7.2. Die Relationen zwischen mentalen Wissensordnungen, körperlichen Verhaltensmustern und 'Texten' aus praxistheoretischer Perspektive
7.3. Vom Homogenitätsmodell der Kultur zum Modell kultureller Interferenzen und interpretativer Unterbestimmtheiten
8. Rückblick und Ausblick
Literatur
Namensregister
Sachregister