Buch, Deutsch, Band 2, 284 Seiten, Format (B × H): 142 mm x 214 mm, Gewicht: 363 g
Reihe: Akteure und Strukturen. Studien zur vergleichenden empirischen Sozialforschung
Zur Situation türkischer Migranten in Deutschland
Buch, Deutsch, Band 2, 284 Seiten, Format (B × H): 142 mm x 214 mm, Gewicht: 363 g
Reihe: Akteure und Strukturen. Studien zur vergleichenden empirischen Sozialforschung
ISBN: 978-3-593-39888-4
Verlag: Campus
Türkische Migranten und einheimische Deutsche haben die gleichen Bedingungen für Gesundheit und Krankheit. Annelene Wengler vergleicht den Gesundheitsstatus beider Gruppen und zeigt darüber hinaus, dass junge türkische Migranten gesünder und ältere Migranten ungesünder sind als die Deutschen. Mit Blick auf die demografische Alterung unserer Gesellschaft ist diese Erkenntnis für die Sozial- und Gesundheitspolitik hoch bedeutsam.
Autoren/Hrsg.
Fachgebiete
- Sozialwissenschaften Soziologie | Soziale Arbeit Spezielle Soziologie Soziale Ungleichheit, Armut, Rassismus
- Sozialwissenschaften Soziologie | Soziale Arbeit Spezielle Soziologie Soziologie von Migranten und Minderheiten
- Sozialwissenschaften Soziologie | Soziale Arbeit Spezielle Soziologie Gesundheitssoziologie, Medizinsoziologie
Weitere Infos & Material
Inhalt
1. Einleitung 9
2. Theoretische Überlegungen und Forschungsstand zur gesund- heitlichen Lage von türkischen Migranten 12
2.1 Theoretische Modelle zur Erklärung des allgemeinen Gesundheitszustandes 13
2.1.1 Der sozioökonomische Status und der Gesundheitszustand 17
2.1.2 Unterschiede in den gesundheitlichen Belastungen und Bewältigungsressourcen 20
2.1.3 Unterschiede in der gesundheitlichen Versorgung 27
2.1.4 Unterschiede beim Gesundheits- und Krankheitsverhalten 28
2.1.5 Modelle zur Erklärung von Gesundheit unter Berücksichtigung von Migrationsstatus, ethnischer Zugehörigkeit und Kultur 29
2.1.6 Der Healthy migrant-Effekt 40
2.2 Der Prozess der Migration und der Migrationsstatus 43
2.2.1 Die Einwanderung türkischer Migranten nach Deutschland 44
2.2.2 Migrationstheorien 50
2.2.3 Charakteristika und Persönlichkeitsmerkmale der Migranten 52
2.2.4 Die doppelte Selektion türkischer Migranten bei der Einreise nach Deutschland 55
2.3 Die Gesundheit von Migranten 62
2.3.1 Subjektiver Gesundheitsstatus 62
2.3.2 Spezifische Krankheiten und ihr Auftreten in der Migrantenpopulation 70
2.3.3 Die Sterblichkeit von Migranten 76
2.3.4 Die gesundheitliche Lage der Bevölkerung in der Türkei 79
2.4 Determinanten gesundheitlicher Ungleichheit für türkische Migranten in Deutschland 83
2.4.1 Soziodemographische Faktoren und der sozioökonomische Status 85
2.4.2 Gesundheitliche Belastungen und Bewältigungsressourcen 89
2.4.3 Zugang zur medizinischen Versorgung 92
2.4.4 Gesundheits- und Krankheitsverhalten 96
2.4.5 Migrationsspezifische Faktoren 98
3. Daten und Methoden 105
3.1 Die Struktur des Projekts und die Wahl der Vergleichsgruppen 106
3.2 Die Datensätze 108
3.2.1 Der Generations and Gender Survey 109
3.2.2 Das Sozio-ökonomische Panel 111
3.2.3 Der European Social Survey 116
3.3 Operationalisierung der Variablen 120
3.3.1 Die Messung von Gesundheit 120
3.3.2 Die Messung des Migrationsstatus 132
3.3.3 Kontrollvariablen 136
3.3.4 Vorgehen bei der deskriptiven Analyse 145
3.4 Multivariate Verfahren 147
3.4.1 Logistische Regression 147
3.4.2 Panelmodell 149
3.4.3 Propensity Score Matching 150
4. Ergebnisse: Die gesundheitliche Lage türkischer Migranten im Vergleich zur deutschen Bevölkerung 153
4.1 Deskriptive Ergebnisse 154
4.1.1 Die subjektive Gesundheit 155
4.1.2 Der subjektive Gesundheitsstatus in unterschiedlichen Altersgruppen 164
4.1.3 Faktoren, die den Gesundheitszustand beeinflussen 169
4.1.4 Anteil der Personen mit einem guten Gesundheitsstatus über die verschiedenen Einflussfaktoren 176
4.1.5 Vergleich zu anderen Migrantengruppen 186
4.2 Multivariate Ergebnisse 189
4.2.1 Präsentation der Modelle und allgemeine Anmerkungen 190
4.2.2 Allgemeine gesundheitliche Unterschiede 195
4.2.3 Soziodemographische Faktoren 198
4.2.4 Der sozioökonomische Status 200
4.2.5 Die Bewältigungsressourcen 206
4.2.6 Das Gesundheits- und Krankheitsverhalten 209
4.2.7 Migrationsspezifische Faktoren 211
4.2.8 Ergebnisse zu andere Gesundheitsindikatoren 214
4.2.9 Der Zusammenhang von Alter, Aufenthaltsdauer und Gesundheit 216
4.2.10 Geschlechts- und bildungsspezifische Unterschiede im Gesundheitsstatus 224
5. Ergebnisse: Die gesundheitliche Lage türkischer Migranten im Vergleich zur einheimischen türkischen Bevölkerung 228
5.1 Deskriptive Ergebnisse 228
5.1.1 Unterschiede bei der Auswertung des subjektiven Gesundheitsstatus im GGS und ESS 229
5.1.2 Faktoren zur Erklärung des Gesundheitszustands 230
5.2 Multivariate Ergebnisse 237
6. Zusammenfassung und Schlussbemerkungen 242
6.1 Die Ergebnisse zu den formulierten Hypothesen im Überblick 242
6.2 Einordnung der Ergebnisse und Ausblick 245
Tabellenverzeichnis 250
Abbildungsverzeichnis 252
Literatur 253
Anhang 282
Tabellenverzeichnis 282
Abbildungsverzeichnis 283
Dank 284
[…] man hat Arbeitskräfte gerufen, und es kommen Menschen schrieb der Schriftsteller Max Frisch 1965 im Vorwort zu Alexander Seilers Buch über italienische Gastarbeiter in der Schweiz (Seiler 1965: 7). Dieser Ausspruch wurde gleichsam in der Diskussion um türkische Migranten in Deutschland vielfach zitiert. Auch die Bundeskanzlerin Angela Merkel hat dieses Zitat in einer Rede zu Integration, Arbeit und Mobilität aufgegriffen (Merkel 2009). Die Arbeitskräfte von denen Frisch schreibt, entsprechen den Gastarbeitern in Deutschland. Dieses Konzept der arbeitenden Gäste hat sich jedoch überholt, da viele der türkischen Arbeitskräfte langfristig in Deutschland geblieben sind. Außerdem sind Familienmitglieder nach-gezogen und es wurden neue Familien in Deutschland gegründet. Die ur-sprünglichen Gastarbeiter und ihre Familien sind damit heute ein substan-zieller Bestandteil der deutschen Gesellschaft.
Lange wurde Deutschland von den jeweiligen regierenden Parteien nicht als Einwanderungsland eingeordnet, obwohl die Zuzüge zunahmen und nur ein Teil der Arbeitsmigranten das Land wieder verlies. Themen wie Integration und kulturelle Differenzen finden daher erst seit den 1990er Jahren vermehrt Eingang in den politischen Diskurs. Wenige innen-politische Themen haben dabei in den letzten Jahren so polarisiert wie die Situation von Migranten in Deutschland. Die wissenschaftliche Auseinan-dersetzung mit der Lebenssituation von Migranten in Deutschland hat in den letzten beiden Jahrzehnten auch stark zugenommen, weil entspre-chende sozialwissenschaftliche Daten verfügbar wurden. In Anbetracht der zunehmenden Alterung der Migrantenpopulation wird dabei die Gesund-heit bei der Betrachtung ihrer Lebenssituation immer wichtiger.
Dass Menschen nicht nur gesund, sondern meist in bestimmten Ab-schnitten ihres Lebens auch krank werden, ist an sich - zumindest mit Bezug auf den aktuellen medizinischen Forschungsstand - eine unabänder-liche Tatsache. Zu einer gesamtgesellschaftlichen Problematik wird dieser Aspekt erst, wenn Gesundheit und Krankheit ungleichmäßig über die Be-völkerung verteilt sind. Damit sind nicht nur altersspezifische Unterschiede gemeint - alte sind im Durchschnitt kränker als junge Menschen, sondern vor allem Ungleichheiten in der Verteilung nach zum Beispiel Bildungs-niveau, Einkommens-, Berufsgruppen oder, wie im hier betrachteten Fall, hinsichtlich des Migrationshintergrunds. Gesundheitliche Ungleichheiten bezüglich der sozialen Schicht (Bildungsstand, Einkommen, Berufsgruppe) konnten in der Forschung immer wieder nachgewiesen werden und sind mittlerweile weitreichend erforscht und belegt (siehe z.B. Helmert u.a. 1993; Macintyre 1997; Marmot u.a. 1997; Mielck/Helmert 1994; Schneider, Sven 2008). Die Erforschung gesundheitlicher Ungleichheit im Kontext von Migration wurde hingegen noch nicht sehr weit vorangetrieben. Dies liegt vor allem an der bisher verhältnismäßig schlechten Datenlage zur Gesundheit von Migranten/Personen mit Migrationshintergrund. Diese wird jedoch zunehmend besser und es ist mittlerweile möglich, sich wis-senschaftlich mit der Gesundheit von Migranten auseinanderzusetzen.
Ziel dieser Arbeit ist es, den Gesundheitszustand von türkischen Migranten in Deutschland zu untersuchen. Dabei sollen die folgenden For-schungsfragen beantwortet werden: Sind türkische Migranten gesünder oder weniger gesund als die einheimische Bevölkerung in Deutschland und der Türkei? Welche Faktoren beeinflussen den Gesundheitsstatus von türkischen Migranten? Unterscheiden sich diese Faktoren von den Erklä-rungsfaktoren für die gesundheitliche Lage von türkischen und deutschen Einheimischen? Beeinflusst die Aufenthaltsdauer in Deutschland den Gesundheitsstatus bzw. sind Aufenthaltsdauer und Gesundheitszustand miteinander assoziiert?
Der Fokus liegt auf türkischen Migranten, da diese die größte Migrantengruppe in Deutschland darstellen. Um die gesundheitliche Lage dieser Gruppe im Detail auszuwerten, werden zwei Gruppen zum Ver-gleich herangezogen: die einheimische Bevölkerung in Deutschland und die einheimische Bevölkerung in der Türkei. Betrachtet man die bisherigen Forschungsergebnisse zur gesundheitlichen Lage von Migranten, so wird meist nur eine Gruppe - vornehmlich die Bevölkerung der Aufnahme-gesellschaft - zum Vergleich herangezogen. Indem sowohl Aufnahme- als auch Heimatgesellschaft als Vergleichsgruppen berücksichtigt werden, kann man die besondere Situation von türkischen Migranten berücksich-tigen. Türkische Migranten weisen, in unterschiedlichem Ausmaß, Eigen-schaften aus beiden Gesellschaften auf. Außerdem kann dadurch der Anpassungsprozess der türkischen Migrantenpopulation an die deutsche Bevölkerung hinsichtlich des Gesundheitsstatus analysiert werden.
Am Anfang dieser Arbeit (zweites Kapitel) werden die theoretischen Grundlagen gelegt und die verschiedenen Determinanten gesundheitlicher Ungleichheit dargestellt. Ziel ist es, die unterschiedlichen Aspekte und komplexen Zusammenhänge zu beleuchten, die zu einer guten oder schlechten physischen (und zum Teil auch psychischen) Gesundheit führen. Die Determinanten werden, angelehnt an ein Modell von Elkeles und Mielck (1997), in verschiedene Bereiche unterteilt. Die allgemeinen Einflussfaktoren auf den Gesundheitszustand werden dann im weiteren Verlauf der Arbeit auf die türkische Migrantenpopulation in Deutschland angewandt, das heißt, es werden Hypothesen zu den gesundheitlichen Unterschieden zwischen türkischen Migranten und deutschen sowie türkischen Einheimischen formuliert (2.4). Außerdem wird im zweiten Kapitel die Entwicklung der Einwanderung türkischer Migranten nach Deutschland dargestellt (2.2) und es wird dargelegt, was bisher zur gesundheitlichen Lage der Migranten in Deutschland bekannt ist (2.3). Dabei wird auch die zweite Generation türkischer Migranten, die nicht selbst gewandert ist, im Rahmen dieser Arbeit genauer untersucht.
Die verschiedenen zur Analyse herangezogenen Datensätze (3.2) sowie die Operationalisierung der abhängigen und der unabhängigen Variablen (3.3) werden im dritten Kapitel genauer beschrieben. Dabei werden auch Unterschiede zwischen den Datensätzen thematisiert und die verwendeten multivariaten Verfahren (3.4) vorgestellt.
Ziel des empirischen Teils dieser Arbeit (viertes Kapitel) ist es zu untersuchen, ob türkische Migranten gesünder oder weniger gesund sind als deutsche und türkische Einheimische. Dabei soll ebenfalls untersucht werden, ob die aus der Forschung abgeleiteten Einflussfaktoren auch für die gesundheitliche Lage von Personen mit türkischem Migrationshinter-grund Gültigkeit haben. Zudem soll geklärt werden, inwiefern dem Migra-tionsstatus eine eigenständige Rolle hinsichtlich der Gesundheit der unter-suchten Individuen zukommt. Dabei wird genauer herausgearbeitet, welche mit der Migration assoziierten Faktoren die Gesundheit türkischer Migran-ten begünstigen bzw. beeinträchtigen.