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E-Book

E-Book, Deutsch, 280 Seiten

Bacher SOKO Marburg-Biedenkopf

Kriminelle Kurzgeschichten zwischen Lahn und Ohm
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-95441-307-2
Verlag: KBV
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Kriminelle Kurzgeschichten zwischen Lahn und Ohm

E-Book, Deutsch, 280 Seiten

ISBN: 978-3-95441-307-2
Verlag: KBV
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Spannende Morde im hessischen Fachwerkidyll

Harmlos, friedlich, ungefährlich? Von wegen! – Tolle Tatorte

zwischen Trachten und Tradition.

Vorbei an stolzen romantischen Schlössern, Kirchen und Burgen, durch malerische Fachwerkstädtchen und idyllische Wälder schlängeln sich die Flüsse Lahn und Ohm: Dort, wo Touristen und Studenten, Einheimische und Zugezogene meist friedlich Seite an Seite leben, ahnt kaum einer, dass sich dieses Idyll auch ganz schnell verfinstern kann.

Dann nämlich, wenn plötzlich Schüsse fallen und schrille Schreie ertönen, wenn die Gemeinden Amöneburg, Bad Endbach, Biedenkopf, Marburg, Neustadt, Niedereisenhausen, Rauischholzhausen, Rauschenberg, Weimar, Wetter und Wallau literarische Auftragskiller engagieren, die die spitze Feder buchstäblich in blutige Tinte tauchen.

Lustvoller Mord und höchst unterhaltsamer Totschlag von 26 Mitgliedern des »Syndikats«, der Vereinigung deutschsprachiger Krimiautorinnen und -autoren, die mit dieser spannenden Geschichtensammlung einem ganzen Landkreis ein literarisch-kriminelles Denkmal setzen.

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Ein Bild von Motiv
SKIZZIERT VON DANIEL TWARDOWSKI Die Tat musste bei Nacht geschehen sein und der Täter konnte nur von auswärts kommen. Kein Marburger hätte eine Leiche von der Schützenpfuhlbrücke in die Lahn geworfen, wo der Fluss so seicht war, dass im Hochsommer sogar die Fußbälle hängen blieben, die gelegentlich von den Lahnwiesen aus hineingekickt wurden. Bei Tag hätte man das gesehen und ein Einheimischer hätte es gewusst. Keinen Kilometer weiter bot zudem die Brücke an der Südspange aussichtsreichere Möglichkeiten, etwas verschwinden zu lassen. Eine so fahrlässig entsorgte Leiche sprach also weder für einen geübten Täter noch für eine professionelle Tat. Das war aber auch schon alles, was man wusste, denn der Tote hatte keine Papiere bei sich und sein Kopf sah übel aus. So übel, dass zeitweise sogar Zweifel daran aufkamen, ob es überhaupt um Mord ging. Es ließ sich nämlich nicht entscheiden, ob sein Schädel eingeschlagen wurde, oder ob der Mann vielleicht freiwillig von der Brücke gesprungen war und dabei überrascht festgestellt hatte, dass die Wassertiefe an dieser Stelle keine dreißig Zentimeter betrug. Nur der Gedanke, dass das eine reichlich blöde Art gewesen wäre sich umzubringen, wo doch nur dreißig Meter weiter – unter dem Fußgänger-Steg zum Südbahnhof – stündlich die ICs durchrauschten, führte zum Fortgang der Ermittlungen. Und natürlich die Tatsache, dass sich an den Kleidern und unter den Fingernägeln des Toten Blutreste befanden; oder jedenfalls hatte die Polizei das zunächst angenommen. Wer beruflich viel mit hingeschlachteten Zeitgenossen zu tun hat, geht ja erst mal nicht davon aus, dass rote Rückstände an einer Leiche auch ganz einfach Farbe sein können. »Meinert«, sagte Kommissaranwärterin Judith Meinert, als das Telefon im Büro der Marburger Sommerakademie endlich nicht mehr besetzt war. »Kripo Marburg. Ich ermittle in einem Mordfall und hab eine etwas blöde Frage: Ist vielleicht einer Ihrer … Ihrer Künstler abgängig?« Der Schreck durchfuhr Britta Sprengel so kalt, als hätte sie einen Eiswürfel verschluckt, was man leicht nachvollziehen kann. Wenn man drei Wochen lang dafür verantwortlich ist, dass rund dreihundert Maler, Zeichner, Tänzer, Schauspieler, Holz- und Steinbildhauer, mit einem Wort: dreihundert chronisch vertrullerte Menschen wohnen, essen, arbeiten und zwischen diesen drei Stationen nach Möglichkeit nicht verloren gehen, irritiert einen einfach jeder Anruf von der Mordkommission. Außerdem werden in Kunstkursen zwar gelegentlich Leute zum Teufel gewünscht, aber nur sehr sporadisch wirklich umgebracht, sodass ein Mord in der fast vierzigjährigen Geschichte der Sommerakademie tatsächlich etwas Neues war. So neu, dass man das Problem im Büro nicht binnen anderthalb Stunden in den Griff gekriegt hätte, war es aber dann auch wieder nicht. Solange dauerte es, bis Britta Sprengel nach viel Telefonie und ein paar kurzen Fahrradtouren in die Außenbezirke der Sommerakademie in der Schule am Schwanhof eine kurze Vermisstenliste erstellt und an die Kripo weitergeleitet hatte. Nur die Landschaftsmaler, sagte sie der Kommissaranwärterin Meinert, wären naturgemäß noch in Feld und Flur verstreut, die würden erst zum Mittagessen hoffentlich vollzählig wieder auftauchen – was dann auch genau so geschah. Zwei der insgesamt drei Vermissten oder jedenfalls Unerreichbaren fanden sich schon im Laufe des Nachmittags wieder ein. Eine Textilkünstlerin hatte ihren Stoff zwecks künstlicher Alterung in einem Komposthaufen vergraben und damit einen so durchschlagenden Erfolg erzielt, dass sie den halben Tag unter der Dusche gestanden und ihr Handy nicht gehört hatte. Eine Druckgraphikerin hatte in Marburg, nun ja, eine Herrenbekanntschaft gemacht und aushäusig genächtigt, gefrühstückt und auch noch ein wenig genachmittagt. Verschwunden blieb nur ein gewisser Horst Weigand, der schon gestern nicht mehr in Martin Seidemanns »Malerei/Zeichnen – Akt« erschienen war. Und weil er vom Alter her der Leiche nahekam und weil der Aktkurs in der Turnhalle der Schule am Schwanhof stattfand, also durch wenig mehr als fünfzig Meter Teichwiesengraben vom Fundort der Leiche getrennt war, lohnte es sich, diese Spur intensiver zu verfolgen. Jedenfalls legte Judith Meinert das ihrem Chef, dem Hauptkommissar Dieter Lang, nach einem halben Tag Ermittlungsarbeit in Augenhöhe nahe. In der kleinen Turnhalle stand neben der Sommerhitze ein so fühlbarer Geruch von Acrylfarben, Fixierspray und kreativer Menschheit, dass jeder Polizeihund die Fährte verloren hätte. Wenn ich mal schnell fünf Kilo Koks irgendwo verstecken müsste, dachte Hauptkommissar Lang, wüsste ich jetzt jedenfalls wo! Dann stutzte er kurz, abgelenkt vor allem von der völlig nackten jungen Frau, die in der Mitte des Raumes auf einem lederüberzogenen Turnkastendingsda saß. Er hatte natürlich gelegentlich in Etablissements zu tun, in denen die Damen ebenfalls à poil waren. Aber da stiegen sie vorher sehr langwierig aus ihrer schon vom Start weg dürftigen Bekleidung, schwülstige Musik erklang und Scheinwerfer kreisten wie wild, um aus der Nacktheit eine geldwerte Leistung zu machen. Hier genügte offenbar das bloße Sosein, und das Einzige, was kreiste, waren die Pinsel auf den Paletten und die Blicke auf der Haut. Schon das vernehmliche Räuspern des Kommissars zog aber dann die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich. »Guten Tag, mein Name ist Lang.« »Das macht nichts, wir haben Zeit!« Wer diese Antwort hinter einer der zwei Dutzend Staffeleien herausgehauen hatte, die dem eher breit als groß geratenen Kommissar die Sicht versperrten, ließ sich nicht feststellen. Das Lachen lief jedenfalls durch den ganzen Raum und vermittelte fast den Eindruck einer Jugendfreizeit – der in reizvollem Kontrast zu den vielen angegrauten Köpfen stand, die dabei nach und nach hinter den Staffeleien auftauchten. Der dramatische Anlass dämpfte die heitere Stimmung allerdings zuverlässig, denn anhand ihrer Kleidung wurde die Leiche auf den Fotos des Kommissars tatsächlich schnell als Horst Weigand identifiziert. Lang hatte es sich bereits gedacht, als die Künstler sich nach und nach um ihn versammelten, denn er konnte sich nicht erinnern, je zuvor so viele so erwachsene Menschen in derart abenteuerlichen Beinkleidern gesehen zu haben: die Mode der frühen 90er, ergänzt durch die Farbigkeit zweier Jahrzehnte hartnäckiger Kunstproduktion. Wenn ihre Bilder nichts werden, dachte der Kommissar spontan, könnten die auch einfach ihre Malklamotten ausstellen. Dann ließ er sich den Platz des Toten zeigen, seine Farben, Pinsel, Paletten, fertigen und halb fertigen Bilder. Aber weil er bekennender Banause war, bedeutete ihm all das weniger als die Information, dass der Verblichene die erste Woche der Marburger Sommerakademie und damit seine letzten Tage bzw. Nächte auf Erden in einem Wohnmobil auf dem Parkplatz vor dem Gassmann-Stadion verbracht hatte. Die Spurensicherung konnte leider nicht feststellen, ob nun irgendjemand das Wohnmobil gründlich durchwühlt hatte, oder ob Horst Weigand einfach nur ungewöhnlich kreativ gewesen war. Anzeichen für einen Kampf waren jedenfalls genauso wenig zu entdecken, wie irgendwelche Indizien, die auf einen Verdächtigen oder wenigstens auf ein Motiv hingewiesen hätten. Kommissar Lang tappte also in jeder Hinsicht in der gleichen Dunkelheit, in der die weitläufigen Sportstätten und Schulhöfe in diesem Teil der Stadt bei Nacht lagen. Nur, dass Weigand tatsächlich ermordet worden war, stand nach der Obduktion fest, denn unter der Achsel des Toten fanden sich die Abdrücke eines Elektroschockers. Das hieß, dass er vermutlich von hinten angegriffen worden war, denn von vorn lässt man Mitmenschen, die ein solches Gerät in der Hand halten, gemeinhin nicht so nahe an sich heran. Aber wo das geschehen und demnach der Tatort war, blieb unklar, auch nachdem man den weiteren Umkreis des Wohnmobils gründlich abgesucht hatte. Das hier war nämlich bei Nacht eine zwar finstere, aber eigentlich ruhige Gegend, und Dealer, Diebe und andere lichtscheue Zeitgenossen hätten sie erst mal finden müssen. Gut, auf den zahlreichen Bänken, Mauern und manchmal sogar auf der Haupttribüne des Gassmann-Stadions betranken sich gelegentlich Jugendliche, die das eigentlich noch nicht durften. Durch eine kurze Internetrecherche wusste Kommissar Lang auch bald, dass es bei den pubertierenden Schülern der umliegenden Bildungsanstalten zeitweise eine Art nächtlicher Mutprobe gewesen war, im Mittelkreis des Stadions dem Drängen der körperlichen Liebe nachzugeben – allein, zu zweit, in der Gruppe, je nach Möglichkeit, Wagemut und Alkoholkonsum. Bei Facebook waren vor zwei Jahren entsprechende Fotos aufgetaucht und hatten für einen Skandal im mittleren Bereich der städtischen Aufregungsskala gesorgt. Aber die letzten Nächte waren eigentlich zu kalt für...


Christina Bacher
… geb. 1973, lebt in Köln und gründete vor einigen Jahren »Bachers Büro« – eine Schmiede für Texte aller Art. Sie arbeitet als Chefredakteurin des Kölner Straßenmagazins DRAUSSENSEITER. Seit 2008 schreibt sie Jugendbücher und Kriminalromane. 2013 wurde sie mit dem Stipendium des Kölner Kulturamts in Zusammenarbeit mit der Antoniterkirche und mit dem »Tatort Töwerland«-Stipendium ausgezeichnet. Zeitgleich wurde der DRAUSSENSEITER mit dem Journalistenpreis der AWO Mittelrhein als besondere Redaktion ausgezeichnet.



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