Wasmeier | Erfolgskriterien föderaler Transition | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 327 Seiten, eBook

Wasmeier Erfolgskriterien föderaler Transition

Eine vergleichende akteursbasierte Prozessanalyse anhand Spaniens, Belgiens und Russlands
1. Auflage 2009
ISBN: 978-3-531-91612-5
Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark

Eine vergleichende akteursbasierte Prozessanalyse anhand Spaniens, Belgiens und Russlands

E-Book, Deutsch, 327 Seiten, eBook

ISBN: 978-3-531-91612-5
Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften
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1.1 Erläuterung der Thematik Während sich in Bundesstaaten wie den Vereinigten Staaten von Amerika oder Deutschland oftmals Phasen der Zentralisierung und der tendenziellen Refö- ralisierung abwechseln, ist in vielen Einheitsstaaten und deren Gesellschaften eine Tendenz zur Regionalisierung oder Dezentralisierung nicht zu übersehen. Hier wird 'ein eher auf Zentralisierung und Interventionismus ausgerichtetes Denken (...) von einem stärker der Förderung der Eigenentwicklung gesell- 1 schaftlicher und territorialer Subjekte verpflichtetem Denken abgelöst.' Gibson zieht hieraus die Folgerung, in einer sich zunehmend föderalisierenden Welt zu 2 leben. Die Ursachen dafür sind in historischen nationalen oder regionalen - wegungen und in deren Ansprüchen ebenso zu sehen, wie in der Bewältigung von Herausforderungen der politischen Systeme oder aktueller Problemlagen. Als Beispiele für die meist noch nicht abgeschlossenen Prozesse lassen sich in- 3 nerhalb der Europäischen Union neben Großbritannien, Italien und Frankreich vor allem Spanien und Belgien anführen, die jeweils in unterschiedlicher Art 4 und Weise die Ebene der Regionen gestärkt haben. Im Falle der beiden letzten Staaten wird sogar häufig von einer Föderalisierung gesprochen.

Claudia Wasmeier war Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Politikwissenschaft der Universität der Bundeswehr in Neubiberg. Sie ist derzeit in der Hochschulleitung einer privaten Hochschule tätig.

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1;Inhaltsverzeichnis;5
2;Abbildungsverzeichnis;10
3;Tabellenverzeichnis;11
4;Abkürzungsverzeichnis;12
5;1 Einleitung;14
6;2 Einordnung und Grundlagen der Untersuchung;23
7;3 Das Modell der föderalen Transition;38
8;4 Ausgangsbedingungen in den untersuchten Staaten;52
9;5 Spaniens föderale Transition;91
10;6 Belgiens föderale Transition;155
11;7 Russlands gescheiterte föderale Transition;205
12;8 Das Beziehungsgeflecht der wesentlichen Strukturprinzipien;257
13;9 Fazit;283
14;Quellen- und Literaturverzeichnis;293

Einordnung und Grundlagen der Untersuchung.- Das Modell der föderalen Transition.- Ausgangsbedingungen in den untersuchten Staaten.- Spaniens föderale Transition.- Belgiens föderale Transition.- Russlands gescheiterte föderale Transition.- Das Beziehungsgeflecht der wesentlichen Strukturprinzipien.- Fazit.


6 Belgiens föderale Transition (S. 161-162)

Die Verfassung Belgiens ist seit 1831 in Kraft und wurde bis zum Jahr 1970 nur zwei Mal geändert.1 Im Gegensatz zu Spanien war in Belgien eine demokratische Transition überflüssig. Während die föderale Transition Spaniens binnen weniger Jahre abgeschlossen war, benötigte diejenige Belgiens mehrere Jahrzehnte, obwohl bereits zwischen 1931 und 1962 neun gescheiterte Gesetzentwürfe eine weitgehende Föderalisierung Belgiens vorgesehen hatten.

Dass sich der Prozess der föderalen Transition trotz dieser Initiativen so lange hinzog, hat drei Gründe: Erstens waren föderale Ideen in Belgien zu dieser Zeit noch wenig populär.3 Zweitens kostete es im konsensdemokratischen Belgien viel Zeit, Lösungen auszuarbeiten, mit denen alle Beteiligten einverstanden waren. Hinzu kommt, dass Verfassungsänderungen in Belgien auch aufgrund der hohen Hürden sehr langwierig sind. Nach dem früher in Artikel 131, heute in Artikel 195 der Belgischen Verfassung festgelegten Verfahren war und ist es zunächst erforderlich, dass das Parlament unter Benennung der jeweiligen Artikel den Beschluss fasst, diese zu verändern. Nach der Veröffentlichung dieser Erklärung werden beide Parlamentskammern aufgelöst und neu gewählt. Das neue Parlament kann die Revision mit einer Zweidrittelmehrheit beschließen.

Drittens kamen die Kompromisse aufgrund der langen Verhandlungsdauer jeweils so spät, dass es zum Zeitpunkt ihrer Umsetzung bereits neue Forderungen gab. Ein gelungener Reformschritt löste so stets einen nächsten aus. Die föderale Transition Belgiens wurde in mehreren Etappen bewerkstelligt. Dabei gab es kein von Beginn an feststehendes Ziel. Die Voraussetzungen für den Prozess wurden mit der im November 1962 beschlossenen endgültigen Festlegung der Sprachgrenzen und der im August 1963 verwirklichten Unterteilung Belgiens in vier Sprachgebiete geschaffen.

Damit wurden die jeweils einsprachigen Gebiete der Niederländischsprachigen, der Französischsprachigen, der Deutschsprachigen sowie das zweisprachige Gebiet Brüssel mit den umliegenden Gemeinden ins Leben gerufen, die allerdings allesamt nicht über eigene substantielle Kompetenzen verfügten. Selbst die Grenzen der Sprachgemeinschaften waren administrativer Art und reglementierten den offiziellen Sprachgebrauch in der jeweiligen Region.

6.1 Stationen der föderalen Transition

Die Abschnitte der föderalen Transition werden durch die Verfassungsänderungen aus den Jahren 1970, 1980, 1988 und 1993 markiert,1 wenn auch der Dezentralisierungsprozess hierdurch nicht beendet wurde, wie etwa eine weitere Verfassungsreform aus dem Jahr 2001 zeigt. Artikel 1 des Verfassungstextes aus dem Jahr 1993 jedoch charakterisiert Belgien als Föderalstaat, sodass an dieser Stelle vorläufig angenommen wird, dass die föderale Transition zu diesem Zeitpunkt abgeschlossen war. Eine detaillierte Prüfung der Kriterien für das Vorliegen föderalen Strukturen erfolgt in Kapitel 6.3.

6.1.1 Schaffung der Gemeinschaften und Regionen

Bis 1970 war Belgien, trotz der 1963 eingeführten Sprachgebiete, ohne Zweifel ein unitarischer Staat.2 Die neun Provinzen, aus denen Belgien bestand, waren, oft in Zusammenarbeit mit dem Zentralstaat, lediglich für unumstrittene Aufgaben, wie etwa Provinzstraßen, Kultur- und Jugendzentren oder Wasserwege, zuständig. Sie waren dabei der Kontrolle des Zentralstaats unterworfen, während das Gesetzgebungsrecht allein auf dessen Ebene lag. Neben der schwachen politischen Stellung der Provinzen verfügten auch die Kommunen nicht über nennenswerten Entscheidungsspielraum.

Sie waren in erster Linie für die Umsetzung der zentralstaatlichen Gesetze verantwortlich und bekamen die hierfür erforderlichen Mittel vom Zentralstaat zugewiesen.3 Allerdings nahmen in den 1960er Jahren die zentrifugalen Tendenzen zu, wie Erfolge derjenigen Parteien zeigen, die mehr oder weniger weitgehende Autonomieforderungen für ihren Teil Belgiens erhoben. Die regionalen Parteien hatten im Jahr 1965 zusammen 15,7%, drei Jahre später bereits 22,4% der Stimmen erreicht und stellten damit 32 bzw. 45 Abgeordnete der Ersten Kammer des Parlaments.4 Die etablierten Parteien waren daher gezwungen, eine Lösung für dieses Problem zu erarbeiten, wenn sie die Stimmenbasis ihrer Parteien sichern wollten.


Claudia Wasmeier war Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Politikwissenschaft der Universität der Bundeswehr in Neubiberg. Sie ist derzeit in der Hochschulleitung einer privaten Hochschule tätig.



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