Bauer / Haspel | Jakob Strauß und der reformatorische Wucherstreit | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 320 Seiten, Format (B × H): 155 mm x 230 mm

Bauer / Haspel Jakob Strauß und der reformatorische Wucherstreit

Die soziale Dimension der Reformation und ihre Wirkungen
1. Auflage 2018
ISBN: 978-3-374-05152-6
Verlag: Evangelische Verlagsanstalt
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Die soziale Dimension der Reformation und ihre Wirkungen

E-Book, Deutsch, 320 Seiten, Format (B × H): 155 mm x 230 mm

ISBN: 978-3-374-05152-6
Verlag: Evangelische Verlagsanstalt
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



In der Reformationszeit spielt die Auseinandersetzung über den Zins und den Wucher eine bedeutsame Rolle. 1523 veröffentlichte der Eisenacher Reformator Jakob Strauß 51 Artikel gegen den Wucher, in denen er sich gegen überhöhte Zinsen auf Geld und Land ausspricht. Viele Bürger waren überschuldet, und Strauß versuchte, mit Hilfe dieser Artikel Gerechtigkeit zu schaffen. Für ihn ging es um die Frage, welches Handeln aus dem Glauben folgt. Strauß hat seine Artikel gegen den Wucher biblisch begründet. Vielleicht haben viele Menschen in Eisenach und Mitteldeutschland gerade deshalb so enthusiastisch auf die Botschaft der Reformatoren gehört, weil die geistliche Freiheit auch Befreiung aus weltlichen Zwängen verhieß. Das Buch beleuchtet die sozialethische Dimension der Reformation und ihrer Wirkung bis in die heutige Zeit.

[Jakob Strauss and the Reformation Usury Controversy. The Social Dimension of Reformation and Its Historical Effects]

In the Reformation period the dispute over interest and usury played an important role. In the year 1523 the Eisenach Reformer Jakob Strauss published 51 articles against usury, in which he argued against excessive interest rates on money and land. Many citizens were overindebted and Strauss tried to create justice. For him the question was which actions would be the consequences of faith. In his articles against usury Strauss based his arguments on the bible. Maybe many people in Eisenach and Central Germany welcomed so enthusiastically the message of the reformers because spiritual freedom promised also a liberation from social constraints. The book sheds light on the social-ethical dimension of the Reformation and its historical effects up to the present day.

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WUCHERSTREIT IM PFAFFENNEST Anmerkung zur Vor- und Frühreformation in Eisenach Thomas T. Müller Franziska Luther hat vor drei Jahren in ihrem Überblicksaufsatz über die Klöster und Kirchen Eisenachs in den ersten drei Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts treffend festgehalten: »Ein Desiderat der Forschung in Bezug auf die Stadt Eisenach in vor- und frühreformatorischer, aber auch in mittelalterlicher Zeit bleiben auf den noch vorhandenen Archivalien basierende Einzelstudien zu den verschiedenen geistlichen Einrichtungen. Kritische ganzheitliche Betrachtungen der städtischen Interaktion zwischen Institutionen und Individuen unter modernen Fragestellungen müssen nachgeholt werden.«1 Diese Aussage hat weiterhin Bestand! Und so kann dieser Beitrag auch kaum mehr leisten, als einige weitere Anmerkungen zu jener für Eisenach so spannenden Zeit der Vor- und Frühreformation zu geben. Dies allerdings mit dem Prolog, dass davon unbenommen eines der dringendsten Vorhaben der Stadtgeschichtsforschung eine moderne Reformationsgeschichte für die ehemalige Residenzstadt am Fuße der Wartburg sein sollte. 1. ZUR SAKRALTOPOGRAPHIE EISENACHS AM VORABEND DER REFORMATION Es ist mehrfach darauf hingewiesen worden, dass die kirchliche Situation in Eisenach eine besondere und somit auch für den Verlauf der Reformation in der Stadt von spezieller Bedeutung gewesen sei. Joachim Rogge hat in diesem Kontext u. a. behauptet, dass jeder zehnte Bewohner der um 1520 etwa 3.000 bis 4.000 Einwohner zählenden Stadt dem geistlichen Stand angehört habe.2 Die Belege für seine Behauptung blieb er allerdings schuldig. Zwar ist heute nachgewiesen, dass vor allem in Bischofsstädten der Anteil der Geistlichen an der Gesamteinwohnerzahl durchaus 10 Prozent betragen konnte (z. B. in Worms oder Augsburg), der normale Durchschnittswert lag in den deutschen Landen um 1500 jedoch bei nur rund 2 Prozent.3 Da für Eisenach meines Wissens keine durchgängig tragfähigen Zahlen überliefert sind, können bei einer seriösen Betrachtung der Situation lediglich grobe Schätzungen vorgenommen werden. Nicht nur hierfür ist es hilfreich, zuvor einen knappen Überblick zur Sakraltopographie der Stadt am Ausgang des Mittelalters zu geben.4 Eisenach war um 1500 in drei Parochien aufgeteilt, unter denen – nach ihrem Wiederaufbau ab 1515 – der Pfarrei »St. Georgen« die bedeutendste Rolle zukam. Allein die Anzahl von 18 im Jahr 1506 verzeichneten Vikarien spricht für diese herausgehobene Bedeutung. Wohl deutlich älter war die Pfarrkirche »St. Nikolai«, an der 1506 immerhin neun Vikarien nachzuweisen sind. Zur Stiftskirche der Augustinerchorherren »B. Mariae Virginis« mit sogar 23 Vikarien gehörte die dritte und kleinste Parochie der Stadt. Hinzu kam eine für die Größe Eisenachs doch recht erstaunliche und wohl nur durch ihre Funktion als einstige ludowingische Hauptresidenz zu erklärende Anzahl von Klöstern. Hierzu zählten zuvorderst das Katharinenkloster der Benediktinerinnen, welches auch über das Patronat der neben dem Kloster gelegenen Georgenkirche verfügte, sowie das ebenfalls mit Benediktinerinnen besetzte Nikolaikloster, dem das Patronat der gleichnamigen Pfarrkirche zustand. In der Innenstadt kamen noch das Franziskanerkloster »St. Michael« südlich der Georgenkirche, das Dominikanerkloster sowie das Karthäuserkloster hinzu. Außerhalb der Mauern befanden sich zudem das Zisterzienserkloster Johannistal und der kleine Franziskanerkonvent »St. Elisabeth« am Fuße der Wartburg. Belegt sind 1506 zudem vier Vikarien an der Jakobskapelle im Nordwesten der Stadt. Hinzuzuzählen sind außerdem die Hospitäler »St. Clemens«, »St. Anna« und »St. Spiritus« sowie die wohl erst nach der Reformation zum Hospital umgewidmete Kapelle »St. Justus«. Mehrfach wird bereits für das ausgehende 15. Jahrhundert über schwerwiegende wirtschaftliche und sittliche Probleme in den Klöstern berichtet. Belastbare Zahlen über deren Insassen liegen für das frühe 16. Jahrhundert jedoch kaum vor.5 Geht man nun in Anbetracht der insgesamt recht desolaten Lage von einer durchschnittlichen Besetzung der sieben Klöster mit etwa 15 Personen um das Jahr 1523 aus, kommt man auf rund 100 Personen, hinzuzuzählen wären die rund 60 Vikare sowie drei Pfarrer, mehrere Prediger und die Mitglieder des Chorherrenstifts. Alles in allem halte ich eine Anzahl von rund 200 Männern und Frauen im geistlichen Stand, also von ca. 5 bis 7 Prozent der Bevölkerung für eine realistische Schätzung. Damit hätte der Anteil der Geistlichen im »Pfaffennest« Eisenach um 1523 zwar klar über dem Durchschnitt gelegen, die von Rogge angenommene 10 Prozent-Marke allerdings noch deutlich unterschritten. Anders verhielt es sich hingegen mit dem prozentualen Anteil des Grundbesitzes in der und um die Stadt. Hier verfügten die diversen kirchlichen Institutionen über den größten Teil der landwirtschaftlichen Flächen, über zahlreiche Gebäude und Zinsen.6 Doch auch hierzu dürfte eine vergleichende wissenschaftliche Untersuchung weitere wichtige Erkenntnisse erbringen. 2. ANMERKUNGEN ZUR FRÜHREFORMATION IN EISENACH Obgleich Martin Luther bei seiner Predigt, die er am 2. Mai 1521 auf dem Rückweg vom Reichstag in Worms in der Georgenkirche hielt, starken Zulauf gehabt haben soll, konnte sich die Reformation in Eisenach vorerst nicht durchsetzen.7 Und auch die evangelisch gesinnten Predigten des Franz Lambert (1485/87–1530), der im November 1522 in Eisenach das Johannesevangelium auslegte und den örtlichen Klerus zur Disputation aufforderte, brachten noch keinen endgültigen Durchbruch für die Reformation in der Stadt.8 Den brachte erst das Wirken des um das Jahr 1480 in Basel geborenen Predigers Jakob Strauß. Dieser war bereits in seiner Jugend in den Dominikanerorden eingetreten und hatte nachweislich 1515 und 1516 an der Universität Freiburg im Breisgau studiert.9 Als er 1521 in Hall in Tirol erstmals durch seine evangelischen Predigten auffiel, war er bereits zum Doktor der Theologie promoviert worden. In Hall fand er schnell eine große Zuhörerschaft, zog jedoch schon bald den Unwillen des Bischofs von Brixen auf sich. Während der Haller Rat durch taktische Manöver versuchte, einer Forderung nach der Ausweisung des Predigers zu entgehen, suchte Strauß in seinen Predigten weiter die bewusste Konfrontation mit der alten Kirche.10 Der Bischof von Brixen setzte sich schließlich durch und auf Drängen des inzwischen ebenfalls mit der Angelegenheit befassten vorderösterreichischen Regiments in Innsbruck wurde Strauß am 9. Mai 1522 vom Haller Rat mit einem Ehrengeschenk aus der Stadt verabschiedet.11 Sein Weg führte ihn nach Wittenberg, wo er sich wenig später an der Universität einschrieb.12 Doch schon im September 1522 erhielt er auf Vermittlung Martin Luthers (1483–1546) eine Stelle als evangelischer Prediger bei Graf Georg von Wertheim (um 1487–1530).13 Während sein neuer Dienstherr eine vorsichtige und schrittweise Einführung der Reformation in seiner tauberfränkischen Herrschaft plante und deshalb Strauß wohl auch entsprechende Anweisungen erteilt hatte, forderte jener die sofortige radikale Abschaffung aller der Reformation entgegenstehenden kirchlichen Einrichtungen. Der Bruch zwischen beiden kam schnell und endgültig. Bereits am 29. Oktober 1522 schrieb Georg von Wertheim seiner Frau, er wolle sich nach einem neuen Prediger umsehen, der »mer ain lerer, dan ein gebieter sey.«14 Dass Luther vom radikalen Eigensinn des von ihm Empfohlenen nicht sonderlich begeistert war,15 wundert wenig und dürfte das Verhältnis der beiden bereits zu diesem Zeitpunkt nachhaltig beeinflusst haben. Dabei war sich Strauß seines Rufes durchaus bewusst. Im Vorwort einer an Kurprinz Johann Friedrich von Sachsen (1503–1554) gerichteten Schrift beklagte er beispielweise nur wenige Monate später, dass er lediglich geringes Ansehen genieße, da er nicht heucheln oder liebkosen könne.16 Spätestens Ende November 1522 war Strauß wieder in Kursachsen, wo er an der Weimarer Disputation Wolfgang Steins mit den dortigen Franziskanern teilnahm.17 Durch die von Strauß besorgte Drucklegung der im Nachgang angefertigten schriftlichen Ausführungen der Disputanten wurde er weiteren Kreisen bekannt. Das Vorwort verfasste Strauß selbst. Es weist ihn als scharfzüngigen Vertreter der Reformation aus. Beendet hatte er es am 20. Januar 1523 bereits in Eisenach.18 Dort war er kurz zuvor – wohl auf Vermittlung Steins bei Herzog Johann – als Prediger an der Georgenkirche angestellt worden. Fortan entwickelte er nicht nur eine umfangreiche Predigttätigkeit, er publizierte auch nahezu im Monatstakt. Am 9. Februar 1523 schloss er sein bald darauf in Erfurt erschienenes Beichtbüchlein ab19 und am 26. März 1523 beendete er seinen »Kurtz Christenlich vnterricht«, mit dem er gegen den auch in Eisenach üblichen Reliquienkult vorging. Durch jene »Abgötterei« würde bei den Bischöfen, Kaisern, Königen, Fürsten und dem einfachen Volk der gründliche christliche Verstand des lebendigen...



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