E-Book, Deutsch, 392 Seiten
Astart / Grass / Brandl Dominium Terrae
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-98528-005-6
Verlag: Shadodex - Verlag der Schatten
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Der Fluch der Menschheit
E-Book, Deutsch, 392 Seiten
ISBN: 978-3-98528-005-6
Verlag: Shadodex - Verlag der Schatten
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Dominium Terrae!
Wenn »die Herrschaft über die Erde« zum Fluch wird …
Am 27. August 1973 um 19:23 Uhr verschwanden über der Wüste Karakum in Turkmenistan ein Warbird und eine Tupolew Tu-144 spurlos in einer blitzenden gelbgrünen Wolke, die aus dem Erdreich drang.
Genau fünfzig Jahre später wird diese auf dem Frankfurter Flughafen erneut ausbrechen, und auch die beiden Flugzeuge werden wiederkehren.
Was aber hat es mit der seltsamen gelbgrünen Wolke auf sich, die mithilfe der Piloten des Warbird und der Tu-144 zur größten Bedrohung für die Menschheit werden soll? Und was hat Fracking damit zu tun?
Autoren/Hrsg.
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27. August 1973
© Shada Astart
»Und, wie schaut’s aus, können wir?« Waleri Jefimow hob den Blick. Er kniff die Augen zusammen ob der Nachmittagssonne, die heute unerbittlich vom wolkenlosen Himmel auf sie herabbrannte. Als er seinen Kumpel Igor Kasakow in der offenen Tür der Tupolew Tu-144 stehen sah, reckte er grinsend einen Daumen in die Höhe. »Aber so was von! Bringen wir den Vogel in Luft. Drinnen alles klar? Wie geht es unseren Passagieren?« »Prima. Auf zum Party-Jungfernflug der CCCP-DX. Und jetzt komm, die feiern dahinten schon feuchtfröhlich.« Jefimow ließ sich das nicht zweimal sagen. Vorfreudig rieb er sich die Hände und eilte auf den Prototyp eines senkrecht startenden Überschallfliegers zu, der über eine Tarnvorrichtung verfügte und höher steigen konnte als jedes andere Flugzeug. Ja, natürlich hatten Jefimow und Kasakow sowie die anderen schlauen Köpfe und Schrauber, die sich nun an Bord befanden, an dieser Tu-144 illegal herumgebastelt. Das wussten sie, war von Anfang an klar gewesen. Bei der mehr als großzügigen Bezahlung stellte man allerdings keine Fragen, sondern tat, was die Auftraggeber verlangten. Die Aussicht, als Millionäre zu enden nach diesem Jungfernflug, überstieg die anfängliche Neugier um ein Vielfaches. »Scheißegal, wozu die Eierköpfe einen senkrecht startenden Passagierflieger mit Tarnvorrichtung brauchen, der so hoch fliegen kann. Interessiert mich nicht, solange der Rubel rollt«, hatte Kasakow gesagt und seinem Kumpel freundschaftlich auf die Schulter geschlagen. Und der rollte tatsächlich. Die Beteiligten an diesem Geheimprojekt würden sich, wenn heute alles klappte, sofort zur Ruhe setzen können, wo auch immer sie wollten. Das Geld auf den jeweiligen Nummernkonten würde sogar für vier Leben im Luxus reichen. Einzige Voraussetzung war, dass sie nie ein Wort über ihre Arbeit hier und über ihre Auftraggeber verlören. Absolute Geheimhaltung auf Lebzeit. Und weder Kasakow noch Jefimow sowie all die anderen waren so dumm, nicht zu begreifen, was dies bedeutete. Sollte irgendein Wort über die Tupolew mit der Kennung CCCP-DX an die Öffentlichkeit dringen, wären ihre Leben und die ihrer Familien schneller verwirkt, als diese bis drei zählen könnten. Ja, natürlich war auch das allen von vornherein klar gewesen. Die Aussicht auf ein Leben im Reichtum ließ eventuelle Bedenken aber ganz tief auf der Skala rangieren. Schließlich wusste jeder, was ihnen blühte, sollte jemand quatschen. Im Grunde hatte niemand Kenntnis, wer genau hinter dem Auftrag steckte, woher die Tu-144 kam oder all das Equipment, das Material, was sie benötigten. Egal was sie orderten, wenige Stunden später wurde alles in die abgelegenen großen Hallen geliefert – meist mit dem Helikopter. Die abgeschirmte Anlage mit dem ruckzuck aus dem Boden gestampften Rollfeld war nirgendwo verzeichnet und befand sich irgendwo in der Wüste Karakum. Mehr wusste niemand. Und es war auch nicht nötig. Je weniger Einblick sie alle hatten, desto besser. Heute war es so weit. Die CCCP-DX sollte zeigen, was sie draufhatte. Jefimow war zuversichtlich. Sämtliche Tests waren perfekt gelaufen, jetzt musste die Tupolew nur noch in der Praxis am Himmel über ihrer Heimat überzeugen. Ja, sie würden Kurs auf die Sowjetunion nehmen. Und niemand sollte sie auf dem Schirm haben, denn die Tarnvorrichtung – wer auch immer diese entwickelt hatte, war definitiv ein Genie – bewirkte nicht nur, dass sie unsichtbar waren, sondern verhinderte auch, dass die Radarsysteme sie erfassten. Unsichtbar mit Überschallgeschwindigkeit in nahezu jede Region der Welt fliegen zu können eröffnete jedoch Möglichkeiten krimineller Art, über die Jefimow lieber nicht nachdenken wollte. Nicht umsonst mussten alle diese Verschwiegenheitserklärung unterschreiben. »Sollen doch damit treiben, was sie wollen«, hatte Kasakow gesagt. »Ich steck das Geld ein, halte die Klappe und genieße dann mein Leben mit Lydia und den Zwillingen auf den Malediven. Soll schön sein dort, hab ich gehört.« Wo er, zusammen mit seiner Ehefrau, den drei bereits erwachsenen Kindern und deren Familien, das ganze Geld verprassen würde, wusste Jefimow noch nicht. Die Idee, sich auf einer Insel – in der Karibik vielleicht – niederzulassen, würde Olga aber sicherlich gefallen. Waleri rannte auf die Fluggasttreppe zu und erklomm diese mit großen Schritten. Ein Wink zu seinem Kollegen am Boden genügte, schon wurde sie von der Tupolew weggefahren. »Danke!«, rief er nach unten, bezweifelte jedoch, dass der Mann ihn noch gehört hatte. »Hey Igor!« Die beiden klatschten sich ab. »Jetzt wird es ernst!« Waleri warf einen Blick in die Passagierkabine und winkte seiner heutigen Fracht zu. Kasakow hatte nicht übertrieben, der Wodka floss bereits ins Strömen. Die Männer und Frauen waren bei bester Laune. Und alle wirkten zuversichtlich, dass dieser Flug ihnen am Ende das bescheren würde, worauf sie sich seit der Rekrutierung für diesen Megaauftrag freuten: viel, viel Geld! Was sollte schon schiefgehen. »Los geht’s!«, rief er in die Kabine und reckte beide Daumen in die Höhe. »Anschnallen, Gläser schnell austrinken und Flaschen festhalten, wir heben in wenigen Minuten ab.« »Und lasst uns noch was übrig!«, fügte Kasakow grinsend hinzu. »Ihr sauft ja wie die Löcher.« Waleri wusste, dass Igor bei Wodka nicht Nein sagen konnte. Diese Schwäche hatte ihm einige gute Jobs gekostet. Doch auch er würde sich heute betrinken und so den ersten Filmriss mit einundfünfzig Jahren provozieren. Es sollte der Startschuss in ein neues Leben sein. Hätte jemand geahnt, was sich wenige Stunden später während des Rückflugs ereignen würde, hätten sie den Flug mit Sicherheit verschoben. Er sollte tatsächlich ihr Leben verändern, wenn auch nicht so wie geplant. Ein Zwischenfall in einer illegal betriebenen Fracking-Anlage irgendwo in Turkmenistan sollte dem Prototyp der Tu-144 mit dem Kennzeichen CCCP-DX auf eine Reise schicken, welche für die Passagiere zum Albtraum mutieren würde. Eine Reise ohne Wiederkehr auf das Rollfeld in der Wüste Karakum. »Wie sieht es aus da oben, Alex? Nicht so schlimm wie von hier unten hoffe ich doch.« Angst schwang in der Stimme des jungen Mannes am Funk. Alexander Popow konnte ihm das nicht einmal verübeln. Ihm ging bei dem Anblick, der sich ihm von hier oben bot, auch der Arsch auf Grundeis. »Heilige Scheiße, was habt ihr angestellt?«, brüllte er in sein Handgerät, während er seine Augen auf die wabernde, blitzende, gelbgrüne Wolke gerichtet hielt, die vor rund zwei Stunden einem illegalen Fracking-Bohrloch entwichen war. Erst war es nur seltsamer grünlicher Dunst gewesen, doch der hatte sich rasant ausgebreitet, schoss plötzlich in die Höhe und formte sich zu einer riesigen Wolke, in der es gefährlich gelb zu blitzen begann. »Keine Ahnung, was das ist, aber das wird mächtig Ärger geben. Ihr bohrt hier ohne Genehmigung und dieses Ding wird irgendwann in den Dörfern im Randgebiet zu sehen sein, wenn es so weiterwächst. Dann wird man euch auf Lebzeit einbuchten, ohne groß Fragen zu stellen, oder euch gleich verschwinden lassen. Was um Himmels willen habt ihr da angebohrt? Ist das Gas?« »Was weiß ich. Ich bin hier doch der Letzte, dem irgendwas gesagt wird. Ich sollte dich nur in die Luft schicken.« »Na, habt ihr ein Glück, dass der Warbird einsatzbereit war. Eigentlich wollte ich ihn gerade …« Er brach ab, als er ein ungewöhnliches Knacken und Rauschen aus dem Funk vernahm. »Arslan? Hörst du mich noch? … Hallo?« Doch außer dem Rauschen, das immer lauter wurde, drang plötzlich nichts mehr aus dem Bordfunk des alten Warbird. »Mist!« Alexander schaltete das Gerät ab. Wahrscheinlich störten die Entladungen innerhalb der seltsamen Wolke die Verbindung. Und wer wusste, was noch alles. Popow beschloss deshalb, kein weiteres Risiko einzugehen und umzukehren. Er wollte seinen Flieger gerade in eine enge Kurve zwängen, die ihn schnell weg von dem seltsamen Gebilde bringen sollte, als es geschah! Und zwar so schnell, dass Alexander Popow nicht mehr reagieren konnte. »Leute, wir sind reich, stinke, stinke reich!«, rief Kasakow den Passagieren der Tu-144 vom Cockpit aus zu. Es hatte geklappt, wunderbar geklappt. Nicht dass er je an ihren geballten Fähigkeiten gezweifelt hätte, die gefühlt zehntausend Tests zeigten ja, dass sie es draufhatten. Es war jedoch ein ganz anderes Gefühl, wirklich in dem getarnten Überschallflieger zu sitzen und große Städte zu überfliegen, ohne gesehen oder vom Radar erfasst zu werden. Der Vogel war wahrlich unsichtbar unterwegs, wenn man es wollte. Der Jungfernflug war ein voller Erfolg gewesen. Wenn er doch nur wüsste, was ihre Auftraggeber mit dem Flieger vorhatten. Andererseits … Pfeif drauf, schoss es ihm durch den Kopf. Er schnallte sich ab und verließ den Sitz des Co-Piloten, als die Canards, die wichtig für den Langsam- und Landeanflug der Tu-144 waren, ausfuhren und die Nase sich für den Sichtflug abzusenken begann. »Jetzt hole ich mir auch endlich ein Fläschchen Wodka.« »Dir ist schon klar, dass wir noch ein ganzes Stück vor uns haben.« »Ja, aber guck doch …« Er deutete auf das Radar. »Da ist weit und breit nichts auf dem Schirm. Was sollte jetzt auch noch sein kurz vor der Landung. Du brauchst mich gerade wirklich nicht.« »Ich kriege den Vogel aber nicht allein …« Waleri Jefimow brach ab. Im nahezu gleichen Moment schrie er: »Achtung!« Doch es war bereits zu spät. In der Sekunde, in der die sich absenkende Nase die Sicht nach vorn freigab,...