Tretter / Pogarell | Suchtmedizin kompakt, 4. Auflage (griffbereit) | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 376 Seiten

Reihe: griffbereit

Tretter / Pogarell Suchtmedizin kompakt, 4. Auflage (griffbereit)

Suchtkrankheiten in Klinik und Praxis
Die Auflage entspricht der aktuellen Auflage der Print-Ausgabe zum Zeitpunkt des E-Book-Kaufes.
ISBN: 978-3-608-11962-6
Verlag: Klett-Cotta
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Suchtkrankheiten in Klinik und Praxis

E-Book, Deutsch, 376 Seiten

Reihe: griffbereit

ISBN: 978-3-608-11962-6
Verlag: Klett-Cotta
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Alkohol, Nicotin, Medikamente, illegale Drogen: Weshalb werden manche Menschen süchtig, andere nicht?Wie entstehen Suchtkrankheiten, wie sind sie nachweisbar? Wie werden sie optimal therapiert? Wie erkennt und behandelt man Entzugssymptome? Wie gestaltet man Ersatzstofftherapien? Wie soll man mit Suchtkranken und ihren Angehörigen umgehen? Wie funktioniert das Suchthilfesystem?Die Antworten von Felix Tretter, Oliver Pogarell und ihrem Autorenteam auf diese und viele andere Fragen finden Sie in dieser vollständig aktualisierten Neuauflage mit überarbeiteten Therapietabellen und erweitertem Drogenlexikon. Sie bietet allen in Klinik und Praxis tätigen Ärztinnen und Ärzten eine profunde Basis und praxiserprobtes Wissen für den professionellen Umgang mit suchtkranken PatientInnen.
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Weitere Infos & Material


Felix Tretter 1 Allgemeines
Dieses Kapitel soll den Leser1 kurz in die Thematik einführen. Es kann aber auch dazu verwendet werden, dem Suchtpatienten im Gespräch ein besseres Grundverständnis über seine Krankheit zu vermitteln. Es sollte grundlegend klargestellt werden, dass süchtiges Verhalten auf einer sehr menschlichen Neigung beruht, etwas Lustvolles und/oder Unlustminderndes besonders gerne zu tun bzw. eine besonders hohe Affinität gegenüber solchen Objekten der Umwelt zu entwickeln. Damit wird also eine anthropologische Dimension der Sucht angesprochen, die durch den Bezug zur Phänomenologie des Alltagsverhaltens und den Alltagssüchten als nichts »Wesensfremdes« nachvollziehbarer wird. Bei klinisch relevanter Sucht ist dies allerdings noch um einiges intensiver und einseitiger, sodass andere grundlegende Lebensbereiche dadurch zerstört werden. Weiterhin dient dieses Kapitel aber auch Therapeuten, die eigene häufig beobachtbare Abneigung gegenüber den Suchtkranken zu mindern, indem der Mensch, der sich hinter den Symptomen und seinem Verhalten verbirgt, hervorgehoben wird (Zwiebelschalen-Modell). Grundlegend ist anzumerken, dass die Textgestaltung einfach gehalten ist, um an manchen Stellen auch direkt von der Sucht betroffenen Menschen Orientierungen zu geben. Es wurde aber auch darauf geachtet, zu den aktuellen wissenschaftlichen Hintergründen Bezüge herzustellen. Dazu dient die kapitelweise aufgelistete Literatur. Beispielsweise wird der Einfachheit halber meist der Ausdruck »Sucht« verwendet, obgleich im klinischen Kontext die Sprechweise gemäß den Diagnoseschemata erfolgt. So wird von »substanzbezogenen Störungen« gesprochen und dabei eine Graduierung der Schwere der Störung vorgenommen. Diese Sprachform würde jedoch zu einer meist sehr umständlichen Textgestaltung führen, weshalb hier, zumindest in einführenden Texten, Vereinfachungen vorgenommen wurden. 1.1 Sucht-Definition
Süchtiges Verhalten ist ein Extrempol des Verhaltens, da es nicht mehr kontrolliert werden kann und automatisch, fast reflexhaft abläuft. Der andere Verhaltenspol ist die effektive Abstinenz (? Abb. 1-1). Es tritt insbesondere im Gebrauch von psychoaktiven Substanzen auf, also bei Stoffen, die psychische Veränderungen erzeugen. Im suchtmedizinischen Bereich spricht man vereinfachend von »Drogen«, und zwar nicht nur dann, wenn »illegale« Drogen wie Cannabis, Cocain oder Heroin gemeint sind, sondern man ordnet auch »legale« Drogen wie Alkohol, Nicotin und psychoaktive Medikamente, z. B. Amphetamine, dieser Kategorie zu. Süchtiges Verhalten kann sich auf den Konsum solcher Substanzen, aber auch auf Verhaltensweisen ohne Substanzkonsum beziehen. In diesem Fall spricht man – in Unterscheidung zu den »stoffgebundenen« Süchten – von »stoffungebundenen« Süchten bzw. von Verhaltenssüchten. MERKE Jedes menschliche Verhalten kann süchtig entgleisen. 1.2 Stadien des süchtigen Verhaltens
Schon bei den Alltagssüchten zeigt sich ein fließender Übergang vom gelegentlichen über das gewohnheitsmäßige Verhalten als Vorstadium zur Sucht über einen, den bestimmungsgemäßen Gebrauch überschreitenden Missbrauch (z. B. Verwendung von Schlafmittel als Beruhigungsmittel) bzw. den schädlichen Gebrauch (Folgeschäden) bis zur Abhängigkeit, bei der man sich nicht mehr anders verhalten kann. Der Ausdruck Sucht umfasst in dieser Hinsicht i. d. R. neben der Abhängigkeit auch den schädlichen Gebrauch. Diese Formen werden auch als pathologisches Verhalten zusammengefasst. Im Kern bedeutet »Sucht« zunächst so viel wie (psychische) »Abhängigkeit«, also eine extrem starke Bindung an dieses Verhalten (bzw. Objekt des Verhaltens), gegen die der Verstand zunächst machtlos ist, ja sich sogar diesem Verlangen (Craving) unterordnet (Abb. 1-1). Abb. 1-1: Formen und Stadien des süchtigen Verhaltens. a Spektrum von der Abstinenz bis zur Abhängigkeit. b Darstellung des Konsumverhaltens nach Menge und Häufigkeit. »Riskanter Konsum« von Alkohol liegt bei etwa 30 g/d vor. Es lässt sich am Beispiel Alkohol folgende phänomenale Unterscheidung treffen, die sich auch an der bewährten Typologie von Jellinek (1960) anlehnen kann, die zwar offiziell außer Gebrauch, aber praktisch ist und auch in Selbsthilfegruppen noch häufig gebraucht wird (? Kap. 3, Tab. 3-4): Gelegentlicher Konsum von Alkohol in niedrigen Dosen – z. B. 1–2 Flaschen Bier ab und zu abends beim Essen bei einem 70 kg schweren Mann (ca. 40 g) – ist nach heutiger Kenntnis risikoarm (täglich: < 24 g!). Für Frauen gilt der halbe Wert als Grenze. Es ist auch vom Beta-Typ nach Jellinek die Rede. Aufgrund der Erkenntnisse, dass Alkoholkonsum karzinogen und z. B. bei Frauen mit einem erhöhten Brustkrebsrisiko verbunden sein kann, lässt sich kein risikofreier Grenzwert festlegen. Gewohnheitskonsum von Alkohol, auch in niedrigen Dosen, birgt das Problem, dass durch biochemische Anpassungsprozesse eine körperliche Abhängigkeit entstehen kann. Nach Jellinek handelt es sich um den Delta-Typ. Missbrauch beschreibt einen Alkoholkonsum in hohen Dosen. Bei konfliktbezogenem Konsum kann nach Jellinek vom Alpha-Typ gesprochen werden. Seltene exzessive Trinkepisoden lassen an den Epsilon-Typ denken. Anhaltender Missbrauch führt zu deutlichen Gesundheitsrisiken. Schädlicher Gebrauch von Alkohol liegt vor, wenn es zu körperlichen, psychischen oder sozialen Beeinträchtigungen kommt. Abhängigkeit beschreibt einen Zustand, in dem die betreffende Person dem Impuls, Alkohol zu konsumieren, nicht entgegensteuern kann und nicht (bzw. nicht mehr) in der Lage ist, den Konsum zu kontrollieren oder Abstinenzperioden einzuhalten. Es besteht zumindest eine psychische Abhängigkeit. Nach Jellinek handelt es sich um den Gamma-Typ. Das Verhalten hat in diesem Stadium bereits einen krankheitswertigen Charakter bekommen, es zeigt eine zerstörerische Eigendynamik. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA 2021) empfiehlt allerdings eine geringere Menge: mindestens zwei alkoholfreie Tage pro Woche, damit es nicht zu einer Gewöhnung kommt. An den übrigen Tagen sollten die Grenzwerte für risikoarmen Alkoholkonsum eingehalten werden. Diese sind für Frauen nicht mehr als ein kleines Glas Bier (0,3 Liter = 12 g Alkohol) oder Wein (0,125 Liter) pro Tag und für Männer höchstens die doppelte Menge (= 24 g Alkohol). Das Ausmaß der (gefühlsmäßigen) Bindung der Person an dieses Verhalten wird deutlich, wenn sie an deren Ausübung behindert wird, also abstinent sein muss: Die Person wird unruhig, reizbar, aggressiv und verteidigt das Verhalten bei Kritik oder übt es im Verborgenen aus. Es handelt sich um Entzugssymptome, die aber je nach Substanz noch wesentlich mehr und dramatischere Symptome umfassen können. Das Phänomen »Sucht« bzw. Abhängigkeit ist also durch fünf wichtige Merkmale menschlichen Verhaltens kennzeichnet: Es ist mit der Erzeugung von Lustzuständen bzw. der Minderung von Unlustzuständen verbunden, die weitgehend bewusst erlebt werden. Es handelt sich um ein übermäßiges Verhalten im Hinblick auf die Menge, Dauer und/oder die Häufigkeit des Verhaltens. Die mittelfristige Steigerung der Menge des auftretenden Verhaltens als »Dosissteigerung« ...


Pogarell, Oliver
Oliver Pogarell, Prof. Dr. med., Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie. Stellvertretender Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, LMU Klinikum München. Erster Vorsitzender BAS e.V., München.

Tretter, Felix
Felix Tretter, Prof. Dr. med. Dr. phil. Dr. rer. pol., Facharzt für Psychiatrie und Neurologie, Psychotherapeut, Psychologe, Soziologe; ehem. Chefarzt der Suchtabteilung Isar-Amper-Klinikum, Klinikum München-Ost, 2. Ehrenvorsitzender der Bayerischen Akademie für Suchtfragen in Forschung und Praxis BAS e.V., München, derzeit Präsident der Deutschen Gesellschaft für Humanökologie und Vizepräsident des Bertalanffy Centers for the Study of Systerns Science.

Felix Tretter, Prof. Dr. med. Dr. phil. Dr. rer. pol., Facharzt für Psychiatrie und Neurologie, Psychotherapeut, Psychologe, Soziologe; ehem. Chefarzt der Suchtabteilung Isar-Amper-Klinikum, Klinikum München-Ost, 2. Ehrenvorsitzender der Bayerischen Akademie für Suchtfragen in Forschung und Praxis BAS e.V., München, derzeit Präsident der Deutschen Gesellschaft für Humanökologie und Vizepräsident des Bertalanffy Centers for the Study of Systerns Science.

Oliver Pogarell, Prof. Dr. med., Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie. Stellvertretender Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, LMU Klinikum München. Erster Vorsitzender BAS e.V., München.



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