E-Book, Deutsch, Band 121, 448 Seiten
Reihe: Romana Extra
Taylor / McArthur / Marinelli Romana Extra Band 121
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-7515-0817-9
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, Band 121, 448 Seiten
Reihe: Romana Extra
ISBN: 978-3-7515-0817-9
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Anne Taylor hat schon früh ihre Liebe zum Schreiben entdeckt. Bereits als Kind hat sie sich Geschichten ausgedacht und zu Papier gebracht. Lesen und Schreiben ist für sie wie eine Reise in andere Zeiten und Länder. In der Wirklichkeit reist Anne Taylor vorzugsweise nach Bella Italia. Ihr Traumland ist allerdings Australien. Am liebsten verbringt die Autorin ihre Zeit mit ihrer Familie und ihren Haustieren, einer Katze und einem Meerschweinchen.
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1. KAPITEL „Ich verstehe dich, Elena. Und ich werde mein Möglichstes tun …“ „Das reicht nicht! Du musst kommen, Nikos! Die Feier ist schon nächste Woche.“ Die Stimme seiner Schwester klang drängend, fast flehentlich. „Du weißt, wie viel es ihnen bedeuten würde, endlich deine Frau und dein Kind kennenzulernen. Vor allem, seit Carla zurück nach Athen gegangen ist. Unsere Eltern haben doch nur noch uns beide. Und deine Familie!“ Nick stand vom Schreibtisch auf und wandte sich zum Fenster um. Von seinem Büro aus konnte er das Londoner Regierungsviertel mit den Houses of Parliament und dem berühmten Big Ben überblicken. Auf der anderen Seite der Themse ragte ein Rohbau auf, umgeben von Gerüststangen und eingehüllt in grüne Netze: der Stephens-Tower. Sein Turm. Sein Vermächtnis an diese Stadt. Hier war er Nick Stephens, der prominente Investor, der jedes seiner Projekte zum Erfolg führte, und nicht mehr Nikos Stepanides, der Bauernsohn von einer winzigen Insel in der griechischen Ägäis. Vor fünfzehn Jahren war er vollkommen mittellos nach England gereist. Heute zählte er zu den bekanntesten und wohlhabendsten Bürgern der Stadt. Mit dem Stephens-Tower würde er ihr nun sogar ein neues Wahrzeichen verschaffen. Die gebogene Glasfassade verlieh dem Turm den Anschein, als wäre er ein Segel, das sich im Wind blähte. Nick zweifelte nicht daran, dass der Stephens-Tower zu den beliebtesten Fotomotiven der Stadt zählen würde, sobald die Bauarbeiten abgeschlossen waren. Er konnte wirklich stolz auf sich sein. Darauf, was er in diesen fünfzehn Jahren erreicht hatte. Die Redewendung vom Tellerwäscher zum Millionär hatte er buchstäblich erfüllt. Tatsächlich war sein erster Job in der Kantine jener Firma gewesen, die er vor fünf Jahren übernommen hatte. Mit Fleiß, Mut und Durchhaltevermögen hatte er sich das Wissen angeeignet, das er brauchte, um sich die Karriereleiter ganz nach oben zu arbeiten. Seine Investmentfirma operierte weltweit und hatte zahlreiche internationale Niederlassungen. Und als CEO der Stephens Corporation war er gefürchtet, geachtet und respektiert. „Nikos!“, durchbrach Elenas Stimme seine Überlegungen. „Bitte, denk darüber nach. Wir können es alle kaum erwarten, dich wiederzusehen! Wie lange ist das schon her?“ „Zwei Jahre“, antwortete er mechanisch. Seit … „Natürlich, seit Alexandros’ Begräbnis“, sprach sie seinen Gedanken laut aus. „Sie haben es immer noch nicht verwunden, dass ihr ältester Sohn tot ist. Wie auch. Keiner von uns kann es glauben. Sie brauchen dich! Du bist jetzt ihr einziger Sohn. Ihre ganze Stütze. Es hat sie tief getroffen, als du damals weggegangen bist und Illios den Rücken gekehrt hast. Lass sie nicht noch einmal im Stich …“ „Ich verstehe dich ja“, wiederholte er, ohne wirklich auf ihre Worte einzugehen. „Aber wie ich schon sagte, ich weiß nicht, ob ich es so kurzfristig einrichten kann. Ich habe im Moment mit dem Bau des Stephens-Tower alle Hände voll zu tun. Aber ich werde sehen, was ich tun kann.“ „Ja, natürlich. Danke.“ Er merkte, dass er Elena verletzt hatte. Alles ruhte in diesen Tagen auf ihren Schultern. Seit Alexandros’ Unfall war sie die Einzige, die sich um ihre Eltern kümmern konnte. Nur ihr Mann Christianos unterstützte sie dabei. Doch er arbeitete als Lehrer an der Inselschule und hatte kaum Zeit für den Hof. Soweit Nick informiert war, hatte Elena inzwischen die Leitung des Betriebs übernommen. Ihre Eltern betrieben auf Illios eine Olivenplantage, so wie schon ihre Eltern und deren Eltern vor ihnen. Die Stepanides waren Oliven-Bauern, und diese Tradition musste aufrechterhalten werden, wenn es nach seinem Vater ging. Dass Nick mit dieser Tradition gebrochen hatte, dass er Illios verlassen und sein Glück in England gesucht hatte, war immer noch ein wunder Punkt zwischen seinem Vater und ihm. Trotz allem, was er erreicht und sich aufgebaut hatte, hofften seine Eltern immer noch, dass er nach Illios zurückkehren und in den Familienbetrieb einsteigen würde. Umso mehr, seit sein älterer Bruder Alexandros bei einem Autounfall ums Leben gekommen war. Offenbar hatte dessen Witwe Carla nun auch ihre Koffer gepackt und war mit den beiden Kindern zu ihrer Familie nach Athen zurückgekehrt. Ein weiterer schmerzhafter Abschied für seine Eltern … Nick seufzte. Wie sollte er ihnen nur verständlich machen, dass er niemals zurückkehren würde? Dass er nicht vorhatte, sein luxuriöses Leben in London gegen die harte Arbeit auf dem Hof zu tauschen? All sein Geld und seine Erfolge zählten nichts im Vergleich zur Familientradition. Bei Alexandros’ Beerdigung hatte es deshalb einen Streit gegeben – der zu jener Behauptung geführt hatte, die ihm jetzt zum Verhängnis zu werden drohte … Ein Klopfen an der Bürotür ließ ihn herumfahren. Gary Carlisle, der Architekt des Stephens-Tower und sein bester Freund, steckte den Kopf durch den Spalt. „Störe ich dich gerade, Nick?“ „Nein, natürlich nicht. Komm rein.“ Rasch trat er vom Fenster zurück. Die Arbeit rief, und er war froh, seine Gedanken auf etwas anderes als seine vertrackte Situation konzentrieren zu können. „Ich brauche dein Okay für eine kleine Änderung“, erklärte Gary und breitete einen Plan des Towers auf dem Besprechungstisch aus. Nicks Büro erstreckte sich über die halbe Etage des Gebäudes. Gary merkte nur allzu oft an, dass man in dem Raum wunderbar Fußball spielen könnte. Kein Wunder, schließlich war er Fan des FC Chelsea und ließ kein Spiel seiner Mannschaft aus. Nick musste zugeben, dass sein Freund nicht ganz unrecht hatte. Er wusste die Großzügigkeit seiner Räumlichkeiten sehr zu schätzen. Die Außenwand des Büros war von der Decke bis zum Boden verglast und erweckte den Eindruck, als würde man über der Stadt schweben. „Ich möchte in der obersten Etage des Stephens-Tower eine Verbindungstür einbauen“, fuhr Gary fort. „Es wäre keine große Sache. Siehst du, hier!“ Er deutete mit dem Finger auf die Stelle im Plan, die er meinte. Nick beugte sich über die Zeichnung. Es faszinierte ihn noch immer, wie die zahllosen Striche und Linien auf dem Papier sich in das imposante Gebäude auf der anderen Seite des Flusses verwandelt hatten. Fast wie von Zauberhand. Wenn sich nur alles im Leben so wundersam lösen ließe! Seufzend fuhr er mit der Hand durch sein dichtes dunkles Haar, so wie er es immer tat, wenn ihn ein Problem umtrieb. Auch Gary fiel die Geste auf. „Gibt es Schwierigkeiten? Du wirkst etwas bedrückt.“ „Nein, nein. Es ist nur …“ Nick überlegte. Gary war sein bester Freund. Genau genommen war er der einzige Freund, den er in dieser Stadt hatte. Sie hatten sich kennengelernt, kurz nachdem Nick nach London gekommen war. Damals hatte er seine Abende regelmäßig in der öffentlichen Bibliothek verbracht, um Wirtschaftsratgeber zu wälzen, während Gary sich auf die letzten Prüfungen seines Architekturstudiums vorbereitet hatte. Wenn er Gary nicht vertrauen konnte, wem dann? „Um ehrlich zu sein – ich brauche eine Frau!“ Gary starrte ihn perplex an. „Ich hätte nicht gedacht, dass das für dich ein Problem wäre. Ich meine – deine Kontaktliste muss doch überquellen vor interessierten Frauen. Hattest du nicht erst vor zwei Tagen ein Date mit diesem Model – wie war noch mal ihr Name? Ich habe die Fotos in der Zeitung gesehen …“ „Ich meine nicht so eine Frau“, unterbrach Nick ihn ungeduldig. „Ich meine – eine Frau und ein Kind.“ Garys Blick wurde immer ungläubiger. „Ein Kind? Wieso das denn? Was willst du mit einem Kind? Brauchst du es für eine Werbekampagne? Ich bin sicher, es gibt da Agenturen …“ „Nein, nein, es ist …“ Genervt fuhr Nick sich durchs Haar. Nun, da er es aussprach, merkte er selbst, wie verrückt das Ganze klang. Wie hatte er nur auf so eine Idee kommen können? „Ich nehme an, ich sollte am Anfang beginnen. Du weißt ja, dass ich vor zwei Jahren zu Hause auf Illios war, richtig?“ „Zum Begräbnis deines Bruders“, ergänzte Gary. „Ja, ich erinnere mich. Das muss schlimm gewesen sein für deine Familie. Es gibt nichts Schrecklicheres für Eltern, als ein Kind zu verlieren.“ Er klang betroffen. Vermutlich dachte er an seine Frau, die gerade mit ihrem ersten Kind schwanger war. „Meine Eltern waren völlig am Boden zerstört“, bestätigte Nick. „Sie hatten ihre ganzen Hoffnungen auf Alexandros gesetzt. Du musst wissen, dass mein Vater ein Patriarch der alten Schule ist. Tradition ist für ihn das Wichtigste. Und die Stepanides sind und waren immer Olivenbauern, schon seit vielen Generationen. Dass irgendwann kein Stepanides mehr auf Illios lebt und Oliven anbaut, ist für meinen Vater einfach unvorstellbar.“ „Und jetzt bist du der letzte männliche Nachfolger“, meinte Gary. „Allerdings“, bestätigte er grimmig. „Als ich zum Begräbnis auftauchte, dachten sie, ich würde jetzt für immer bleiben und das Familiengeschäft übernehmen.“ „Was ist mit deiner Schwester? Elena? Soviel ich weiß, arbeitet sie doch auch auf der Plantage.“ „Sie arbeitet dort“, betonte Nick. „Aber mein Vater würde den Betrieb nie an sie weitergeben.“ „Warum? Weil sie eine Frau ist?“, fragte Gary empört. „Das ist doch mittelalterlich!“ Nick hob die Schultern. „Auf Illios ticken die Uhren anders. Oder vielmehr könnte man sagen, dort ist die Zeit stehengeblieben. Alles wird so gemacht, wie es schon immer gelaufen ist. Es gibt keine...