E-Book, Deutsch, 503 Seiten
Adlersfeld-Ballestrem Die weißen Rosen von Ravensberg
1. Auflage 2017
ISBN: 978-3-7448-3909-9
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Ein Adelskrimi
E-Book, Deutsch, 503 Seiten
ISBN: 978-3-7448-3909-9
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Der Roman Die weißen Rosen von Ravensberg zeigt die große Erzählkunst der Bestsellerautorin Eufemia von Adlersfeld-Ballestrem. Der Kriminalroman aus dem Adelsmilieu wurde erstmals 1896 veröffentlicht. Der Schlossherr von Ravensberg wird ermordet aufgefunden. Der Verdacht fällt schnell auf die Gräfin. Sie wird zu lebenslanger Haft verurteilt. 18 Jahre später werden neue Indizien entdeckt. Der Fall wird erneut aufgerollt. Die Ermittlungen bringen sehr überraschende Neuigkeiten ans Licht. Der Bestseller Die weißen Rosen von Ravensberg wurde zweimal erfolgreich verfilmt. Eufemia von Adlersfeld-Ballestrem (geb. 1854 in Ratibor, gest. 1941 in München) war eine deutsche Bestsellerautorin. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts zählte Adlersfeld-Ballestrem zu den beliebtesten deutschen Schriftstellerinnen. Ihre Inspiration bezog sie aus langen Reisen nach Italien. Der Roman Die weißen Rosen von Ravensberg ist eines der erfolgreichsten Werke von Adlersfeld-Ballestrem.
Eufemia von Adlersfeld-Ballestrem (1854 - 1941), war eine deutsche Bestsellerautorin. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts zählte Adlersfeld-Ballestrem zu den beliebtesten deutschen Schriftstellerinnen. Ihre Inspiration bezog sie aus langen Reisen nach Italien. Der Roman Der Maskenball ist eines der erfolgreichsten Werke von Adlersfeld-Ballestrem.
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Erster Teil
Hoch im Norden Deutschlands, dicht am Meer, liegt Schloss Hochwald. Seinen Hintergrund bilden herrlich bestandene, wildreiche Wälder von gemischten Hölzern, meist Eichen und Buchen, während die dunklen Föhren, vereinzelt oder gruppenweise darin verteilt, nur dazu da zu sein scheinen, um den Schattierungen des Waldes einen besonderen Reiz zu verleihen. Die Ausläufer dieser Wälder sind sehr geschickt zum Schlosspark umgewandelt worden, und in der Tat, einen Naturpark von großartigerer Schönheit als Schloss Hochwald besitzt wohl kein zweiter Herrensitz im ganzen Deutschen Reiche. Man hat dem Wald- und Heideboden vor der Parkfront des Schlosses einen herrlichen smaragdgrünen Rasenplatz abgewonnen, in dessen Mitte eine der gewaltigsten Eichen, mit Runenschriften in der brüchigen Rinde, sich erhebt, während eine tief dunkelgrüne Föhre mit breitem Geäst, kerzengerade gewachsen, dicht vor dem Schlosse einen köstlichen Tannenduft verbreitet, der sich mit dem Rosenflor, welcher hier besonders gepflegt wird, auf das angenehmste vermischt. Das Schloss selbst hat so viele Stile in seinem Bau aufzuweisen, dass man es einfach stillos nennen kann. Vielen Leuten ist das lieber als das langweilig und regelmäßig Stilvolle, mit dem heutzutage so viel Unfug getrieben wird. Kurz Schloss Hochwald war ein vielgetürmter und beerkerter Bau dessen älteste Teile aus dem 13. Jahrhundert stammten und nur noch einen Flügel bildeten, während der Mittelbau aus dem 16. Jahrhundert die spitzen, schiefergedeckten Mansardendächer mit den gleichfalls zugespitzten Türmen der Schlösser von Fontainebleau und St. Germain zeigte. Dass sich zwischen diesem eigentlichen Hauptbau und einem überreich mit Stuck dekorierten heitern Rokokopavillon ein Bankettsaal im reinsten Tudorstil der englischen Gotik drängte, mit spitzenartig durchbrochenen Strebe- und Dachpfeilern, erfüllte Sachverständige zwar mit Kopfschütteln, Missbilligung und Entrüstung, sah aber trotzdem sehr malerisch aus. Auf der Seeseite spülten die Wellen direkt an die schräg abfallenden Mauern des Schlosses, doch brach die Brandung sich schon an den spitz aus dem Wasser ragenden Felsenriffen, während nach rechts das Terrain sich verflachte. Eine breite Terrasse, mit direkt ins Meer führender Treppe an der Nordseite des Schlosses, gab für sonnige Sommertage einen köstlich-kühlen Aufenthalt mit dem Blick auf die unendliche Fläche, deren Wellen im immerwährenden Einerlei kamen, sich rauschend und zischend an den Riffen und an der weißen Marmortreppe brachen und ihren Gischt oft heraufschleuderten bis zu den Füßen derer, die oben saßen und sich nicht sattsehen konnten an dem einzigen Schauspiel und dabei wohlig die kühle, klare und reine Seeluft einatmeten. Das Geschlecht, das auf dem Schlosse erblühte, waren die Grafen von Hochwald, auch die Seegrafen genannt, denn sie hatten als Dynasten an der Küste gesessen seit undenklichen Zeiten und den Wechsel der Tage sattsam durchgemacht. Die kleine Souveränität, die ihrem Ahn vorzeiten der böse König Abel von Dänemark verliehen, weil er ihm geholfen hatte, den König Erik Plochpenning, seinen Bruder, zu erschlagen, war natürlich nur ein leerer Begriff, von dem der Besitzer auch nichts weiter hatte als eine eigene Münze. Später war ein Hochwald so klug, seine Souveränität gegen großes Gelände zu vertauschen, ehe er ohne dieses mediatisiert wurde, und in neuester Zeit, bei Gelegenheit einer Thronbesteigung und in Anbetracht dessen, dass die Hochwalds trotz ihrer unzweifelhaft bestandenen Souveränität vermöge ihres Tauschvertrages es verscherzt hatten, jemals in die Zahl der Reichsunmittelbaren und Ebenbürtigen aufgenommen zu werden, ward ihrem Hause der Fürstentitel nach dem Rechte der Erstgeburt nebst einer Hofcharge verliehen. Das war alles ganz schön und gut für den ersten Fürsten und Vater des jetzigen, der auch beständig in der Residenz lebte und seine Revenuen nicht nur voll, sondern übervoll verzehrte. Dadurch hatte das Haus Hochwald einmal eine kritische Zeit durchzumachen. Aber die schlimme Zeit ging vorüber, man sagte, durch Vorschüsse aus der königlichen Schatulle, kurz, als der alte Fürst nach mehreren Jahren völliger Zurückgezogenheit starb, waren die finanziellen Angelegenheiten Hochwalds so geordnet als je zuvor. Der Sohn des ersten Fürsten von Hochwald hatte seine Laufbahn sehr jung im Heer, und zwar bei der Leibgarde, begonnen und galt nicht nur für einen geistig bedeutenden und wahrhaft herzgewinnenden, liebenswürdigen jungen Mann, sondern auch für äußerlich schön und für einen flotten, schneidigen und guten Kavallerieoffizier, der sich in den höchsten und hohen Kreisen der Residenz einer wohlverdienten Beliebtheit erfreute. Und in der Tat hatte er etwas so Sonniges im Wesen, das die Herzen zu ihm hinzog; selbst wenn er auch ohne Titel schlichtweg Marcell Hochwald geheißen hätte, seine Gesinnungen, seine freie, offene und ehrliche Natur würden ihn doch zum vornehmen Mann gestempelt haben. Als er sein Erbe dann antrat und dennoch erklärte, der Armee treu bleiben zu wollen, begrüßte man diesen Entschluss mit freudiger Genugtuung: umso größer ward daher das Erstaunen, Bedauern und Kopfschütteln, als er kurz darauf plötzlich ernst und zurückhaltend wurde, als es sich wie ein schwarzer Schleier auf sein sonniges Wesen legte und er ein paar Monate später den weißen Koller auszog und den Adlerhelm einpackte – kurz, den Abschied nahm. Über die Gründe, die ihn dazu bewogen, sprach er sich nur im Allgemeinen aus, selbst seine nächsten Bekannten und Verwandten erfuhren nichts Bestimmtes, nichts Einleuchtendes, denn die Antwort des Fürsten auf die an ihn heranstürmenden Fragen, dass er sich vollständig dem Landleben und genealogisch-heraldischen Studien, die ihn stets sehr angezogen, widmen wolle, fanden nur ungläubiges Kopfschütteln, weil der Entschluss zu schnell, die Wandlung seines Wesens zu plötzlich gekommen war. Aber jedes Staunen nimmt ein Ende, wie alles in der Welt. Die Leute beruhigten sich nach und nach über „die Verrücktheit des Fürsten Hochwald“, weil andere Dinge passierten, die ihr Interesse in Anspruch nahmen und ihre Zungen in Bewegung setzten, und nach Jahr und Tag wunderte man sich höchstens über das Einsiedlerleben des jungen Magnaten, der nur einige Male im Jahre ein paar intime Bekannte zur Jagd in seinen herrlichen Wäldern einlud, und nur dann in der Residenz gesehen wurde, wenn fremder fürstlicher Besuch bei Hofe seine Anwesenheit dort erforderte, um seines Erbamtes als Oberstjägermeister seiner Provinz zu warten. Den bald nach seinem Ausscheiden aus der Armee ausgebrochenen Krieg hatte er bei seinem früheren Regiment mitgemacht und dabei eine nicht gewöhnliche, fast an Todesverachtung grenzende Tapferkeit bewiesen, die andere, sehr tapfere Offiziere für unvernünftig und zwecklos erklärten, während sie beim gemeinen Mann Begeisterung und Nachahmung erregte. Ein Säbelhieb im Gefecht streckte ihn wochenlang auf das Krankenbett, doch auch im größten Wundfieber verriet sein Mund nichts, was über die Wandlung seines Wesens Aufklärung geben konnte, und nach dem Feldzuge zog er, geschmückt mit dem Eisernen Kreuz erster Klasse, in sein Schloss am Meere zurück, stiller, ernster denn je; doch verhinderte seine glücklich angelegte, sonnige Natur, dass er hart wurde und schroff und wunderlich in seiner Einsamkeit. Fürst Hochwald hatte nun schon zwanzig Jahre sein stilles Leben geführt, unterbrochen von weiten, einsamen Reisen, die ihn monatelang fernhielten von der nordischen, meerumspülten Heimat. Er war jetzt fast fünfundvierzig Jahre alt – ein Mann in den besten Jahren, aber allein. Es war im zeitigen Frühjahr. Am Meere hoch im Norden rasten die eisigen Stürme noch durch das Laubholz und umpfiffen unheimlich das einsame Schloss. Diesem Kampf des Winters mit dem Frühling war, wie fast alljährlich, Fürst Marcell Hochwald entflohen, und er weilte die Monate Februar, März und April meist im Süden – in Spanien, Tunis, Kairo oder Italien, je nachdem es ihm gerade einfiel, nur gefolgt von seinem Kammerdiener, der vor vierundzwanzig Jahren Bursche bei ihm gewesen in der schönen, lustigen Leutnantszeit und vier Jahre jünger als sein Herr war, mit ihm kapituliert hatte und dann mit ihm gezogen war. Sie hatten beide diese Unzertrennlichkeit nicht zu bereuen gehabt, denn der Fürst war ein gütiger, wenn auch strenger, so doch gerechter Herr, und Rataiczak, der trotz der Jahre sein gebrochenes Deutsch aus den Rekrutentagen nicht verbessert hatte, war eine goldehrliche und goldtreue Seele. Freilich hatte auch Rataiczak seine Eigentümlichkeiten, welche man bei langjährigen Dienern findet – im Übrigen war er wie sein Herr, eine Hünengestalt mit blitzenden schwarzen Augen und gewichstem Schnurrbart, dem die kleidsame Jägerlivree, die er stets auf Reisen trug und nur daheim mit dem schwarzen Frack, kurzen Beinkleidern, Strümpfen und Schnallenschuhen vertauschte, vortrefflich, und für die Herzensruhe von Spanierinnen, Italienerinnen und Nubierinnen gleich gefährlich, stand. Ganz allein, wie er es liebte, war Fürst Hochwald an einem köstlich warmen Märztage durch die engsten Gassen von Florenz geschlendert, um gelegentlich aus den finsteren Höhlen der Trödelbuden Perlen zu fischen für seine Sammlungen – alte Majoliken, Gläser, Stoffe, Möbel – kurz Antiquitäten. Und sein sicheres Auge trog ihn selten: Oft schon hatte er unter dem gräulichsten Wuste von allen möglichen und unmöglichen Dingen Gegenstände gefunden, welche der Verkäufer gar nicht achtete, und noch heimlich lachte, wenn der verrückte „Inglese“, unter welchem Sammelnamen der Italiener...