E-Book, Deutsch, 199 Seiten, E-Book
Reihe: Haufe Fachbuch
Wörle Crashkurs Geschäftsprozesse steuern
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-648-14074-1
Verlag: Haufe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Grundlagen, Fallbeispiele, Umsetzungstipps
E-Book, Deutsch, 199 Seiten, E-Book
Reihe: Haufe Fachbuch
ISBN: 978-3-648-14074-1
Verlag: Haufe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Dipl.-Volkswirt Michael Wörle ist Geschäftsführer der MWUnternehmensentwicklung GmbH mit jahrelanger branchenübergreifender Erfahrung in der Beschleunigung, Neuausrichtung und Optimierung von Prozessen. Zudem berät er zur Organisation des Controllings und zur digitalen Transformation. Daneben ist er Verbandsgeschäftsführer, u.a. beim VUN - Verband für Unternehmensnachfolge e.V., und Wirtschaftsmediator.
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2 Definition: Was ist ein Prozess?
Das Problem der meisten scheiternden Unternehmen, die ich angetroffen habe, ist nicht, dass ihre Eigentümer nicht genug wissen […], sondern dass sie ihre Zeit und Kraft damit vergeuden, zu verteidigen, was sie zu wissen glauben.
M. Gerber5
2.1 Warum sind Prozesse wichtig?
Wer keine Geschäftsprozesse beherrschen und steuern kann, ist kein Manager. Prozessmanagement ist wahrscheinlich die wichtigste Disziplin des Managements überhaupt. Stephen R. Covey hat in seinem berühmten Bestseller »Die 7 Wege zur Effektivität« davon gesprochen, dass es darum geht, »die PS auf die Straße« zu bringen. Das ist für Praktiker sofort nachvollziehbar. Machen Sie es einfach und dann machen Sie es einfach! Denn gute Geschäftsprozesse sind die einzige Existenzberechtigung einer Firma.
2.2 Definition Prozess
Prozessmanagement: Steuerung von Input und Output
Ein Prozess ist eine Schrittfolge. Der Begriff »Prozess« kommt aus dem Lateinischen (procedere) und meint »vorwärtsschreiten«. Das kann einfach sein oder nicht – wie das Laufenlernen nach einer Sportverletzung. In einem Unternehmen geht es im Kern um den Prozess von der Bestellung bis zur Abrechnung.
Alle Prozesse müssen grundsätzlich auf Kunden ausgerichtet sein. Prozesse sind dafür da, den Wert Ihrer Firma zu steigern. Prozesse müssen effektiv und effizient sein. Der Unterschied zwischen Effektivität und Effizienz ist, das Richtige zu tun und die Dinge richtig zu tun. Dazu später mehr.
Auch wenn historisch zuerst der Gerichtsprozess im Mittelpunkt stand, meinen wir hier in diesem Buch, wenn wir von Prozessmanagement sprechen, nicht den juristischen Prozess, sondern Geschäftsprozesse.
Geschäftsprozesse sind auf Wertschöpfung ausgerichtet. Die Kernbegriffe sind Input und Output. Wir stecken etwas hinein und wollen etwas bewirken. Das Ergebnis ist idealerweise ein Output, der größer als der Input ist. Das gelingt jedoch nur, wenn wir den Geschäftsprozess richtig planen und steuern; also wirklich beherrschen. Da wir neben anderen Produktivkräften immer auch Menschen kombinieren, kann das Prozessmanagement komplizierter sein, als eine Software zu programmieren. Aber im Kern kann man trotzdem behaupten, dass die Geschäftsprozessteuerung viel Ähnlichkeit mit dem Programmieren hat – nur dass Menschen hin und wieder ein Eigenleben haben, das sie von Maschinen unterscheidet.
Zu unterscheiden sind organisatorisch verschiedene Ebenen von Prozessen. Der Kernprozess dient der Strategieverwirklichung, indem er nachhaltig Kundenbedürfnisse erfüllt. In der Betriebswirtschaftslehre werden hierarchisch drei Ebenen unterschieden: die strategische, die taktische und die operative Ebene.
Die strategische Ebene ist das Wohin, die operative Ebene das Wie. Die taktische Ebene dient der richtigen Vorgehensweise in der konkreten Situation. Zum Beispiel bei Preisverhandlungen. Vordergründig geben Sie beispielsweise nach, das allerdings nicht, ohne zu wissen, wie Sie den für Sie wichtigen Preis dennoch durchsetzen. Militärisch ist das die Schlachtordnung, strategisch die Schlacht, operativ der Kampf selbst.
Die Unterscheidung strategisch, taktisch und operativ wird häufig auch gebraucht, um die verschiedenen Hierarchieebenen in Unternehmen abzubilden. Hier ist die strategische Ebene oben (die »Häuptlinge«/die Geschäftsführung), während die operative Ebene die Mannschaft ist, die für die Umsetzung zuständig ist (die »Indianer«).
Abb. 2: Drei verschiedene Entscheidungsebenen, die in der Aufbauorganisation häufig auch hierarchischen Ebenen entsprechen
2.3 Was gute Prozesse kennzeichnet
Merkmale
In der Literatur finden Sie etwa 10 bis 20 Prozesskennzeichen, die nicht selten vom Schwerpunkt des Autors abhängen (z. B. Wissenschaft, Industrie, Strategie, Supply Chain, IT, Training). Damit es für Sie handhabbar bleibt, unterscheide ich nur zwei Ebenen: Strategie und Umsetzung. Hier ist vor allem zwischen Effektivität und Effizienz zu unterscheiden. Effektivität ist die richtige Richtung, Effizienz das richtige Tun. Effektivität kommt immer vor Effizienz.
Zwei Dinge sind in diesem Zusammenhang wichtig:
- Philosophie guter Prozesse: Auf der strategischen Ebene müssen Ihre Prozesse vor allem effektiv und schlank (effizient) sein; ohne strukturell angelegte Verschwendung oder Überforderung. Der ideale Prozess wird in seiner Ausrichtung, seinem Ablauf (Schrittfolge) sowie dem für alle Beteiligten nötigen Wissen und Kapazität definiert. Hier orientieren Sie sich am besten einfach am Kernprozess: Er beginnt mit dem Verkauf und endet mit der Abrechnung. Jeder muss wissen, was er zu tun hat. Jeder sollte auch wissen, wie sich sein Tun (oder Unterlassen) auf die vorangehenden oder nachfolgenden Prozessschritte auswirkt.
- Prinzipien guter Prozesse: Optimal gestaltete Prozesse zeichnen sich durch diese fünf Erfolgsprinzipien aus:
Prozesse müssen sein:
- beherrschbar: Mit einer guten Einweisung und ggf. mit Training können alle Beteiligten den Prozess steuern;
- flexibel: Es gibt nur so viele Vorgaben, dass der Prozess auch ohne Handbuchstudium funktioniert;
- standardisiert: Der Ablauf ist so klar, dass mit derselben Vorgehensweise immer wieder das gleiche Ergebnis (Output) erzielt werden kann;
- atomar, d. h. mit wenig Schnittstellen und nicht zu harten Abhängigkeiten zu anderen Prozessen, auf die Sie angewiesen sind, um Ihre Arbeit gut machen zu können;
- sparsam, also ohne (ungewollte) Verschwendung, nur um z. B. ein Höchstmaß an Sicherheit zu bekommen (Effizienz).
Der Mensch
Etwas fehlt jedoch noch. Der Mensch in seiner Vielschichtigkeit als Teil einer standardisierten Prozesskette. Der optimale Prozess, den wir in Kapitel 4 näher beleuchten, wird immer von schon vorgeprägten, gewissermaßen »gebrauchten« Menschen durchgeführt, die alle ihre Eigenheiten haben.
Mitarbeiter sind »gebrauchte« Menschen, Individuen mit Vorgeschichte. »Gebraucht« ist doppeldeutig. Wir wollen gebraucht, anerkannt und geschätzt werden, wir haben eine individuelle Vorgeschichte, die oft nicht zu dem passt, was andere von uns erwarten. Das ist nicht abwertend gemeint, sondern als Kompliment an die menschliche Kreativität und Überraschungsfähigkeit. Die amerikanische Managementautorin Joan Magretta kam in einem großartigen Vergleich von Menschen und Maschinen in ihrem Buch »Basic Management« zu dem Ergebnis, dass nur Menschen Wunder vollbringen.
Studenten und Professoren der Betriebswirtschaftslehre tendieren dazu, die Welt in zwei getrennte Bereiche zu teilen: in die Welt der Zahlen und die der Menschen […]. Dieser Bruch zieht sich durch die Geschichte der Managementtheorie […] [Aber] alle guten Manager wissen, dass die zentrale Herausforderung darin besteht, beide Aspekte nahtlos zu einem funktionierenden Ganzen zu fügen. Unternehmen sind ökonomische Maschinen und gleichzeitig soziale Systeme. Maschinen tun, was man ihnen »befiehlt«, tagein, tagaus. Sie müssen ihre Arbeit nicht mögen, sie müssen nicht an ihren Sinn glauben oder sich für sie interessieren. Maschinen schalten keinen Gang zurück, wenn sie sich verkannt fühlen. Aber andererseits vollbringen Maschinen auch keine Wunder, wenn man sie begeistert. Soziale Systeme sind da komplizierter, so kompliziert wie die Individuen, aus denen sie bestehen. Manager, denen es vor allem auf Kontrolle ankommt, fanden diese Tatsache schon immer frustrierend. Henry Ford, der das Prinzip von Befehl und Gehorsam bis zum Extrem führte, bildete sich ein, er könne das Denken für die gesamte Firma übernehmen. Wiederholt hat er sich beschwert: »Wie kommt es nur, dass jedes Mal, wenn ich nur ein paar kräftige Arme einstellen will, gleich noch ein Hirn mitgeliefert wird?«
J. Magretta6
Sie finden also immer Menschen mit »Eigenheiten« vor. Das können Sie beklagen, sie schnell wieder »feuern« oder akzeptieren. »Gebrauchte« Menschen akzeptieren heißt, diesen Umstand als Diversität des bunten Lebensabenteuers zu begreifen und etwas daraus zu machen. Das Ganze nennt man Management.
2.4 Drei Merkmale guter Prozesse
Ich fasse zusammen:
- Wesensmerkmal von Prozessen ist, dass eine Organisation aus Input Output macht. Der Output ist der Mehrwert, die Wertschöpfung. Ohne ausreichenden Output ist Ihre Firma nichts wert. Der Zwischenraum zwischen Input und Output ist also die Leistung, die Ihre Firma zur...