Bakker / Coster / Terrin | DAS MAG - The Best-of | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 100 Seiten

Bakker / Coster / Terrin DAS MAG - The Best-of

Junge Literatur aus Flandern und den Niederlanden
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-938539-79-8
Verlag: mairisch Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Junge Literatur aus Flandern und den Niederlanden

E-Book, Deutsch, 100 Seiten

ISBN: 978-3-938539-79-8
Verlag: mairisch Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Die junge niederländische Literaturszene lebt! Seit ein paar Jahren erfährt Gegenwartsliteratur gerade von jungen, neuen Autoren in den Niederlanden und in Flandern eine wahre Blu¨te – und DAS MAG, ein Magazin und Verlag aus Amsterdam, steht im Zentrum dieser Bewegung. Mit ihrem Magazin und ihren Festivals beweisen die enthusiastischen Macher gutes Gespu¨r fu¨r aktuelle Themen und die Interessen junger Leser. Und mit ihrem Buchverlag haben sie bereits mit den ersten Titeln wie dem Romandebu¨t von Lize Spit Überraschungsbestseller gelandet.

In Zusammenarbeit mit dem mairisch Verlag erscheint DAS MAG jetzt in einer einmaligen Sonderausgabe erstmals auf Deutsch – und zwar als ein Best-of der spannendsten jungen Autorinnen und Autoren. Mit Erzählungen, Gedichten und Essays von u.a. Lize Spit, Joost de Vries, Maartje Wortel, Daan Heerma van Voss, Bregje Hofstede, Wytske Versteeg, Jan Postma, Peter Terrin und Maud Vanhauwaert. Im Heft finden sich aber auch exklusive ku¨rzere Texte von etablierten Autoren wie Herman Koch, Saskia de Coster, Dimitri Verhulst, Connie Palmen, Gerbrand Bakker, Charlotte Mutsaers und Tom Lanoye.

Wer sich passend zum Buchmesse-Schwerpunkt einen repräsentativen Überblick u¨ber aktuelle Literatur aus Flandern und den Niederlanden verschaffen will, liegt mit DAS MAG genau richtig.

Bakker / Coster / Terrin DAS MAG - The Best-of jetzt bestellen!

Weitere Infos & Material


Joost de Vries: Echte Männer
Übersetzt von Ira Wilhelm   Jaime Lannister: If there are gods, why is the world so full of pain and injustice? Catelyn Stark: Because of men like you. Jaime Lannister: There are no men like me. There’s only me. — A Clash of Kings, George R.R. Martin   In Augusta, Georgia, sehe ich sie zum ersten Mal, überdeutlich. Sie tauchen zwischen den Bäumen auf, verlassen den Schatten und treten in den kühlen, knöchelhoch auf dem Gras liegenden Morgennebel. Die Bäume sind hoch und schlank, und die graue Rinde passt gut zu den staubigen Uniformen, die Bajonette ihrer langen Gewehre ragen wie Fühler vor. Erst einer, dann noch einer und noch einer. Einmal den Waldrand hinter sich gelassen, gibt es keine Deckung mehr, weshalb sie langsam gehen, vorsichtig, als beträten sie Eis, von dem sie nicht wissen, wie dick es ist. Falls sie etwas fürchten – Heckenschützen, Granatwerfer – verraten ihre Gesichter das nicht. Sie sind zu müde, um aus Furcht nervöse Tics zu haben, zu leer, zu zermartert. Nicht, dass ich damit sagen will, ich hätte sie tatsächlich gesehen, ich bin doch nicht verrückt. Aber offenen Auges kann ich mir die Soldaten von William Tecumseh Sherman vorstellen, wie sie durch Georgia zogen und alles zerstörten, was sich ihnen in den Weg stellte. Auch hier in Augusta wurde gekämpft, da, wo heute der beste Golfplatz der Welt liegt. Am Tag vorher sind wir von Savannah aus Richtung Norden gefahren, am Fluss entlang, nach dem die Stadt benannt wurde. Kaum hat man die besiedelte Talsohle hinter sich gelassen, sieht die Landschaft fast aus wie gephotoshopt: Wir kommen an verspielten Flüsschen und rauschenden Wäldern vorbei; ein Blätterdach aus hundertundein Farbtönen, der Frühling befindet sich auf dem Höhepunkt, überall grünt und blüht es, alles schön wie ein Bildschirmschoner. Auf beiden Seiten des Wegs wogen einem Hügel freundlich entgegen und auf den Wiesen stellen sich jahrhundertealte Bäume zu Schau, die so hoch und breit sind, dass eine ganze Schulklasse sich an den Händen fassend sie kaum umgreifen kann. Es ist schon komisch: Städte mag ich nicht. Landschaften schon. Wenn ich auf der Place de la Concorde stehe, sehe ich nicht Robespierre und Saint-Just vor mir, wie sie auf einem Heukarren Richtung Guillotine gefahren werden, doch angesichts der grünen Hügellandschaft bei Waterloo erscheint automatisch das Bild von Marschall Néy auf meiner Netzhaut, wie er verzweifelt auf die britischen Kanonen losstürmt. Natürlich ist der Augusta National Golf Club eine Fiktion. Der Waldrand, auf den ich gerade starre, ist neu: Der Golfplatz wird jedes Jahr kurz vor den US Masters neu angelegt. Bäume, unwirklich schön wie Modellbaubäumchen, nur in wahrer Größe, werden mitsamt der Wurzel einfach verpflanzt, wenn es nötig ist. Das Gras, auf dem ich die Soldaten gehen sehe, ist akribisch gepflegt. Das Ganze hat mit Natur nicht viel zu tun. „Seht mal“, sagt eine Frau mit einer der typischen süß-fröhlichen amerikanischen Stimmen. „Da ist Tiger!“ Sie reißt mich aus meinen Träumen. Erwartungsvoll richtet die Gruppe den Blick auf einen dunkelhäutigen Mann mit Baseballcap, der langsam hinter dem Hügel mit dem Loch auftaucht. Wir sehen den Kopf, die Schultern, dann die Brust, schließlich den Bauch und jemand sagt: „God, let’s hope that’s not Tiger Woods“ und wir lachen alle, denn dieser Mann hat einen Bauch, als wäre er im sechsten Monat schwanger. Keiner weiß, wie Tiger dieses Jahr bei seinem ersten Auftritt post-Sexskandal abschneiden wird. Doch wahrscheinlich ist es gar nicht Tiger, sondern nur ein dunkelhäutiger Mann, der am Loch etwas abmessen will. In drei Tagen fangen die USMasters an, und wer dafür Eintrittskarten hat, darf heute an einer Führung mit zehn Besuchern teilnehmen. Ich könnte die anderen acht jetzt beschreiben, doch das wäre vertane Zeit. Sechs Männer, zwei Frauen – sie tragen alle eine Mütze, ein Polo- oder T-Shirt, das sie ordentlich in Khakibermuda mit Gürtel gesteckt haben, und bequeme Sportschuhe, obwohl ihre Bäuche und love handles nicht gerade den Eindruck machen, als hätten sie in ihrem Leben auch nur einen Tag Sport getrieben. Und dann noch Wouter und ich, zwar dreißig Jahre jünger, aber ungefähr im selben Outfit. Die Luft wird allmählich schwerer, wie es bei einer schwülen Wettervorhersage auch zu erwarten ist, aber es ist noch früh, ich bin müde, mein Kopf kann dem Programm noch nicht folgen. Unser guide erzählt, nach wem die kleine Brücke benannt wurde, nach wem der Tümpel, erklärt, wo die Fernsehstationen sich aufstellen werden, welche Golfspieler heute als erste ihre Trainingsrunde absolvieren dürfen, wie die Qualifikation verläuft, und zeigt uns den „Eisenhower’s Tree“, der nach dem Präsidenten benannt wurde, weil dieser so oft gegen den Baum schoss, dass er darum bat, ihn schleunigst zu fällen. Der Club habe niemals mehr als 300 Mitglieder gehabt, berichtet der guide. Man kann sich nicht anmelden; wenn man Mitglied werden will, dann auf invitation only. „Ist die Mitgliedschaft teuer?“, will jemand aus der Gruppe wissen. Der guide lacht und fragt zurück: „Was ist teuer?“ Er wird das oft gefragt. „So teuer wie die Studiengebühren von unserem Sohn?“, fragt die Ehefrau des Jemands. „Aber man lernt hier mindestens genau so viel“, erwidert der guide und lacht wieder – auch diese Antwort hat er wohl schon öfter gegeben. Nicht weniger locker berichtet er von den Vorschriften und den sorgfältig bewahrten Traditionen, die die Clubkultur aufrechterhalten sollen. Er verschweigt aber, dass bis 1990 keine Schwarzen zum Club zugelassen waren und bis 2012 keine Frauen und dass bis in die neunziger Jahre hinein in den Vereinsregeln stand, Caddies müssten schwarz sein. Wir sind hier im Old South von Amerika, Dixieland, wie Elvis sang, „the land of cotton / old things they are not forgotten.“ Ulysses S. Grant und William Tecumseh Sherman, zwei Nordstaatengeneräle mit exotischen Namen, entschieden hier das Schicksal des Südens. Im letzten Bürgerkriegswinter zog General Sherman mit 62.000 Soldaten durch die beiden Carolina-Staaten und Georgia, über Atlanta, Macon und Louisville bis nach Savannah am Atlantischen Ozean hinunter. Ein Südstaatenoffizier schrieb, dass es ihm vorgekommen sei, als müssten sie einen strömenden Fluss mit einem kleinen Fischernetz aufhalten. Am Weihnachtsabend 1864 schickte Sherman Präsident Lincoln folgende Nachricht: „I beg to present you as a Christmas gift the City of Savannah, with one hundred and fifty guns and plenty of ammunition, also about twenty-five thousand bales of cotton.“ Shermans Soldaten ernährten sich vom Land, tranken die Flüsse trocken, aßen alles, was sich fand, schliefen in Farmen, Schulen, Heuhaufen, überall, was auf ihrem Weg lag. Vollzählige Viehbestände verschwanden bei improvisierten Barbecues, keine Kuh war zu mager, um nicht bis auf die Knochen abgenagt zu werden. Lange, bevor die Soldaten auftauchten, konnte man sie riechen, lange, nachdem sie abgezogen waren, lagen ihre ausrangierten, zuschandegerittenen Pferde neben den zertretenen Wegen. Eine solche Invasionsmacht hatte die Kriegsgeschichte noch nie gesehen, Sherman, so klagte der aus den Südstaaten stammende Historiker John Esten Cooke, habe dem Krieg für immer jede Romantik genommen. Ich bin ein Pfadfinder. Ich gehe nie unbewaffnet aus dem Haus. In Augusta habe ich E.L. Doctorow’s The March im Rucksack, ich lese das Buch nun zum dritten Mal: Der Roman beginnt damit, dass ein paar Sklaven auf ihrer Plantage etwas Braunes am Himmel entdecken, eine „floating world“, eine wandernde Stadt, der sich die Befreiten, die Eroberten, die Obdachlosen, die Glücksritter anschlossen. „And, as they watched, the brown cloud took on a reddish cast. (..) When the sound of this cloud reached them, it was like nothing they had ever heard in their lives. It was not fearsomely heaven-made, like thunder or lightning or howling wind, but something felt through their feet, a resonance, as if the earth was humming, then, carried on a gust of wind, the sound became for moments a rhythmic tromp that relieved them as the human reason for the great cloud of dust.“ In Ken Burns’ berühmter Dokumentarfilmserie The Civil War (1990 von 40 Millionen Amerikanern an fünf aufeinanderfolgenden Abenden im Fernsehen verfolgt) kann man diese Staubwolke sehen: Burns fährt mit der Kamera über historische Fotos. Mit diesem Trick wurde er berühmt – es sieht so aus, als wären die Fotos bewegte Bilder. Doch das Schönste ist der Blick, mit dem die Männer in die Kamera schauen: Vollkommen überzeugt von etwas. Nicht von ihrem Recht zu kämpfen, denn es waren vor allem arme junge Männer, die sich vom Dienst in der Armee nicht freikaufen konnten und sich für die Politik oder die Sklaverei kaum interessierten. Hungrig und müde sehen sie meist aus, die Uniformen starren vom Schlamm der Feldzüge und Schützengräben, doch ihr Blick sagt: „Hier bin ich und hier stehe ich. Um mich herum wird Geschichte geschrieben, ich existiere!“ „Hör doch zu“, sagt Wouter. Bei diesem Loch, Loch 15, so erklärt der guide, habe Gene Sarazen 1935 einen Albatros geschlagen, vermutlich die größte Merkwürdigkeit in der Geschichte des Golfs. Die Sportjournalisten nannten es: „The shot heard ‘round the world.“ Am Tag danach gewann Sarazen die Masters. Mit der Hand zieht der guide die Kurve des Balls in der Luft nach. „Ein Albatros heißt drei unter Par“, erklärt Wouter. „Danke für die Info“, sage ich,...


DAS MAG ist das angesagteste Literaturmagazin der Niederlande.
Mit seinen Leseclubs, den Festivals, dem Magazin und seit Neuestem auch seinen Buchbestsellern sorgt das Team von Das Mag aktuell fu¨r Furore, kontroverse Diskussionen und frischen Wind in den Niederlanden und in Flandern.
www.dasmag.nl



Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.