E-Book, Deutsch, 264 Seiten, E-Book
Reihe: Haufe Fachbuch
Schnee-Gronauer Unternehmensverkauf
2. aktualisierte und erweiterte Auflage 2022
ISBN: 978-3-648-16660-4
Verlag: Haufe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Anleitung und Planungshilfen für kleinere und mittlere Unternehmen
E-Book, Deutsch, 264 Seiten, E-Book
Reihe: Haufe Fachbuch
ISBN: 978-3-648-16660-4
Verlag: Haufe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Andreas R. J. Schnee-Gronauer ist promovierter Jurist, Rechtsanwalt und diplomierter Wirtschaftswissenschaftler. Er verfügt über umfangreiche Erfahrung im Bereich Unternehmensverkauf und -kauf, Unternehmenssanierung und Insolvenzrecht sowie in der Beratung von Geschäftsführern und Unternehmern zur Vermeidung ihrer persönlichen Haftung. Zudem verfügt er über langjährige Erfahrungen im Bereich der Unternehmensführung.
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1 Ausgangssituation
Wie ein Unternehmensverkauf bzw. Unternehmenskauf abläuft, wird wesentlich – und oft, ohne dass es den Akteuren bewusst ist – geprägt von den dahinter stehenden Beweggründen und Motiven für den Kauf/Verkauf. Um diese besser zu verstehen, werfen wir zunächst einen Blick auf die unterschiedlichen Ausgangssituationen von Käufer und Verkäufer und die von diesen anzustellenden Vorüberlegungen.
1.1 Für den Verkäufer
Viele Unternehmer schieben den Verkauf ihres Unternehmens lange vor sich her oder anders gesagt: sie leiten den Verkaufsprozess relativ spät ein. Oftmals erst zu einem Zeitpunkt, an dem sich das Unternehmen in einer schwierigen oder kritischen Phase befindet. Dies wirkt sich negativ auf den Kaufpreis aus.
Die Motive des Verkäufers können Signalwirkungen entfalten. Seine Ziele beeinflussen den Ablauf des Unternehmensverkaufs. Beides wirkt sich auf den Verhandlungsprozess mit potenziellen Käufern und den zu erzielenden Preis aus.
Bevor ein Verkaufsprozess eingeleitet wird, ist es ratsam, dass sich der Verkäufer darüber klar wird, warum er das Unternehmen verkaufen will, welche Ziele er verfolgt und welche Rahmenbedingungen es bei seiner Transaktion gibt. Das klingt auf den ersten Blick banal, ist es aber nicht.
1.1.1 Gründe für den Verkauf
Es gibt zahlreiche Gründe für den Verkauf eines Unternehmens oder Unternehmensteils. Grob lassen sich persönliche Gründe von betrieblichen Gründen unterscheiden: Alter, Krankheit, Tod, eine attraktivere alternative Beschäftigung auf der einen Seite, veränderte Märkte, Finanzbedarf oder das Eingehen strategischer Partnerschaften auf der anderen.
Nach Angaben des Statistischen Bundesamts waren im Jahr 2020 rund 40 % der Selbstständigen älter als 55 Jahre und immerhin 9,2 % älter als 65 Jahre und noch 2 % älter als 75 Jahre.3 Das Institut für Mittelstandsforschung (IfM) hat ermittelt, dass im Zeitraum von 2022 bis 2026 bei etwa 190.000 Unternehmen die Nachfolge ansteht, weil der Unternehmer aus persönlichen Gründen ausscheidet (wobei in dieser Zahl nur die nach Definition des IfM »übernahmewürdigen Unternehmen« enthalten sind, die über einen bestimmten Mindestgewinn verfügen).4
Im Schnitt übergibt gut die Hälfte (53 %) der Eigentümer inhabergeführter Unternehmen an die eigenen Kinder bzw. an andere Familienmitglieder. Weitere 29 % der Übertragungen erfolgen an externe Führungskräfte, andere Unternehmen oder andere Interessenten von außerhalb. Etwa 18 % der Familienunternehmen übertragen das Unternehmen an Mitarbeiter.5 Dies spiegelt sich auch in den Gründen für einen Verkauf von Unternehmen wider: In einer im Jahr 2005 durchgeführten Befragung war ein fehlender Nachfolger innerhalb der Familie mit circa 55 % der häufigste Grund für den Unternehmensverkauf. Circa 42 % der Unternehmen wurden verkauft, weil Kapitalbedarf bestand bzw. die Eigenkapitalbasis zu dünn war. Rund 15 % wurden ausschließlich deshalb verkauft, weil dem Inhaber ein gutes Angebot vorgelegt worden war und bei immerhin 31 % war das Vorliegen eines guten Angebots mit entscheidend. Hingegen waren eine Strategieänderung oder Konzentration der unternehmerischen Tätigkeit nur bei 18 % bzw. 15 % ausschlaggebend für einen Verkauf.6 Andere Untersuchungen zeigen ähnliche Zusammenhänge auf.7
Grafisch stellt sich dies wie folgt dar.8
Abb. 1: Gründe für einen Verkauf des Unternehmens
Die Gründe, weshalb ein Unternehmen verkauft werden soll, haben eine erhebliche Bedeutung für den gesamten Verkaufsprozess. Zum einen bestimmen sie die Auswahl potenzieller Käufer, zum anderen die für den Prozess zur Verfügung stehende Zeit. Indirekt bestimmen diese Gründe aber auch das Verhalten des Käufers: Je stärker er wahrnimmt, dass es seitens des Verkäufers einen hohen zeitlichen Druck gibt, sein Unternehmen zu verkaufen, desto sorgfältig wird er prüfen, worin diese Motivation begründet ist.9 Es gibt Gründe für einen Verkauf eines Unternehmen, die eine positive Signalwirkung haben und den Kaufpreis steigern, andere senken ihn. Differenziert nach verkäuferbezogenen und unternehmensbezogenen Motiven lässt sich das wie folgt darstellen.10
Abb. 2: Signalwirkungen der Motive
Von den eigentlichen Gründen für den Verkauf des Unternehmens sind Nebenziele zu unterscheiden, die den Verkaufsprozess bestimmen oder einengen können. Diese Ziele beeinflussen den Kaufpreis allerdings nur indirekt, dennoch kommt ihnen eine wichtige Bedeutung zu, da es sich dabei um Punkte handelt, die dem Verkäufer wichtig sind – diese weiteren Bestimmungsfaktoren haben wir in Kapitel 1.1.2.8 ausführlich dargestellt.
1.1.2 Vorüberlegungen aufseiten des Verkäufers
Wenn nicht gerade eine wirtschaftliche oder persönliche Krise der Auslöser für den Verkaufsentschluss ist, reift die Entscheidung, das eigene Unternehmen zu verkaufen, meistens langsam heran.11 Dann hat der Unternehmer längere Zeit über mögliche Optionen und eventuelle Hindernisse nachgedacht sowie Alternativen abgewogen. In dieser Phase der Entscheidungsfindung stellen sich wesentliche Fragen, über die es jetzt Klarheit zu erlangen gilt.
Nach der Erfahrung von Michael Meese, Teamleiter Gründung und Unternehmensförderung bei der Industrie- und Handelskammer Nord Westfalen, sind typische Schwierigkeiten, vor denen Unternehmer bei einer Unternehmensübertragung stehen:
- das Finden von Nachfolgern bzw. Käufern
- die Ermittlung des Kaufpreises
- steuerliche Folgen des Unternehmensverkaufs/steueroptimale Gestaltung
- korrekte rechtssichere Umsetzung des Verkaufs
- die Vermeidung von Konflikten bei familieninterner Nachfolge bzw. die Lösung bestehender Konflikte und damit im Zusammenhang stehende Fragen zu Erbausgleich und Pflichtteilsansprüchen12
Diese im Vorfeld anzustellenden Überlegungen helfen auch dabei, den Verkaufsprozess vorzustrukturieren und die einzelnen Fragen nacheinander zufriedenstellend zu klären. Typische Fragestellungen finden Sie nachfolgend näher beschrieben.
1.1.2.1 Eigene Lebensplanung
Eine schwierige Überlegung während der Entscheidungsfindung ist oft, ob der Inhaber überhaupt (schon) bereit ist, sich auf das Altenteil zurückzuziehen. Das ist auch eine Frage der eigenen Lebensplanung, der er sich nun ggf. erneut kritisch stellen muss.
Dabei ist es wichtig, sich über die eigenen Wünsche klar zu werden und sie von den Wünschen Dritter – beispielsweise der Familie oder der Bank – zu unterscheiden. Aus Sicht des Verkäufers gibt es häufig eine ganze Reihe vermeintlich »guter Gründe«, das Projekt vor sich herzuschieben; die wahre Motivation dahinter ist ihm oft nicht bewusst.13 Wer eine reibungslose und erfolgreiche Übertragung anstrebt, sollte sich aber unbedingt klar werden über die wirklichen Gründe, die zu einem Aufschieben oder auch einer Forcierung des Verkaufs führen können.
In Rahmen dieser Vorüberlegungen sollte der verkaufswillige Unternehmer auch bedenken, ob er sein Unternehmen sofort ganz verlassen oder – beispielsweise als Angestellter, z. B. in beratender Funktion – noch eine Weile mitarbeiten und seinen Nachfolger unterstützen will. Letzteres wird oft favorisiert – und ist auch aus Sicht des Käufers für eine bestimmte Zeit oft unbedingt erwünscht, um eine vernünftige Übernahme der laufenden Geschäftstätigkeit ohne Einbußen zu realisieren.
Ob sich eine weitere Tätigkeit im Unternehmen umsetzen lässt, hängt letztlich von diversen Faktoren ab, etwa der Auslastung und wirtschaftlichen Lage des Unternehmens und – ganz entscheidend – davon, ob die Chemie zwischen Verkäufer und Käufer stimmt. Gleichwohl sollte sich der Unternehmer frühzeitig Gedanken darüber machen, ob und unter welchen Voraussetzungen er ggf. weiterhin zu einer Mitarbeit bereit ist oder ob diese für ihn sogar Voraussetzung für einen Verkauf ist.
Es kann ratsam sein, dass der Unternehmer diese Fragen nicht alleine klärt, sondern gemeinsam mit der Familie und mit...