Adolf / Holzner / Schindlerová | Die verlorenen Seelen von Malcesine | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, Band 14, 236 Seiten

Reihe: Edition Brenner-Forum

Adolf / Holzner / Schindlerová Die verlorenen Seelen von Malcesine

Adolf Pichler (1819–1900)
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-7065-6004-7
Verlag: Studien Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Adolf Pichler (1819–1900)

E-Book, Deutsch, Band 14, 236 Seiten

Reihe: Edition Brenner-Forum

ISBN: 978-3-7065-6004-7
Verlag: Studien Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



ADOLF PICHLER (1819–1900) – PROFESSOR FÜR GEOLOGIE an der Universität Innsbruck, LITERATURKRITIKER, SCHRIFTSTELLER – war zu seiner Zeit der BEKANNTESTE LIBERALE INTELLEKTUELLE TIROLS, ein Universalgelehrter, der sich in einem ausgeprägt katholisch-konservativen Milieu von niemandem das Denken nehmen ließ. Obwohl seine Gesammelten Werke zu Beginn des 20. Jahrhunderts in einer repräsentativen, 17 Bände umfassenden Ausgabe erschienen und seinem Verleger wohlwollende Besprechungen einbrachten, erhielt er nie einen kanonischen Status als Literat. Allzu oft stießen seine Texte im unsicheren Gelände ZWISCHEN REALISMUS UND MODERNE auf Widerstand.

Seine literarische Handschrift, die Zeitgenossen wie Adalbert Stifter oder Ferdinand Kürnberger durchaus schon erkannt haben, zeigt sich am schönsten in Pichlers HOCHGEBIRGSGESCHICHTEN UND REISEBILDERN. Pichlers Blick auf die Geschichte wie auch auf die Landschaft ist nie bloß ein Blick von außen oder oben. Überall entdeckt er Sehenswürdigkeiten, die in keinem Prospekt auszumachen sind, überall hat er ein Auge für die geologischen Formationen, die Pflanzenwelt, die Kunstschätze, überall stößt er auf alte oder moderne Fundstücke und auf Menschen, die sein Interesse wecken und ihn bedrängen, Betrachtungen über Gott und die Welt und über seine Zeit anzustellen, mit anderen Worten: UNAUFHÖRLICH ZU ERZÄHLEN.

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Adolf Pichler (1819–1900)
Geologe, Literaturkritiker, Schriftsteller
von Johann Holzner Adolf Pichler ist am 4. September 1819 in Erl bei Kufstein zur Welt gekommen (im selben Jahr wie Gottfried Keller und Theodor Fontane). Sein Vater war Zöllner, die Mutter Tochter eines Bauernknechts. Aufgewachsen in verschiedenen Grenzstationen (da der Vater immer wieder versetzt wurde), u.a. in Scharnitz oder auch in Vils, lernte Pichler früh neben Wildhütern und Förstern und Holzfällern auch Außenseiter kennen, Schmuggler, Wilderer, Sonderlinge, Einsiedler … und nach diesen Erfahrungen zeitlebens allen Ordnungshütern mit Misstrauen zu begegnen. Verdächtig war ihm immer auch der Lektüre-Kanon seiner Zeit. Wenig verwunderlich: Für seine eigenen literarischen Arbeiten fand sich zwar alleweil ein Verlagshaus, wenigstens eine Zeitung oder eine Zeitschrift, und zwar im gesamten deutschsprachigen Raum – ein Durchbruch blieb ihm jedoch versagt. Im Übrigen auch nach seinem Tod, obgleich seine Gesammelten Werke in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts in einer repräsentativen Ausgabe1 erschienen, in siebzehn Bänden, und dem Verleger Georg Müller in München, der sich zu seiner Zeit mit bibliophilen Klassikerausgaben ohne weiteres neben Kollegen wie Samuel Fischer oder Eugen Diederichs behaupten konnte, doch auch etliche wohlwollende Besprechungen einbrachten. Adolf Pichler, 1858, Brenner-Archiv, Nl. Pichler, Sign. 4/3.1 Die diversen, manchmal radikalen Kanon-Revisionen im 20. Jahrhundert, die so manchen scheinbar längst kodifizierten Bestand (darunter z.B. auch die Novellen und Dramen von Paul Heyse, der als erster deutscher Autor den Nobelpreis für Literatur gewonnen hatte) gnadenlos über Bord warfen und durch früher zurückgedrängte Literaturwerke ersetzten,2 brachten für seine Position nichts Neues: Pichler erhielt nie einen kanonischen Status. In der Anthologie Österreichische Erzählungen des 19. Jahrhunderts, die Alois Brandstetter 1986 bei Residenz herausbrachte3 und die später auch in verschiedenen Buchgemeinschaften nachgedruckt werden sollte, wird Pichler nicht einmal mehr erwähnt; dabei sind in dieser Sammlung keineswegs nur die Berühmten anzutreffen, Franz Grillparzer, Charles Sealsfield, Adalbert Stifter, Ferdinand Kürnberger, Marie von Ebner-Eschenbach, Ferdinand von Saar, Ludwig Anzengruber und Peter Rosegger, sondern durchaus auch Autoren aus der zweiten Reihe wie Moritz Hartmann, Robert Hamerling, Karl Emil Franzos oder Jakob Julius David. Das Werk Pichlers ist sogar aus dem Gesichtskreis der Fachleute verschwunden. Deutsche Novelle : Welscher Salat Da er nie kanonisiert und also auch nie in einer mittlerweile schon schwer zu öffnenden Rubrik der Literaturgeschichte eingeschlossen war, kann man sich mit seinem Werk neu beschäftigen, ohne jene Hürden überspringen zu müssen, die den Zugang zu etablierten Autorinnen und Autoren nicht selten doch erschweren wenn nicht womöglich ganz verstellen: Zur Einführung wären besonders Pichlers Hochgebirgsgeschichten zu empfehlen oder etwa auch seine Skizze Reisebilder aus Italien (aus dem Nachlass),4 die schon sehr viel von der unverwechselbaren Eigenart dieses Schriftstellers verrät: März in Innsbruck. Es ist bitterkalt. Der Ich-Erzähler – man ist geneigt zu sagen: der Autor – hat eben nichts zu tun und entschließt sich deshalb, mit seiner Tochter nach Italien zu reisen, dem Frühling entgegen. Zunächst einmal gerät er allerdings in den tiefsten Winter. Am Brenner und auch noch im Eisacktal erwarten ihn nämlich Eis und Schnee. Aber mittlerweile beschäftigen ihn viel mehr als die aktuellen Temperaturen schon seine Erinnerungen an die Geschichte der Region. Er denkt an die Aufstände in Tirol in der Napoleonischen Ära, an General François-Joseph Lefebvre, den Herzog von Danzig, den Befehlshaber der Bayerischen Armee, wie auch an das Mädchen von Spinges, Katharina Lanz, die einstmals verehrte Jeanne d’Arc Tirols, die „vergessen und unbeachtet“ 1854 im Pfarrhaus von Andratz verstorben ist; aus dem Gedächtnis, nicht ganz korrekt zitiert er die Verse Nikolaus Lenaus: „Verschwunden ist der alte Geist // Von achtzehnhundert neun.“ (GW X, 289).5 Vom Frühling nach wie vor keine Spur. Nur in den Journalen ist davon die Rede: Südtirol wirbt um Kurgäste. – In Trient, so versichert der Erzähler, empfiehlt es sich für jeden Wanderer auszusteigen und einzukehren; und dann mit einem Omnibus weiter zu fahren zum Gardasee. In Torbole macht er endlich länger Halt. Auf der Veranda des Wirtes Bertolini genießt er wie immer den Blick über den ganzen See, wird diesmal aber dabei von einem Touristen, einem „Philister mit weißer Krawatte“ (GW X, 291), es ist offensichtlich ein Deutscher, gestört. Nach diesem und jenem ausgefragt und darüber schon arg verstimmt, beginnt er zu erzählen, dass sich die Balken biegen: Er berichtet von steilen, oft überhängenden Felsen und von Gämsenjägern, von den blutigen Kämpfen zwischen den Fischern und den Finanzwächtern an der österreichisch-italienischen Grenze, von Tabakballen und Spiritusfässern und von anderem mehr … und weil inzwischen auch ein Fräulein an einem Nebentisch längst zuhört, ohne Zweifel „eine der sechshundert deutschen Schriftstellerinnen“ (GW X, 293), präsentiert er schließlich auch die traurige Geschichte des jungen Giuseppe, der wie einstmals Leander in den Hellespont allnächtlich in den Gardasee gesprungen sei, um heimlich seine Geliebte zu treffen; jedes Mal, ergänzt er, um seine längst schon höchst-aufgeregten Zuhörer/innen zu beruhigen, „wird ihn wohl das Mädchen abgetrocknet und erwärmt haben“ (GW X, 294). Die Schriftstellerin ist darob empört. Derartiges dürfe man deutschen Leserinnen jedenfalls nicht bieten. Pichler eröffnet ihr daraufhin sogleich eine alternative Version: „Nun, so schreiben Sie: Man habe auf der alten Burg der Scaligeri ein verrostetes Panzerhemd ausgegraben und in diesem sei er zu seiner Hero geschwommen.“ Und nachdem er die Geschichte des Giuseppe bis zu ihrem / seinem bitteren Ende erzählt hat, gibt er der Kollegin noch einen kostenlosen Wink mit auf den Heimweg nach Deutschland: „Wenn Sie etwas dichten, bleiben Sie ja in den Grenzen des Realismus […].“ (GW X, 294f.). Seine Tochter aber, kein Wunder, schämt sich. „Papa, wie kannst du denn so schwalbeln“ (GW X, 296). Adolf Pichler: Ein Ausflug nach Italien, 1876, Nl. Pichler, Brenner-Archiv, Sign. 4/1.2.1 Er kann auch ganz anders, wie die Fortsetzung dieser Geschichte zeigt. Was immer ihm auf der Reise in den Süden unterkommt, wird von da an nicht mehr weiter langatmig ausgeführt, sondern flüchtig hingeworfen, kreuz und quer durcheinander, in einem kaum mehr gebändigten Assoziationsstrom, der sich um keine Ordnung oder gar Einbettung kümmert. In Verona, Venedig, Florenz, Ferrara, schließlich auch im etruskischen Pompeji, in Marzabotto, im Tal des Reno, überall entdeckt er Sehenswürdigkeiten, die in keinem Prospekt auszumachen sind, überall hat er ein Auge für die geologischen Formationen, die Pflanzenwelt, die Kunstschätze, überall stößt er auf alte oder auch moderne Fundstücke, namentlich aber auf Menschen, die sein Interesse wecken und ihn bedrängen, Betrachtungen über Gott und die Welt anzustellen, mit anderen Worten: zu erzählen. Im Folgenden seien nur einige wenige signifikante Beispiele für diese permanenten Aus- und Abschweifungen angeführt. Beispiele, die nichts anderes als die Lust des Erzählers bezeugen, Dingen und Verhältnissen nachzugehen, die so noch nie in Beziehung zueinander betrachtet worden sind. In Welschtirol, bemerkt Pichler beispielsweise, ganz en passant, tragen die Bauern auch am Sonntag die gleiche Kleidung wie unter der Woche, obwohl sie keinen Augenblick daran denken auf ihre Äcker hinauszugehen. In Deutschtirol dagegen machen die Bauern, wie Pichler das jedenfalls deutet, „Gott und dem himmlischen Hofe die Aufwartung, sie wollen auch einmal in diese Gesellschaft eintreten und daher anständig vor ihr erscheinen“: Sechs Tage leisten sie knechtische Arbeit, am siebenten erheben sie die Stirne, und der Sonntag ist nicht bloß deswegen der Tag des Herrn, weil er Gott gehört, sondern auch weil er sie zu Herren macht. Darum ist der Sonntag heilig und er soll es bleiben. (GW X, 300) Über Pichlers früh-erwachte Sympathie für die deutschnationale Bewegung und seine kritische Einstellung zum Katholizismus wird später noch zu reden sein. Aus dem eben angesprochenen Vergleich zwischen den Welsch- und den Deutschtirolern ist indessen in dieser Hinsicht schlüssig nichts abzuleiten; Ableitungen dieser Art hat Pichler gleichwohl schon zu seinen Lebzeiten immer wieder zu hören oder zu sehen bekommen und regelmäßig energisch zurückgewiesen. – Hier sei vorerst nur angemerkt, dass Pichler über kein anderes Land so sehr und so häufig schwärmt wie über Italien, wobei er die Landschaften, die Kunst und die Literatur, nicht zuletzt jedoch auch den Lebensstil und den Habitus der Menschen im Gemeinwesen besonders herausstellt; gelegentlich...


DIE HERAUSGEBERINNEN:

JOHANN HOLZNER, geb. 1948 in Innsbruck, Studium (Germanistik, Geschichte, Philosophie) an der Universität Innsbruck. Abschluss mit einer Dissertation aus dem Fach Zeitgeschichte: „Untersuchungen zur Überwindung des Nationalsozialismus in Österreich“, betreut von Johann Rainer (Universität Innsbruck) und Ludwig Jedlicka (Universität Wien). Lehrbeauftragter und seit 1994 Tit. Ao. Univ.-Prof. Institut für Germanistik. Von 2001 bis 2013 Leiter des Forschungsinstituts Brenner-Archiv der Universität Innsbruck.

LENKA SCHINDLEROVÁ, studiert Deutsche Philologie an der Palacký-Universität in Olmütz/Olomouc. Mitarbeiterin beim Forschungsprojekt „Ludwig von Ficker: Kommentierte Online-Briefedition und Monografie“ am Forschungsinstitut Brenner-Archiv.

ANTON UNTERKIRCHER, geb. 1961 in Brixen/Südtirol, studierte Germanistik und Geschichte an der Universität Innsbruck. Er promovierte 1986 mit einer Dissertation bei Univ.-Prof. Dr. Walter Methlagl über „Theorie und Praxis der Briefedition“ und arbeitet seither am Forschungsinstitut Brenner-Archiv. Seine Arbeitsgebiete sind: Erwerbung und Erschließung von Nachlässen, „Der Brenner“ und Tiroler Literatur (gemeinsam mit Christine Riccabona Betreiber des „Lexikon Literatur in Tirol“)



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