Sarimski | Soziale Risiken im frühen Kindesalter | E-Book | www.sack.de
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E-Book, Deutsch, 174 Seiten

Sarimski Soziale Risiken im frühen Kindesalter

Grundlagen und frühe Interventionen
1. Auflage 2013
ISBN: 978-3-8409-2417-0
Verlag: Hogrefe Publishing
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark

Grundlagen und frühe Interventionen

E-Book, Deutsch, 174 Seiten

ISBN: 978-3-8409-2417-0
Verlag: Hogrefe Publishing
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark



Kinder in Armutslagen sowie Kinder von jugendlichen Müttern oder von psychisch kranken, alkohol- oder drogenabhängigen Eltern wachsen in belasteten Lebenssituationen auf. Ihre Betreuung stellt für professionelle Helfer eine besondere Herausforderung dar. Hier setzt dieser Band an. Er thematisiert die Risiken, die für Kinder in hoch belastenden Lebenssituationen entstehen können und benennt Möglichkeiten der frühen Intervention.
Die ersten Kapitel beschreiben die Auswirkungen der sozialen Belastungen in verschiedenen Lebenslagen auf die Entwicklung der frühen Eltern-Kind-Beziehungen und auf die kognitive, sprachliche sowie sozial-emotionale Entwicklung der Kinder auf der Basis aktueller Forschungsergebnisse. Zudem wird auf Risiken für eine Kindeswohlgefährdung eingegangen. In weiteren Kapiteln stellt der Band internationale und nationale Präventions- und Interventionskonzepte für Kinder in sozial belasteten Lebenssituationen vor. Auf der Basis empirischer Forschungsergebnisse zu diesen Programmen werden Rückschlüsse gezogen, welche Hilfen miteinander kombiniert werden müssen, um die Resilienz von Kindern aus hoch belasteten Familien zu stärken und zu einem günstigen Entwicklungsverlauf beizutragen. Ein abschließendes Kapitel beschreibt die Schlüsselelemente einer 'guten Praxis' in Einrichtungen der frühen Bildung, der frühen Hilfen und interdisziplinären sowie sonderpädagogischen Frühförderstellen und macht Vorschläge für eine verbesserte Koordination von Präventions- und Interventionsmaßnahmen. Der Band liefert Mitarbeitern in diesen Einrichtungen somit wertvolle Hilfen für ihre Arbeit mit Kindern in sozial belasteten Lebenssituationen und ihren Eltern.

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1;Soziale Risiken im fru?hen Kindesalter;1
2;Vorwort;7
3;Inhaltsverzeichnis;9
4;1Soziale Risiken und Resilienzförderung;11
5;2Kinder in Armutslagen;16
5.1;2.1Armut in Deutschland;16
5.2;2.2Auswirkungen auf die kindliche Entwicklung;18
5.3;2.3Zusammenhangsmuster;21
5.4;2.4Lebenslagen und Risiken bei Kindern mit Migrationshintergrund;23
6;3Kinder jugendlicher Mütter;27
6.1;3.1Lebenssituation;28
6.2;3.2Frühes Erziehungs- und Beziehungsverhalten;29
6.3;3.3Auswirkungen auf die kindliche Entwicklung;31
7;4Kinder psychisch kranker Mütter;32
7.1;4.1Prävalenzen und Risikofaktoren;33
7.2;4.2Erziehungs- und Beziehungsverhalten;34
7.3;4.3Auswirkungen auf die kindliche Entwicklung;36
7.4;4.4Biologische und soziale Wechselwirkungen;39
8;5Kinder alkoholabhängiger Eltern;41
8.1;5.1Lebenssituation;41
8.2;5.2Eltern-Kind-Beziehungen;42
8.3;5.3Auswirkungen auf die kindliche Entwicklung;44
8.4;5.4Fetale Alkoholembryopathie bzw. Fetales Alkohol­syndrom;49
9;6Kinder drogenabhängiger Eltern;52
9.1;6.1Lebenssituation;53
9.2;6.2Erziehungs- und Beziehungsverhalten;54
9.3;6.3Auswirkungen auf die kindliche Entwicklung;58
10;7Gefährdungen des Kindeswohls;68
10.1;7.1Häufigkeit und Risikobedingungen von Kindeswohl­gefährdung;68
10.2;7.2Folgen für die kindliche Entwicklung;71
10.3;7.3Screening und Hilfeangebote;73
11;8 Internationale Erfahrungen zur Prävention und Intervention;78
11.1;8.1 Eltern- und kindbezogene Programme für sozial benachteiligte Kinder in den USA;78
11.2;8.2Beziehungsorientierte Interventionen;85
11.3;8.3 Kompensatorische Wirkung früher Bildung in Kindertagesstätten;89
11.4;8.4Programme zur Prävention von Kindeswohlgefährdung;92
11.5;8.5Interventionen bei jugendlichen Müttern;95
11.6;8.6Mutter-Kind-Behandlung bei psychischer Erkrankung der Mutter;96
11.7;8.7Interventionen für Mutter und Kind bei Alkohol- und Drogenabhängigkeit;99
12;9Frühe Bildung und frühe Hilfen in Deutschland;105
12.1;9.1Frühe Bildungsangebote;105
12.2;9.2Förderung von Kindern mit Migrationshintergrund;109
12.3;9.3Modellprojekte „frühe Hilfen“;113
12.4;9.4Hilfen für Kinder mit psychisch erkrankten Eltern;121
12.5;9.5Hilfen für Kinder mit suchtkranken Eltern;125
13;10Schlüsselelemente für eine erfolgreiche Praxis;128
13.1;10.1 Entwicklung eines Arbeitsbündnisses durch motivierende Gesprächsführung;129
13.2;10.2Unterstützung der Reflexions- und Mentalisierungs­fähigkeit der Eltern;133
13.3;10.3Unterstützung positiver Eltern-Kind-Interaktionen durch Videofeedback;139
13.4;10.4 Organisation und Koordination von Hilfen für Kinder und Eltern;144
14;Literatur;153
15;Stichwortregister;173


In beiden Stichproben zeigten sich signifikante Effekte von kontinuierlicher Einkommensarmut auf die Testergebnisse der Kinder. Ein solcher Effekt ließ sich bereits in den Entwicklungstestergebnissen im Alter von 2 Jahren nachweisen (Smith et al., 1997). Er war unabhängig vom mütterlichen Bildungsniveau.

Negative Auswirkungen von Einkommensarmut, wie sie sich in diesen amerikanischen Forschungsergebnissen zeigen, bestätigen sich in deutschen Studien zum Zusammenhang zwischen dem sozialen Status der Eltern und dem Schulerfolg der Kinder. Nirgendwo sonst spielt der soziale Status der Eltern auch nur annähernd so eine entscheidende Rolle wie in Deutschland, wenn es um den Schulerfolg der Kinder geht. Das wird besonders deutlich in Phasen des Übergangs von der Grundschule in das – in den meisten deutschen Bundesländern unverändert nach der 4. Klasse – gegliederte System weiterführender Schulen. Wenn zwei Kinder identische Leistungen bringen, dann hat der Sohn eines Arztes oder Anwalts eine dreimal so große Chance, eine Empfehlung für den Besuch des Gymnasiums zu bekommen, wie das Kind eines Arbeiters. 83 % der Kinder von Vätern mit Hochschulabschluss studieren ebenfalls, während dies nur für 23 % der Kinder von Nichtakademikern zutrifft (Bundesministerium für Arbeit und Soziales, 2008). Niedrige Schulabschlüsse sind ihrerseits gleichbedeutend mit einem hohen Risiko für die Jugendlichen, selbst arbeitslos zu werden. Ein Hauptschulabschluss ist heute in vielen Fällen nicht mit einer Aussicht auf eine Lehrstelle verbunden, sodass dann viele junge Erwachsene auf staatliche Unterstützungsleistungen angewiesen bleiben.

Ein Beispiel aus der Forschung: Die AWO/ISS-Studie

Für Deutschland liegt mit der AWO/ISS-Studie „Gute Kindheit – schlechte Kindheit“ durch das Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik e.V. (Holz & Puhlmann, 2005) eine Langzeitstudie vor, in der die Lebenslage der Kinder in Armutslagen im Vorschulund dann im Schulalter mit der Lebenslage von Kindern aus anderen Bevölkerungsgruppen verglichen wurde. Dabei wurde u. a. in 60 Kindertagesstätten in Trägerschaft der Arbeiterwohlfahrt (AWO) die Lebenssituation von armen und nicht armen 6-jährigen Kindern untersucht. Es lagen Einschätzungen für 225 arme und 640 nicht arme Kinder durch die Erzieherinnen vor. Untersucht wurden die materielle Versorgung des Kindes (Wohnen, Nahrung, Kleidung, materielle Partizipationsmöglichkeiten), die Teilhabe an Bildungsangeboten (Lernund Erfahrungsmöglichkeiten, Ausbildung von Lernkompetenzen, Schulerfolg), die Situation im sozialen Bereich (soziale Kontakte und soziale Kompetenzen) und die psychische und physische Lage (Gesundheit und körperliche Entwicklung).

Die Studie belegt überproportionale Einschränkungen in der Grundversorgung bei Kindern aus armen Familien; so wird z. B. in 31 % (vs. 9 %) das Essensgeld im Kindergarten nicht regelmäßig gezahlt, in 27% (vs. 12%) können die Kosten für Ausflüge von den Eltern nicht beglichen werden. 16 % der armen Kinder (vs. 5 %) kommen öfters hungrig in die Einrichtung, 15 % (vs. 5 %) sind ungepflegt und körperlich vernachlässigt. 36% der armen Kinder (vs. 16 bis 18%) zeigen Auffälligkeiten im Spielund Sprachverhalten und suchen seltener den Kontakt zu anderen Kindern, nehmen weniger aktiv am Gruppengeschehen teil, äußern seltener ihre Wünsche und sind weniger wissbegierig als nicht arme Kinder. Ist ein armes Kind in mindestens zwei der untersuchten Bereiche eingeschränkt, liegt die Wahrscheinlichkeit des regulären Eintritts in die Regelschule nur noch bei 38 %. Als stärkster Einflussfaktor auf die Ausprägung dieser Auffälligkeiten erwies sich das Ausmaß der von der Familie gemeinsam durchgeführten Aktivitäten (als Indikator für die Zuwendung, die das Kind innerhalb der Familie erhält), als zweitstärkster Faktor das Einkommensniveau der Eltern.

36 % der armen Kinder (vs. 14 %) mussten nach diesen Untersuchungsergebnissen als „mehrfach depriviert“, d. h. in mehreren Bereichen benachteiligt, bezeichnet werden. Zu dieser Gruppe gehören vor allem Kinder aus Familien mit ungesichertem Aufenthaltsstatus und Kinder, deren Eltern kein Deutsch sprechen, Kinder aus Familien, in denen die Väter arbeitslos sind, Kinder aus Familien mit drei und mehr Kindern und Kinder aus Ein-Eltern-Familien. Allerdings zeigt die Studie auch, dass etwa ein Viertel der armen Kinder im Vorschulalter von keiner Benachteiligung in den genannten Lebensbereichen betroffen ist. Ihre Familien zeichnen sich aus durch regelmäßige gemeinsame Aktivitäten, gutes Familienklima und Deutschkenntnisse mindestens eines Elternteils (bei Migrantenkindern). Ihre Eltern sind nicht überschuldet, die Wohnverhältnisse sind ausreichend.

Die Ergebnisse der nachfolgenden Untersuchung im Grundschulalter (im Alter von 10 Jahren) zeigten, dass sich die bereits im Vorschulalter erkennbaren Defizite massiv verfestigten. 17 % der untersuchten Familien lebten in anhaltender Armut. Für den schulischen Bereich ergab die Studie, dass knapp 30 % (vs. 8 %) der armen Kinder in der Grundschule mindestens einmal eine Klasse wiederholten. Dazu gehörten vor allem die Kinder, die bereits im Kindergarten im Sprachoder Arbeitsverhalten auffällig waren. Die Durchschnittsnoten der armen Kinder waren deutlich schlechter. Auch in dieser Studie zeigte sich ein hochsignifikanter Zusammenhang zwischen dem Bildungsstand und der wirtschaftlichen Lage der Eltern; aber selbst bei gleich schlechtem Bildungsniveau einer Mutter waren die Chancen für ein nicht armes Kindes, auf ein Gymnasium zu kommen, noch mehr als doppelt so gut als die Chancen für ein armes Kind. Insgesamt erreichten nur 20 % der Kinder mit Armutserfahrungen die Realschule, 12 % ein Gymnasium (Holz & Puhlmann, 2005).

2.3 Zusammenhangsmuster

Wie sich Armut auf Kinder und Jugendliche auswirkt, hängt maßgeblich von den Reaktionen der Eltern auf ihre Lebenssituation ab, die die familiären Beziehungen und Interaktionen und insbesondere das elterliche Erziehungsverhalten prägen. Vernachlässigung der kindlichen Bedürfnisse ist umso wahrscheinlicher, wenn lang anhaltende Spannungen und Konflikte in der Familie bestehen, evtl. begleitet von Trennung oder Scheidung, instabilen oder wechselnden Partnerbeziehungen, wirtschaftliche Krisensituationen auftreten, die das Selbstwertgefühl der Eltern beeinträchtigen, die Familie von ihrer Verwandtschaft und Nachbarschaft sozial isoliert ist, die Wohnverhältnisse ungünstig und beengt sind sowie ein gesellschaftliches Umfeld mit aggressiven Handlungen und Verhaltensmustern besteht.

Ein niedriger Bildungsstand der Eltern hat einen zusätzlichen Effekt im Sinne einer Risikokumulation. Ihre Kinder bekommen zu Hause nicht die gleichen Anregungen und Unterstützungen für das Lernen wie die Kinder von Eltern aus der Mitteloder Oberschicht. Ein Indikator für die Anregungen in der häuslichen Umgebung ist z. B. die Zahl der zu Hause vorhandenen Bücher, die Zeit, die im Vorschulalter mit Vorlesen verbracht wird, der Anregungsgehalt der verfügbaren Spielsachen oder die Zahl der gemeinsamen Ausflüge, die das Kind mit seiner Familie macht. Deutliche Schichtunterschiede machen sich auch in der Sprachentwicklung der Kinder bemerkbar. Kleinkinder aus „bildungsfernen“ Schichten hören nur einen Bruchteil der Wörter, den Kinder aus höheren Schichten von ihren Eltern zu hören bekommen. Ihr Wortschatz erweitert sich von den ersten Sprachentwicklungsstufen an langsamer als der Wortschatz von Kindern aus der Mitteloder Oberschicht (Hart & Risley, 1995; vgl. Abb. 3).

Eine mit sozioökonomischem Mangel verbundene Belastung der elterlichen Partnerschaft trägt über dysfunktionales Erziehungsverhalten insbesondere zur Ausbildung von sozialemotionalen Auffälligkeiten der Kinder bei. Erhöhte Reizbarkeit und Depressivität der Eltern lassen die Kinder weniger Unterstützung und Zuneigung erfahren und führen häufiger zu willkürlichen, strafenden Erziehungsmaßnahmen. Durch die Häufung von Alltagskonflikten kommt es dann zu einem Teufelskreis negativer Interaktionen und internalisierenden und externalisierenden Symptome der Kinder.



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