Löhnig / Fischinger | Einführung in das Zivilrecht | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 500 Seiten

Reihe: Schwerpunkte Pflichtfach

Löhnig / Fischinger Einführung in das Zivilrecht

mit BGB-Allgemeiner Teil, Schuldrecht Allgemeiner Teil und Deliktsrecht
21., völlig neu bearbeitete Auflage 2023
ISBN: 978-3-8114-8743-7
Verlag: C.F. Müller
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

mit BGB-Allgemeiner Teil, Schuldrecht Allgemeiner Teil und Deliktsrecht

E-Book, Deutsch, 500 Seiten

Reihe: Schwerpunkte Pflichtfach

ISBN: 978-3-8114-8743-7
Verlag: C.F. Müller
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



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Das bewährte Lehrbuch dient in seiner neuen Konzeption gleichermaßen dem Einstieg in das Studium des Bürgerlichen Rechts wie dem Anfängerschein. Daher wird sowohl das Verständnis für die Grundprobleme des Zivilrechts geweckt wie auch der Blick auf typische Klausurkonstellationen gerichtet.

Die Darstellung vermittelt den für Studienanfänger relevanten zivilrechtlichen Stoff aus dem:

  • Allgemeinen Teil des BGB
  • Allgemeinen Teil des Schuldrechts
  • Deliktsrechts
  • Recht der ungerechtfertigten Bereicherung (im Überblick).

Ein weiterer Schwerpunkt wurde auf den Zugang zur zivilrechtlichen Arbeits- und Anspruchstechnik gelegt, um die Leserinnen und Leser frühzeitig im richtigen Umgang mit Rechtsnormen und -methoden bei der Klausurlösung zu schulen.

Anhand zahlreicher Beispiele werden die Probleme des Bürgerlichen Rechts sowie die dahinterstehenden Sachfragen problemorientiert entwickelt und veranschaulicht.

Gemeinsam mit dem ebenfalls von den Autoren verfassten „Falltraining im Zivilrecht 1“ ist das Werk somit der ideale Einstieg in ein erfolgreiches Jurastudium!

Löhnig / Fischinger Einführung in das Zivilrecht jetzt bestellen!

Zielgruppe


Jurastudierende der Anfangssemester an Universitäten und Hochschulen mit Jura als Nebenfach

Weitere Infos & Material


B. Willenserklärung
113 Hauptelement jedes Rechtsgeschäfts ist die Willenserklärung. Beim Vertragsschluss müssen Willenserklärungen aller Partner vorliegen. Fehlt die Willenserklärung auch nur eines Partners oder ist sie unwirksam (z.B. § 105 I BGB, dazu Rn. 344), so ist der Vertrag nicht zustande gekommen, weil es an einer Willenseinigung fehlt. Es ist daher notwendig, die Wirksamkeit jeder einzelnen Willenserklärung gesondert zu prüfen. 114 Die Willenserklärung besteht in der Kundgabe eines Rechtsfolgewillens, d.h. des Willens, mit der Erklärung (u.U. im Zusammenwirken mit anderen Erklärungen und Akten) eine bestimmte Rechtsfolge (Rechtswirkung) herbeizuführen.[1] Ihrer Grundstruktur nach besteht die Willenserklärung demnach aus dem rechtsgeschäftlichen Willen einer Person und der Kundgabe (Äußerung, Verlautbarung) dieses Willens nach außen (= Erklärung). I. Wille
115 Der Wille lässt sich in folgende Bestandteile gliedern: • Die Basis bildet der natürliche Handlungswille, d.h. das betreffende Verhalten einer Person muss von ihr überhaupt gewollt sein. Dieser Wille fehlt z.B. bei unbewussten Handbewegungen (zum Beispiel im Schlaf) oder bei Handlungen unter unmittelbarem körperlichem Zwang; • außerdem muss der Wille oder zumindest das Bewusstsein hinzukommen, dass (irgend)eine Rechtswirkung herbeigeführt werden soll, was in der Regel rechtsgeschäftliches Erklärungsbewusstsein genannt wird und zu unterscheiden ist vom • Willen, eine ganz bestimmte Rechtsfolge herbeizuführen, dem sogenannten Geschäftswillen. 116 Im Zusammenhang mit den genannten Willensbestandteilen besteht das Problem, ob zum Schutze des Rechtsverkehrs ausnahmsweise das Vorliegen einer wirksamen Willenserklärung auch dann bejaht werden kann, wenn eines der oben genannten drei Elemente fehlt. Insoweit ist zu unterscheiden: 117 Fehlt es schon am natürlichen Handlungswillen, so liegt in keinem Fall eine Willenserklärung vor. Zu beachten ist dabei jedoch § 105 II BGB, der anordnet, dass eine Willenserklärung, die im Zustand u.a. der Bewusstlosigkeit abgegeben wird, als nichtig anzusehen ist. Das verwundert deshalb, weil eine Person, der z.B. aufgrund einer Ohnmacht jegliches Bewusstsein fehlt, in diesem Zustand noch nicht einmal einen natürlichen Handlungswillen zu haben pflegt. Man sollte also meinen, dass unter solchen Voraussetzungen eine Willenserklärung, die man für „nichtig“ erklären könnte, von vornherein gar nicht gegeben ist. Hier gilt folgende Unterscheidung: • Bei völligem Fehlen des Bewusstseins kann mangels Handlungswillens keine Willenserklärung vorliegen, § 105 II BGB braucht nicht herangezogen zu werden; • bei schweren Trübungen des Bewusstseins (z.B. hochgradigen Rauschzuständen, Nachtwandeln) kann ein Handlungswille, im Einzelfall sogar ein Geschäftswille gegeben sein; dann ist aber die Willenserklärung nach § 105 II BGB nichtig. 118 Fehlt das rechtsgeschäftliche Erklärungsbewusstsein, so kann gleichwohl das Vorliegen einer Willenserklärung bejaht werden, wenn der Erklärende bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen und vermeiden können, dass sein Verhalten als Willenserklärung aufgefasst werden konnte, und wenn der Adressat sie auch tatsächlich so verstanden hat.[2] Es wird also das berechtigte Vertrauen des Empfängers in das Vorliegen einer Willenserklärung geschützt. Die von der Rechtsprechung verlangten Voraussetzungen lassen sich am besten wie folgt aufgliedern: Fehlt das rechtsgeschäftliche Erklärungsbewusstsein, so liegt gleichwohl eine Willenserklärung vor, wenn a) der Adressat das Verhalten als Willenserklärung aufgefasst hat, b) dies auch nach allen ihm erkennbaren Umständen durfte, und c) ferner der „Erklärende“ die Möglichkeit eines solchen Missverständnisses bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt hätte erkennen und vermeiden können. 119 Als traditionelles Lehrbuchbeispiel dient der Fall der „Trierer Weinversteigerung“: Auf einer Versteigerung winkt einer der Anwesenden einem Freund zu, um diesen auf sich aufmerksam zu machen; diese Geste wird vom Auktionator als Gebot aufgefasst, dem Winkenden wird der Zuschlag erteilt (§ 156 BGB). Hier liegt natürlicher Handlungswille, aber kein rechtsgeschäftliches Erklärungsbewusstsein vor. Entspricht das „Winken“ einer für die Versteigerung typischen Gebotsgeste und fasst der Auktionator sie so auf, dann ist nach dem Gesagten ein wirksames Gebot abgegeben, weil dem Handelnden erkennbar war, dass sein Winken auf diese Weise verstanden werden konnte. 120 Fehlt der Geschäftswille, so liegt unstreitig eine wirksame Willenserklärung vor. Der Erklärende kann sich aber wegen eines Irrtums nach §§ 119 I, 142 I BGB durch Anfechtung vom Vertrag lösen (dazu Rn. 465). Das muss erst recht auch schon dann gelten, wenn bei Fehlen des Erklärungsbewusstseins (zweite Stufe) der Erklärende so behandelt wird, als läge eine Willenserklärung vor. ? s. Löhnig/Fischinger, Falltraining im Zivilrecht 1, Übungsfall Nr. 3 II. Erklärung
121 Willenserklärungen können nur wirksam werden, wenn der Erklärende eine Erklärungshandlung vornimmt, also dasjenige äußere Verhalten zeigt, das sich als Bekundung des Rechtsfolgewillens darstellt. Die Vornahme der Erklärungshandlung nennt das BGB die Abgabe der Erklärung. Wenn das Gesetz nicht etwas anderes vorschreibt, kann der Rechtsfolgewille in beliebiger Form geäußert werden (Formfreiheit), durch gesprochene Worte ebenso wie durch geschriebene, durch beliebige Zeichen und Gebärden wie Winken, Nicken etc. Jegliches äußerlich registrierbare menschliche Verhalten vermag eine Willenserklärung auszudrücken. 122 Dabei ist freilich zu beachten, dass die Willenserklärung in der Regel „einem anderen gegenüber“ abzugeben ist (empfangsbedürftige Willenserklärung). Der rechtsgeschäftliche Verkehr findet zwischen bestimmten Personen statt, es werden Rechtsbeziehungen zwischen bestimmten Personen geschaffen. Deshalb wird die Willenserklärung regelmäßig einen Adressaten haben, d.h. eine Person, an die sie gerichtet ist (Erklärungsempfänger). So richtet sich z.B. der Antrag an den, mit dem der Vertrag abgeschlossen werden soll. Infolgedessen muss die Frage, ob in einem bestimmten Verhalten eine Willenserklärung gesehen werden kann, vom Standpunkt des Erklärungsgegners aus beurteilt werden (Empfängerhorizont). Eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abgegeben werden soll, kann also nur in einem solchen Verhalten gesehen werden, aus dem der Adressat nach allen für ihn erkennbaren Umständen einen bestimmten Rechtsfolgewillen entnehmen kann. Beispiel: Gibt in einem Gasthaus der Gast dem Wirt ein Zeichen mit der Hand, so kann daraus im Allgemeinen nicht die Äußerung eines bestimmten Rechtsfolgewillens gesehen werden. Anders aber, wenn ein Stammgast die Bestellung von einem Glas Bier mit einer dem Wirt vertrauten Handbewegung ausdrückt; dann liegt eine Willenserklärung vor, auch wenn ein Unbeteiligter die Handbewegung gar nicht deuten könnte. Erforderlich und genügend ist, dass gerade der Erklärungsempfänger verstehen kann, was gewollt ist. 123 In einem solchen Fall spricht man von schlüssigem (konkludentem) Verhalten: Der Erklärende fasst seinen Rechtsfolgewillen nicht in Worte, sondern er handelt so, dass aus seinem wahrnehmbaren Tun auf seinen rechtsgeschäftlichen Willen rückgeschlossen werden kann. 124 Dringt eine empfangsbedürftige Willenserklärung ohne den Willen ihres Urhebers nach außen, so stellt sich die Frage nach der Verbindlichkeit dieser Erklärung („abhandengekommene Willenserklärung“). Beispiel: Ein vom Chef unterschriebener Brief, den dieser bewusst (noch) nicht abgeschickt hat, wird von einem eifrigen Mitarbeiter in ein Kuvert gesteckt und abgeschickt. Hier ist zum Schutz des Empfängers, der von diesem Vorgang keine Kenntnis haben muss, so zu verfahren, als hätte der Chef eine Willenserklärung abgegeben. Allerdings ist eine Vernichtung der Willenserklärung nach den Regelungen über die Anfechtung wegen Irrtums möglich, §§ 119 I, 142 I BGB (dazu Rn. 469). ? s. Löhnig/Fischinger, Falltraining im Zivilrecht 1, Übungsfall Nr. 5 III. Schweigen als Willenserklärung
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