E-Book, Deutsch, Band 1119, 64 Seiten
Reihe: Professor Zamorra
Schwarz Professor Zamorra - Folge 1119
1. Auflage 2017
ISBN: 978-3-7325-4631-2
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Zombie-Terror aus dem Handy
E-Book, Deutsch, Band 1119, 64 Seiten
Reihe: Professor Zamorra
ISBN: 978-3-7325-4631-2
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Autoren/Hrsg.
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Dardilly, Frankreich,
Gegenwart Paul Vianney lauschte. Es dauerte einige Momente, bis er über sein laut pochendes Herz hinweg den regelmäßigen Atem seiner Frau wahrnahm. Madeleine schlief tief und fest. Gut so. Seine psychischen Aussetzer der letzten Wochen gingen langsam auch über ihre Kräfte. Wie oft war sie ebenfalls aufgewacht, wenn er stöhnend oder gar brüllend aus dem Schlaf hochfuhr. Und wie er selber hatte sie danach zumeist nicht mehr einschlafen können. Dieser permanente Schlafmangel forderte irgendwann seinen Tribut, ganz klar. So leise wie möglich schlug Vianney die Bettdecke zurück. Natürlich hatte er Angst. So schreckliche Angst wie noch nie in seinem Leben. Denn was ihn da heimsuchte, schien sich nicht nur auf Albträume zu beschränken. Es hatte auch etwas sehr Reales an sich. Bisher hatte er das immer nur geahnt. Jetzt war die Ahnung Wirklichkeit geworden. Die Befürchtung, dass er plötzlich vollkommen verrückt geworden war und sich nicht existierende Dinge einbildete, hatte er spätestens in dem Moment beerdigt, als die Schlafzimmertür aufgegangen war. Mochte der huschende Schatten vielleicht noch als Einbildung durchgehen, die geöffnete Zimmertür tat es ganz sicher nicht. Zum ersten Mal präsentierte sich sein geheimnisvoller Gegner nun real. Und wurde somit angreifbar. Vianney hoffte, dass er es nun zu Ende bringen konnte. Indem der Fremde in ihr Haus eindrang, musste Vianney nun auch seine Frau als direkt gefährdet betrachten. Das würde er nicht zulassen. Niemals. Und deswegen mit aller Härte reagieren. Madeleine war ohnehin schon zu stark in dieses fürchterliche Spiel involviert. Spiel? Psychoterror war kein Spiel. Irgendjemand jagte ihn und trieb sich jetzt in seinem Haus herum. Wie auch immer der Unbekannte sich Zugang verschafft hatte – so nahe war er Vianney noch nie gekommen. Zu Vianneys Charakter gehörte wilde Entschlossenheit. Sie hatte ihn dorthin gebracht, wo er heute war. Er blickte kurz zu den schweren Vorhängen, die das Licht des Vollmonds weitgehend aussperrten und nur ein ganz klein wenig davon ins Zimmer ließen. Sonst hätte er die Bewegung vielleicht gar nicht bemerkt. Und die Bewegung der Tür. Vianney verzichtete darauf, Licht zu machen und in seine Kleider zu schlüpfen, denn das hätte Madeleine wecken können. Und wenn sie ihn zurückhielt, würde er es vielleicht doch nicht durchziehen. So schlich er zur Tür, trat in den großen, offenen Raum, den er sich als Bibliothek eingerichtet hatte, hinaus und schloss sie leise. Unwillkürlich erwartete er, angegriffen zu werden. Nichts passierte. Erst jetzt machte er Licht. Für einen Moment blendete ihn die Helligkeit, er kniff die Augen zusammen. Als er sie öffnete, glaubte er nun hinter dem mittig stehenden Bücherregal eine Bewegung wahrzunehmen. Er sah nach. Aber da war nichts. Also doch Einbildung? Die Unsicherheit überfiel ihn erneut. Schwer atmend ging Vianney zu der alten, hölzernen Truhe, in der er sein Jagdgewehr aufbewahrte. Er nahm es heraus und lud es mit Schrotposten. Jetzt fühlte er sich etwas sicherer. Er ging zum Treppenabsatz. Das nach unten flutende Licht tauchte die Diele in Halbdämmer. Vianney erstarrte für einen Moment. Eiseskälte durchflutete seinen Körper, er musste ein Zittern unterdrücken. Ein Schatten! Er bewegte sich durch die Diele, öffnete die Haustür und ging hinaus. Er will mich nach draußen locken, dachte Vianney. Gut so, dann bringen wir es dort zu Ende … Seine Angst wich wilder Wut. Er ging die Treppe hinab, machte unwillkürlich einen Bogen um sein Handy, das auf einer Kommode lag und schlüpfte in Mantel und Schuhe, die an der Garderobe im Eingangsbereich hingen beziehungsweise standen. Vianney wollte die Haustür aufziehen, stellte aber zu seinem Erstaunen fest, dass sie verschlossen war. Erneut kroch es ihm eiskalt über den Rücken. Er hatte doch gerade gesehen, wie der Kerl die Tür geöffnet hatte! Und der Schlüssel steckte innen. Das war doch nicht möglich. Bin ich vielleicht doch verrückt? Nein, Vianney weigerte sich, das zu glauben und machte diesen Glauben an der offenen Schlafzimmertür fest. Er schloss die Haustür auf und trat in die helle Vollmondnacht hinaus. Vor ihm erstreckte sich der große, baum- und buschbestandene Park, der das Anwesen umgab. Groß und rund hing der leuchtende Erdtrabant am nahezu wolkenlosen samtblauen Nachthimmel und tauchte den Park in geheimnisvoll glitzerndes Dämmerlicht. Mit zusammengekniffenen Augen starrte Vianney zwischen die Bäume, das Gewehr locker im Anschlag. Aber da war nichts. Oder? Doch, da! Auf dem schmalen Kiesweg, der durch eine Baumgruppe zum Schuppen führte, sah er den Schatten erneut. Kein Zweifel möglich. Und er bewegte sich zum Schuppen hin. Paul Vianney ging mit großen Schritten los, die Nachtkühle spürte er nicht. Trotz seines mächtigen Bauchs entwickelte er ein beachtliches Tempo. Als er die Baumgruppe erreichte, verhielt er kurz. Dahinter sah er den Schuppen schimmern. Und davor bewegte sich der geheimnisvolle Schatten! Vianney ging durch die Baumgruppe hindurch. »He, bleib stehen und stell dich endlich!«, rief er. »Oder ich knall dich ab wie einen Hund. Ich will endlich wissen, wer oder was du bist!« Der Schatten verharrte und schien zu ihm herüber zu starren. Dann löste er sich urplötzlich auf. Verwirrt starrte Vianney auf die Stelle, an der er sich eben noch befunden hatte. In diesem Moment hörte er ein Knacken hinter sich. Der Mann fuhr herum. In namenlosem Entsetzen riss er die Augen auf. »Was …«, stammelte er. »Ich bin hier, um dich zu töten«, hörte er eine tiefe, unartikulierte Stimme. Paul Vianney drückte ab. Der Knall brach sich an den Bäumen und machte ihn fast taub. Dann fuhr etwas heran. Und riss ihm die Kehle auf. *** Vassagos Welt,
Tage zuvor Der uralte Erzdämon stand auf einem mächtigen Felsen und schaute nachdenklich über die weite, steinige, sandfarbene Ödnis hinweg. Er identifizierte einen mächtigen Schädelknochen, weit mehr als zur Hälfte im Boden verborgen. Der bleiche Knochen erinnerte an den Kopf eines riesigen Stieres, denn eine Art Horn ragte schräg in den Himmel hoch. In die leere Augenhöhle, die ihn anklagend anzustarren schien, hätte sogar sein eigener Kopf hineingepasst. Einige schleimige Kreaturen wanden sich darin. Vassagos Blicke wanderten weiter. Die gesamte Ebene war von Knochen aller Größen und Formen bedeckt. Auch halbe, übel zugerichtete Kadaver, die unerträglich stanken, befanden sich gelegentlich dazwischen. Vassago blickte über ein gigantisches Totenfeld. Doch nicht alles, was hier tot erschien, war es wirklich. Nicht weit von ihm erhob sich langsam und lautlos einer der Kadaver. Fleisch fiel in Fetzen von den Knochen, als er sich schüttelte, das linke Auge hing ein Stück weit heraus, nur noch von einem schmalen Nervenstrang gehalten. Die Kreatur fasste es mit der Rechten und schob es zurück. Eine zweite gespenstische Gestalt kam auf die Füße. Das Monstrum bückte sich, packte seine Hand, die abgetrennt neben ihm gelegen hatte, und drückte sie an den Armstumpf. Es gab ein schmatzendes Geräusch, als sich die Glieder wieder vereinigten. Eine dritte, eine vierte Gestalt regte sich. Sie alle ordneten ihre Glieder. Dann staksten sie mit ausgestreckten Armen auf Vassago zu. Mit einem Blitz vernichtete Vassago das untote Leben. Das hier war seine Welt, gewiss, die er nach seinen ureigenen Vorstellungen geformt hatte. Und er hatte sie geliebt. Jetzt nicht mehr. Denn Vassago wusste nun, dass er nicht einfach nur ein Dämon, wenn auch ein mächtiger, war. Ich bin mehr, viel mehr. Ich stehe so unendlich weit über diesem Gewürm, dass es mich graust, wenn ich es nur ansehen muss. Selbst Asmodis steht noch sehr weit unter mir … Vassago war einst, im Abgrund der Zeiten, JABOTH gewesen, das Wesen, in dem sich LUZIFER alle hunderttausend Jahre hatte erneuern müssen, um zu überleben. Kein Wesen, das je JABOTH gewesen war, hatte diese Prozedur überlebt, bis auf eines. ICH, ICH habe es überlebt. LUZIFER ist in mir aufgegangen, ich war er selbst. Und ich bin bis heute ein Teil von ihm, auch wenn er mich wieder in die Selbstständigkeit entlassen hat! Vassago seufzte so schwer, dass die Ebene vor ihm zu beben begann. Ein gezackter Spalt entstand, riss auf und spuckte glühendrote Lava aus. Fontänenartig stieg sie in den Himmel. Viel zu lange hatte dieses Wissen um seinen wahren Adel verborgen in Vassago geschlummert. Mit LUZIFERs endgültiger Befreiung aus seiner Pein und dem damit einhergehenden Untergang der Hölle war es zutage getreten. Jetzt wusste er diesen seltsamen Drang, im Licht erlöst zu werden, endlich richtig einzuschätzen. Es war nichts anderes als LUZIFERs Sehnsucht, in die Gemeinschaft der Siebenheit zurückkehren zu dürfen, die ihn einst wegen seines Verrats in die Tiefe verstoßen hatte. Daher mochte auch Vassagos Fähigkeit zur Weissage rühren, denn wer, wenn nicht LUZIFER, konnte in die Zukunft sehen? Und hatte nicht LUZIFER Menschen und Dämonen gleichermaßen geschaffen? Also war es richtig, wenn Menschen und Dämonen Vassago um Rat anrufen konnten, unter einem weiß- und einem schwarzmagischen Siegel, denn es war nur recht und billig, dass LUZIFER jedem seiner Kinder beistand. LUZIFER. Er selbst – Vassago. Zuerst traute Vassago diesem neuen Wissen nicht....