Blankertz | 2077 | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 2, 254 Seiten

Reihe: Zukunftkrimis

Blankertz 2077


1. Auflage 2014
ISBN: 978-3-86474-091-6
Verlag: Virulent
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, Band 2, 254 Seiten

Reihe: Zukunftkrimis

ISBN: 978-3-86474-091-6
Verlag: Virulent
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Im Namen der Gesundheit kontrollieren die Behörden die Menschen von der Wiege bis zur Bahre. Abweichungen von der Norm duldet man nicht. Erregung, Leidenschaft und Spontaneität werden mit Pillen auf Mittelmaß getrimmt. Penelope, eine junge Studentin, versucht mit ein paar Gleichgesinnten, Widerstand zu leisten. Als ein behinderter junger Mann in einem Pflegeheim stirbt, macht sie den Leiter verantwortlich und greift zur Waffe. Doch wie ist Widerstand in totaler Überwachung möglich? Mehr und mehr entgleitet Penelope die Kontrolle über ihr Handeln. Hilflos muss sie mit ansehen, wie sie zum Spielball fremder Interessen wird. Ein mörderischer Wettlauf gegen die Zeit beginnt, am dessen Ende sie die bittere Wahrheit erfahren muss ...

Stefan Blankertz, 1956, 'Wortmetz'. Arno Schmidts 'Schule der Atheisten' unmittelbar nach Erscheinen 1972 verschlungen. Eine erste Arno-Schmidt-Imitation 1974 veröffentlicht. Er lebt in Berlin und arbeitet als Theorietrainer am 'Gestalt-Institut Köln (GIK)'. Seit 1973 beschäftigt er sich mit Paul Goodman und dessen Werk in philosophischer, therapeutischer und literarischer Hinsicht; seine erste Buch- Veröffentlichung war die Übersetzung von Goodmans schulkritischer Kampfschrift 'Compulsory Mis-education' (1964) als 'Das Verhängnis der Schule' (Frankfurt/M. 1975). Seine Doktorarbeit (1983) und seine Habilitationsschrift (1986) handeln von Paul Goodman. Zur Erläuterung von Goodmans gestalttherapeutischer Theorie hat er u.a. die Bücher 'Gestalt begreifen: Ein Arbeitsbuch zur Theorie der Gestalttherapie' (erstmals 1996, Wuppertal 2011 in der 4. überarbeiteten Auflage erschienen), die Streitschrift 'Verteidigung der Aggression: Gestalttherapie als Praxis der Befreiung' (Wuppertal 2010) sowie eine eigene kommentierte Übersetzung von zentralen Passagen aus 'Gestalt Therapy' (1951) vorgelegt: 'Gestalttherapie Essentials' (Wuppertal 2012). Zum 100. Geburtstag von Paul Goodman 2011 stellte er den Reader 'Einmischung' (Bergisch Gladbach 2011) zusammen und widmete ihm seinen semi-autobiografischen Roman 'Die Literatte' (Berlin 2011). Mit Marie T. Martin übersetzte er ausgewählte Gedichte von Paul Goodman ('kleine gebete', edition g. 2013). Neben Arno Schmidt und Paul Goodman beeinflusst in der amerikanische Ökonom und Freiheitskämpfer Murray Rothbard, dessen legendäres Manifest 'Für eine neue Freiheit', das 1973 eine neue Bewegung ins Leben rief, den 'Libertarismus', er 2012 im Rahmen seiner edition g. neu edierte und herausgab. Seine literarischen Werke - historische und phantastische Romane und Lyrik - kreisen wie seine philosophischen, politischen und therapeutischen um die Rückgewinnung von Individualität, Freiheit und Menschlichkeit, die durch Krieg und Herrschaft deformiert worden sind.

Blankertz 2077 jetzt bestellen!

Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


5. KAPITEL
  «Mark ist tot», stöhnte ich leise, als ich aus dem Zanfeidalu «Zur Morgenröte» zu Donna ins Auto zurückkehrte. «Sie haben ihn umgebracht.» Donnas linke Hand bewegte sich sanft über meine rechte Backe. Die Hand war angenehm kühl und rau. Die ungewohnte Berührung ließ mich wohlig erschaudern. Ich nahm das ferne Echo eines Verlangens wahr. Meine Härchen richteten sich auf und leisteten der Hand gerade so viel Widerstand, dass das Gefühl der Berührung am stärksten wurde. Zwischen Daumen und Zeigefinger massierte die Hand mir das Ohrläppchen. Die Liebkosung betäubte und schärfte meine Sinne zugleich. Dann glitt die Hand unter den Kragen meines Kwantas in den Nacken. Die Finger pressten sich auf die Nackenwirbel und schoben die Haut - und das nach wie vor reichlich vorhandene Fett darunter - hin und her. Als sich die Hand über die Schulter nach vorne kämpfte, hielt ich die Luft an. Die Finger hoben den Träger meines BHs an und verloren jede Zurückhaltung. Sie kneteten meine rechte Brust. Ich stieß die aufgestaute Luft aus. Meine Brustwarzen wurden hart. Donnas Finger zogen gierig an ihnen. Ich spürte Feuchtigkeit zwischen meinen Schenkeln und schon waren auch die Finger dort. Ich streckte meine Hand aus und suchte mir, reichlich ungelenk, wie es mir schien, den Weg in Donnas Schoß. Ich kam kräftig. Donnas Opel geriet ins Schaukeln. Wäre jemand vorbei gegangen, hätte er womöglich die Guttuer geholt, so viel Lärm machte ich. Ich massierte Donna noch weiter. Als ich den Kopf von ihrer Schulter nahm, sah ich das wundervolle Profil der älteren Frau, klassisch schön wie eine antike Skulptur. Ich dankte Gott dafür, dass Donna meine Freundin geworden war. Hätte ich mir je träumen lassen, mit ihr zu schingschingen? Im Leben nicht! Donna wandte mir ihr Gesicht zu und hauchte: «Ich liane du, Penelope.» «Ich dich», antwortete ich ebenso leise. Das Wort «lianen» kam mir noch nicht über die Lippen. Der neue chineutsche Ausdruck hatte sich erst in den letzten Jahren vor allem unter Tongschingsen eingebürgert. Die weltberühmte chinesische Operndiva Ye Zhiqiu hatte sich zu ihrer deutschsprachigen Freundin Beate Pons bekannt und in einem provozierenden Interview auf deutsch gesagt: «Ich liane du, Beate.» Ich hatte Beate Pons 2068 sogar einmal persönlich getroffen, während meiner Ermittlungen zum Tod von Edgar Longhang. Sie war Assistentin von dem erwähnten Dr. Franz Kurzweil, dem Arzt, unter dessen unsinnfulichen Händen Edgar damals gestorben war. Als ich sie bei einem Verhör auf eigene Faust zu Hause aufsuchte, hatte ich mich verwundert gefragt, wie sie sich von ihrem Guthaben als Krankenschwester einen offensichtlich hohen Lebensstandard leisten konnte. Ich wusste noch nichts von Ye Zhiqiu. Nun war ich auch so eine Tongschingse und würde mich daran gewöhnen müssen, zu sprechen wie sie. Ich war erstaunt, dass weder Donnas noch mein Zwanjang sich meldete. Unsere emotionalen Werte mussten sich überraschenderweise im durch das vorgeblich allwissende Gesundheitsministerium fürsorglich festgelegten Normbereich befinden. Donna startete den Motor, der sich rüttelte, aufstöhnte und den Wagen zum Wackeln brachte wie ich eben beim Schingschingen. Schweigend fuhren wir in Richtung Florastraße, wo Donna wohnte. Ich versuchte, den Moment des Sinnfus festzuhalten und alle anderen Gedanken auszublenden. Es ließ sich jedoch nicht verhindern, dass ich sofort zweifelte, ob ich es denn richtig gemacht hätte, ob Donna zufrieden mit mir gewesen sein mochte. Sie fragen wollte ich nicht, denn dass hätte den Zauber des Augenblicks vollends zerstört. Wie konnte das überhaupt sein, dass ich so stark gekommen war, obwohl ich morgens eine ziemlich große Dosis Jaocao eingeschmissen hatte? Seit der extremen Enttäuschung zu Beginn meines Studiums hatte ich nicht mehr schingschingt, geschweige denn liant. Trotz unserer Ablehnung von Chemie hatte ich oft nicht anders gekonnt, als die unbotmäßig sich dennoch zeigende Lust mit Jaocao zu bekämpfen, so oft, dass sogar mein Zwanjang am Arm mich warnte, dass es auch bing sei, Sexualität vollständig zu unterdrücken. Ich solle, so wurde mir manches Mal unter Androhung von Bing-Strafpunkten empfohlen, stattdessen Jaosching nehmen und eine der vom Gesundheitsministerium eingerichteten und hygienisch wie psychologisch überwachten Partnerbörse besuchen. Mittelmaß, ja das war es, das allerorten uns beherrschen sollte, das uns terrorisierte und das jedes Fünkchen Leben aus unseren Körpern trieb. Diesem Mittelmaß wohnte eine gewisse paradoxe Dekadenz inne. Beruhigt schloss ich, dass Jaocao nicht wirksam sein konnte, wenn echtes Gefühl in den Körper zurückkehrt. Aber halt, durfte man nach dem Massaker von Llodio überhaupt noch privates Sinnfu genießen? Die fast spiegelglatten alten Reifen knirschten, die abgenutzten Bremsen quietschten auf, das Auto schlitterte zur Seite und kam dann mit einem Ruck zum Stillstand. Die Zeit war verflogen; und ich hatte nicht einmal an Mark gedacht, den toten Mark, den armen Mark, den unsinnfulichen Mark … Als wir ausstiegen, zogen wir unsere Kwantas zurecht und knöpften verstohlen unsere Hosen zu. Dabei grinsten wir uns selig an. Mir wurde einiges klar. Donna hatte nicht nur in den Jahren, in denen ich mit ihr zusammenlebte, keinen Mann angefasst, sondern mir gegenüber auch nie erwähnt, etwa jemals verheiratet gewesen zu sein oder auch bloß einen Freund gehabt zu haben. Sie sprach meiner Erinnerung nach nie davon, den Po eines Manns «susching» zu finden. Auch war mir nie aufgefallen, dass sie einem Mann irgendwie suschingsiert hinterher gesehen hätte. Einer Frau? Vielleicht. Darauf hatte ich nun nicht wirklich geachtet. Dass jetzt ihr Blick auf mich gefallen war, war schier unglaublich. Es gab wenig, was Donna mir je über ihr Leben berichtete hatte. Sie war, soviel ich wusste, bei ihrem Vater aufgewachsen, einem «Kriminalpolizisten», wie das damals in der guten alten Meigu-Zeit hieß. Ihre Mutter war in irgendeiner zweifelhaften «Sekte» verschwunden; als «Sekten» wurden vor der Zwangsvereinigung aller Religionen zum «Gesamtethischen Rat» religiöse Minderheiten bezeichnet, die von ihren Mitgliedern unbedingte Loyalität verlangten. Fast hatte ich den Eindruck, dass es sich bei den «Sekten» um eine Art Vorläufer der rechten Verfahrensweise im Kleinen gehandelt haben musste. Alles, woran sich Donna bezüglich ihrer Mutter erinnerte, war, dass sie an ihrem Bett saß, ihr zeigte, wie man die Hände zum Beten faltete und sprach: «Ich bin klein, mein Herz ist rein, soll niemand drin wohnen als Jesus allein.» Donnas Vater war von der Gläubigkeit seiner Ex-Frau so entnervt, dass er eine extreme Feindlichkeit jedweden spirituellen Erfahrungen gegenüber zur Schau stellte. Eine solche Haltung war mir von meinem eigenen Vater her nicht unbekannt. Für Donna war, wie sie öfter betonte, nie etwas anderes infrage gekommen, als auch zur «Polizei» zu gehen. Soweit ich wusste, hatte sie vor der Großen Chinesischen Wende in einer Abteilung gearbeitet, die - ohne allzu großen Erfolg - die Einschleusung von Flüchtlingen durch Menschenhändler verhindern sollte, Flüchtlingen, die vor allem aus Afrika in die deutschen Regionen strömten. Als die Wende 2048 über die europäischen Regionen hereinbrach, war es ihr, wie sie mir einmal ein wenig zerknirscht beichtete, scheißegal gewesen, unter wem sie ihrer geliebten Arbeit nachging. So wurde aus der «Kriminalkommissarin» eine Haupt-Guttuerin und dies stellte in ihren Augen damals nichts als eine nebensächliche Namensänderung dar. Allerdings lehnte sie es trotzig ab, als man ihr nahelegte, ihren eigenen Namen «Donna» zu ändern. Obwohl der Name unzweifelhaft romanischer Herkunft ist, wurde er als «meiguisch belastet» angesehen, da er in Meigu so beliebt sei. Weil sie intelligent, energisch und aufopferungsbereit war, wurde sie trotz dieser Unbotmäßigkeit ausgewählt, an einem speziellen Programm zur Ausbildung von Sicherheitskräften in China teilzunehmen, eine große Ehre. Doch ihr übermenschlicher Arbeitseinsatz forderte mit zunehmendem Alter ihren Tribut. Das Rauchen hatte sie sich als einzigen Fluchtpunkt gegen den enormen Druck nicht abgewöhnen lassen, auch wenn sie jährlich dazu aufgefordert wurde, bei einem Entziehungskurs mitzumachen. Ihre Weigerung wurde zwar mit Stirnrunzeln zur Kenntnis genommen, ihre Erfolgsbilanz bei der Fahndung machte sie aber unentbehrlich für die Guttuer. In der Zeit, als ich sie vor neun Jahren kennenlernte, hatte sie schon so viele Bing-Strafpunkte gesammelt, dass die Entmündigung eine real drohende Gefahr für sie darstellte. Das hatte sie nachdenklich gemacht. Und als sie darauf stieß, dass der chinesische Geheimdienst den Begründer der Schangsen-Bewegung Edgar Longhang hatte ermorden lassen, versetzte das ihrem Vertrauen in die rechte Verfahrensweise des Gesundheitsministeriums einen schweren Schlag. So wurde sie bereit; bereit zum Widerstand. In ihrer Wohnung setzte Donna Kaffee auf, obwohl mein Zwanjang mir jetzt eher zur Beruhigung mit Jaoping als zu Koffein riet. Ich setzte mich an den steinalten Küchentisch mit einer eklig klebrigen, aber angeblich antibakteriellen braunen Oberfläche aus chinesischer Produktion um die Zeit der Wende und wusste nicht, woran ich denken sollte. Donna brachte eine große Tasse, stellte sie vor mich und setzte sich mir gegenüber. «Darling -«, begann sie. «Bitte,...



Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.