E-Book, Deutsch, 223 Seiten, E-Book
Reihe: Haufe Fachbuch
Thiele Praxisbuch Positive Leadership
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-648-15382-6
Verlag: Haufe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Impulse für den Führungsalltag
E-Book, Deutsch, 223 Seiten, E-Book
Reihe: Haufe Fachbuch
ISBN: 978-3-648-15382-6
Verlag: Haufe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Was machen Führungskräfte, deren Teams nachhaltig überdurchschnittliche Leistung erbringen, eine geringere Fluktuation haben und deren Zufriedenheit und Motivation dabei hoch bleibt, anders? Dieses Buch bietet zahlreiche Impulse, wie die Erkenntnisse der Positiven Psychologie den Führungsalltag bereichern und wie Teams zu Bestleistungen geführt werden können.
Inhalte:
- Positive Leadership konkret
- Konstruktives Selbstmanagement
- Positive Emotionen fördern und Sinn in der Arbeit verstehen und vertiefen
- Miteinander, Vertrauen und Stärken stärken
- Erfolg planen, erleben, feiern
- Wirksamer kommunizieren
- Durch Krisen, Wandel, Ungewissheit souverän führen
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3 Positive Emotionen stärken als Führungskraft – wozu, wofür und wie?
Die positiven Emotionen sind eines der am meisten und am besten erforschten Themen in der Positiven Psychologie und Positive Leadership. Und eines der missverständlichsten. Denn viele glauben zunächst an ein permanentes Happiness-Versprechen, das dieser Begriff beinhalte. Als müsse eine positive Führungskraft permanent mit einem Liedchen auf den Lippen pfeifend durch die Gänge tanzen – oder durch die virtuellen Zoom- beziehungsweise MS-Teams-Räume. Das, wie gesagt, wäre ein Missverständnis und eine Überforderung vieler Führungskräfte – und der Geführten. Allerdings kann es durchaus sinnvoll sein, als Führungskraft hin und wieder durch die Gänge zu tanzen – oder eine andere Form zu finden, um positive Emotionen zu erleben und zu kultivieren. Für einen selbst sowie für die Mitarbeitenden. Denn Freude, Interesse, Gelassenheit, Humor und andere dieser positiven Emotionen fühlen sich nicht nur gut an, sondern sie machen uns auch sozialer, kreativer, resilienter. Worum es da genau geht, wie Sie positive Emotionen für sich und für andere finden und fördern können, was hilfreich sein könnte, um Frust, Ärger, Sorgen und andere negative Befindlichkeiten einzudämmen: Darüber erfahren Sie einiges auf den kommenden Seiten. 3.1 Was positive Emotionen sind
Wie geht’s? Ich meine es ernst: Wie ist Ihr Befinden gerade? »Wie soll’s mir schon gehen«, mögen Sie sich vielleicht denken, »die dritte Pandemiewelle hallt noch nach, die Steuererklärung habe ich auch noch nicht gemacht, der Backenzahn rechts unten tut weh – wie soll es mir da schon gehen!?« Vielleicht finden Sie ja eine Anregung bei Facebook. Denn Facebook fragt per Emoticons laufend: »Wie fühlst du dich?« und da können wir auswählen zwischen frech, erschöpft, froh, todunglücklich, schläfrig, hungrig, schmerzerfüllt, enttäuscht, entschlossen, genervt – und, und, und ... Die meisten von uns haben ein eher ambivalentes, man könnte auch sagen: recht emotionales Verhältnis zu den Emotionen. Wir haben Vorurteile ihnen gegenüber, sie gelten als minderwertig gegenüber dem Verstand, in vielen Coachings und Seminaren höre ich, gerade von Führungskräften: »Wir sollten das rational lösen, nicht so emotional.« Emotionen? Irgendwie bäh. Aber: Emotionen sind enorm wichtige Datenträger, die uns helfen können, uns, andere und die Welt besser zu verstehen und einzuordnen. Sie können – und sollten – Emotionen verstehen, einordnen und gestalten können, gerade als Chefin. Die eigenen und die Ihrer Mitarbeitenden. Denn ignorieren können wir sie sowieso nicht – ein unterdrücktes Gefühl geht in den Keller und macht Kraftübungen, habe ich irgendwo mal aufgeschnappt. Und spätestens seit den Forschungsergebnissen von Wirtschaftsnobelpreisträger Daniel Kahneman, nachzulesen unter anderem in seinem Buch »Schnelles Denken, langsames Denken« (2012), wissen wir: Bei vielen unserer Handlungen und Entscheidungen sitzt nicht das Denken am Lenkrad, sondern die Emotion. Und der Verstand ist vielleicht auf dem Beifahrersitz. Vielleicht im Kofferraum. Oder wartet vielleicht noch auf den Bus … 3.1.1 Was sind überhaupt Emotionen?
Was Emotionen sind? Als Freizeitpsychologe will ich weder Sie noch mich mit Definitionsfragen langweilen, aber Konsens in der Wissenschaft scheint ungefähr Folgendes zu sein: Emotionen sind genetisch geprägte, aber veränderbare Verhaltensmuster, die körperlich wahrnehmbar sind (Wärme, Enge, Weite, erhöhter Adrenalinspiegel oder andere Marker) und die darüber hinaus einen Schuss Denken beinhalten, zum Beispiel in Form einer Bewertung oder Einordnung. Emotionen können wir nach ihrer Stärke (sehr schwach bis sehr intensiv) und der Tönung oder Valenz (sehr unangenehm bis extrem angenehm) unterscheiden. Langeweile wäre also vielleicht mild unangenehm, Wut intensiv unangenehm. Interesse könnte eine mild positive Emotion sein, Freude eine stark positive. Aber das erlebt jede Person unterschiedlich. Eine jede von uns hat ihren Heimatquadranten: Was den einen mit der Präferenz für milde Positivität überwältigt, unterwältigt die andere mit der Neigung zu lauten, schrillen, starken positiven Emotionen. Negative Emotionen wie Wut, Ärger, Frustration, Ungewissheit und so weiter haben es in unserem Gehirn leichter als Freude, Gelassenheit oder Heiterkeit, sie haben quasi einen permanenten Heimvorteil. Und Positivität muss aufgrund der sogenannten Negativitätsasymmetrie (»negativity bias«) quasi permanent auswärts spielen in unserem Kopf und Körper. 3.1.2 Klett für das Schlechte, Teflon für das Gute
Würden Sie eine Apfelschorle trinken, in die man ganz kurz eine klinisch desinfizierte Kakerlake getunkt hat? Wahrscheinlich nicht, die schöne Apfelschorle wäre für Sie kontaminiert. Würden Sie das Gericht einer Dreisterneköchin auf einem Beet von – natürlich desinfizierten – Kakerlaken essen? Wahrscheinlich auch nicht. Gleich starke negative Stimuli kommen in unserem Gehirn schneller an, werden schneller und deutlicher verarbeitet und hallen länger nach als gleich starke positive Impulse, das konnte in den letzten Jahren in diversen Studien nachgewiesen werden. Neulich bekam ich eine E-Mail mit der Betreffzeile »Feedback zu Ihrem Newsletter«. Oh Gott, dachte ich im ersten Moment – der Text war dann letztlich sehr freundlich. Die Nachricht von dem einen Lawinenunglück lässt viele Menschen glauben, Skitourengeher seien tendenziell lebensmüde. Dass mehr Amerikaner in den letzten 20 Jahren in ihren Badewannen gestorben sind, als Menschen weltweit im gleichen Zeitraum durch al-Qaida, den IS und ihre Verbündeten umgekommen sind – das und viele andere Beispiele für diese Negativitätsverzerrung haben Roy Baumeister und John Tierney in ihrem sehr lesenswerten Buch »Die Macht des Schlechten« versammelt und erklärt. Unser Gehirn ist wie Klettband für das Schlechte. Und Teflon für das Gute. Dieser »negativity bias« macht evolutionär sogar Sinn. Denn für unsere Vorfahren war es überlebenswichtig, die eine giftige Frucht, den hinterlistigen Feind, den Säbelzahntiger im Gebüsch zu wittern. Ob jemand den Sonnenuntergang auskosten oder das gute Gespräch mit dem Stammesnachbarn wertschätzen konnte, bot keinen signifikanten evolutionären Vorteil. Da die meisten von uns in ihrem (Berufs-)Alltag nicht permanent zwischen Kampf, Flucht und Lähmung zu unterscheiden haben, macht uns die Negativitätsverzerrung inzwischen das Leben schwer. 3.1.3 Was sind und bringen positive Emotionen?
Negative Emotionen wie Ärger, Sorgen, Neid machen unser Denken und unsere Handlungsoptionen enger. Wohingegen Freude, Interesse, Gelassenheit, Humor oder Dankbarkeit nicht nur unsere Denk- und Handlungsräume weiten. Diese positiven Emotionen helfen auch dabei, die Negativfaktoren des Lebens abzuwettern und gegen den »negativity bias« anzukommen. Das hat Barbara Fredrickson mit ihren vielen Untersuchungen zur »Broaden and Build«-Theorie belegen können, dem vielleicht bekanntesten Ansatz in der Positiven Psychologie der letzten 20 Jahre. Wer positive Emotionen pflegt, bewertet andere Menschen positiver, ernährt sich beziehungsweise lebt gesünder, hat mehr Blick für das große Ganze, kooperiert mehr mit anderen und, und, und – und zwar kurz- wie langfristig. In Zeiten von Umbruch, Ungewissheit, Krise hat es das Positive besonders schwer, gegen den Strudel an Negativität anzukommen. Dabei wäre das umso wichtiger, zumindest gelegentlich. Und gerade dann kommt es auf die Führungskräfte an. Denn in Krisenzeiten orientieren wir uns immer noch mal mehr an den Regierenden, Chefinnen, Lehrenden, also an jeder Form von Autorität, als in weniger belastenden Zeiten. 3.2 Positive Emotionen als Führungskraft stärken – wozu?
Positive Emotionen sind nicht einfach nur Glücksgefühle, die sich gut anfühlen, sie sind mehr als ein seelisches Nice-to-have. Freude, Interesse, Gelassenheit, Ehrgefühl, Heiterkeit sind die Basis unseres Wohlbefindens, sie tun uns auf vielfältige Weise gut. »Positive Emotionen stärken unsere Resilienz, machen uns kreativer, balancieren die negativen Ereignisse in unserem Leben aus, sie verbreitern unseren...