Schiewer / Seeber / Stock Schmerz in der Literatur des Mittelalters und der Frühen Neuzeit


1. Auflage 2010
ISBN: 978-3-86234-100-9
Verlag: V&R unipress
Format: PDF
Kopierschutz: 0 - No protection

E-Book, Deutsch, Band 4, 243 Seiten, Format (B × H): 158 mm x 240 mm

Reihe: Transatlantische Studien zu Mittelalter und Früher Neuzeit ? Transatlantic Studies on Medieval and Early Modern Literature and Culture (TRAST)

ISBN: 978-3-86234-100-9
Verlag: V&R unipress
Format: PDF
Kopierschutz: 0 - No protection



Ausgehend vom neuen kulturwissenschaftlichen Interesse am Schmerz und seiner Codiertheit untersuchen die Beiträge dieses Bandes das Phänomen Schmerz in seiner spezifisch literarischen Verfasstheit in Texten des 12. bis 17. Jahrhunderts. Dabei liegen Schwerpunkte besonders auf der Frage nach der Erinnerung an Schmerz (Schmerz als Element der Mnemotechnik, Traumanarrative), der Komplexität der Schmerzdarstellung in Wort und Bild (Unsagbarkeitstopos, Schreiben im Schmerz, emblematische Visualisierung) sowie auf Detailstudien zum Konnex von Schmerz und Frömmigkeit (Tradition des »Bernhardstraktats«, Elsbeths von Oye »Offenbarungen«) und zur literarischen Instrumentalisierung des Schmerzes in der Heldenepik und im mittelhochdeutschen höfischen Roman. Der Band dokumentiert die Ergebnisse der gleichnamigen Tagung, die vom 17. bis 19. Mai 2007 in Freiburg als Arbeitsgespräch nordamerikanischer und europäischer Wissenschaftler stattgefunden hat.

Prof. Dr. Hans-Jochen Schiewer lehrt ältere deutsche Literatur und Sprache und ist Rektor der Universität Freiburg i. Br.
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Weitere Infos & Material


1;Inhalt;7
2;I Einleitung;9
2.1;Schmerz in mittelalterlicher und frühneuzeitlicher Literatur: Bemerkungen zu einem schwierigen Feld;11
3;II Schmerz, Trauma, Erinnerung;23
3.1;Schmerzvolle Erinnerungen: Schmerz, Gedächtnis und Identität in der deutschen Literatur des Mittelalters;25
3.2;Kindertotenlieder der Renaissance;53
3.3;Anhang;80
4;III Schmerz und der Widerstand gegen Repräsentation;85
4.1;Funktionen des Unsagbarkeitstopos bei der Darstellung von Schmerz;87
4.2;In Schmerzen schreiben. Alain Chartiers ›Livre de l’Espérance‹;107
4.3;Empathische Embleme – Schmerzdarstellungen in der Emblematik;125
5;IV Schmerz, Passion, Frömmigkeit;143
5.1;Klagen unter dem Kreuz: Die Vermittlung von compassio in der Tradition des › Bernhardstraktats‹;145
5.2;Imitatio Ioannis oder Elsbeths Apokalypse – Die ›Offenbarungen‹ Elsbeths von Oye im Kontext der dominikanischen Johannesfrömmigkeit im 14. Jahrhundert;169
6;V Episierungen des Schmerzes;191
6.1;Vom touf unz an sin ende geschach im nie so we. Schmerz als historische Erfahrung in der germanisch-deutschen Heldenepik (› Beowulf‹ – › Eckenlied‹ – › Nibelungenlied‹);193
6.2;Der Schmerz des Anfortas: Zu Wolframs poetischer Inszenierung eines augustinischen Theorems;215
7;Verzeichnis der Beiträgerinnen und Beiträger;245


"(S. 191-192)



Dieser Beitrag versteht sich als Versuch, ein differenziertes Verständnis vom Verhältnis zwischen heroischer Gewalt und heroischer Empfindsamkeit zu gewinnen. Auf den ersten Blick mag eine Untersuchung zur Thematik der Verletzbarkeit mittelalterlicher (Super-)Helden überflüssig wirken, da das Problemfeld weder problematisch noch besonders facettenreich scheint.

An den Texten der mittelhochdeutschen Heldenepik lassen sich mühelos zwei gegensätzliche Charakterisierungen sofort aufzeigen: es gibt einige Protagonisten, wie Dietrich von Bern oder Meister Hildebrand, die im Zweikampf verletzt werden, und auch andere – wie Siegfried – die als unverwundbar gelten. Es scheint eine Selbstverständlichkeit der Heldendichtung zu sein, dass die Verletzung des heroischen Körpers als unausweichliche Folge des gewalttätigen Zweikampfs vorauszusetzen ist; wer kämpft, muss auch bluten.

Oder auch nicht: in Siegfrieds Fall kann seine körperliche Unverwundbarkeit als Potenzierung einer heldenhaften ›Machtphantasie‹ aufgefasst werden, die tief in der heroischen Kultur des Westens verwurzelt ist.1 Andererseits bestätigt der Unverwundbarkeitstopos jedoch allgemein und kulturübergreifend die Vorstellung, dass ein Heldenkampf ohne physische Versehrung nur auf der Ebene des Imaginären vorzustellen ist. In den letzten Jahren sind Studien über Gewalt als mittelalterliches System, als Code, als Zeichen und als Faszinosum vorgelegt worden,2 doch es fehlt bis jetzt an Untersuchungen, die sich auf den Körper des Gewaltopfers und dessen Empfindungen konzentrieren.

Eine solche Fokussierung lässt sich freilich nicht immer durchführen, denn in den Texten – man denke an die Erzählungen der historischen Dietrichepik – setzt die epische Narration einen ›äußerlichen Erzählerblick‹ voraus: es wird auf dem Schlachtfeld viel geschlagen, viel geblutet, der Dichter weist auf die aufgeplatzten Schädel und freigelegten Eingeweide überall um den Helden herum hin, doch bleibt die Gewalt eine entindividualisierte Gewalt.3 In der Regel ist der heroische Einsatz in der historischen Dietrichepik »in die Massenschlacht eingebunden; der einzelne Krieger ist einer unter Tausenden, sein Blut fließt in wahren Strömen von Blut. […] Die Helden sterben oder überstehen den Kampf ohne nennenswerte körperliche Zeichnung«."


Mertens, Volker
Dr. Volker Mertens ist Professor für Ältere deutsche Literatur und Sprache an der FU Berlin.

Schiewer, Hans-Jochen
Prof. Dr. Hans-Jochen Schiewer lehrt ältere deutsche Literatur und Sprache und ist Rektor der Universität Freiburg i. Br.

Seeber, Stefan
PD Dr. Stefan Seeber ist akademischer Rat a.Z. am Deutschen Seminar der Universität Freiburg.

Schiewer, Hans-Jochen
Prof. Dr. Hans-Jochen Schiewer lehrt ältere deutsche Literatur und Sprache und ist Rektor der Universität Freiburg i. Br.

Groos, Arthur
Arthur Groos is Avalon Foundation Professor in the Humanities at Cornell University, and Professor of German Studies, Medieval Studies, and Music.

Stock, Markus
Prof. Dr. Markus Stock is an Associate Professor of German and Medieval Studies and the Chair of the Department of Germanic Languages and Literatures at the University of Toronto. He held invited visiting professorships at the University of Freiburg and Havard University. His research interests include high medieval German epic, romance, and Minnesang, historical narratology, the history of pain as well as medieval and early modern texts on Alexander the Great. He is the principal investigator of a multi-year research project, Spatial Practices in German literature, 1150-1300, funded by the Canadian Social Sciences and Humanities Research Council.

Dr. Hans-Jochen Schiewer ist Professor für Ältere Deutsche Sprache und Literatur und Rektor der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br.

Stefan Seeber ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl von Prof. Schiewer an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br.

Dr. Markus Stock ist Assistant Professor of German and Medieval Studies an der University of Toronto, Kanada.



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