Schwarz Maddrax - Folge 360
1. Auflage 2013
ISBN: 978-3-8387-5119-1
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Statthalter des Bösen
E-Book, Deutsch, Band 360, 64 Seiten
Reihe: Maddrax
ISBN: 978-3-8387-5119-1
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
In Moska haben die Nosfera unter Navok und die Menschen ein Bündnis geschmiedet. Sie leben nun friedlich miteinander, aber weitgehend jeder für sich. Allerdings flammt das gegenseitige Misstrauen immer wieder auf, da die Blutsauger den Menschen unheimlich bleiben. Das fragile Gleichgewicht wird gestört, als ein Fremder bei den Nosfera auftaucht und ihnen eine 'Optimierung des Blutes' anbietet, die ihre mentalen Kräfte vervielfachen würde. Dass weit mehr dahintersteckt, erkennt Navok zu spät ...
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Matt krallte sich mit beiden Händen an dem Ast fest und blickte an seinem Körper entlang in die Tiefe. Kein Hindernis zwischen ihm und dem Grund. Wenn er fiel, konnte nichts seinen Sturz bremsen. Er würde sich die Beine brechen – mindestens. Mit eisernem Willen unterdrücke er die aufwallende Panik und konzentrierte sich darauf, ganz ruhig zu hängen. Gleichzeitig hatte er einen guten Überblick über das Geschehen am Boden, auch wenn er auf diese Art Logenplatz liebend gerne verzichtet hätte. Die Gestalt, der er zweifellos seine Lage zu verdanken hatte, näherte sich vorsichtig dem Buggy, der am Waldrand abgestellt war. Nachdem sie Matt kaltgestellt hatte, würde sie jetzt erst mal die Lage sondieren. Aber wusste sie von Aruula? Matt blickte sich nach seiner Begleiterin um – und entdeckte sie im Schutz eines großen Baumes. Aruula hatte ihr Schwert gezogen. Immer wieder ging ihr Blick hoch zu ihm. Er musste den Fremden ablenken, damit sie etwas unternehmen konnte. „Heda!“, rief Matt. „Wie hast du das gemacht? Mit Telekinese? Hol mich wieder runter, dann können wir reden!“ Der Kerl stoppte kurz und sah zu ihm hoch. Dann ging er wortlos weiter auf den Buggy zu. Vielleicht verstand er ihn nicht; bevor sich Matts implantierter Translator auf seine Sprache einstellen konnte, musste er einige Wörter von sich gegeben haben. Matt hatte zwar das Gesicht unter der Kapuze des Capes nicht erkennen können, aber in ihm regte sich ein Verdacht. „Bist du ein Nosfera?“, rief er hinab. „Kommst du aus Moska?“ Wieder keine Reaktion, obwohl doch beide Begriffe geläufig sein mussten. Jetzt passierte der Fremde den Baum, hinter dem Aruula stand! Sie blieb im Sichtschutz des dicken Stamms, wartete, bis sie sich in seinen Rücken schleichen konnte. Der Kapuzenträger machte noch ein paar Schritte, dann blieb er stehen. Gleichzeitig löste sich Aruula aus ihrer Deckung. Matt hielt die Luft an. Der Angriff ging daneben. Eine Sekunde später schwebte auch die Kriegerin in der Luft! Matt fluchte in sich hinein. Doch Aruula hob nur einen Meter ab, blieb in der Senkrechten und fiel nach höchstens einer Sekunde wie eine Wildkatze auf die Füße zurück. Matt schöpfte Hoffnung: Hatte sie mit ihren telepathischen Kräften den Einfluss unterbunden? Doch das Gefühl zerschlug sich jäh, als die Kriegerin zu schreien begann. Sie ließ das Schwert fallen, presste die Fäuste gegen ihre Schläfen. Dann taumelte sie und brach zusammen. Auf dem Rücken blieb sie liegen, die Augen weit aufgerissen. Matt schauderte. Nun war es klar: Der Fremde war ein Feind, der vor Gewalt nicht zurückschreckte! Sich mit ihm verständigen zu wollen, war sinnlos. Wer immer dieses Monster dort unten war, sie waren ihm ausgeliefert. Doch was konnte er tun? Die Laserpistole ziehen? Dann würde er unweigerlich abstürzen. Noch mehr Adrenalin schoss in Matts Blutbahn, als sich der Mann sich über die reglose Kriegerin beugte. Was hatte er vor? Würde er sie … Da kassierte der Fremde einen kräftigen Hieb unters Kinn. Aruula hatte sich nur bewusstlos gestellt! Blitzschnell war ihre flache Hand hochgezuckt und hatte mit dem Handballen getroffen. Der Unheimliche gurgelte und taumelte nach hinten. Matt schrie vor Erregung auf. Aruula setzte sofort nach. Der Kerl kassierte einen kräftigen Fußtritt dorthin, wo es einen Mann am meisten schmerzt. Mit einem Schrei klappte er zusammen, bekam sich aber viel rascher wieder unter Kontrolle, als es Matt lieb sein konnte. Der Kapuzenmantel des Angreifers klaffte auseinander; mit einer blitzartigen Bewegung zog er den am Gürtel hängenden Degen. Es war ein Nosfera, kein Zweifel! Aruula kam ihm zuvor. Mit einem Kampfschrei kam sie auf die Beine, das Schwert in der Hand. Bevor der Blutsauger seinen Degen hochziehen konnte, kassierte er ihren Treffer. Die flache Seite des Schwerts knallte mit voller Wucht gegen seine Schläfe. Eine Woge der Erleichterung schlug über Matt zusammen, als der Nosfera lautlos zusammenbrach und verkrümmt liegen blieb. Er blickte hoch zu dem Ast, an dem er hing. Keine Chance, sich daran hinaufzuziehen; er war kein Zirkusathlet, der das aus hängender Position vielleicht geschafft hätte. Er musste schon froh sein, bislang nicht abgestürzt zu sein. „Bravo, Aruula!“, rief er hinab. „Fessle den Kerl – und dann hol schnell das Seil aus dem Buggy, bevor ich abstürze.“ Aruula schaute an dem Baum hoch, dann maß sie das Seil in ihren Händen. „Das reicht nicht!“, rief sie zu Maddrax hinauf. „Ich müsste zu dir hochsteigen, um dich abzuseilen, aber dafür ist der Stamm zu glatt!“ „Was machen wir dann?“, brüllte Matt zurück, Verzweiflung in der Stimme. Er würde sich nicht mehr lange festhalten können. „Wenn uns nicht bald etwas einfällt, falle ich …“ Aruula hob die Hand. „Ich hab eine Idee. Lass mich machen!“ Die Kriegerin ging zum Buggy und nahm den Wasserkanister heraus. Sie schraubte ihn auf – und leerte dem Nosfera einen Schwall Wasser ins Gesicht. Mit einigen Schlägen auf die eingefallenen Wangen verlieh Aruula ihrer feuchten Aufforderung den nötigen Nachdruck. Hustend kam der Blutsauger zu sich. Und starrte mit leicht verdrehten Augen auf den kalten Stahl, der direkt an seiner Kehle endete. Aruula drückte ein wenig fester zu. „Mach keine Dummheiten, Blutsäufer“, zischte sie ihn in der Sprache der Wandernden Völker an. „Ich kann lauschen wie du. Und ich merke es sofort, wenn du angreifen willst. Dann habe ich immer noch genug Zeit, dir die Kehle zu durchlöchern. Hast du verstanden?“ „Ja“, krächzte er. „Gut. Du wirst jetzt meinen Begleiter wieder von dort oben herunterholen. Ganz langsam und vorsichtig. Und wehe, du krümmst ihm auch nur ein Haar dabei.“ „Und … dann?“ „Was und dann?“ „Was machst du dann mit mir?“ Er sprach mit einem deutlichen slawischen Akzent. „Das hängt davon ab, wie es meinem Begleiter geht. Du hast uns ohne Not angegriffen, trotzdem wollen wir dir nichts Böses. Los jetzt!“ Der Nosfera verzog keine Miene. Er schloss lediglich die Augen und sorgte damit bei Aruula für höchste Anspannung. Wie von Zauberhand löste sich Maddrax von dem Ast und schwebte aufrecht und sanft dem Boden entgegen. Unheimlich sah er dabei aus, wie ein Gott, der aus dem Himmel herabstieg. Er ging leicht in die Knie, als er landete. Sofort zog er seine Waffe. Aruula atmete durch. In diesem Moment fühlte sie, wie eine unsichtbare Hand ihr Schwert nach oben drückte. Sofort ließ die Kriegerin es los und schlug dem Kerl beide Fäuste gegen die Schläfen. Er erschlaffte, während das Schwert zu Boden fiel. „Danke.“ Matt machte zuerst ein paar Dehn- und Streckübungen, dann beugte er sich über den Nosfera. „Mit großer Wahrscheinlichkeit ein Bluttempler“, murmelte er. „Ich wusste gar nicht, dass die Nosfera auch Telekinese beherrschen. – Das ist die Fähigkeit, mit den Gedanken, Gegenstände zu bewegen“, erklärte er der Barbarin. Aruula nickte. „Das habe ich schon verstanden.“ Sie deutete mit einem Kopfnicken auf den Bewusstlosen. „Als er mich packte, konnte ich Größenwahn und Machthunger in seinen Gedanken spüren. Er ist gefährlich. Vielleicht wäre es besser gewesen, ihn zu töten.“ „Gut, dass du es nicht getan hast“, widersprach Matt. „Wenn er den Bluttemplern angehört, hätten wir es uns von vornherein mit Navok oder dem neuen Erzvater verscherzt.“ „Und was machen wir jetzt mit ihm? Ihn hier liegenlassen?“ „Nein. Ich schlage vor, wir nehmen ihn mit und liefern ihn wohlbehalten in Moska beim Erzvater ab.“ „Und wenn er unterwegs erwacht und uns überrumpelt?“ „Du musst ihn ständig belauschen. Ist das ein Problem?“ Aruula wiegte den Kopf. „Es könnte eins werden, wenn die Fahrt noch Stunden dauert. So lange kann ich meinen Lauschsinn nicht einsetzen.“ „Dann beeilen wir uns lieber.“ Matt dachte an die medizinische Ausrüstung in PROTO, mit der es ein Leichtes gewesen wäre, den Nosfera dauerhaft zu betäuben. Sie waren auf dem Weg in Richtung Kratersee. Vielleicht fanden sie dort die Daa’murin Gal’hal’ira, der er den Amphibienpanzer überlassen hatte. Vor sechzehn Jahren!, fuhr es ihm durch den Kopf. Die Welt ist nicht mehr so, wie wir sie verlassen haben. Für ihn und Aruula lag ihr letzter Aufenthalt auf der Erde gerade mal ein halbes Jahr zurück. Nach dem unfreiwilligen Ausflug zum Mars1) hatten sie die Rückreise durch den Zeitstrahl angetreten. Dabei war etwas furchtbar schiefgelaufen – statt fünf Wochen hatten sie sechzehn Jahre übersprungen! Die Folgen, die sich daraus ergaben, hatten ihn teils wie ein Dampfhammer getroffen, teils sickerten sie nur langsam in sein Bewusstsein. Was war mit den restlichen Artefakten in dieser Zeit geschehen? Sicher waren die meisten davon gefunden und benutzt worden – ein Wunder, dass die Erde noch nicht untergegangen war! Niemand wusste, welche Vernichtungswaffen Samugaar in seinen lichtschluckenden Koffer gepackt hatte. Aber solange das nicht geschah, konnten sie mit dem Artefaktscanner weiter danach suchen. Was war mit ihren Freunden und Verbündeten? Rulfan und seine Familie, Jenny und Pieroo, Mr. Black, Miki Takeo, Quart’ol und Gilam’esh, den Agarthern, Kaiser de Rozier … Und was war mit General Crow, der kurz vor ihrer...