Zweyer | Tödliches Abseits | E-Book | www.sack.de
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E-Book, Deutsch, 264 Seiten

Zweyer Tödliches Abseits


1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-7526-1962-1
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 264 Seiten

ISBN: 978-3-7526-1962-1
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Der Mord an einem BVB-Anhänger nach dem Revierderby scheint eine klare Sache und Michael Droppe eindeutig der Täter zu sein. Aber was ist mit dem toten Bayern-Fan, was mit dem toten HSV-Fan, die jeweils nach Spielen ihres Vereins gegen Schalke ihr Leben ließen? Hauptkommissar Brischinsky fragt sich, ob ein fanatischer Schalke-Fan die Anhänger der Konkurrenz meuchelt, und Rainer Esch wird zum Pflichtverteidiger von Droppe bestellt.

Jan Zweyer wurde 1953 in Frankfurt am Main geboren. Mitte der Siebzigerjahre zog er ins Ruhrgebiet, studierte erst Architektur, dann Sozialwissenschaften und schrieb als ständiger freier Mitarbeiter für die Westdeutsche Allgemeine Zeitung. Er war viele Jahre für verschiedene Industrieunternehmen tätig. Heute arbeitet Zweyer als freier Schriftsteller in Herne. Nach zahlreichen zeitgenössischen Kriminalromanen hat er sich mit der Goldstein-Trilogie Franzosenliebchen, Goldfasan und Persilschein das erste Mal historischen Themen zugewandt. Es folgte die von Linden-Saga, eine historische Familiengeschichte aus dem Ruhrgebiet, in fünf Bänden ein Thriller zur Flüchtlingsproblematik (Starkstrom) und ein Ökothriller (Der vierte Spatz).

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Der Dortmunder Fanblock musste nach Spielende noch eine gute halbe Stunde warten, bis Polizeibeamte die Leute durch eigens freigehaltene Ausgänge aus dem Stadion eskortierten. So sollte ein Aufeinandertreffen der verfeindeten Anhänger der beiden Vereine vermieden werden. Die Beamten begleiteten die Dortmunder bis zu den Parkplätzen und der Straßenbahnhaltestelle Parkstadion und verfrachteten sie dort in die Wagons, um sie am Gelsenkirchener Hauptbahnhof oder am Bahnhof Zoo wieder in Empfang zu nehmen und in die Züge nach Dortmund zu bugsieren. Der auf Grund langjähriger Erfahrung bis ins Detail ausgeklügelte taktische Plan der Gelsenkirchener Polizeiführung hatte nur einen kleinen, aber entscheidenden Nachteil: Die wirklichen Hooligans waren entweder schon zwanzig Minuten vor Spielende aus dem Stadion gesickert oder sie hatten erst gar nicht im Fanblock gestanden, weil sie ihre Karten nicht in den Dortmunder Verkaufsstellen, sondern auf quasi neutralem Terrain, in Castrop- Rauxel beispielsweise, erworben hatten. Außerdem waren diese auf Gewalt und Randale versessenen vorgeblichen Fans nicht so einfach als Hooligans zu identifizieren. Sie outeten sich in der Regel nicht durch die Bekleidung aus den Fanartikel-Shops, sondern verfügten bestenfalls über einen Schal in den Vereinsfarben, der im Bedarfsfall auch in der Jackentasche verschwinden konnte. Diese Gruppen waren es, die sich am erbarmungslosesten gegenseitig bekämpften und regelrechte Treibjagden unternahmen. Per Internet verabredet und über Handy koordiniert. Und so häufig der Polizei logistisch ebenbürtig. Mit hängender Zunge erreichte Vincente Lambredo den Nahverkehrszug, der gegen 18.30 Uhr aus dem Gelsenkirchener Bahnhof Zoo Richtung Dortmund abfuhr. Lambredo hatte schon vor fast zwanzig Jahren sein Fußballherz an die Schwarz-Gelben verschenkt, da ihn und seinen Heimatverein Juventus Turin mehr als tausend Kilometer trennten. Im Zug saßen Fans beider Gruppen in friedlicher Koexistenz in den verschiedenen Wagons – von kleineren Gesangsduellen und verbalen Angriffen abgesehen. Je mehr sich der Zug füllte, umso öfter vermischten sich die Fans beider Klubs auch in einzelnen Abteilen. Blau-Weiß saß einträchtig neben Schwarz-Gelb. Auch Vincente teilte sich die Stehplätze an den Eingangstüren mit bekennenden Schalkern. Kurz vor Abfahrt des Zuges sah er, wie ein Trupp Dortmunder die Treppe zum Bahnsteig hochstürmte. Der Fahrdienstleiter hatte bereits seine Kelle gehoben und wollte die Ausfahrt freigeben, als die etwa fünfundzwanzig Männer, die »Zurück bleiben«-Rufe des Bahnbediensteten ignorierend, die Türen des Zuges aufrissen und einige Wagons von Vincente entfernt hineindrängten. Mit einem Ruck setzte sich die Bahn in Bewegung. Wenige Minuten später wurde der Italiener unsanft zur Seite gedrängt. »He«, protestierte er, hielt aber sofort den Mund, als sich der Rempler, ein stämmiger, mittelgroßer Mann mit muskulösen Oberarmen, herausfordernd vor ihm aufbaute. »Schnauze, sonst knallt’s«, zischte der Kerl, dessen Schal ihn als Anhänger von Schwarz-Gelb auswies. Als Vincente klugerweise nur mit den Schultern zuckte, drehte der Kerl ab und widmete seine Aufmerksamkeit dem nächsten Wagon, der etwa je zur Hälfte mit Dortmundern und Schalkern gefüllt war. Nach einer kurzen Inspektion des Wagens verschwand das Muskelpaket wieder in die Richtung, aus der er gekommen war. Als der Zug den Herner Hauptbahnhof erreicht hatte ,schob sich ein gutes Dutzend Dortmunder durch die Türen in das Innere des Wagons, in dem sich Vincente aufhielt. Unter ihnen war auch der Kerl, der den Italiener vor einigen Momenten so bedrängt hatte. Vincente versuchte, möglichst nicht aufzufallen. Das hier roch nach Ärger und Ärger war so ziemlich das Letzte, was sich Vincente erlauben konnte. Nachdem der Nahverkehrszug wieder anfuhr, wurden seine Befürchtungen Wirklichkeit: Die Eindringlinge zückten auf ein Kommando des Stämmigen Schlagringe und Teleskopstöcke aus Stahl, arbeiteten sich durch die Reihen vor, indem sie wahllos auf die überraschten Blau-Weißen einprügelten. Einige Schalker versuchten, den Wagon durch den anderen Ausgang zu verlassen, liefen dort aber direkt einem weiteren Schlägertrupp in die Arme. Vincente hatte den Eindruck, einen schlechten Actionfilm zu sehen. Direkt neben ihm traf einen völlig überraschten schmächtigen Schalker ein schwerer Hieb. Stöhnend sank der Getroffene in sich zusammen. Als der Schläger den am Boden Liegenden durch harte Fußtritte weiter traktierte, stellte sich Vincente mit ausgebreiteten Armen schützend vor den Verletzten und brüllte den Angreifer an: »Was hat dir der Junge denn getan?« »Halt’s Maul, Spaghetti«, bekam er zur Antwort. Vincente verspürte unmittelbar darauf einen furchtbaren Schmerz an seiner rechten Stirn. Dann wurde ihm für einen Moment schwarz vor Augen. Er schwankte und suchte Halt an einer der Einstieghilfen. Etwas Warmes, Feuchtes floss über sein Gesicht. Glücklicherweise hatte der Hooligan das Interesse an ihm verloren und drosch nun auf einen Schalker ein, der verzweifelt versuchte, Schutz unter der Sitzbank zu finden. Der Italiener wischte sich mit einem Taschentuch das Blut aus dem Gesicht. Dann fiel ihm ein hagerer, groß gewachsener junger Mann in Schwarz-Gelb auf. Der Schwarzhaarige hatte mit den anderen Schlägern den Wagon betreten, beteiligte sich aber nicht mit der gleichen Begeisterung wie die anderen an den Tätlichkeiten. Er ging, nein, eigentlich schritt er durch die Reihen und wirkte seltsam abwesend. So, als ob ihn das Ganze eigentlich nicht interessierte. Vor Vincente fiel jemand zu Boden. Der Italiener tauchte ab und versuchte, seine Haut zu retten. Die Schalker setzten sich mittlerweile zur Wehr und attackierten nun auch unbeteiligte Dortmunder. Nach nur wenigen Minuten war eine Massenschlägerei in Gang, die von beiden Seiten mit äußerster Verbissenheit geführt wurde. Auf Grund ihrer Bewaffnung waren die Hooligans eindeutig im Vorteil. Mit bloßen Händen konnten die Schalker wenig gegen Schlagringe und Totschläger ausrichten. Am Haltepunkt Herne-Börnig versuchten Vincente und einige andere fluchtartig den Wagon zu verlassen. Der Italiener stürmte in Richtung der Tür, die ihm am nächsten lag. Dabei passierte er drei Dortmunder, die einen schubsenden und zerrenden Pulk bildeten. Zwei der drei brüllten sich lautstark an. Im Vorbeilaufen erkannte Vincente den schlanken Schwarzhaarigen, der ihm schon vor einigen Minuten aufgefallen war. Für einen Moment trafen sich ihre Blicke. Vincente konnte keinen Hass oder Schmerz in den Augen des Hageren erkennen, eher einen Ausdruck großer Resignation oder Enttäuschung. Vincente hatte fast den rettenden Ausgang erreicht, als er etwas Blitzendes registrierte. Es sah so aus, als ob einer von den drei schwarz-gelben Kontrahenten ein Messer gezückt hatte. Sicher war sich der Italiener aber nicht. Auf dem Bahnsteig rannten einige der Flüchtenden nach vorne zum Zugführer und riefen um Hilfe. Vincente zog es vor zu verschwinden. Mit den Bullen wollte er nun wirklich nichts zu tun haben. Der Zugführer verständigte über Funk die Bahnpolizei, setzte die Fahrt fort und hoffte im Interesse des Fahrplanes und seiner Gesundheit inständigst, dass der Konflikt auf die mittleren Wagen beschränkt blieb und sich nicht bis zu ihm fortsetzen würde. Nachdem der Zug in den Bahnhof Castrop-Rauxel Süd eingefahren war, verließen die Hooligans auf ein Kommando ihres Anführers den Zug, stürmten die Bahnsteigtreppe hinunter, steckten im Fortlaufen ihre Waffen und Vereinsembleme in die Taschen und mischten sich unauffällig unter die Passanten. Als zwei Minuten später drei Streifenwagen mit quietschenden Reifen vor dem Bahnhof hielten, war keiner mehr als Schläger zu identifizieren. Die Beamten sondierten zunächst die Lage und betraten dann den Bahnsteig, auf dem die Emschertalbahn wartete. Vereinzelt gab es noch kleinere Rangeleien zwischen den Fangruppen, die aber von den Polizisten recht schnell beendet werden konnten. Einer der Beamten betrat den Wagon, in dem die Schlägerei ihren Anfang genommen hatte. Stöhnende Fans beider Lager leckten ihre Wunden. Langsam ging der Polizist die Sitzreihen entlang. Etwa in der Mitte des Wagons saßen sich am Fenster zwei mit schwarz-gelben Trikots bekleidete Männer gegenüber. Einer war etwa zwanzig Jahre alt und hatte gute dreißig Kilo Übergewicht. Sein Bierbauch hing schwer über den Gürtel seiner Jeans. Der Kopf war leicht nach hinten geneigt, der Mund geöffnet. Er schlief. Mit jedem lauten Schnarchton wehte eine Alkoholfahne zu dem Polizeibeamten herüber, der verwundert über diese Bierseligkeit den Kopf schüttelte. Dann entdeckte er die Blutspuren auf dem Trikot des Schlafenden. Der Kopf des anderen Dortmunder Fans war nach vorne auf seine Brust gesunken. Sein linker Arm hing schlaff herunter. Auch er rührte sich nicht. Das lag allerdings nicht an einem Vollrausch, sondern an dem Messer, das bis zum Heft in seinem Brustkorb steckte, genau da, wo sich...



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