E-Book, Deutsch, 256 Seiten
Wintels / Lindner / Habeck Das Jahrzehnt der Entscheidung
1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-451-83161-4
Verlag: Verlag Herder
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Deutschland 2030
E-Book, Deutsch, 256 Seiten
ISBN: 978-3-451-83161-4
Verlag: Verlag Herder
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Autoren/Hrsg.
Fachgebiete
- Wirtschaftswissenschaften Wirtschaftssektoren & Branchen Transport- und Verkehrswirtschaft
- Wirtschaftswissenschaften Volkswirtschaftslehre Wirtschaftspolitik, politische Ökonomie
- Wirtschaftswissenschaften Wirtschaftssektoren & Branchen Wirtschaftssektoren & Branchen: Allgemeines
- Wirtschaftswissenschaften Volkswirtschaftslehre Wirtschaftssysteme, Wirtschaftsstrukturen
- Wirtschaftswissenschaften Wirtschaftssektoren & Branchen Energie- & Versorgungswirtschaft
- Wirtschaftswissenschaften Volkswirtschaftslehre Internationale Wirtschaft
- Wirtschaftswissenschaften Volkswirtschaftslehre Finanzkrisen, Wirtschaftskrisen
- Wirtschaftswissenschaften Wirtschaftssektoren & Branchen Medien-, Informations und Kommunikationswirtschaft Informationstechnik, IT-Industrie
- Wirtschaftswissenschaften Volkswirtschaftslehre Volkswirtschaftslehre Allgemein Geldwirtschaft, Währungspolitik
- Wirtschaftswissenschaften Wirtschaftssektoren & Branchen Primärer Sektor
Weitere Infos & Material
Die sozial-ökologische Marktwirtschaft
Eine Wirtschaftspolitik für morgen
von Robert Habeck Dr. Robert Habeck ist Vizekanzler, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz und direkt gewählter Abgeordneter im Bundestag des Wahlkreises 1 Flensburg-Schleswig. Er ist in Lübeck geboren und hat in Freiburg (Breisgau), Roskilde (Dänemark) sowie Hamburg studiert. Von 2018 bis 2022 war er Bundesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen. Zuvor war er sechs Jahre lang Minister und stellvertretender Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, zuletzt leitete er dort das Ministerium für Energiewende, Umwelt, Landwirtschaft und Digitalisierung. Die gewaltige Aufgabe, die der KfW bei ihrer Gründung im November 1948 übertragen wurde, steckt bereits in ihrem Namen: den Wiederaufbau eines vollkommen zerstörten Landes zu ermöglichen. Erst dreieinhalb Jahre waren seit dem Ende der nationalsozialistischen Diktatur vergangen. Millionen Menschen in Europa und darüber hinaus hatten Terrorherrschaft und Krieg mit ihrem Leben bezahlt. Deutschland selbst lag in Trümmern, die Wirtschaft am Boden. Hunger und allgemeine Not prägten den Alltag. Geld konnte bei Weitem nicht alles heilen, was der Nationalsozialismus zerstört hatte. Aber die Entscheidung der USA, Westdeutschland und Westeuropa mit den Geldern des Marshallplans Hilfe zur Selbsthilfe zu gewähren, war eine zentrale Weichenstellung für eine gute Zukunft unseres Landes und des europäischen Kontinents. Und so wurde aus dem nicht zuletzt über die KfW finanzierten Wiederaufbau von Wohnungen und Energieversorgung, von Industrie und Mittelstand der Aufbau von etwas, das zuvor nicht existiert hatte: ein freier, demokratischer, stabiler und wirtschaftlich prosperierender deutscher Staat, eingebettet in das Friedensprojekt Europa, getragen von einer mittelständischen Wirtschaft. Eine große Fortschrittsgeschichte. Auch nachdem die Zeit der unmittelbaren Not überstanden war, blieb die KfW wichtiger und zuverlässiger Partner für die bundesrepublikanische Wirtschaft und Gesellschaft. Viele Herausforderungen gab es zu bewältigen im Laufe ihrer 75-jährigen Geschichte – insbesondere die Wiedervereinigung und der folgende Aufbau Ost in den 1990er Jahren. Außerordentlich war der Einsatz der KfW auch in der jüngeren und jüngsten Vergangenheit, als es galt, die wirtschaftlichen Auswirkungen der Coronapandemie und des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine erfolgreich abzufedern. So ist das 75-jährige Jubiläum ein mehr als willkommener Anlass, der KfW für ihr unermüdliches Engagement in der Vergangenheit zu danken – und unsere Zusammenarbeit bei der Erneuerung der deutschen Wirtschaft hin zu Resilienz und Klimafreundlichkeit weiter zu stärken. „Jahrzehnt der Entscheidung“ – so lautet der kluge Titel des vorliegenden Buchs. Das bedeutet vor allem, dass wir politische Entscheidungen treffen müssen. Dass wir handeln müssen. Und zwar in diesen Jahren. Für eine gute Zukunft. Die soziale Marktwirtschaft als unsere Wirtschaftsordnung, die Markt und freies Unternehmertum sozialen Zielen verpflichtet, hat uns enormen Wohlstand und gesellschaftlichen Zusammenhalt beschert. Sie ist das Fundament, auf dem wir stehen. Ihr Grundgedanke basiert darauf, dass Erfindungsreichtum, Investitionskraft und das freie Spiel der marktwirtschaftlichen Kräfte den Wohlstand eines Landes schaffen, der verbindliche Rahmen dafür sowie der soziale Ausgleich gesellschaftlich aber immer wieder neu verabredet werden müssen. Eine solche Phase haben wir auch jetzt. Denn jahrzehntelang gab es einen blinden Fleck: die ökologischen Kosten. Wir sind dabei, diese Blindheit zu überwinden. Wir entwickeln unsere starke Wirtschaftsordnung weiter zu einer sozial-ökologischen Marktwirtschaft, damit wir unseren Wohlstand und unsere Freiheit erneuern und Sicherheit geben können. Hinzu kommt, dass die europäische Friedensordnung durch einen neuen Krieg im Herzen Europas bedroht ist. Wir haben es weltweit mit dem Wiedererstarken brutaler Machtpolitik zu tun, durch die sich globale Konkurrenzen multiplizieren. Spätestens der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat uns gelehrt, wie verletzlich wir durch die Abhängigkeit von billiger fossiler Energie geworden sind. Und wie gefährlich es ist, geopolitische Risiken zu ignorieren. Die Lehre, die wir ziehen sollten, ist deutlich: Wir sind gut beraten, unsere Abhängigkeiten zu reduzieren, uns breiter aufzustellen, damit wir eine souveräne, außenpolitisch handlungsfähige Demokratie und ein starker Wirtschaftsstandort bleiben. Wirtschaftssicherheit hat einen neuen Stellenwert bekommen. Der Weg zu einer sozial-ökologischen Marktwirtschaft Das Beeindruckende ist: Die Erneuerung hin zu einem nachhaltigen und resilienten Wirtschaftsstandort ist bereits in vollem Gange. Unternehmen sind dabei, klimafreundliche Geschäftsmodelle zu entwickeln – basierend auf Kreislaufwirtschaft und nachwachsenden Rohstoffen. Es wird in eine grüne Industrie investiert, wir stärken unsere Resilienz zum Beispiel durch große Investitionen in die Mikroelektronik. Als Förderbank des Bundes spielt die KfW erneut eine zentrale Rolle. Gerade in Zeiten, in denen es um gezielte, den Strukturwandel aktiv gestaltende Politik geht, ist die Bedeutung der KfW als Mitgestalterin der Zukunft kaum zu überschätzen. Die aktuellen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen – das gehört zur Wahrheit dazu – machen die Aufgabe der klimaneutralen Erneuerung unseres Wohlstands nicht einfacher. Der demografische Wandel führt schon jetzt dazu, dass wir in fast allen Branchen zu wenig Hände und Köpfe haben, die beim Umbau mitanpacken. Die neuen geopolitischen Unsicherheiten führen zu neuen geoökonomischen Unsicherheiten und begünstigen Protektionismus. Und die unter anderem durch verschiedene Angebotsschocks ausgelöste Inflation und die damit verbundene Zinswende verstärken die Unsicherheit und schwächen die Investitionsfähigkeit unserer Unternehmen und Bürgerinnen und Bürger. Die wirtschaftspolitische Aufgabe, die sich aktuell stellt, ist klar: Um die Rahmenbedingungen für den Wirtschaftsstandort Deutschlands zu verbessern, brauchen wir eine zeitgemäße, das heißt eine die Transformation gezielt unterstützende Angebotspolitik. Daran arbeiten wir. Dabei geht es nicht um undifferenzierte Deregulierungen und Privatisierungen wie in den 1980er Jahren. Eine transformative Angebotspolitik adressiert zielgerichtet die Knappheiten etwa auf dem Arbeitsmarkt und unterstützt die Technologiefortschritte, die zur Klimaneutralität beitragen. Sie nimmt dabei auch Verteilungsfragen in den Blick und setzt nicht auf ein Trickle-down von Einkommenszuwächsen. Schließlich ist sie von Anfang an geopolitisch wachsam und europäisch eingebettet. Sechs Schwerpunkte lassen sich herausstellen, an denen wir unter Hochdruck arbeiten: 1. Wir stärken den Wettbewerb als wesentliches marktwirtschaftliches Prinzip. Dies schließt insbesondere auch die europäische Wettbewerbspolitik mit ein, die wir aktiv mit ausgestalten. 2. Wir verfolgen eine ehrgeizige Außenhandelsagenda. Wir weiten über die EU unsere bilateralen Handelsbeziehungen aus und wollen sie verbindlich fair, gerecht und nachhaltig gestalten. Das ist nicht nur ökonomisch richtig, sondern auch eine Frage der Wirtschaftssicherheit, weil wir unsere Abhängigkeiten nicht durch Abschottung, sondern vor allem durch Diversifizierung effektiv verringern werden. Mehr Handel, mehr Partnerschaft ist die Devise. 3. Wir erneuern die Energieversorgung im Land. Dabei folgen wir einer umfassenden Strategie, die nicht nur den Ausbau der erneuerbaren Energien umfasst, sondern auch den Auf- und Ausbau der Netze für Strom und Wasserstoff, die europäische Vernetzung und die Ausweitung der Produktionskapazitäten für die notwendigen Bauteile einer klimafreundlichen Zukunft. 4. Mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz schaffen wir die Voraussetzung, dass Menschen zu uns kommen und uns hier mit ihrer Kompetenz und ihrer Leistung stärken. Außerdem arbeiten wir daran, das inländische Potenzial an Arbeitnehmerinnen und Arbeitern besser zu heben, und sorgen für die Ausweitung des Angebots zur beruflichen Weiterbildung. 5. Wir unterstützen die industrielle Basis unseres Landes bei der Dekarbonisierung, um ein starker Industriestandort mit innovativen großen, mittleren und kleinen Unternehmen bleiben zu können. Dazu schaffen wir zum Beispiel mit den Klimaschutzverträgen ein weltweit fast einzigartiges Förderinstrument. 6. Nicht zuletzt geht es darum, den Unternehmen unnötige Bürokratie vom Hals zu schaffen. Gerade für den Mittelstand sind Berichts- und Dokumentationspflichten eine Belastung, der wir uns annehmen müssen. Dabei ist klar: Transparenz und Nachvollziehbarkeit sind in einem Rechtsstaat ein hohes Gut und viele Regeln haben einen guten Grund. Aber klar ist auch, dass insbesondere das Investieren in Deutschland und in der EU einfacher gemacht werden muss. Investitionen in die Transformation Die Erneuerung unserer Wirtschaft, der Aufbau von...