Buch, Deutsch, 152 Seiten, PB, Format (B × H): 130 mm x 220 mm, Gewicht: 210 g
Buch, Deutsch, 152 Seiten, PB, Format (B × H): 130 mm x 220 mm, Gewicht: 210 g
ISBN: 978-3-940524-23-2
Verlag: Edition.fotoTAPETA Berlin
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Halyna Kruk: Ho paura/ Walentyn Berdt: Skype Mama/ Natalka Sniadanko: Frau Müller hat nicht die Absicht, mehr zu bezahlen/Halyna Malyk: Slawka/Serhij Hrydyn: Geld stinkt nicht/Oleksandr Hawrosch: Stepan im Glück/Marianna Kijanowska: Kirschen/Natascha Guzeeva: Unsichtbar/Oksana Luzyschyna: Wandteppich mit Hirschen/Tanja Maljartschuk: Kinderland/Oksana Luschtschewska: Das Familien-Finde-Spiel/Marjana Sawka: Mit Kinderaugen, Zu diesem Buch/Autorinnen und Autoren/Übersetzerinnen und Übersetzer
„Letztens hat Petro Titschyn gesagt, du kommst nie mehr zurück“, bemerkte Iwasyk scheinbar beiläufig. Die Verbindung war schlecht, das Satzende leierte wie eine kaputte Kassette. „Das stimmt nicht, Iwasyk“, rief Nelja schnell dazwischen, woher will dieser Petro das denn wissen, aber die Übertragung war verzögert, Skype zeigte an, dass die Lautsprecher nicht richtig funktionierten. „… wie ihre Wasylyna. Die hat da noch mal geheiratet und sich neue Kinder angeschafft, und um die anderen kümmert sie sich nicht mehr“, flüsterte derweil Iwas am anderen Ende. „Du musst in kurzen Sätzen sprechen, sonst höre ich dich nicht!“, rief sie noch, aber da war es plötzlich still. Vielleicht stand die Leitung noch, vielleicht aber auch nicht. Dabei musste sie unbedingt mit ihrem Sohn sprechen, sie hatte schon mehrere Tage darauf gewartet, aber auf dem Bildschirm blinkte die Nachricht auf: Der Anruf ist beendet. Dauer: 3:27. Mist. Er schickte ihr einen der vielen Smileys, den, der sich krümmt und vor Wut explodiert, die fielen ihm leichter als Text, denn er hatte den Computer neu und tippte nur mit einem Finger, es dauerte lange, bis er den richtigen Buchstaben fand. Die Smileys waren für ihn wie ein neues Spiel, er wollte alle mal ausprobieren. Nelja hatte nichts übrig für diese Spielerei, denn woher sollte sie wissen, hinter welchem Gesicht er sich verbarg und wie es ihm wirklich ging. Nelja klickte wieder den grünen Hörer an und fragte ein ums andere Mal: „Hörst du mich, Iwasyk? Ist es so besser?“ Das Netz in ihrem Ort war schlecht, die Verbindung nicht stabil, selbst Telefongespräche wurden immer wieder unterbrochen, Videoverbindungen waren hoffnungslos. Vielleicht lag es aber auch gar nicht an der Verbindung, sondern Iwasyk war irgendwie sauer auf sie und sagte einfach nichts? „Ich bin da, ich höre dich, sprich“, drang plötzlich von weither seine Stimme zu ihr. „Klar komm ich zurück, Iwasyk, das weißt du doch. Aber ein bisschen dauert’s noch, erst mal müssen wir den Kredit für die Wohnung abbezahlen. Und hör nicht auf Petro.“ „Dem hab ich erst mal die Fresse poliert, für alle Falle, damit er dich nicht mit ihrer Wasylyna, der alten Schlampe, vergleicht“, erwiderte Iwasyk. „So was darfst du nicht machen, und wie du redest, solche Wörter“, wandte Nelja zögerlich ein, aber es klang unsicher, als hätte sie Angst, ihr Sohn könnte denken, sie wäre auch so eine wie Wasylyna. Einerseits war er noch ein Kind, andererseits hatte er manchmal etwas völlig Unkindliches, Spitzes und Stacheliges an sich. Wie ein Igel. ‚Was willst du denn?‘, rügte sie sich selbst, ‚er ist auf sich allein gestellt, muss irgendwie zurechtkommen, sich durchschlagen. Du bist weit weg, wo nimmst du überhaupt das Recht her, ihn zu erziehen, du bügelst alle Konflikte ab, damit die Verbindung ja nicht abreißt.‘ „Du machst das alles wunderbar, Iwasyk, du bist so selbstständig“, sagte sie laut, als sei das ein Ergebnis ihres Nachdenkens. „Und was macht Oma?“ (aus Halyna Kruk: Ho paura)