Ash | Psychoanalyse in totalitären und autoritären Regimen | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 344 Seiten

Ash Psychoanalyse in totalitären und autoritären Regimen


1. Auflage 2012
ISBN: 978-3-86099-957-8
Verlag: Brandes & Apsel
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark

E-Book, Deutsch, 344 Seiten

ISBN: 978-3-86099-957-8
Verlag: Brandes & Apsel
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark



Die Vermutung liegt nahe, dass eine der Aufklärung verpflichtete Wissenschaft und Therapie wie die Psychoanalyse in einer Diktatur kaum möglich ist. Trotzdem hat sie sich weltweit auch in verschiedenen diktatorischen Regimen erhalten, wenn auch unter Bedingungen, die sich von denen psychoanalytischer Arbeit in Demokratien grundlegend unterscheiden. Wie dies möglich war und welche Formen dieses "Überleben" annahm, zeigen die Beiträge dieses Bandes anhand von Beispielen aus Deutschland und Österreich nach der NS-Machtübernahme, aus den von Nationalsozialisten besetzten Ländern Norwegen und Belgien, in der kommunistischen Sowjetunion und in autoritären Regimen in Brasilien und Italien.
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Weitere Infos & Material


Inhalt

Danksagung
Christine Diercks

Vorwort

I. Allgemeine Problemeinführungen

Mitchell G. Ash
Psychoanalyse unter nicht-demokratischen Herrschaftsverhältnissen
Einführende Bemerkungen

Geoffrey Cocks
"Rechts um die Ecke rum": Wichmannstraße, Berggasse, Keithstraße, 1933 - 1945

Elisabeth Brainin
Träumen in der NS-Zeit

II. Das Ende der Psychoanalyse in Wien 1938? - Neue Forschungen

Christiane Rothländer
"Arisierung", Beschlagnahmung und Verbleib des Eigentums der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung 1938

Birgit Johler
Zur Praxis August Aichhorns 1938 - 1944
Entwurf eines "Soziogramms" auf Grundlage seiner Patientenkalender

III. Psychoanalyse und Diktaturen: Faschismus und Nationalsozialismus

Jacqueline Amati Mehler
Psychoanalyse und Faschismus in Italien

Michael Schröter
"Wir leben doch sehr auf einer Insel."
Psychoanalyse in Berlin 1933 - 1936

IV. Unter nationalsozialistischer Besatzung

Susann Heenen-Wolff
Psychoanalyse und Besatzungsregime in Belgien 166

Håvard Friis Nilsen
Widerstand in der Therapie und im Krieg 1933 - 1945
Die Psychoanalyse vor und während der Besatzung Norwegens durch die Nationalsozialisten

V. Unter Diktaturen im östlichen Europa und Lateinamerika

Igor M. Kadyrov
Psychoanalyse in der UdSSR und in Russland nach dem Ende der Sowjetunion

Hans Füchtner
Psychoanalyse und autoritäre Herrschaft in Brasilien

VI. Die Folgen in Wien nach 1945

Thomas Aichhorn
Blicke zurück und nach vorne
Aus der Korrespondenz August Aichhorn - Anna Freud nach 1945

Samy Teicher/Elisabeth Brainin
Psychoanalyse nach der Nazizeit
Die Wiener Psychoanalytische Vereinigung und ihr Umgang mit dem Nationalsozialismus nach 1945

VII. Ausblick

Werner Bohleber
Psychoanalyse, Diktatur, Professionalität - Implikationen
Die Auswirkungen des Nationalsozialismus auf die Psychoanalyse in der Bundesrepublik Deutschland nach 1945

Daphne Stock
Psychoanalyse und demokratisches Bewusstsein

Liste der Abbildungen
Die Autorinnen und Autoren des Bandes
Namensverzeichnis


Vorwort

Im Namen der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung und der Wiener Psychoanalytischen Akademie freue ich mich sehr, ein Grußwort zu einem Band formulieren zu dürfen, der sich mit dem Schicksal der Psychoanalyse in totalitären und autoritären Regimes auseinandersetzt. Hier kommen Erfahrungen aus aller Welt zur Sprache und setzen sich ins Verhältnis mit dem Besonderen der Geschichte der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung, der Erfahrung ihrer Auslöschung, den Versuchen, in Zeiten unfassbarer Zerstörung Psychoanalyse am Überleben zu halten.

Die Sonderstellung unserer Vereinigung ist Sigmund Freud geschuldet, der hier in Wien lebte, arbeitete, forschte und jenen Kreis um sich versammelte, der sich vor hundert Jahren am 15. April 1908 als Psychoanalytische Gesellschaft konstituierte. Damit war Wien bis zur Vertreibung und Verfolgung Freuds und seiner Mitglieder Zentrum der psychoanalytischen Welt. Die Identifizierung mit dieser großen Vergangenheit, die besondere Nähe, Verbundenheit und Treue zu Freud, die gewaltsame Auslöschung der organisierten Psychoanalyse, die Auswirkungen des Terrors, ein damit sehr brüchiger Faden der Kontinuität sowie die schwierige Zeit des Wiederanfangs inmitten einer zerstörten, schuldbeladenen Gesellschaft sind Besonderheiten der Nachkriegsgeschichte der Wiener Vereinigung. Hier hatte sich etwas in extremer Zuspitzung ereignet, aber die Beiträge dieses Bandes zeigen uns, dass viele psychoanalytische Gesellschaften unter Bedingungen von Diktaturen und Terror versucht hatten zu überleben und weiter zu arbeiten.

Die Tagung, aus der dieser Band hervorgegangen ist, wurde von einer Arbeitsgruppe geplant, die vor drei Jahren vom Vorstand der Vereinigung mit der Zielsetzung initiiert wurde, eine kontinuierliche, breit angelegte Arbeit an und zur Geschichte der Psychoanalyse zu befördern und die dafür notwendige Infrastruktur aufzubauen. Inzwischen ist parallel dazu das Archiv der WPV in Aufarbeitung und im Ausbau, eine Gruppe von KollegInnen arbeitet an Biographien und Bibliographien von Vereinsmitgliedern, der Rekonstruktion der Ausbildungslehrgänge und der Vereinsaktivitäten; ein elektronisches Dokumentationsprojekt soll helfen, die vielen versprengten historischen Quellen und Arbeiten zu sammeln und zugänglich zu machen.

Vor allem aber hat die Arbeitsgruppe ein Forschungsprojekt mit dem Titel "Brüche und Kontinuitäten in der Geschichte der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung nach 1938" entwickelt, das vom Zukunftsfonds der Republik Österreich gefördert und vom Herausgeber des vorliegenden Bandes, Prof. Mitchell Ash, geleitet wird. Man ist mitten in der Arbeit: Nicht nur werden im Rahmen dieses Bandes erste Ergebnisse aus diesem Projekt vorgestellt, der Band selbst wie die ihm vorausgegangene Tagung sind Produkte der Arbeitsgruppe. Trägerin des Forschungsprojektes ist die 2006 von der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung und dem Arbeitskreis für Psychoanalyse gegründete Psychoanalytische Akademie, die als eine ihrer Aufgaben interdisziplinäre Forschung fördern und die dafür notwendige Infrastruktur bereitstellen soll - darunter die Tagung, deren Ergebnisse hier dokumentiert werden.

Wie spannend und gewinnbringend die Zusammenarbeit zwischen HistorikerInnen und PsychoanalytikerInnen ist, zeigt sich in dieser Arbeitsgruppe, die jene Periode untersucht, in der die Psychoanalyse in Wien ausgelöscht war und einige trotzdem versuchten, sie irgendwie am Überleben zu halten. Es geht dabei nicht darum, dort eine Einheit und eine Kontinuität vorzugeben, wo es keine gibt, etwas wieder gut zu machen, was nicht mehr gut zu machen ist, sich eine Geschichte anzueignen, die nicht die eigene ist, sich mit etwas zu schmücken, was nicht unser Verdienst ist. Aber es geht um eine Auseinandersetzung mit der Geschichte der Psychoanalyse, ihren Theorien und ihrer Praxis, wie sie entstanden ist, wie sie sich kontrovers weiterentwickelt hat, um die Menschen, denen wir diese Erkenntnisse verdanken, um die


Der Herausgeber:

Mitchell G. Ash, Prof. Dr., unterrichtete von 1984-1997 Geschichte an der University of Iowa, Fellow am Wissenschaftskolleg in Berlin (1990-1991); Gastprofessuren in Göttingen, Wien und Jerusalem; ist seit 1997 ordentlicher Professor für Geschichte der Neuzeit an der Universität Wien; von 2002-2007 Präsident der Gesellschaft für Wissenschaftsgeschichte. Ordentliches Mitglied der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften.



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