E-Book, Deutsch, 318 Seiten
Rüegg-Stürm / Grand Das St. Galler Management-Modell
2. aktualisierte Auflage 2020
ISBN: 978-3-8463-5499-5
Verlag: UTB
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Management in einer komplexen Welt
E-Book, Deutsch, 318 Seiten
ISBN: 978-3-8463-5499-5
Verlag: UTB
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Organisationale Wertschöpfung wird zunehmend komplexer. Das St. Galler Management-Modell präsentiert dafür zwei Perspektiven: Die Aufgabenperspektive erörtert die Gestaltungsfelder einer integrativen Management-Praxis im Zusammenspiel von Umwelt, Organisation und Management. Die Praxisperspektive beleuchtet die Voraussetzungen einer wirksamen und verantwortungsbewussten Management-Praxis.
Diese neueste Fassung des St. Galler Management- Modells integriert alle bisherigen Versionen des SGMM und legt ein besonderes Gewicht auf eine gute didaktische Vermittlung.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Vorwort zur 2. Auflage 9
Vorwort zur 1. Auflage 10
Dank 11
Anleitung für einen guten Umgang mit dem SGMM 13
EINFÜHRUNG 27
1 Weshalb ist die Auseinandersetzung mit Management wichtiger denn je? 28
2 Organisationale Wertschöpfung als zentraler Bezugspunkt von Management 30
2.1 Wertschöpfung als Ergebnis und als Prozess 30
2.2 Wertschöpfung als organisationale Leistung 31
2.3 Primärwertschöpfung und Zusatzwertschöpfung 33
2.4 Wertschöpfung im Zusammenspiel von Umwelt und Organisation 34
2.5 Organisationstypen 35
2.6 Organisationale Wertschöpfung und die Aufgabe von Management 37
3 Das St. Galler Management-Modell 39
3.1 Wozu dienen Modelle? 39
3.2 Was leistet das St. Galler Management-Modell? 40
3.3 Überblick über das St. Galler Management-Modell 41
3.4 Zur Entwicklung des St. Galler Management-Modells 44
3.5 Umwelt, Organisation und Management aus einer systemorientierten Sicht 45
AUFGABENPERSPEKTIVE 51
Überblick über die Aufgabenperspektive 52
1 Umweltsphären 56
1.1 Wirtschaft 57
1.2 Technologie 58
1.3 Natur 59
1.4 Gesellschaft 60
1.5 Zusammenhänge zwischen dynamischen Umweltsphären 61
2 Stakeholder 62
2.1 Individuen, Communities und Organisationen 62
2.2 Stakeholder-Konzepte 63
2.3 Zusammenhänge zwischen unterschiedlichen Stakeholder-Konzepten 64
3 Interaktionsthemen 66
3.1 Anliegen und Interessen 66
3.2 Normen und Werte 67
3.3 Ressourcen 68
3.4 Die Bedeutung der Interaktionsthemen für die normative und strategische Ausrichtung einer Organisation 69
4 Prozesse 70
4.1 Die wachsende Bedeutung prozessorientierter Gestaltungsarbeit 70
4.2 Prozessorientierte Gestaltungskonzepte 72
4.3 Prozesskategorien 74
4.4 Organisationale Wertschöpfung gemeinsam weiterentwickeln 83
5 Ordnungsmomente 86
5.1 Governance 87
5.2 Strategie 88
5.3 Struktur 97
5.4 Kultur 104
5.4.1 Kulturverständnisse 104
6 Entwicklungsmodi 110
6.1 Optimierung und Erneuerung 111
6.2 Effektivität und Effizienz als Fokus der Entwicklung 113
6.3 Die Sach- und Beziehungsdimension von organisationalem Wandel 114
6.4 Wirkungsintensität von organisationalem Wandel 116
Kernaussagen der Aufgabenperspektive 118
ÜBERLEITUNG ZUR PRAXISPERSPEKTIVE 121
1 Organisation und Management komplexitätsgerecht handhaben 122
2 Komplexitätssteigerung und Kontingenzerfahrung 123
2.1 Flüchtigkeit, Hektik und Unübersichtlichkeit als Kennzeichen des Management-Alltags 123
2.2 Die Aufklärung als Voraussetzung einer entwicklungsoffenen innovationsorientierten Gesellschaft 126
2.3 Die Multioptionsgesellschaft als Herausforderung für die Management-Praxis 131
2.4 Konsequenzen dieser Komplexitätssteigerung für die Wertschöpfung 133
3 Wissenschaftliche Grundlagen des St. Galler Management-Modells 135
3.1 Process View und Practice View in der Managementforschung 137
3.2 Praxistheorie 139
3.3 Neuere Systemtheorie 143
3.4 Gemeinsamkeiten von Praxistheorie und neuerer Systemtheorie 151
PRAXISPERSPEKTIVE 155
Überblick über die Praxisperspektive 156
1 Wertschöpfung 166
1.1 Ausdifferenzierung 167
1.2 Ressourcenkonfiguration 174
1.3 Wertschöpfungsprozesse 177
1.4 Entscheidungspraxis 183
1.5 Beziehungskultur 202
2 Orientierungsrahmen 206
2.1 Operative Orientierung 210
2.2 Strategische Orientierung 212
2.3 Normative Orientierung 217
3. Umwelt 222
3.1 Umweltsphären 224
3.2 Stakeholder 227
3.3 Existenzbedingungen 230
4 Management-Praxis 238
4.1 Das Managementverständnis des St. Galler Management-Modells 239
4.2 Manager-Communities 250
4.3 Gestaltungsplattformen 252
4.4 Gestaltungspraktiken 257
4.5 Reflexionssprache 267
4.6 Zentrale Ausprägungen der Management-Praxis 271
Kernaussagen der Praxisperspektive 274
EPILOG 277
Abbildungsverzeichnis 290
Literaturverzeichnis 294
Sachwortverzeichnis 310
EINFÜHRUNG
1 Weshalb ist die Auseinandersetzung mit Management wichtiger denn je?
Der Begriff «Management» ist heute allgegenwärtig. Dabei fällt auf, dass das, was Management im Kern ausmacht, oftmals unbestimmt bleibt. Hans Ulrich hat schon vor dreissig Jahren von einer «unverstandenen gesellschaftlichen Funktion» (Ulrich, 1984) gesprochen. Damit hat er erstens darauf aufmerksam gemacht, dass Management nicht nur wirtschaftlich, sondern vor allem auch gesellschaftlich von grosser Bedeutung ist, dass diese Bedeutung aber oft nicht explizit thematisiert wird. Zweitens hat er darauf hingewiesen, dass keineswegs klar ist, was Management im Kern ausmacht (Malik, 2013; Tsoukas, 1994; Watson, 1994). Das ist unbefriedigend, zumal Management heute allgegenwärtig ist, immer wichtiger und zugleich anspruchsvoller wird (Cunliffe, 2014; Mintzberg, 2009; Ulrich, 1984). Dies hat mit dem zentralen Gestaltungsgegenstand von Management zu tun, der gerade in der Betriebswirtschaftslehre oftmals unbestimmt bleibt (Malik, 2013; Ulrich, 1984): mit arbeitsteiliger Wertschöpfung, wie sie in heutigen Organisationen in Form von Produkten und Dienstleistungen für spezifische Wertschöpfungsadressaten (Kunden, Bürgerinnen, Patienten, Schülerinnen usw.) erbracht wird. Diese Wertschöpfung wird immer voraussetzungsreicher. Sie beruht auf spezifischem Wissen, komplex vernetzten Prozessen, elaborierter Fachexpertise sowie anspruchsvollen räumlichen und technologischen Infrastrukturen. Zudem ist an einer bestimmten Wertschöpfung oftmals eine Vielzahl von Akteuren beteiligt. Diese Akteure können den Wert einer Wertschöpfung in ihrem Gesamtkontext sehr unterschiedlich wahrnehmen und bewerten. Wie vielfältig sich heutige Wertschöpfung zeigt, illustrieren wir anhand von drei Beispielen: • Denken wir beispielsweise an eine junge Biotech-Unternehmung: Die grundlegende Wertschöpfung liegt vielleicht in der Entwicklung eines neuen Medikaments für Herz-Kreislauf-Störungen. Dafür zentral sind wissenschaftliche Erkenntnisse zu Wirkmechanismen im menschlichen Körper, neue Verfahren für die Forschung & Entwicklung (z.B. aus der Systembiologie) und neue Technologien (z.B. digitale Simulationsmodelle). Diese werden teilweise selbst, teilweise in Partnerschaften mit anderen Start-ups und mit etablierten Konzernen entwickelt und teilweise auch von diesen übernommen. Zugleich gilt es, die in relevanten Wissensgebieten besten Mitarbeitenden zu gewinnen und die nötigen finanziellen Mittel in mehreren Finanzierungsrunden sicherzustellen. Diese [28] Komplexität zu strukturieren, die richtigen Prioritäten zu setzen und nachhaltige Partnerschaftsbeziehungen mit unterschiedlichen Stakeholdern zu etablieren, erfordert eine wirksame Management-Praxis. • Oder denken wir an ein Orchester: Die zentrale Wertschöpfung liegt vielleicht in der Durchführung von überzeugenden Konzerten und von erfolgreichen Tourneen oder in speziellen Tondokumenten. Durch gesellschaftliche Veränderungen und die Digitalisierung verändert sich der Kontext der Wertschöpfung grundlegend: Die Konzerte müssen neue Zielgruppen erreichen (z.B. die jüngeren Generationen), bei Tourneen steigt der Wettbewerb mit anderen Orchestern (und dieser Wettbewerb ist oft global), die Verbreitung von Tondokumenten unterliegt durch Streaming, YouTube usw. neuen technischen Bedingungen und veränderten ökonomischen Spielregeln mit komplett neuen Geschäftsmodellen. Zugleich sollen die traditionellen Konzertangebote weitergeführt und die Musik für die Gegenwart neu interpretiert werden. Diese Veränderungen und die damit verbundenen Unsicherheiten müssen durch eine wirksame Management-Praxis sorgfältig adressiert werden. • Oder denken wir an ein Krankenhaus. Dessen zentrale Wertschöpfung liegt in der Behandlung und Heilung von Patientinnen und Patienten. Im Rahmen des medizinisch-technischen Fortschritts nimmt die Spezialisierung von Ärztinnen, Ärzten, Pflegefachpersonen, Therapiefachleuten usw. fortlaufend zu. Gleichzeitig wächst die technologische Unterstützung im Bereich der Diagnose, Behandlung und der Handhabung von Patientendaten. Die Krankengeschichte ist neu als elektronisches Patientendossier zu führen. Über das Internet können sich Patientinnen und Patienten vielfältig über ihre Krankheiten informieren. Dies verändert die Beziehung zwischen Health Professionals und Patientinnen von einem patronalen in ein partnerschaftliches Verhältnis. Dazu kommt, dass das Wachstum an neuen Behandlungsmöglichkeiten mit entsprechendem Ressourcenbedarf substantiell grösser ist als das Wachstum an Finanzmitteln, die über Steuergelder, Krankenkassenprämien und Selbstzahlungen der Patientinnen und Patienten in den Gesundheitssektor fliessen. Dies führt dazu, dass nicht nur die Behandlungsentscheidungen komplexer werden, sondern auch alle Entscheidungen, die mit der Gestaltung des Behandlungsangebots sowie der Weiterentwicklung und effizienten Nutzung von räumlichen und technischen Infrastrukturen, medizinischen Geräten, IT-Systemen etc. verbunden sind. Für diese Herausforderung reicht medizinisches oder pflegerisches Know-how längst nicht mehr aus. Gefordert ist eine wirksame Management-Praxis, welche die sich [29] ändernden Behandlungsmöglichkeiten, die damit verbundenen Erwartungen von Patientinnen und Patienten sowie die Ambitionen und Ansprüche unterschiedlicher Professionen für die Weiterentwicklung einer innovativen patientenzentrierten Wertschöpfung zu integrieren vermag. Nach diesen drei Beispielen zur Wertschöpfung wird im nachstehenden Kapitel 2 der zentrale Bezugspunkt von Management, nämlich organisationale Wertschöpfung, vertieft erläutert. In Kapitel 3, der Einführung ins SGMM, wird gezeigt, wozu ein Management-Modell dient und wie es zum SGMM gekommen ist. 2 Organisationale Wertschöpfung als zentraler Bezugspunkt von Management
2.1 Wertschöpfung als Ergebnis und als Prozess Management hat keinen Selbstzweck, sondern bezieht sich immer auf organisationale Wertschöpfung. Mit dem Begriff Wertschöpfung werden zwei unterschiedliche, aber eng verbundene Sachverhalte bezeichnet: • Wertschöpfung bezieht sich einerseits auf ein Wertschöpfungsergebnis, d.h. auf Produkte, Dienstleistungen oder ganz allgemein Wirkungen, aus denen die Wertschöpfungsadressaten, d.h. beispielsweise Kundinnen, Patienten oder ein Publikum, einen spezifischen Nutzen ziehen können. • Wertschöpfung bezieht sich andererseits auf den Wertschöpfungsprozess, d.h. auf alle Aktivitäten, die zum Wertschöpfungsergebnis führen und beispielsweise mit der Eingangslogistik, Produktion, Ausgangslogistik, dem Marketing, Vertrieb und Kundendienst zu tun haben. Ein Wertschöpfungsprozess kann stark vereinfacht und schematisiert als Wertkette (Value Chain) dargestellt werden (siehe Abbildung 3). Wenn im SGMM Wertschöpfung thematisiert wird, schwingen stets beide Aspekte von Wertschöpfung mit, weil sich das Ergebnis nie ohne den Prozess verstehen und gestalten lässt. [30] Abbildung 3: Wertkette (Porter, 1986: 62, 74) 2.2 Wertschöpfung als organisationale Leistung Wenn Wertschöpfung in arbeitsteiliger Zusammenarbeit in einer Organisation oder in einem Netzwerk von Organisationen erbracht wird, sprechen wir von organisationaler Wertschöpfung. Genau dies, organisationale Wertschöpfung, bildet den zentralen Bezugspunkt von Management. Dabei bezieht sich organisationale Wertschöpfung nicht nur auf das, was privatwirtschaftliche Unternehmungen für Kundinnen und Kunden erbringen. Zusätzlich lassen sich je nach organisationaler Wertschöpfung und Umweltkontext weitere Typen von Organisationen unterscheiden (? EF, 2.5), z.B. Non-Profit-Organisationen (wie eine Einkaufsgenossenschaft), Non-Governmental-Organisationen (wie das IKRK), staatliche Organisationen (wie die Verwaltung, Schulen, Eisenbahn, Post, Polizei oder Armee). Solche Organisationstypen treten oft auch in Mischformen auf. Organisationale Wertschöpfung ist heutzutage in den meisten Fällen durch vier grundlegende Merkmale geprägt: erstens durch koordinierte Arbeitsteiligkeit, zweitens durch Spezialisierung, drittens durch räumliche und zeitliche Verteiltheit sowie viertens durch eine Institutionalisierung von verlässlicher Kooperation. [31] Alle vier Merkmale von organisationaler Wertschöpfung sind eng miteinander vernetzt. • Arbeitsteiligkeit bedeutet vom Wertschöpfungsergebnis her betrachtet, dass ein Endprodukt wie ein Auto in Module aufgeteilt wird, die spezifische Teilfunktionen für die...