Witt | Meine Frau hat einen Neuen – und zwar mich! | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 272 Seiten

Witt Meine Frau hat einen Neuen – und zwar mich!

Wie ich ein perfekter Mann wurde | Bekannt aus BamS: Mein Leben als Mann
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-423-44659-4
Verlag: dtv Verlagsgesellschaft
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Wie ich ein perfekter Mann wurde | Bekannt aus BamS: Mein Leben als Mann

E-Book, Deutsch, 272 Seiten

ISBN: 978-3-423-44659-4
Verlag: dtv Verlagsgesellschaft
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Unterschätzen Sie nie einen Mann, der (k)einen Plan hat »It's a Man's World«, sang einst James Brown und die Verhältnisse waren klar geregelt. Doch das ist lange vorbei und die Gewissheit, dass Männer die Welt bewegen, ebenso. An den Mann von heute werden vielfältige Anforderungen herangetragen: Er soll Kinder erziehen (geschlechtsneutral), sich bewusst ernähren (vegan), kochen können, auf seine Figur achten, handwerklich geschickt sein, stark sein, schwach sein, Komplimente machen (keine sexistischen!) und nach Möglichkeit wissen, wer Sophie Passmann ist. Das ist alles viel zu viel? »Ach was«, sagt Michael Witt, »nehmen Sie's wie ein Mann!« Männliche Autorität ist ohnehin längst eine Illusion. Wie heißt es doch: Hinter jedem starken Mann steht eine Frau, die mit den Augen rollt.

Michael Witt, geboren 1973, hat in verschiedenen Leitungspositionen u. a. für die >WELT<, >WELT am Sonntag<, >Bild am Sonntag< gearbeitet. Heute ist er freiberuflicher Journalist, Systemischer Coach und Berater und lässt sich gerade zum Paar- und Familientherapeuten ausbilden. Der gebürtige Ostwestfale lebt mit seiner Familie in Berlin.
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MÄNNER UND FRAUEN – PASST DAS WIRKLICH ZUSAMMEN?


Manchmal frage ich mich: Angenommen, meine Frau hätte ihre Interessen und Vorlieben Ende 2002 in die Suchmaske einer Partnerbörse eingegeben – hätte der Algorithmus wohl ausgerechnet mich ausgespuckt?

Ich fürchte: Er hätte mich höchstens in die Ecke gespuckt. Und bevor Sie jetzt denken: Online-Partnerbörsen, so was gab’s damals noch gar nicht. Parship ist im Februar 2001 online gegangen. Wäre also möglich gewesen, schon in der Kartei zu sein. Irgendwo ganz hinten zwischen dem Typen, der mit einem Motorrad zusammenlebt und Rainer Langhans. Und spätestens zum Herbst-Sale 2007 wäre Parship mich alten Ladenhüter gegen gehörigen Rabatt vielleicht losgeworden. Im Sparpaket mit einem Flaconi-Gutschein und einem Kasten Bionade Litschi.

Meine Frau hat zum Glück schon früher zugegriffen, denn sie hatte ja nur einen vagen Eindruck davon, was da auf sie zukommt. Wie die Titanic, die im ersten Moment wahrscheinlich auch dachte: Och, so groß ist der Eisberg gar nicht. Und was sich da alles unter der Wasseroberfläche verbarg, wurde erst später klar.

Oberhalb der Wasserlinie sichtbar war bei mir: 1,86 Meter groß, schlank, relativ breite Schultern, Tickchen zu große Nase, Tickchen zu kleine Ohren, Lachfalten, leichte O-Beine. Ich war außerdem relativ feierfreudig und konnte eine ziemlich lustige Geschichte von meinem damals sieben Jahre alten Neffen erzählen, die mir die Aura eines Mannes verlieh, der einen liebevoll-herzlichen Blick auf Kinder hat. Okay, ich erzähle sie Ihnen auch: Mein Neffe hatte damals Ärger mit seiner Mutter, und in dem Gefühl, etwas falsch gemacht zu haben, hat er sich erst mal in sein Kinderzimmer verkrümelt und sich dann wieder vorsichtig an sie herangetastet. Er ging langsam zu ihr in die Küche und fragte:

»Du, Mama?«

»Jaaaaa, möchtest du etwas?«

»Jaaaaa … – eine Banane.«

»Alles klar, nimm dir doch einfach eine.«

»Aber … – Mamaaa?«

»Ja?«

»Ich will nicht irgendeine Banane. ) Ich möchte eine Banane, die so schön ist wie du.«

Raffiniert, oder?

Welches Mutterherz wäre da nicht weich geworden wie eine Zimtschnecke? Und welches Frauenherz hätte da widerstehen können, wenn ihr ein 1,86 Meter großer Ostwestfale leicht angetrunken bei der Weihnachtsfeier so eine Geschichte erzählt?

Die benebelnde Stimmung eines solchen Abends kann ziemlich gut all jene feinen Differenzen zwischen Menschen verwischen, die ein Parship-Algorithmus aufdecken würde – und das ist auch gut so.

Denn ansonsten wäre bei mir damals aufgeflogen:

  • Längste Beziehung bisher: gerade mal knapp zwei Jahre. Die nächstlängste danach: neun Monate

  • Kann mit einer Hand klatschen, zeigt das gern und wirkt dadurch wie die B-Besetzung einer Jahrmarkt-Schaubude, bei der die Frau ohne Unterleib gerade ein paar Brückentage nimmt

  • Seit zwanzig Jahren FC-Bayern-Fan, hält die 80er-Jahre für die schönste Zeit in der Geschichte des Fußballs

  • Kaut als erwachsener Mann noch Fingernägel

  • Guckt gern das »Traumschiff«

  • Kultur-Abend bedeutet für ihn, sich in einer Kneipe mit Musik zu verabreden

  • Gibt sein Geld in sinnlosem Ausmaß für CDs aus und hat einen versnobten Musikgeschmack. Drei Roland-Kaiser-CDs im Musikregal der Ex-Freundin haben schon zum Beziehungsende geführt

  • Hat einen spleenigen Aufräum-Fetisch

Wo da die Schnittmenge mit meiner Frau lag? Da muss man schon suchen. Hier erst mal ein paar Unterschiede: Sie hatte eine heimliche Leidenschaft für Trash-TV und Castingshows, die beste Platte aller Zeiten war für sie der Soundtrack zu »Dirty Dancing«, sie liebte kreatives Chaos in der Wohnung und auf dem Schreibtisch, Nase und Ohren waren bei ihr perfekt konfektioniert, sie hatte natürlich schöne Hände und Fingernägel und wirkte durch und durch mutig und zielstrebig.

Bevor wir zusammenkamen, kannten wir uns auch schon drei Jahre, wir hatten unser journalistisches Volontariat gemeinsam absolviert. Wir fanden uns wohl ganz nett, aber es war keine Liebe auf den ersten Blick. Ich war außerdem sicher, dass sie eine Spielklasse höher unterwegs ist als ich, sie war für mich der FC Bayern, ich war Darmstadt 98.

Doch es ist eine Illusion zu glauben, dass man füreinander geschaffen sein muss, dass es eine kosmische Konstellation gibt, die ein Paar schicksalhaft zusammenführt wie Lukas Podolski und Bastian Schweinsteiger. Langzeitstudien in den USA haben ergeben, dass Paare, die sich zu Beginn der Beziehung als Traumpaare bezeichnen, die also den Partner als absoluten Wunschpartner sehen, in dem sie einen Seelenverwandten gefunden haben, keineswegs glücklichere Ehen führen. Ganz im Gegenteil. Denn die anfängliche Euphorie erodiert langsam, aber sicher im Alltagsgeschäft, es wird eine Illusion nach der anderen zerstört, bis die beiden Traumpartner nach sieben Jahren vor dem Scheidungsrichter stehen.

Dagegen gibt es Studien über arrangierte Ehen, die belegen, dass die Zufriedenheit und die Zuneigung über die Zeit wachsen. Die beiden Partner lernen sozusagen, sich zu lieben. Sie lernen, die Andersartigkeit des Partners zu akzeptieren und anzunehmen. Bis man ohne das Schnarchen auf dem Kopfkissen links im Bett gar nicht mehr schlafen kann.

Nicht dass ich jetzt ein Plädoyer für arrangierte Ehen halten möchte. Aber eine gelingende Beziehung braucht nicht unbedingt Gleichheit, ein Mann muss nicht denken wie eine Frau, eine Frau nicht wie ein Mann, um miteinander zu harmonieren. Wichtiger sind gegenseitiger Respekt, ein milder und liebevoller Blick auf die Schwächen des anderen und – ja, gut, ein paar Gemeinsamkeiten dürfen es schon sein.

Die wenigen offensichtlichen Gemeinsamkeiten zwischen meiner Frau und mir waren damals: derselbe Humor, eine gewisse physische Anziehung, Sympathien für den FC Bayern – und Alkohol.

Unterschätzen Sie das nicht, tatsächlich haben Wissenschaftler der Universität Michigan seit 2006 daran geforscht und kamen dann zu dem Ergebnis: Wenn beide Partner in einer Ehe gleiche Trinkgewohnheiten haben, dann sind sie glücklicher.

Klar, denken Sie, wären Sie auch darauf gekommen: Mit ein bisschen Selbstdisziplin beim Trinken kann man sich jeden schönsaufen. Sogar den eigenen Partner.

Doch so einfach ist das nicht, ich persönlich forsche seit 2002 auf dem Gebiet, seit ich mit meiner Frau zusammenkam. Und schon damals hat mich beeindruckt: Sie kann trinken wie ein Kerl. Und welchen Mann beeindruckt das nicht? Als würdest du mit deinem besten Kumpel den Abend verbringen, und der sieht auch noch Hammer aus.

Ich will jetzt nicht den Vollrausch verklären, der schmerzt jenseits der Vierzig auch zu doll. Aber die schönsten Abende sind die, an denen wir mit einer Flasche Wein am Esstisch sitzen. Beim Trinken haben wir auch einen gewissen Reifeprozess vollzogen. Waren die Vorlieben anfangs noch bei Weißbier (Auaaua!), dann bei Bier (Aua!), sind wir jetzt bei Wein angekommen. Ist gesellschaftlich auch akzeptierter als ein Kasten Pils auf dem Esstisch.

Gemeinsamkeiten stärken, das ist auf jeden Fall eine solide Basis für eine Beziehung. Dummerweise zeigten sich im Lauf der Jahre auch einige Differenzen. Und je mehr Jahre vergehen: umso mehr. Dass man anfangs nur die Spitze des Eisbergs kennt, hatte ich ja schon erwähnt. Daraus folgt: Nach und nach tauchen auch die Unterschiede, oder besser: Absonderlichkeiten auf.

Teilweise sind es persönliche Macken – ich zum Beispiel liebe es, mir beim Abendessen auf jeden erdenklichen Brotbelag Senf oder Ketchup zu schmieren. Habe ich lange unterdrückt, aber nach ein paar Jahren war es plötzlich wieder an der Oberfläche.

Andere Dinge unterdrücken Paare nicht so lange. Eine Umfrage der US-Seite mic.com ergab: 51 Prozent fangen in den ersten sechs Monaten der Beziehung an, vor dem Partner zu pupsen. Etwa ein Viertel unterdrückt es zwischen sechs und zwölf Monate. Nur sieben Prozent verkneifen sich jeden Hauch vor dem Geliebten oder der Geliebten. Das Erstaunliche: Pupsen ist sozusagen der ultimative Vertrauensbeweis, dass man sich akzeptiert und angenommen fühlt. Der erste Pups voreinander fällt ungefähr in dieselbe Zeit, in der man das erste Mal »Ich liebe dich« zueinander sagt.

Nach etwa zehn Jahren kennt man dann alle ernüchternden Untiefen des Partners so gut, dass keine Illusionen mehr möglich sind. Dann hat man gesehen, wie er auf dem Klo sitzt, in den Zähnen pult, sich einer apokalyptischen Flatulenz hingibt, sich auf einer Feier danebenbenimmt oder sich wie ein patriarchalischer Macho-Arsch verhält.

Ich will es nicht verhehlen: Auch ich habe typisch männliche Schwächen. Es gibt zum Beispiel eine simple Frage, die meine Frau komplett auf die Palme bringt. Sie lautet: »Was hast du gesagt?«

Ja, es ist so. Männer hören nicht zu. Zumindest nicht immer. Sie hören Fußball-Kommentatoren zu, ihren Kumpels, oft auch ihren Frauen. Aber eben nicht immer. Es gibt sogar Bücher und Filme, die das beklagen (»Warum Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken«). Warum das so ist? Meine Frau sagt: »Ihr seid nicht multitaskingfähig. Atmen und Zuhören ist zu viel.« Ich dagegen sage: reiner Selbstschutz. Aus der Fülle der...


Witt, Michael
Michael Witt, geboren 1973, hat in verschiedenen Leitungspositionen u. a. für die ›WELT‹, ›WELT am Sonntag‹, ›Bild am Sonntag‹ gearbeitet. Heute ist er freiberuflicher Journalist, Systemischer Coach und Berater und lässt sich gerade zum Paar- und Familientherapeuten ausbilden. Der gebürtige Ostwestfale lebt mit seiner Familie in Berlin.

Michael Witt, geboren 1973, hat in verschiedenen Leitungspositionen u. a. für die ›WELT‹, ›WELT am Sonntag‹, ›Bild am Sonntag‹ gearbeitet. Heute ist er freiberuflicher Journalist, Systemischer Coach und Berater und lässt sich gerade zum Paar- und Familientherapeuten ausbilden. Der gebürtige Ostwestfale lebt mit seiner Familie in Berlin.



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