Schwarz Maddrax - Folge 390
1. Auflage 2014
ISBN: 978-3-7325-0800-6
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Der Sturz des Titanen
E-Book, Deutsch, Band 390, 64 Seiten
Reihe: Maddrax
ISBN: 978-3-7325-0800-6
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Puspa empfand ein unbeschreibliches Triumphgefühl, als er seinen Peiniger zuckend zu seinen Füßen liegen sah. Aber nur für einen Moment. Wann hörte dieses verfluchte Zucken endlich auf? Warum lag der Kerl nicht einfach still? Und hielt das Maul? Das Röcheln war so überlaut, dass ihm das Trommelfell zu platzen drohte. Zudem verstärkte es die Übelkeit und ließ ihm den Magen hochkommen. Puspa musste sich übergeben. Die Wut darüber, und dass Prem sich so gegen das Sterben wehrte, schnürte ihm fast die Luft ab. Der Druck in seinem Kopf baute sich wieder auf. Puspa presste die Handflächen gegen die Ohren und drehte ein paar Mal den Kopf hin und her. Es nützte nichts, das Röcheln war nun so laut wie ein Orkan. Der Wachmann drehte sich einmal um sich selbst. Dann trat er mit ungeheurer Wucht auf den Sterbenden ein, zerschmetterte dessen Gesicht und verteilte dabei das Blut, das in einer riesigen Lache unter Prems Kopf hervor floss, im Raum. Schlagartig hörte er auf damit. Keuchend sah er auf den Boden. Seine Feinde gingen zum Gegenangriff über! Sie verstärkten das Vibrieren des Schwarzen Klosters so extrem, dass der Boden unter ihm nun wie bei einem Erdbeben zitterte. Wellen liefen unter ihm hindurch, um ihn von den Beinen zu holen. Er machte ein paar unbeholfene Schritte, um den Wellen auszuweichen. Außerdem drehten sie die Motoren auf Höchstleistung, damit das schrille Geräusch seinen Schädel platzen ließ. Was glaubte der Schwarze Mond eigentlich? Er hatte nicht das Recht, ihn so zu behandeln. Ihn hier im Schwarzen Kloster einzusperren und zum Fliegen zu zwingen. Obwohl Puspa Angst vor dem Fliegen hatte. Der Schwarze Mond und seine ganze verfluchte Philosophensippe gehörten ausgerottet! Sie alle hatten sich gegen ihn verschworen. Aber nun würde er zurückschlagen. Puspa schnappte sich das Lasergewehr und sah sich um. Draußen, vor den Fenstern, zogen langsam die riesigen schneebedeckten Berge vorbei. So verschwommen, als würden sie hinter einer Wasserwand liegen. Auch die Einrichtung der Wachstube verschwamm vor seinen Augen. Es brachte ihn auf die Palme, dass er nicht mehr klar sehen konnte. Daran waren seine Feinde schuld. Sie mussten sterben. Er würde sie alle ausrotten, einen nach dem anderen, bevor er das fliegende Kloster zum Absturz brachte, um flüchten zu können. Die Gedanken verschwammen wie die Bilder um ihn her, wurden immer schwerer greifbar. Puspa wankte zur Tür. Die öffnete sich unvermutet vor ihm. Mit einem überlauten Geräusch, das wie eine Säge auf Stein klang. Puspa verzog das Gesicht. Ein weiterer Angriff seiner Feinde! Ein Wachmann erschien im Rahmen. Puspa erkannte, dass das verschwimmende Gesicht Manoj gehörte. Hatte Manoj nicht den Raum verlassen, um die Toilette aufzusuchen? Er war doch einer derjenigen gewesen, die Puspa verhöhnt hatten, als ihm beim Start des Schwarzen Klosters vor neun Stunden plötzlich speiübel geworden war.1) Noch einmal wurden seine Gedanken klar. Wie Hammerschläge dröhnten die Sätze durch Puspas Schädel, hallten nach wie in einem leeren Raum und brachten ihn endgültig zur Weißglut. „Beim Schwarzen Mond, du bist ja schon wieder bleich wie der Tod. Wirst du krank?“ Puspa sah nun rot. Er machte zwei rasche Schritte auf den erstaunten Manoj zu. „Was ist hier los, was machst du, Puspa?“ „Schrei mich nicht an!“, brüllte der. Und zog den Kolben des Lasergewehrs hoch. Er traf Manoj am Kinnwinkel und warf ihn zurück an die Wand. Das Geräusch der brechenden Knochen war so laut, als würde die Decke über Puspa einstürzen. Bewusstlos rutschte Manoj an der Wand herunter. Puspa drückte ab. Der fauchende Laserstrahl schlug in Manojs Kopf und ließ diesen wie eine reife Frucht platzen. Da wusste Puspa schon nicht mehr, warum er das eigentlich getan hatte. Aber es war richtig gewesen. Die letzten einigermaßen klaren Gedanken wurden vom Druck in seinem Kopf zerquetscht. Als er das Wachzimmer verließ, trieb ihn nur noch ein dumpfer Instinkt voran. Töten! Tashi beobachtete ihren Gefangenen. Er saß mit hängendem Kopf auf einem Verhörstuhl, inmitten eines nüchternen, fensterlosen Raums, in dem es neben einigen Stauschränken und Konsolen auch einen autarken Generator für die elektrische Folter gab. Arme und Beine waren mit eisernen Spangen, die aus dem Stuhl heraus geschnappt waren, fixiert. Juefaan war noch bewusstlos. Er würde aber jeden Moment erwachen, dessen war sich die Schwarze Philosophin sicher. Sie betrachtete den großgewachsenen Blondschopf mit einem höhnischen Lächeln. Wie dumm und einfältig die Männer doch sind, dachte sie. Nicht einen Moment lang hast du mein Spiel durchschaut, Langnase. Es war zu raffiniert für dich. Und jetzt bist du mein Schlüssel zum Aufstieg. Dank dir werde ich schon bald Zweite Philosophin sein. Wenn ich noch ein paar brauchbare Informationen aus dir raushole, wird der Schwarze Mond sicher seine Zustimmung geben. Vor allem, wenn ich die Erste Philosophin als Fürsprecherin habe … Juefaan begann zu stöhnen und langsam den Kopf zu heben. Er versuchte seine Arme und Beine zu bewegen, aber es ging nicht. Das brachte ihn rascher zu sich. Mit wirr in die Stirn hängenden Haaren und großen Augen starrte er sie an. „Tashi? Was … ist passiert? Wo bin ich? Warum … hast du mich gefesselt?“ Sie sagte nichts, starrte ihn nur weiter an. Juefaans Erinnerungen waren schlagartig wieder da. Er starrte zurück. Seine Blicke fraßen sich förmlich auf dem Symbionten fest, den Tashi einen Collier-artigen Halsschmuck ausbilden ließ. Er schluckte ein paar Mal schwer. „Du hast mich reingelegt, nicht wahr?“ „Du bist wirklich ein Schnellmerker. Zum Schluss hast du dich dann auch noch selber ins Knie geschossen. Du bist ein Trottel, Juefaan. So wie alle Männer eben. Was meinst du, macht sich der Symbiont gut an mir? Er gehorcht mir aufs Wort. Vielen herzlichen Dank für dein Geschenk. Es hat mich wirklich aus Todesgefahr gerettet.“ Sie kicherte hämisch. Er verzog das Gesicht vor Wut und versuchte keuchend, seine Arme aus den Eisenspangen zu ziehen. Als er die Sinnlosigkeit seines Tuns erkannte, hielt er ein und beruhigte seinen Atem. „Ich … hätte es erkennen müssen, es gab genügend Anzeichen. Aber ich wollte es nicht wahrhaben, weil du vor meinen Augen einen Schwarzen Philosophen getötet hast“, flüsterte er. Tashi grinste. „Das war mein genialster Schachzug.“ „Hat dein Verrat schon bei unserer ersten Begegnung in dem kleinen Dorf begonnen?“ „Ja, was denkst du denn?“ Tashi fand Gefallen daran, ihm die Geschichte ihres Triumphs unter die Nase zu reiben. „Als du und deine Begleiter vor den schwarzen Kleinluftschiffen in die tiefhängende Wolke geflohen seid, war ich gerade im Sindhupalchok-Tal unterwegs. Der Funkspruch der damaligen Zweiten Philosophin wegen eurer Flucht erreichte mich, als ich mich nicht weit vom Dorf Datta entfernt befand.“ „Das ist die Frau, die du geküsst hast.“ „Ja. Ich bin schon längere Zeit Trichen Tulkus Geliebte und Vertraute. Trichen vermutete völlig richtig, dass ihr Datta aufsuchen würdet, weil ihr Hilfe braucht. Dort traf ich euch tatsächlich an. Ich gewann euer Vertrauen und führte euch zu der Berghütte. Dann jedoch stöberte uns einer unserer Piloten dort auf. Ich musste ihn beseitigen, bevor er mich erkannte.“ Juefaan verzog erneut das Gesicht. „Und als du von meinem Vorhaben erfahren hast, ein Mittel gegen die Hirnparasiten zu holen, hast mich hier hochgelotst.“ Sie nickte. „Es war sehr hilfreich für Trichen, dass man dich beim Eindringen in das Kloster geschnappt hat. Während du den Meng-âmok erobert hast, informierte ich sie per Funk, wo sie uns finden konnte.“ „Und damit ich nicht auf sie schießen würde, hast du dich scheinbar in ihre Gewalt begeben“, schloss Juefaan. Tashi kicherte erneut. „Du warst sogar so nett, mir den Symbionten zu meiner Rettung zu überlassen. Ach nein, dumm ist das passende Wort. Damit gabst du mir selbst das Mittel in die Hand, dich zu überwältigen.“ Juefaan konnte sich nur mit äußerster Mühe beherrschen, das sah sie genau. Und es törnte sie an. „Warum das alles, Tashi? Ich verstehe es nicht.“ „Musst du auch nicht. Ich sage es dir trotzdem, weil dir dieses Wissen nichts mehr nützt. Du warst der nützliche Idiot, mit dem Trichen den Ersten Philosophen Thaye Repa abschießen konnte. Dank dir haben wir dem Schwarzen Mond bewiesen, dass Repa seinen Aufgaben nicht gewachsen ist … Entschuldigung: war, denn der Schwarze Mond hat ihn daraufhin eliminiert. Seither ist Trichen Tulku die Erste Philosophin und ich werde demnächst ihre rechte Hand. So haben sich die Dinge überaus glücklich gefügt.“ Juefaan knirschte mit den Zähnen. „Der Boden zittert, ich höre Motorengeräusche“, murmelte er. „Ist das Schwarze Kloster auf Reisen gegangen?“ „Ja. Wir fliegen nach Agartha, um das Königreich der Welt zu erobern. Der Meng-âmok ist die Waffe, auf die der Schwarze Mond so lange gewartet hat.“ „Und was habt ihr mit mir vor?“ „Zuerst werde ich dich verhören. Dann entscheidet der Schwarze Mond, was mit dir passiert.“ „Du glaubst doch nicht etwa, dass ich dir irgendwas sage, du Miststück.“ „Nein, ich glaube es nicht – ich weiß es.“ Sie trat an ihn heran und brachte ihren Mund ganz nah an sein Ohr. Er roch nach Schweiß und Blut. „Soll ich...