E-Book, Deutsch, 201 Seiten
Schlegel Ästhetische & Politische Werke
2. Auflage 2017
ISBN: 978-80-268-6345-8
Verlag: e-artnow
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Gespräch über die Poesie, Begriff des Republikanismus, Georg Forster, Über Lessing, Über Goethes Meister, Die Sprache und Weisheit der Indier...
E-Book, Deutsch, 201 Seiten
ISBN: 978-80-268-6345-8
Verlag: e-artnow
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Dieses eBook ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen. Karl Wilhelm Friedrich von Schlegel (1772-1829) war ein deutscher Kulturphilosoph, Schriftsteller, Literatur- und Kunstkritiker, Historiker und Altphilologe. Friedrich Schlegel war neben seinem Bruder August Wilhelm Schlegel einer der wichtigsten Vertreter der 'Jenaer Frühromantik'. Schlegels Ziel war nach eigenem Bekunden die verbindende Darstellung von Philosophie, Prosa, Poesie, Genialität und Kritik. Wichtige Motive dieses Strebens waren die Konzeptionen einer 'progressiven Universalpoesie', der romantischen Ironie und einer neuen Mythologie. Inhalt: Versuch über den Begriff des Republikanismus Über das Studium der griechischen Poesie Elegien aus dem Griechischen Georg Forster Über Lessing Vorrede zu Die Griechen und Römer Über Goethes Meister Über die Philosophie Gespräch über die Poesie Über die Unverständlichkeit Beiträge zur Geschichte der modernen Poesie Über die Sprache und Weisheit der Indier
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Vorrede
Inhaltsverzeichnis Eine Geschichte der Griechischen Poesie in ihrem ganzen Umfange umfaßt auch die der Beredsamkeit und der historischen Kunst. Die wahrhafte Geschichte des Thucydides ist nach dem richtigen Urteil eines Griechischen Kenners zugleich ein schönes Gedicht; und in den Demosthenischen Reden, wie in den Sokratischen Gesprächen ist die dichtende Einbildungskraft zwar durch einen bestimmten Zweck des Verstandes beschränkt, aber doch nicht aller Freiheit beraubt, und also auch der Pflicht, schön zu spielen, nicht entbunden: denn das Schöne soll sein, und jede Rede, deren Hauptzweck oder Nebenzweck das Schöne ist, ist ganz oder zum Teil Poesie. – Sie umfaßt ferner die Geschichte der Römischen Poesie, deren Nachbildungen uns nur zu oft für den Verlust der ursprünglichen Werke schadlos halten müssen. – Die Geschichte der Griechischen Kritik und die Bruchstücke, welche sich etwa zu einer Geschichte der Griechischen Musik und Mimik finden möchten, sind ihr so unentbehrlich als die Kenntnisse der ganzen Griechischen Göttersage und Sprache in allen ihren Zweigen, und nach allen ihren Umbildungen. – In den verborgensten Tiefen der Sitten und Staatengeschichte muß dasjenige oft erst entdeckt werden, wodurch allein ein Widerspruch, eine Lücke der Kunstgeschichte aufgelöst, ergänzt, die zerstreuten Bruchstücke geordnet, die scheinbaren Rätsel erklärt werden können: denn Kunst Sitten, und Staaten der Griechen sind so innigst verflochten, daß ihre Kenntnis sich nicht trennen läßt. Und überhaupt ist die Griechische Bildung ein Ganzes, in welchem es unmöglich ist, einen einzelnen Teil stückweise vollkommen richtig zu erkennen. Wie unermeßlich die Schwierigkeiten einzelner vielleicht sehr kleiner Teile dieses großen Ganzen sind, darf ich mit Stillschweigen übergehn. Alle Kenner wissen, wie viel Zeit und Anstrengung es oft kostet, nur eine falsche Zeitangabe zu berichtigen, einen Nebenzweig der Göttersage prüfend zu reinigen, die vollständig gesammelten Bruchstücke auch nur eines einzigen Dichters bis zur Reife zu verarbeiten. Eine vollendete Geschichte der Griechischen Poesie aber würde auch nicht etwa dem Gelehrten allein Gewinn bringen, und nur dem Geschichtsforscher allein eine bedeutende Lücke in der Geschichte der Menschheit ausfüllen. Sie scheint mir zugleich eine wesentliche Bedingung der Vervollkommnung des Deutschen Geschmacks und Kunst, welche in unserm Anteil an der Europäischen Bildung nicht die unbedeutendste Stelle einnimmt. Vielleicht redet die erste Abhandlung mehr vom Modernen, als die Aufschrift dieser Sammlung erwarten läßt, oder zu erlauben scheint. Indessen war es doch nur nach einer nicht ganz unvollständigen Charakteristik der modernen Poesie möglich, das Verhältnis der antiken Poesie zur modernen, und den Zweck des Studiums der klassischen Poesie überhaupt und für unser Zeitalter insbesondre zu bestimmen. Diese Abhandlung über das Studium der Griechischen Poesie ist nur eine Einladung, die alte Dichtkunst noch ernstlicher als bisher zu untersuchen; ein Versuch (die Mängel desselben kann niemand lebhafter empfinden als ich) den langen Streit der einseitigen Freunde der alten und der neuen Dichter zu schlichten, und im Gebiet des Schönen durch eine scharfe Gränzbestimmung die Eintracht zwischen der natürlichen und der künstlichen Bildung wieder herzustellen; ein Versuch, zu beweisen, daß das Studium der Griechischen Poesie nicht bloß eine verzeihliche Liebhaberei, sondern eine notwendige Pflicht aller Liebhaber, welche das Schöne mit ächter Liebe umfassen, aller Kenner, die allgemeingültig urteilen wollen, aller Denker, welche die reinen Gesetze der Schönheit, und die ewige Natur der Kunst vollständig zu bestimmen, versuchen, sei und immer bleiben werde. Die kurze Charakteristik der Griechischen Poesie, in diesem Aufsatze bitte ich nicht zu prüfen, ohne den Grundriß einer Geschichte der Griechischen Poesie, welcher den zweiten Band dieser Sammlung ausmachen wird, damit zu vergleichen. Er enthält die Belege, die nähere Bestimmung, und die weitere Ausführung der hier gefällten Urteile. Die Freunde der modernen Poesie werden die Einleitung der Abhandlung über das Studium der Gr. P. nicht als mein Endurteil über die moderne Poesie mißdeuten, und sich mit der Entscheidung, daß mein Geschmack einseitig sei, wenigstens nicht übereilen. Ich meine es ehrlich mit der modernen Poesie, ich habe mehrere moderne Dichter von Jugend auf geliebt, viele studiert und ich glaube einige zu kennen. – Geübte Denker werden leicht erraten, warum ich diesen Standpunkt wählen mußte. – Gibt es reine Gesetze der Schönheit und der Kunst, so müssen sie ohne Ausnahme gelten. Nimmt man aber diese reinen Gesetze, ohne nähere Bestimmung und Richtschnur der Anwendung zum Maßstab der Würdigung der modernen Poesie: so kann das Urteil nicht anders ausfallen, als daß die moderne Poesie, die jenen reinen Gesetzen fast durchgängig widerspricht, durchaus gar keinen Wert hat. Sie macht nicht einmal Ansprüche auf Objektivität, welches doch die erste Bedingung des reinen und unbedingten ästhetischen Werts ist, und ihr Ideal ist das Interessante d.h. subjektive ästhetische Kraft. – Ein Urteil, dem das Gefühl laut widerspricht! Man hat schon viel gewonnen, wenn man sich diesen Widerspruch nicht läugnet. Dies ist der kürzeste Weg, den eigentlichen Charakter der modernen Poesie zu entdecken das Bedürfnis einer klassischen Poesie zu erklären, und endlich durch eine sehr glänzende Rechtfertigung der Modernen überrascht und belohnt zu werden. Wenn irgend etwas die Unvollkommenheit dieses Versuchs entschuldigen kann, so ist es die innige Wechselwirkung der Geschichte der Menschheit und der praktischen Philosophie, im Ganzen sowohl als in einzelnen Teilen. In beiden Wissenschaften sind noch unermeßliche Strecken Land urbar zu machen. Man mag ausgehn von welcher Seite man will, so müssen Lücken bleiben, welche nur von der andern Seite her ergänzt werden können. Auch ist die Sphäre der antiken und modernen Poesie zusammengenommen so groß, daß man schwerlich in jedem Felde derselben gleich einheimisch sein kann, man müßte denn etwa nirgends recht zu Hause sein. Sind die ersten Grundlinien und äußersten Umrisse nur richtig angelegt: so kann jeder Kunstkenner, der zur Übersicht des großen Ganzen nicht unfähig, und auch nur in einem kleinen Teile des ganzen Bezirks recht bekannt ist, von seiner Seite zur näheren Bestimmung und zur weiteren Ausführung beitragen. Schillers Abhandlung über die sentimentalen Dichter1 hat außer, daß sie meine Einsicht in den Charakter der interessanten Poesie erweiterte, mir selbst über die Gränzen des Gebiets der klassischen Poesie ein neues Licht gegeben. Hätte ich sie eher gelesen, als diese Schrift dem Druck übergeben war, so würde besonders der Abschnitt von dem Ursprunge, und der ursprünglichen Künstlichkeit der modernen Poesie ungleich weniger unvollkommen geworden sein. – Man urteilt einseitig und ungerecht, wenn man die letzten Dichter der alten Kunst bisher nur nach den Grundsätzen der objektiven Poesie würdigt. Die natürliche und die künstliche ästhetische Bildung greifen ineinander, und die Spätlinge der antiken Poesie sind zugleich die Vorläufer der modernen. – So treu auch die bukolischen Dichter der Sizilischen Schule die rohe Natur nachahmen, so ist doch die Rückkehr von verderbter Kunst zur verlornen Natur der erste Keim der sentimentalen Poesie. Auch wird in den Griechischen Idyllen nicht immer das Natürliche, sondern oft schon das Naive d.h. das Natürliche im Kontrast mit dem Künstlichen dargestellt, welches nur der sentimentale Dichter darstellt. Je mehr sich die idyllischen Dichter der Römer von der treuen Nachahmung roher Natur entfernen, und der Darstellung eines goldnen Zeitalters der Unschuld nähern, um so weniger sind sie antik, um so mehr sind sie modern. Die Satiren des Horaz sind zwar noch, was die des Lucilius: poetische Ansichten, und poetische Äußerungen Römischer Urbanität; wie die Dorischen Mimen und die Sokratischen Dialogen, der Dorischen und der Sokratischen Urbanität. Aber einige ursprünglich Römische Oden und Epoden des Horaz (und nicht die schlechtesten!) sind sentimentale Satiren, welche den Kontrast der Wirklichkeit und des Ideals darstellen. Der sentimentale Ton der spätern, von ihrem ursprünglichen Charakter ausgearteten Römischen Satire, wie auch nach Schillers treffender Bemerkung des Tacitus und Luzian ist unverkennbar. Die Elegien der Römischen Triumvirn aber sind lyrisch und nicht sentimental. Selbst in denjenigen hinreißenden Gedichten des Properz, wo Stoff und Geist ursprünglich Römisch ist, findet sich keine Spur von einer Beziehung auf das Verhältnis des Realen und des Idealen, welche das charakteristische Merkmal der sentimentalen Poesie ist. Doch findet sich in allen, vorzüglich im Tibull, wie in den Griechischen Idyllen eine Sehnsucht nach einfacher ländlicher Natur aus Überdruß an der ausgearteten städtischen Bildung. – Äußerst überraschend ist es, daß die Griechischen Erotiker in der Anordnung des Ganzen, im Kolorit der Darstellung, in der Manier der Gleichnisse, und selbst im Periodenbau durchaus modern sind. Ihr Prinzip ist nicht Streben nach unbestimmtem Stoff und bloßem Leben überhaupt, sondern wie auch im Oppian und noch viel früher in den Sotadischen Gedichten, ein subjektives Interesse an einer bestimmten Art von Leben, an einem individuellen Stoff. Man vergleiche den Achilles Tatius zum Beispiel mit einer äußerst mittelmäßigen...