E-Book, Deutsch, 224 Seiten
RZA Das Tao des Wu-Tang Clan
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-7453-1790-9
Verlag: riva
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Die sieben Säulen der Weisheit für ein erfolgreiches Leben. Der US-amerikanische Bestseller. Für alle Hip-Hop-Fans
E-Book, Deutsch, 224 Seiten
ISBN: 978-3-7453-1790-9
Verlag: riva
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
»Finde eine Insel; blicke in dich hinein; entdecke deine wahre Stärke.« Erfolgsrapper, Schauspieler, Regisseur und Drehbuchautor: The RZA ist ein Multitalent. Er ist Gründer und Mastermind des legendären Wu-Tang Clan und gibt in diesem Buch seine wichtigsten Lektionen weiter, um wahre Weisheit zu erlangen und so ein erfolgreiches Leben zu führen. Jede seiner Lektionen ist auf ein prägendes Ereignis in seinem Leben zurückzuführen - von dem Moment, in dem er zum ersten Mal den Ruf des Hip-Hop hörte, bis zum Tod seines Cousins und Clan-Kollegen Russell Jones alias ODB. Das Tao des Wu-Tang Clan ist ein spirituelles Memoir, verfasst in RZAs unverwechselbarem Stil, der zugleich überraschend, tiefgründig und provokativ ist. Ein Siddhartha für die ganze Hip-Hop-Generation - erleuchtend, unterhaltsam und inspirierend.
The RZA, geboren 1969, heißt mit bürgerlichem Namen Robert Fitzgerald Diggs. Er ist vor allem als Gründer und Anführer des Wu-Tang Clan bekannt, der als eine der bedeutendsten Hip-Hop-Gruppen aller Zeiten gilt. RZA lebt heute in Los Angeles, wo er seine Musikkarriere fortsetzt und auch erfolgreich in den Bereichen Fernsehen und Film tätig ist.
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REISEN
Eine Reise von tausend Meilen beginnt mit einem einzigen Schritt. LAOTSE Wenn du in den projects lebst – im sozialen Wohnungsbau amerikanischer Städte, im Ghetto –, dann kommst du dort nur selten raus. Es gibt alles, was man braucht: Wäschereien, Lebensmittelläden und Läden, in denen Schecks eingelöst werden können – alles ist so angeordnet, dass man sein Leben innerhalb eines Radius von vier Häuserblocks verbringen kann. In New York habe ich in mindestens zehn solcher projects gelebt – Van Dyke in Brownsville, Marcus Garvey im Osten New Yorks, Park Hill und Stapleton in Staten Island –, und überall habe ich etwas lernen können, wenn es auch Lektionen waren, für die niemand sich bewusst entscheiden würde. Stell dir vor, du bist acht Jahre alt und gehst mit fünfunddreißig Cent in einen Laden, um ein Päckchen Candy und eine Tüte Sonnenblumenkerne zu kaufen. Du kommst dort an, drei Teenager drücken dir einen Regenschirm an die Kehle, nehmen sich deine fünfunddreißig Cent und kaufen sich Zigaretten davon. So sind die projects – an jeder Ecke trichtern sie dir Mathe und Wirtschaftslehre ein. Stell dir vor, du lebst mit achtzehn Verwandten in einer Zweizimmerwohnung, gegenüber vom Gerichtsgebäude und dem Bezirksgefängnis. Du fragst dich, warum sich Gefängnis und Gericht in direkter Nähe der projects befinden; du lernst die Antwort auf deine Frage, wenn sie dich ein paar Jahre später dort einbuchten. Jeden Tag lernst du Staatsbürgerkunde, Recht und Sozialwissenschaft – insbesondere Sozialwissenschaft. Denn die projects, genau wie die Gefängnisse, sind ein großes Wissenschaftsprojekt. Eines, bei dem niemand erwartet, dass du es verlässt. Ich habe sie verlassen – 1992, da war ich dreiundzwanzig Jahre alt, bin ich aus den projects in Stapleton weggezogen –, und bald darauf sind meine Wu-Tang-Brüder und ich zu Weltbürgern geworden. Aber die Lektionen der projects haben wir alle verinnerlicht, sie sind eine der Grundlagen für Weisheit. Sie sind das Dunkel, das uns Licht sehen lässt. Ich gebe dir ein Beispiel. 1978 gewann meine Mutter, die in einem Wettbüro arbeitete, selbst etwa viertausend Dollar – genug Geld, um mit acht Kindern in eine Dreizimmerwohnung in der Dumont Avenue zu ziehen. Die lag in Marcus Garvey, einem gewalttätigen Ghetto, aber für einen kurzen Moment fühlten wir uns wie die weißen Kids in der TV-Show Eight is Enough: acht Kids mit Spielzeug, Fahrrädern und einem neuen Zuhause. Aber noch bevor wir einziehen konnten, wurden wir ausgeraubt. Unser ganzer Krempel war weg – Spielzeuge, Fahrräder, Möbel –, ein paar Tage vor Weihnachten. Es brach uns das Herz, aber wir zogen dennoch ein, und es dauerte nicht lange, da lernte ich den Typen kennen, der nebenan wohnte – Chili-Wop. Chili-Wop war der coolste Mistkerl, den es gab. Ein Drogendealer mit Muskeln, Goldketten, einem irren Style und einer verrückten Art zu sprechen. »Whasuuup!«, rief er. »Chili-Wooohp am Start, nigga, whaaat!« Aus irgendeinem Grund mochte Chili-Wop mich. Irgendwann fing er an, mich auf Ausflüge mitzunehmen – Drogendeals, um genau zu sein, auch wenn mir das damals noch nicht klar war – und mich unter seinen Schutz zu stellen. Chili-Wop wurde zu einem Verbündeten, zu einem Beschützer in dieser brutalen Welt. Als ich schon fast zwei Jahre dort lebte, erzählte er mir schließlich etwas. »Als ihr hier eingezogen seid, habe ich euch die Wohnung leer geräumt, Maaaann. Ich hatte keine Ahnung, dass ihr ’ne coole Sippe seid.« Als er es mir sagte, gab es nichts, was ich wirklich hätte tun können, und zu diesem Zeitpunkt war er quasi mein bester Freund – oder mein big homie, wie es heute in diesen Gegenden heißt –, also ging es gewissermaßen in Ordnung. Das ist nur eine der Lektionen, die man in der hood lernt: Wer als Feind in Erscheinung tritt, kann sich als Verbündeter erweisen, was Fluch ist, kann zum Segen werden. Als ich zehn war, war Chili-Wop sechzehn. Als ich elf war, wurde Chili-Wops Bande von rivalisierenden Drogendealern zusammengeschossen und er selbst wanderte in den Knast. So war das Leben in der Dumont Avenue, auf das ich heute ohne Verklärung zurückblicken kann: Es war die Hölle – eine Hölle aus Gewalt, Sucht, Elend und Erniedrigung. Das waren Kräfte, die selbst in der Luft lagen und im Wasser schwammen; wenn es heftige Regengüsse gab, trieben menschliche Exkremente am Kellerfenster des Zimmers vorbei, in dem ich und meine fünf Brüder uns zwei Doppelbetten teilten. Niemand lebt freiwillig so, aber heute verstehe ich, dass selbst diese Erfahrung – dort zu wohnen, wo die Scheiße fließt – ein Quell kostbarer Weisheit war. Es erinnert an eine Geschichte aus dem Leben Bodhidharmas – der indische Mönch, der den Zen-Buddhismus nach China brachte. Eines Tages unterhielt Bodhidharma sich mit einem anderen Mönch, der sich über Schlamm ereiferte – wie schmutzig dieser sei und dass ein Mann sauber bleiben und sich von jedem Schlamm fernhalten solle. Bodhidharma aber hatte beobachtet, dass der Lotus im Schlamm blüht: »Wie kannst du den Schlamm diffamieren, wo doch eine solch schöne Blume aus ihm erwächst?«, fragte er. Bodhidharmas Lehren verbreiteten sich überallhin – von den Samurai-Schulen Japans und den Kung-Fu-Mönchen der Shaolin bis zu den Sozialvierteln in Staten Island. Ich wende Bodhidharmas Weisheit auf die projects an. Ich bin überzeugt, dass das Elend dort eine Blume zum Blühen brachte, die nirgends sonst gewachsen wäre. Ich war dreizehn Jahre alt, als ich den Kung-Fu-Film Die 36 Kammern der Shaolin sah, der die Geschichte eines Mannes erzählt, der sich zu einem Shaolin-Mönch ausbilden lässt, um dann das Kloster zu verlassen und die Welt zu lehren, wie man das Kung-Fu der Shaolin kämpft. Neun Jahre später habe ich den Wu-Tang Clan gegründet – und wir haben Staten Island verlassen, um die Welt unseren Hip-Hop-Style zu lehren. Acht weitere Jahre später sah ich erstmals den echten Shaolin-Tempel und Wu Tang Shan, die Wudang-Berge – und ich erkannte, dass beides Teil eines großen Ganzen war. Ich erkannte, dass wir tatsächlich waren, wer wir immer zu sein behauptet hatten: Männer des Wu-Tang. Shaolin liegt unendlich weit von Staten Island entfernt. Der Tempel befindet sich am Song Shan, dem Großen Mittleren Gipfel der Fünf Heiligen Berge des Taoismus. Ein geheiligter Ort also, hoch über den Ufern des Gelben Flusses. Dort, am westlichen Rand des Berges, steht der Shaolin-Tempel: niedrig und robust, rote Mauern und runde Fenster. Auf seinem Hof haben Mönche Kung-Fu gelernt, seit Bodhidharma im sechsten Jahrhundert dorthin gereist war. Zwischen Staten Island und Shaolin liegen mehr als elftausend Kilometer. Bis zum Wudang-Gebirge ist es sogar noch weiter. Tausendfünfhundert Meter über dem Meeresspiegel, eine fünfstündige Busfahrt durch Serpentinen. Seit mehr als fünfzehn Jahrhunderten ist es die Heimat taoistischer Klöster. Aber als wir dort oben standen und uns die »Neun Drachen« genannte Gipfelreihe ansahen, da haben wir Folgendes gesehen: drei Berge, die ein gigantisches »W« formen – das Zeichen, das ich neun Jahre zuvor ausgewählt hatte, um eine Crew von neun Männern zu repräsentieren. Es war so klar wie der helle Tag, und das schon seit einer Million Jahre. Aber manche Dinge bleiben unsichtbar, bis man wirklich bereit ist, sie zu sehen. Ich stand dort mit Shi Yan Ming, den ich Sifu nenne, was »Lehrer« bedeutet. Er ist ein Shaolin-Mönch der vierunddreißigsten Generation, der sich im selben Jahr in die Vereinigten Staaten abgesetzt hat, in dem wir den Wu-Tang Clan gründeten. Als wir über die Berge blickten, sprachen Sifu und ich über den Wu-Tang-Taoismus, dessen Begründer ein Mönch namens Zhang Sanfeng war, den man wegen Gewalt und anderer Vergehen in dieses Gebirge verbannt hatte. Zhang Sanfeng war auf diesen Berg gekommen, um zu meditieren und zu Gott zu finden, und schließlich gründete er die taoistische Wu-Tang-Schule – den echten Wu-Tang Clan. Meine Leute haben viele Bedeutungen für das Wort Wu-Tang. Zum Beispiel »Witty, Unpredictable Talent and Natural Game« – »geistreich, unberechenbares Talent und urbelassenes Spiel«. Oder: »We Usually Take Another Nigga’s Garments« – »Wir knöpfen anderen niggas meist die Klamotten ab«. In China lernte ich eine weitere Bedeutung des Wortes, und zwar die ursprüngliche: »Mann, der Gottes würdig ist«. In diesem Sinne sind wir also alle Wu-Tang. Du bist Wu-Tang. Wenn du jemals auf einem Berg oder am Meer standest und eine tiefe Verbundenheit verspürt hast, eine weite, endlose Präsenz in...