E-Book, Deutsch, Band 21, 155 Seiten
Reihe: Quellen und Darstellungen zur europäischen Freimaurerei
Sichrovsky Ein Bruderkampf um Troja
1. Auflage 2018
ISBN: 978-3-7065-5941-6
Verlag: Studien Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Die griechische Götterwelt im Ritual der Freimaurer
E-Book, Deutsch, Band 21, 155 Seiten
Reihe: Quellen und Darstellungen zur europäischen Freimaurerei
ISBN: 978-3-7065-5941-6
Verlag: Studien Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
„Singe den Zorn, o Göttin, …“ – So beginnt das erste Meisterwerk der europäischen Literatur, die „ILIAS“ des HOMER. Mit ihren Geschichten über eifersüchtige Göttinnen und listige Helden begeistert sie Menschen seit Jahrtausenden. Auch die FREIMAURER bedienten sich der reichhaltigen Symbolik der GRIECHISCHEN MYTHOLOGIE. Von Goethe bis D’Annunzio, masonische Dichter und Denker ließen sich von antiken Göttern und Helden zu Übersetzungen, Nachdichtungen und neuen Schöpfungen inspirieren. HEINZ SICHROVSKY bietet in diesem Werk erhellende Einblicke in die Spuren, die Homers Welt bei Freimaurern aus vier Jahrhunderten hinterließ.
Autoren/Hrsg.
Fachgebiete
Weitere Infos & Material
Einführung
Wer sind die Freimaurer?
Woher kommen die Freimaurer?
Eine kleine Götterkunde
Eine kleine Heldenkunde
I. Die Ursprünge
1. Die Mystifikationen des Reverend Anderson
2. Singe den Zorn, o Göttin: Die Ilias
II. Vom Bauen und Schmieden
1. Hephaistos, Hirams Bruder
2. Witwensöhne
3. Athene und die Illuminaten
4. Prometheus, Luzifer und Tubal, der Schmied
5. Die antimoralische Götterbande
6. Der verurteilte Paris: Weisheit, Stärke, Schönheit
III. Kulte und Riten
1. Apollo, Helios und der Weg nach Eleusis
2. Was wusste Pythagoras?
3. Vom Tartaros ins Elysion
IV. Der Bruderkampf um Troja
1. Herder und der große Mäonide
2. Der Zwist um Bruder Pope
3. Gottfried August Bürger: Das Scheitern eines braven Mannes
4. Graf Stolberg schafft klare Verhältnisse
5. Johann Heinrich Voß: Einer gewinnt
6. Goethe und der Bruder Reißwolf
V. Österreich: Homer unkorrekt
VI. Italien: Freimaurerei als Freiheitskampf
1. Der kämpferische Bund
2. Giosuè Carducci: Homer im Widerstand
3. Giovanni Pascoli: Der desillusionierte Odysseus
4. Gabriele D'Annunzio: Odysseus, der Übermensch
VII. Nikos Kazantzakis: Der Kreis schließt sich
Anhang
Die Ilias in Bruderhand – der erste Gesang in fünf Übersetzungen von vier Freimaurern
Johann Wolfgang von Goethe: Aus Homers Odyssee
Anmerkungen
Literatur (Auswahl)
Namenregister
Danksagung
I. Die Ursprünge
1. Die Mystifikationen des Reverend Anderson
Adam war kein Freimaurer, dennoch: Chapeau! Was er an Vorarbeit geleistet hat, verdient Respekt. „Da sich Adam aus dem Paradiese verjaget sahe, nahm er seinen Aufenthalt in den bequemsten und natürlichen Wohnplätzen des Landes Eden, allwo er sich am besten vor Kälte und Hitze, vor Sturmwinden, Regen und Ungewitter, und vor wilden Thieren, versichern konte, bis seine Söhne dergestalt heranwuchsen, daß sie eine Loge anlegen konten. Er lehrte dieselben Geometrie, und zeigte ihnen den grossen Nutzen derselben in der Bau-Kunst, ohne welche die Menschen-Kinder, wie die unvernünftigen Thiere, in Wäldern, tieffen Gruben und Höhlen, oder wenigstens in armseligen leimernen Hütten, oder aus den Zweigen der Bäume geflochtenen Lauben, u. s. f. hätten leben müssen.“2 Diese verdienstvollen Aktivitäten wurden im unmittelbaren Anschluss an die Erschaffung der Welt gesetzt, also bei Vernachlässigung kleiner Berechnungsunschärfen nach 4000 v. Chr. Weshalb die symbolische freimaurerische Zeitrechnung auch mit diesem Datum beginnt und einschlägige Dokumente entsprechend unterfertigt werden. Mozarts Geburtsjahr 1756 etwa fiele demnach auf das maurerische Jahr 5756. Mit anderen Worten: Die Freimaurerei ist die Urzelle der menschlichen Zivilisation. Immer vorausgesetzt, man vertraut dem Konstitutionen-Buch des schottischen Priesters James Anderson aus dem Jahr 1723 – dem ersten Regelwerk der Freimaurer, dem innerhalb des verschwiegenen Bundes ähnliche Bedeutung zugestanden wird wie unter deutschsprachigen Gebildeten Robert Musils Titanenwerk Der Mann ohne Eigenschaften: Viele berufen sich darauf, wenige haben es gelesen. Wohl deshalb verehrt man den Reverend anhaltend: in erster Linie als den Aufbringer der „Alten Pflichten“, die dem Freimaurer Schätzenswertes und Zweifelhaftes auferlegen. Schätzenswert ist insbesondere die Achtung vor allen Religionen, zweifelhaft das Selbstverständnis als „friedlicher Unterthan“, der niemals „die Ehrerbietung gegen die Unter-Obrigkeiten aus den Augen setzet“.3 Die „Alten Pflichten“ beanspruchen im dickleibigen Werk überblickbare elf Seiten. Der Rest aber – aus gotischen Quellen und englischen Zunftsagen collagiert, für bare Münze erklärt und zum Standard erhoben – ist das haarsträubendste Stück Professionistenlatein in der Geschichte des Handwerks wie der Literatur. Adams Sohn Seth (der Substitut für den ermordeten Abel) war demnach der erste Freimaurergroßmeister, da sein Bruder Kain strafhalber unberücksichtigt blieb und sich mit der Existenz eines erstklassigen Technikers zufriedengeben musste. Ein Viererkomitee namens Enos, Cainan, Jared und Enoch trat Seths Nachfolge an. In weiterer Folge läuft Anderson einen atemberaubenden Parcours durch die welthistorische Prominenz: Moses (der beste von allen), der „Erzmagus“ Zoroaster (Zarathustra) aus den persischen Lichtmythen und der Babylonier Nebukadnezar waren nachgewiesenermaßen Großmeister, Hannibal mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit. Cäsar gab sogar die Eroberung Englands auf, „weil er im Sinn hatte, sich zum Groß-Meister von der römischen Republic zu machen“.4 Nero blieb aus Gründen, die keiner Erläuterung bedürfen, die Würde versagt, seinem zeitnahen Nachfolger Vespasian wurde sie verdientermaßen ebenso zuteil wie Marc Aurel und dem milden Titus. In dieser Reihe, die sich zu den Gründern Englands fortsetzt und auch den Schotten Macbeth einschließt, bekleidet der Überlebenskünstler Noah herausragende Position. Der Linie seines Sohns Japhet verdankt überraschend auch das antike Griechenland seine flächendeckende freimaurerische Bemusterung: „Zuletzt hat die Königliche Kunst auch in Griechenland geblühet (…) Selbige wurde kurz nach der Zerstreuung der Völcker durch einen von Japhets Söhnen, Namen Jon, dahin gebracht, welcher Jonien bevölckert, und allda einige Frey-Maurer-Logen gestifftet, auch diesen als Großmeister vorgestanden.“ In der Liste der nachfolgenden Zelebritäten, unter ihnen Sokrates und Aristoteles, vermisst man Alexander den Großen: Er wird „für keinen Frey-Maurer geachtet, weil er, auf Anstifften einer trunckenen Hure, bey seiner nächtlichen Schwelgerey, das kostbare und vortreffliche Persepolis (…), in die Asche legen lassen, welches kein wahrer Frey-Maurer in der grösten Trunckenheit thun würde“.5 Ohne Angabe von Gründen bleibt auch der griechische Dichter Homer masonisch (das heißt: freimaurerisch) unbeteilt. Das allerdings ist ein ernstes Versäumnis. Denn so gewiss sich die Freimaurerei erst im Mittelalter in ihren Vorformen zu entwickeln begann, wesentlich aus den Zunftritualen der englischen Dombauhütten und der französischen Gesellenbruderschaften; so gewiss sie sich erst im frühen 18. Jahrhundert in englischen Logen organisierte: Wie alle – und besonders alle jungen – Weltentwürfe bediente sie sich aus dem reichen Fundus der Mythologien, Religionen und Philosophien. Und bei Homer, dem Urvater der literarisierten westlichen Zivilisation, sprudeln die Quellen besonders hell. 2. Singe den Zorn, o Göttin: Die Ilias
????? ?e?de, ?e?, ??????de? ??????? ????µ????, ? µ???‘ ??a???? ???e‘ ????e?, p????? d‘ ?f??µ??? ????? ??d? p???a?e? ?????, a?t??? d? ?????a te??e ???ess?? ??????s? te da?ta – ???? d‘ ?te?e?et? ß???? –, ?? ?? d? t? p??ta d?ast?t?? ???sa?te ?t?e?d?? te ??a? ??d??? ?a? d??? ?????e??. t?? t‘ ?? sf?e ?e?? ???d? ??????e µ??es?a?; ??t??? ?a? ???? ????. ? ??? ßas???? ?????e?? ???s?? ??? st?at?? ??se ?a???, ??????t? d? ?a??, ???e?a t?? ???s?? ?t?µase? ???t??a ?t?e?d??. Singe den Zorn, o Göttin, des Peleiaden Achilleus, Ihn, der entbrannt den Achaiern unnennbaren Jammer erregte Und viel tapfere Seelen der Heldensöhne zum Ais Sendete, aber sie selbst zum Raub darstellte den Hunden Und dem Gevögel umher. So ward Zeus’ Wille vollendet: Seit dem Tag, als erst durch bitteren Zank sich entzweiten Atreus’ Sohn, der Herrscher des Volks, und der edle Achilleus. Wer hat jene der Götter empört zu feindlichem Hader? Letos Sohn und des Zeus. Denn der, dem Könige zürnend, Sandte verderbliche Seuche durchs Heer; und es sanken die Völker: Drum, weil ihm den Chryses beleidiget, seinen Priester, Atreus’ Sohn.6 Der griechische
Heerführer
Agamemnon Der Gott Apollo So beginnt die Ilias, einer der einflussreichsten Texte der Kulturgeschichte. Doch abgesehen vom monumentalen, 15.693 Verse umfassenden Korpus sind die Informationen spärlich. Einigkeit besteht lediglich darüber, dass die Ilias im 8. oder 7. Jahrhundert v. Chr. entstand und auf eine lange mündliche Erzähl- oder Gesangstradition zurückgeht. Der Verfasser hat aus einem unüberblickbaren Fundus mythologisch-theologisch-belletristischer Überlieferung seine Auswahl getroffen und daraus ein kompaktes, autonomes Kunstwerk geformt. Welche Rolle dabei der Wandersänger Homer einnahm, ist in der Forschung heute noch so umstritten wie vor 200 oder 2000 Jahren. Denn umstritten ist Homers gesamte Existenz.7 Sollte er gelebt und als Rhapsode die Epen Ilias und Odyssee...