E-Book, Deutsch, 204 Seiten
Reihe: Gründungsmythen Europas in Literatur, Musik und Kunst.
Bernsen / Baumann / Geyer Der Mythos von der Weisheit Ägyptens in der französischen Literatur der Moderne
1. Auflage 2011
ISBN: 978-3-86234-867-1
Verlag: V&R unipress
Format: PDF
Kopierschutz: 0 - No protection
E-Book, Deutsch, 204 Seiten
Reihe: Gründungsmythen Europas in Literatur, Musik und Kunst.
ISBN: 978-3-86234-867-1
Verlag: V&R unipress
Format: PDF
Kopierschutz: 0 - No protection
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Weitere Infos & Material
1;Inhalt;8
2;1. Einleitung;10
3;2. Der gründungsmythische Charakter der Erinnerung an Ägypten und der Orientalismus;16
4;3. Erinnerungsbilder Ägyptens und die französische Literatur der Moderne;24
5;4. Die Suche nach einer neuen Hieroglyphe in der französischen Literatur der Moderne;44
6;5. Der europäische Gründungsmythos von der Weisheit Ägyptens und die Dichtung Gérard de Nervals;68
6.1;5.1. Der Voyage en Orient als Versuch einer Initiation in die großen Mysterien;68
6.2;5.2. Das Sonett El Desdichado und die Auslotung gründungsmythischer Dimensionen europäischer Identität;79
6.3;5.3. Die Geschichtsphilosophie des Gedichts Horus;99
7;6. Gustave Flauberts antimythische Betrachtung Ägyptens;104
7.1;6.1. Die Tentation de saint Antoine und Ägypten;107
7.2;6.2. Flauberts Reise nach Ägypten;116
7.3;6.3. Die literarische Umsetzung der Ägyptenerfahrungen im Roman Salammbô;129
8;7. Théophile Gautiers Roman de la momie und die Ästhetik der Mumifizierung;140
9;8. Erinnerungsbilder Ägyptens bei Charles Baudelaire und die vergebliche Suche nach den Tiefendimensionen des modernen Subjekts;156
10;9. Stéphane Mallarmés Erinnerungsbilder Ägyptens in seinem literarischen Denkmal für Charles Baudelaire;166
11;10. Schlussbemerkung;186
12;11. Abbildungsverzeichnis;188
13;12. Bibliographie;190
7. Théophile Gautiers Roman de la momie und die Ästhetik der Mumifizierung (S. 139-140)
Einer der einflussreichsten Autoren der Moderne ist Th¤ophile Gautier. Gautier ist nicht allein aufgrund der von ihm begründeten ästhetischen Theorie des ›l’art pour l’art‹ bedeutend. Er ist zugleich einer der zentralen Literatur- und Kunstkritiker der Zeit. Ägypten spielt in den literarischen Werken Gautiers eine herausragende Rolle. Im Zentrum der Beschäftigung des Autors mit der ägyptischen Kultur steht die Geschichte der Tahoser im Roman de la momie von 1857, der Tochter eines Hohen Priesters, die den Pharaonenthron besteigt.
Diesem Roman gehen zwei Erzählungen voraus: Une nuit de Cl¤op?tre (1838), die von der Liebesnacht der Herrscherin mit ihrem Sklaven Me?amoun handelt, sowie Un pied de momie (1840), die Geschichte von einemMumienfuß, dessen Besitzer im Traum die Eignerin dieses Fußes, die Prinzessin Hermonthis, erscheint.
Ägypten ist aber auch Thema der Lyrik Gautiers, insbesondere in dem Gedicht Le Sphinx aus der Sammlung La Com¤die de la mort von 1838, in dem der Autor mythensynkretistisch eine Sphinxstatue als Mischwesen aus Isis und dem antikenMonster beschreibt. In dem GedichtNostalgies d’Ob¤lisques der Sammlung Emaux et cam¤es (1852) erzählt der 1836 nach Paris auf die Place de la Concorde verbrachte Obelisk seinem ›Bruder‹ in Luxor, wie er nunmehr aller geheimnisvollen historischen Tiefe entrissen und aller religiösen Bedeutung enthoben in einem Land ohne echten Totenkult und ohne Krypten in Langeweile sein Dasein fristet433.
Von den Autoren der Moderne, die sich mit der Kultur Ägyptens befasst haben, ist Th¤ophile Gautier derjenige, der besonders intensiv auf die Erkenntnisse der Ägyptenreisenden sowie der Wissenschaften, insbesondere der Archäologen und der Ägyptologen, zurückgreift. Besonders vertraut ist dem Autor die Histoire des usages funºbres et des s¤pultures des peuples anciens seines Freundes Ernest Feydeau von 1856, mit dem er sich regelmäßig brieflich austauscht. In der Widmung des Ägyptenromans Le Roman de la momie (1857) wird Feydeau die Rolle des Stofflieferanten zugewiesen,während Gautier für sich beansprucht, die fiktive Geschichte beigetragen zu haben:
[…] en m’ouvrant votre ¤rudition et votre bibliothºque, vous m’avez fait croire que j’¤tais savant et que je connaissais assez l’antique Ãgypte pour la d¤crire; sur vos pas je me suis promen¤ dans les temples, dans les palais, dans les hypog¤es, dans la cit¤ vivante et dans la cit¤ morte […] L’histoire est de vous, le roman est de moi; je n’ai eu qu’? r¤unir par mon style, comme par un ciment de mosa?que, les pierres pr¤cieuses que vous m’apportiez.