- Neu
E-Book, Deutsch, 250 Seiten
Reihe: Grundlagen der Kriminalistik
Goertz Islamistischer Terrorismus
3., neu bearbeitete Auflage 2025
ISBN: 978-3-7832-4067-2
Verlag: Kriminalistik Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Analyse - Definitionen - Taktik
E-Book, Deutsch, 250 Seiten
Reihe: Grundlagen der Kriminalistik
ISBN: 978-3-7832-4067-2
Verlag: Kriminalistik Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Der islamistische Terrorismus, Islamismus und Salafismus stellen weiterhin „die“ aktuellen sicherheitspolitischen Bedrohungen dar und sind damit notwendigerweise auch Studienthemen der Gegenwart und der nächsten Jahrzehnte. Seit dem islamistischen Anschlag in Madrid im Frühjahr 2004 wurden allein in Europa über 100 islamistische Anschläge verübt bzw. von Sicherheitsbehörden verhindert.
Die 3. Auflage greift die aktuellen Anschläge auf, beschreibt die Phänomenbereiche islamistischer Terrorismus, Islamismus sowie Salafismus und untersucht diese auf den Ebenen Analyse, Definitionen und Taktik. Diese Betrachtungsebenen sind so miteinander verbunden, dass das Buch – abhängig von Vorwissen und beruflichem Hintergrund – nicht chronologisch gelesen werden muss, weil die Betrachtungsebenen einen jeweils individuellen Einstieg in den Phänomenbereich ermöglichen.
Zielgruppe
Praktiker, Dozenten und Studierende unterschiedlicher Bereiche der Polizei, Nachrichtendienste, Justiz, Ausländerbehörden sowie im Bereich von Prävention und Politischer Bildung, die Kultus- und Bildungsbehörden und deren Schulen sowie Dozenten und Studierende der Fächer und Fakultäten Rechtswissenschaft, Psychologie, Sozialwissenschaften, Politikwissenschaft, Islamwissenschaft und Pädagogik.
Autoren/Hrsg.
Fachgebiete
Weitere Infos & Material
II. Begriffsbestimmungen
1. Islamismus: Mögliche Definitionen
1.1 Analyse der Sicherheitsbehörden und der sozialwissenschaftlichen Forschung
Das Bundesamt für Verfassungsschutz definiert Islamismus wie folgt: Der Begriff Islamismus bezeichnet eine Form des politischen Extremismus. Unter Berufung auf den Islam zielt der Islamismus auf die teilweise oder vollständige Abschaffung der Freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland ab. Der Islamismus basiert auf der Überzeugung, dass Religion, hier: der Islam, nicht nur eine persönliche, private ‚Angelegenheit‘ ist, sondern auch das gesellschaftliche Leben und die politische Ordnung zumindest teilweise regelt. Der Islamismus postuliert die Existenz einer gottgewollten und daher ‚wahren‘ und absoluten Ordnung, die über von Menschen gemachten Ordnungen steht.[1] Weiter heißt es: Islamismus beginnt dort, wo religiöse islamische Gebote und Normen als verbindliche politische Handlungsweisen gedeutet werden. Islamismus ist eine politische Ideologie, die einen universalen Herrschaftsanspruch erhebt und mitunter Gewaltanwendung legitimiert, um als islamisch definierte Ziele umzusetzen.[2] In einer weiteren Version definiert das Bundesamt für Verfassungsschutz den Islamismus etwas abgewandelt wie folgt: Der Begriff des Islamismus bezeichnet eine religiös motivierte Form des politischen Extremismus. Islamisten sehen in den Schriften und Geboten des Islam nicht nur Regeln für die Ausübung der Religion, sondern auch Handlungsanweisungen für eine islamistische Staats- und Gesellschaftsordnung. Ein Grundgedanke dieser islamistischen Ideologie ist die Behauptung, alle Staatsgewalt könne ausschließlich von Gott (Allah) ausgehen. Damit richten sich islamistische Bestrebungen gegen die Wertvorstellungen des GG, insbesondere gegen die Freiheitliche demokratische Grundordnung (FdGO). Islamisten halten die Etablierung einer islamischen Gesellschaftsordnung für unabdingbar. Dieser Ordnung sollen letztlich sowohl Muslime als auch Nicht-Muslime unterworfen werden.[3] Die deutschen Verfassungsschutzbehörden verstehen unter Islamismus entsprechend oben stehender Ausführungen eine vom Islam zu unterscheidende, sich auf die Religion Islam berufende Form von politischem Extremismus.[4] Daher betonen die Verfassungsschutzberichte verschiedener Landesämter für Verfassungsschutz sowie des Bundesamtes für Verfassungsschutz in jedem jährlichen Verfassungsschutzbericht und an anderen Orten, dass „der Islam als Religion und seine Ausübung nicht vom Verfassungsschutz beobachtet werden.“[5] Zusammenfassend beschreiben die deutschen Verfassungsschutzbehörden Islamismus als eine extremistisch-politische Ideologie, deren Anhänger sich auf religiöse Normen des Islams berufen und diese politisch interpretieren.[6] Diese Definition von Islamismus durch die deutschen Verfassungsschutzbehörden ist quasi identisch mit den gängigen Definitionen von Islamwissenschaftlern. „Beim Islamismus handelt es sich um Bestrebungen zur Umgestaltung von Gesellschaft, Kultur, Staat oder Politik anhand von Werten und Normen, die als islamisch angesehen werden. […] Eine Verabsolutierung des Islams für die Gestaltung des individuellen, gesellschaftlichen und staatlichen Lebens, kombiniert mit dem Ziel der weitgehenden Durchdringung der Gesellschaft. […] Die Forderung, statt der westlichen Volkssouveränität die „Souveränität Gottes“ ins Werk zu setzen. Das führt zu starker Ablehnung von,menschengemachten Gesetzen“, als die alle von Parlamenten beschlossenen Gesetze angesehen werden.“[7] Die politisch-religiösen Ziele der Islamisten sind nach Angaben der deutschen Verfassungsschutzbehörden, „mittelfristig die gesellschaftlichen Verhältnisse in Deutschland – in Teilen auch mit Gewalt – im Sinne ihrer Ideologie zu ändern“.[8] Von erheblicher Bedeutung ist es hierbei, diese extremistisch-politische Ideologie des Islamismus von der durch das Grundgesetz geschützten Religion des Islam zu unterscheiden, da Islamisten die Religion Islam nicht ausschließlich als Religion, sondern als rechtliches Rahmenprogramm für die Gestaltung aller Lebensbereiche interpretieren: Von der Staatsorganisation über die Beziehungen zwischen den Menschen bis ins Privatleben des Einzelnen.[9] So schreibt der niedersächsische Verfassungsschutz: Islamistischen Organisationen und Bewegungen ist bei aller Unterschiedlichkeit gemeinsam, dass sie Gesellschaften anstreben, die durch die islamische Rechtsordnung der Sharia organisiert sind. Der Interpretationsspielraum bezüglich dessen, was die Sharia genau beinhaltet, ist groß. Islamisten verstehen die Sharia als von Gott verordnete Rechtsordnung für Staat und Gesellschaft. […] Islamisten beanspruchen für sich oftmals, wie etwa im Falle der Sharia oder auch des Jihads, die inhaltliche Deutungshoheit über religiöse Begriffe und Konzepte, die allen Muslimen zu eigen sind, und politisieren diese.[10] Und weiter heißt es: In seinem Absolutheitsanspruch widerspricht der Islamismus in erheblichen Teilen der verfassungsmäßigen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland. Insbesondere werden durch die islamistische Ideologie die demokratischen Grundsätze der Trennung von Staat und Religion, der Volkssouveränität, der religiösen und sexuellen Selbstbestimmung, der Gleichstellung der Geschlechter sowie das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit verletzt.[11] Diese beiden Analysen des niedersächsischen Verfassungsschutzes verdeutlichen die diametrale Abgrenzung islamistischer Ideen von grundlegenden verfassungsgemäßen demokratischen Prinzipien wie der Volkssouveränität, weil islamistische Auslegungen des Koran und der Hadithen sowohl den kompletten privaten, individuellen Lebensbereich als auch alle staatlichen und gesellschaftlichen Ebenen unter den exklusiv verbindlichen Willen Allahs stellen.[12] Daher lehnen sie säkulare, demokratische Rechtsordnungen als mit dem Willen Allahs nicht vereinbar ab.[13] Aus dem islamisch-theologischen Verständnis von „Glaube an die Einheit und Einzigartigkeit Gottes“ (tauhid) ergibt sich für Islamisten, dass nur Allah der legitime Herrscher, Souverän und Gesetzgeber sein darf, was sich wiederum in der islamistisch angestrebten Einheit von Religion und Staat (din wa daula) ausdrückt.[14] Zusammenfassend muss die islamistische, extremistisch-politische Ideologie und ihre als für alle verbindlich angestrebte Religionspraxis als im eindeutigen Widerspruch zu demokratischen Verfassungsordnungen stehend beurteilt werden.[15] Entsprechend widerspricht das von Islamisten angestrebte Konzept eines Gottesstaates, in dem jegliche staatliche Legitimation unmittelbar von Gott hergeleitet werden soll, demokratischen Prinzipien von Volkssouveränität und Gewaltenteilung. Des Weiteren lehnt das Weltbild des Islamismus Pluralität, Säkularismus, Individualität und Gleichberechtigung von Mann und Frau als unzulässige Neuerungen und daher als unislamisch ab und schließt die universelle Geltung der Menschenrechte, wie zum Beispiel die Menschenwürde, aus. Die islamistische Forderung nach einer Durchsetzung der sog. „Hadd“-Strafen (Körperstrafen) wie das Abtrennen von Gliedmaßen für Diebstahl, die Todesstrafe für Ehebruch oder den Abfall vom Glauben sprechen in diesem Zusammenhang für sich.[16] 1.2 Definition und Kurzzusammenfassung
Islamismus ist eine extremistisch-politische Ideologie mit dem konkreten Anspruch darauf, das politische System und das gesellschaftliche, kulturelle und religiöse Leben auf der Grundlage einer extremistischen Interpretation des Islam zu ändern und nur diese eigene Koraninterpretation anzuerkennen. Islamismus • ist eine Form des politischen Extremismus; • ist eine extremistische Ideologie, deren Anhänger sich auf religiöse Normen des Islam berufen und diese politisch interpretieren; • zielt auf die teilweise oder vollständige Abschaffung der Freiheitlich demokratischen Grundordnung (FdGO) der Bundesrepublik Deutschland ab; • geht von der Existenz einer gottgewollten und daher „wahren und absoluten“ Ordnung aus, die über von Menschen gemachten Ordnungen steht (Verfassung, Gesetze); • für den Islamismus ist Religion, hier: der Islam, nicht nur eine persönliche, private „Angelegenheit“, sondern soll das gesamte gesellschaftliche Leben und die politische Ordnung regeln. Ziele des Islamismus: • die Einheit von Religion und Staat („din wa daula“); • die westliche, demokratische Volkssouveränität durch die „Souveränität Gottes“ ersetzen; • mittelfristig sollen die gesellschaftlichen Verhältnisse in Deutschland – in Teilen auch mit Gewalt – geändert...