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E-Book, Deutsch, 252 Seiten

Becker ¡Bon Camino, Vidal!

Pilgerreise der Wohnungslosenhilfe Rhein-Sieg nach Santiago de Compostela - 3. Auflage
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-7534-0974-0
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Pilgerreise der Wohnungslosenhilfe Rhein-Sieg nach Santiago de Compostela - 3. Auflage

E-Book, Deutsch, 252 Seiten

ISBN: 978-3-7534-0974-0
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Auf das Heilige Compostelanische Jahr 2010 fiel auch das Europäische Jahr zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung 2010. Die Wohnungslosenhilfe des SKM-Rhein-Sieg unternahm eine Pilgerreise mit Betroffenen nach Santiago de Compostela. In 8 Tagen ging eine Gruppe aus 7 Betroffenen und 2 KollegeInnen die letzten 170 km von O Cebreiro nach Santiago de Compostela auf dem Camino Frances. Dies als Aktion zum Europäischen Jahr zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung, besonders, da Pilgern sehr viele Parallelen mit dem Wohnungslos-Sein hat: Von Herberge zu Herberge ziehen und um Aufnahme bitten. Die Betroffenen erlebten hier, dass der Zustand der Durchreise ein gemeinsames Ziel haben kann. Aber wir wollten damit auch auf die besondere Lage armer Menschen hinweisen. Es gibt z.B. rund vier Millionen Obdachlose in der Europäischen Union, davon leben rund 250.000 in der Bundesrepublik. Eine offizielle Statistik gibt es allerdings nicht. Rechnet man die Menschen hinzu, die in spezifischen Hilfeeinrichtungen eine vorübergehende Bleibe gefunden haben, kann von einer Million Menschen die Rede sein. Die Wohnungslosenhilfe des SKM-Rhein-Sieg erreicht ca. 600-700 Menschen pro Jahr. Und es ist zu befürchten, dass es wegen der schlechten kommunalen Finanzlage in den nächsten Jahren zunehmend schwieriger wird, die notwendigen Standards auszubauen!

Bert Becker, geboren 1961, Dipl.-Pädagoge, Dipl.-Sozialarbeiter und Heilpraktiker (Psychotherapie), lebt mit seiner Familie in Köln. Er ist verheiratet und hat drei erwachsene Kinder. (mit Blick auf´s Thema: u.a. 1 Sohn und 1 Enkelsohn). Er studierte Katholische Theologie und Erziehungswissenschaften in Bonn sowie Sozialarbeit in Köln. Seit 1989 arbeitet er als Sozialarbeiter in Hilfeeinrichtungen für Wohnungslose bei verschiedenen Trägern und Kommunen. 1999 übernahm er die Leitung der Wohnungslosenhilfe im Rhein-Sieg-Kreis beim katholischen Träger SKM. Hier soll nun ab 2019 eine Beratungsstelle für Jungen und Männer aufgebaut werden.

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1) Geburt einer Pilgerreise
» Eine Sturzgeburt « Ich lernte Vidal im Sommer 2004 kennen, damals war er 42 Jahre alt. Er lebte mit einem seiner Söhne in einer kleinen Wohnung in Troisdorf. Mit einem Kollegen der Stadt Troisdorf suchte ich ihn zum ersten Mal auf. So traf ich hier einen Spanier im Rollstuhl an, mit maurischen Zügen und langen schwarzen Krussel-Haaren, die zu einem Zopf zusammengebunden waren, einem sympatisch verwaschenen spanischen Akzent und ca. 2500,-- € Mietrückständen – kurz vor der Räumungsklage... Vidal war im Jahr 1999 in seiner Heimatstadt Zamora als Zuschauer eines Stierkampfes verletzt worden. Er hatte in der 3. Reihe der Arena gesessen und der Stier ist wutschnaubend über die Brüstung gesprungen. 3 Zuschauer wurden schwer verletzt. Seitdem war Vidal querschnittgelähmt und an den Rollstuhl gefesselt. In Deutschland hatte er als Mitglied der spanischen Armee das Konsulat in Düsseldorf bewacht und hier eine Deutsche geheiratet, von der er mittlerweile geschieden ist. Er hat 2 Söhne – für die Damenwelt sei es gesagt: sehr hübsche Spanier – und eine Tochter. Nun, in der Folgezeit sorgten wir dafür, dass Vidal mit seinem Ältesten in seiner Wohnung bleiben durfte, dass er seinen Rentenantrag durchzog, seine Sozialhilfeschulden zurückzahlte und ihm aus Spanien eine Abfindung zugesprochen wurde. Durch diese wäre er schlagartig 180.000,-- € reicher, wenn sich die Gemeinde Zamora und der Bauherr der Arena nicht als chronisch zahlungsunfähig herausgestellt hätten. Da läuft nicht viel für ihn. Ja, und dann bin ich sein Finanzminister: Er setzt so viel Vertrauen in mich, dass er sein Geld über unsere Einrichtung verwalten lässt. Er geht wohl davon aus, dass er nicht gut mit Geld umgehen kann. Dann ist es ihm lieber, wenn er dies einem anderen überlässt. Ich kann das nachvollziehen, aber weiß auch, dass es eigentlich daran liegt, dass er ein guter Vater sein will. Meist verzichtet er darauf, seinen Sohn – denn der eine lebt ganz bei ihm - zu verpflichten, sich an der Mietzahlung zu beteiligen. So lebt er mit seinem Pflegegeld und seiner Rente unter dem sogenannten Satz des Lebensnotwendigen. Aber da ist er unverbesserlich. Was seine Behinderung angeht, so hat er sich mit ihr nicht nur arrangiert. In einem vertraulichen Gespräch sagte er mir mal, dass es eine zweite Chance für ihn sei und dass er nun ein besserer Mensch sei... Das hatte mir durchaus imponiert. Es ist auch seine Art trotz aller Beschwerden zu lachen und so ließ er sich den spanischen Satz „Todo me toca a mi“ – Mir geschieht alles oder alles berührt mich (oder so) – auf den linken Unteram tätowieren. Mittlerweile erkenne ich aber, wenn ihm ein Tag schwer fällt. Aber er steckt nie auf und lacht gerne. Soweit vorläufig genug zur Vita von Vidal, der sicher eine ganz entscheidende Person für unser Vorhaben war. Also, dieser Vidal sagte irgendwann im Herbst 2009 zu mir, dass er gerne meine Frau und mich auf eine Pilgerfahrt nach Santiago de Compostela einladen wolle, weil er sich erkenntlich für meine Hilfe über die Jahre zeigen wolle. Er habe da eine Abschlagszahlung aus der Abfindung zu erwarten. Aber ich musste nicht lange überlegen, denn solche Geschenke dürfen wir in unserem Job nicht annehmen. So sagte ich ihm zuerst natürlich ab. Trotzdem blieb dieses Anliegen in meinem Kopf, denn ich spürte durchaus, dass es auch ein tiefer Wunsch Vidals war. Er ist zwar kein überaus religiöser Mensch, aber legt, wie man es wahrscheinlich Spaniern generell unterstellen kann, trotzdem großen Wert darauf, dass er katholisch-christlich ist. Deswegen ist er ja auch immer beleidigt, wenn ich ihn wegen seines Aussehens als „Alten Mauren“ bezeichne – „De Spanisse Katär“ (El Gato español) ist ihm schon lieber. Einmal war mir auch aufgefallen, dass sich hinter einer Schranktür, als er sie öffnete, einige Glaubensdevotionalien – man könnte es auch ein Altärchen nennen – befanden. Also: so richtig ließ mir das keine Ruhe mehr, zumal ich auch selber sehr angetan war von der Idee mit Vidal – als Person – zu pilgern. Zumal da ja auch eine ganze Menge Vorlagen waren: Hape Kerkeling hatte gerade sein Buch „Ich bin dann mal weg“ geschrieben und selbst der Wolfgang Overath, der für den Verein, für den ich arbeite, sehr wichtig ist, hatte dann im Mai 2010 eine solche Pilgerreise nach Santiago de Compostela angekündigt – und später auch durchgezogen. Und wie das so ist mit Gedanken, die einwirken, kam mir dann die erlösende Idee: Wir pilgern mit betroffenen Menschen aus der Wohnungslosenhilfe, dem Fachbereich, dem ich seit 10 Jahren vorstehe. Das war´s! Zudem lief im Jahr 2010 das Aktionsjahr der Europäischen Kommission „2010 – Europäisches Jahr zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung“! Das war das Motto! Betroffene Wohnungslose, ehemals Wohnungslose und Helfer machen einen gemeinsamen Weg – wie Maria und Josef in Bethlehem tagtäglich Obdach suchend -, einen Pilgerweg, auf dem auch viele andere Menschen unterwegs sind und auf dem letztlich soziale und finanzielle Mauern fallen. Waren hier nicht alle gleich? Ich glaube, dass Vidal nicht ganz so begeistert war, als ich ihm dann die Idee unterbreitete. Immerhin, es war ja April oder Mai 2010 und ich hatte nur eine vage Idee von dem, was ich da plante. Etwas blauäugig und mit Gottvertrauen dachte ich mir, dass das schon irgendwie hinhauen würde. Das ist bei mir manchmal so, dass ich von einer Sache ein inneres Bild vor mir habe, welches sich dann umsetzen will. Das konnte Vidal natürlich nicht sehen, aber war dann trotzdem bereit mit mir zu planen und auch seine Verwandtschaft in Zamora mit einzubeziehen. Ich musste mich aber ab diesem Moment erst mal um die Gelder kümmern, denn natürlich hatten Betroffene in meinem Arbeitsbereich nur ein Einkommen, über die s.g. Hartz-Leistungen, was natürlich nicht annähernd für ein solches Unternehmen ausreichend war. Immerhin konnte eine ganz wichtige Hürde durch die Billigflüge genommen werden. Flüge von Weeze an der holländischen Grenze nach Valladolid würden pro Person, hin und zurück etwa zwischen 50,-- und 70.-- € kosten. Das schien mir durchaus machbar. Also stellte ich erst mal, und das war Anfang Juni 2010, einen internen Antrag auf eine Vorfinanzierung für Flüge im September 2010 in meinem Verein. Ich weiß, viele würden mich für verrückt erklären, eine solch kurze Zeit zu planen, aber irgendwie musste das nun sein. Man kennt das ja: Jetzt oder nie! O.k.: Intern – vom Verein und aus einem Fonds – wurden 1000,--€ bereitgestellt! Startschuss! Anfang Juli 2010 würde ich nun die Flüge buchen können! Aber dafür müssen ja noch Kandidaten gefunden werden. Hm, ausser unkonkreten Anfragen an Personen hatte ich noch nichts... Und Spendenaufrufe gingen raus, wofür ich eine Vorlage entworfen hatte s.u. – sowie auch die Lokalpresse wurde informiert, die sich, dann dankbar vor der Sommerpause, für pilgernde Wohnungslose interessierte. Ich muss schon sagen: ich war erstaunt über den Zuspruch, den wir dann von allen Seiten für unser Vorhaben erhielten. Von Stiftungen, die wir anschrieben, bis zu vielen Einzelpersonen, erhielten wir Unterstützung, finanziell, aber auch mental. Das machte Mut! Trotzdem war zu der Zeit, als ich die Flüge buchen wollte, noch nicht klar, ob finanziell alles Geld zusammenkommen würde. Aber da war das „Jetzt oder nie“ und ich verließ mich darauf, dass uns schon keiner hängen lassen würde: weder der Verein, weder die ein oder andere Stiftung mit „Vielleicht-Zusagen“ , noch die vielen Menschen, die sich – durch die Pressearbeit aufhorchend – bei uns meldeten. Auch im Verein muss man dem Engagement einiger danken! Christa und Annerose, selber schon nach Santiago gepilgert, entwickelten sich zu wertvollen Ratgebern! Mir fiel auf, dass ich mir über gewisse Details der Ausrüstung und Vorgehensweise gar kein Bild gemacht hatte. Ich habe mir doch zuvor nie Gedanken über Wandersocken ohne Naht, Sicherheitsnadeln zum Aufhängen trocknender Handtücher oder Unterhosen am Rucksack und die Behandlung von blasigen Füssen gemacht! Hape ist da keine Hilfe gewesen, denn der hat ja genug Geld im Rücken gehabt. Nun, die beiden gaben uns einen Grundkurs in „Pilgern für Anfänger“. Im Grunde begleiteten die beiden die Gruppe und beeinflussten auch entscheidend die Materialbeschaffung. Denn die musste nun auch anlaufen, da sich einige bekannte Sport- und Trekkingausrüster auf unsere Anfragen bezüglich Materialspenden nie zurückgemeldet hatten. So mussten wir die meisten Bestandteile der Ausrüstung käuflich erwerben, soweit keine Sachspenden von Privatpersonen reichten. Hier muss man auch einigen ehrenamtlichen Kolleginnen danken, die schon einige Rucksäcke an Land gezogen hatten. Trotzdem war ich froh, dass es Internet gibt. Schlafsäcke, Herbergsschlafsäcke, Regenponchos, Campingbestecke, Campingservice, Rucksäcke, Isomatten,...



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