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E-Book, Deutsch, 600 Seiten

Boden TRIANGULUM


1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-95765-718-3
Verlag: p.machinery
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 600 Seiten

ISBN: 978-3-95765-718-3
Verlag: p.machinery
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Die Menschheit dringt in den interstellaren Raum vor. Das Forschungsschiff PROKORINOS ist seit Jahrzehnten auf dem Weg zu einer Anomalie, die auf außerirdische Umtriebe hindeutet. Doch mitten im Nichts wird der Cyborg Jören Neelström als einziges Besatzungsmitglied aus der Kryostase geholt und muss feststellen, dass ihr Schiff verfolgt wird. Eine neue und totalitäre Elite, die inzwischen die Erde beherrscht, interessiert sich ebenfalls für die Mission. Für Jören und seine Wissenschaftskollegen entbrennt nicht nur ein Wettlauf um einen möglichen Erstkontakt, sondern auch ein Kampf um die eigene Freiheit. Doch was sie am Ziel ihrer Reise entdecken, widerspricht nicht nur allen Erwartungen, sondern stellt sie auch vor gefährliche und unbegreifliche Rätsel. Noch ahnt niemand, dass die Antwort auf alle Fragen bei einer Gruppe von Kindern liegt, die völlig allein gelassen in einem Kolonieschiff aufwachsen, das zudem gerade von einer fremden Lebensform zerfressen wird. Doch das Schiff der Kinder treibt seit Jahren in unerreichbarer Ferne durch das All.

Victor Boden, 1958 in Dresden geboren, ursprünglich gelernter Modellbauer, bildete sich autodidaktisch zum Grafiker aus, veröffentlichte Comic-Storys (teils unter dem Pseudonym Alexander Schwarzberg), unter anderem in SCHWERMETALL. War zwischenzeitlich Tagelöhner, Barkeeper, Postfahrer, Geschäftsinhaber und illustrierte Familienspiele. Lebt derzeit in Freiburg. Veröffentlichungen in EXODUS, NOVA und div. Anthologien. www.pseudoraum.com

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11. Jören
  Die G.T. AERON war bis auf siebenhundertvierzigtausend Kilometer herangekommen und jetzt über das Teleskop gut zu erkennen. De Fries suchte die besten Standbilder heraus, die sie bei der anhaltenden Eigendrehung geschossen hatte. Makray hatte sich auf dem zweiten Cockpitsessel festgeschnallt und Jören blickte ihm mit seinem sehenden Auge über die Schulter. Der Nanotechniker und die Geologin waren seit zwei Tagen auf den Beinen und müssten eigentlich in der Medizin liegen. Stattdessen lag dort Kommandant Vladd und wurde künstlich ernährt. Von der AERON waren in erster Linie ihre Hauptmerkmale zu erkennen: Neun ringförmig angeordnete Grubergondeln, die riesigen Torpedos glichen. Da das Schiff gerade abbremste, zeigten sie mit ihren stumpfen Abrasionsaufsätzen nach vorne. Die Gondeln wurden mit relativ dünnen Plattformen zusammengehalten, in denen der Treibstoff gelagert sein musste. Grubergondeln rissen kleine Löcher in den Normalraum und erzeugten dabei superstarke Gravitationsanomalien. Die Beschaffenheit des höherdimensionalen Überraums war ein großes Rätsel. Dennoch wurde diese Technik bereits vor hundert Jahren angewendet. Die OPHELIA, die ICÒN und die YUL-GOK waren Schiffe, die mittels Grubergondeln in den interstellaren Raum aufgebrochen waren. Damals betrug die erreichbare Geschwindigkeit ein drittel Licht. Die AERON musste wesentlich leistungsfähiger sein, da sie nach ihnen gestartet war und die PROKORINOS in wenigen Stunden einholen würde. Der Router meldete sich. »Es geht los!«, sagte Jören und drehte sich zu einem Hopro um. Er hatte dafür gesorgt, dass eintreffende Funknachrichten über eine Mediamaus abgerufen werden konnten, deren Verbindung zum Primärsystem gekappt war. »Sie widersetzen sich ihrem Führungsmeister. Die PROKORINOS ist Eigentum von LICHTZONE. Stoppen Sie sofort die Rotation!«, las Jören vor. Nichts anderes hatten sie erwartet. De Fries hatte einen Antworttext entworfen, unter den Jören seine Signatur gesetzt hatte: »F.S. PROKORINOS an G.T. AERON: Wir haben eine Anfrage bezüglich LICHTZONE ins Solare Sonnensystem geschickt, da Ihre Autorität vor Ort nicht bestätigt werden kann. Bitte gedulden Sie sich, bis wir Antwort erhalten. J. Neelström, derzeit Verantwortlicher der F.S. PROKORINOS.« Jören schickte sie ab. De Fries hatte sich den Anhang vorgenommen, der Teil der ersten Botschaft gewesen war. Wie Jören war sie zu dem Schluss gelangt, dass die angekündigte Übernahme jeder rechtlichen Grundlage entbehrte. »Reiner Nonsens. Wenn die uns mit Schwachsinn kommen, setzen wir einen drauf«, hatte sie gesagt. Jören hätte ihr diese Art Humor gar nicht zugetraut. Wenn überhaupt, würde eine Antwort aus dem Sonnensystem in Jahrzehnten eintreffen. Die Verzögerung beim Funkaustausch mit der AERON hingegen war kaum noch nennenswert. Kurz darauf kam eine weitere Botschaft, kurz und bündig: »Die Rotation ist augenblicklich zu stoppen!« »Ziemlich einfallslos, die Burschen«, kommentierte Jören. Im nächsten Moment ging eine leichte Erschütterung durch das Schiff, begleitet von einem entfernten, dumpfen Knall. »Die zünden tatsächlich die Minen!«, rief Makray. Ungläubiges Entsetzen lag in seiner Stimme. Die Erschütterung war minimal gewesen, Jören hatte mit etwas Kräftigerem gerechnet. Im gleichen Moment wurde ihm klar, was hier vor sich ging. Die Erkenntnis durchzuckte ihn schockartig. Natürlich wollten die nicht das Schiff zerstören. Kleine, dezente Explosionen kratzen das Schiff kaum an, sie würden aber die verglasten Menschen in den Tanks zum Zerbrechen bringen! Luna! Das war eiskalter Mord! »Wir müssen …« »Stopp sofort die Rotation!«, schrie De Fries dazwischen. Makray rief ohne zu zögern die Sequenz auf, die das Schiff wieder ausrichten würde. Dies war eines der Manöver, das sie einkalkuliert und vorsorglich berechnet hatten. Unhörbar und kaum merklich zündeten die kleinen Korrekturdüsen. »Die machen wirklich keine Scherze …«, murmelte Makray. Die erste Runde ging an LICHTZONE. De Fries drehte sich zu den beiden um. »Na gut, dann Plan B.«   Nach dem Angriff auf die NORDSTERN-Einrichtung durchforstete der Sturmtrupp und die anschließende Putzkolonne von GEOFLOTT das gesamte Gebiet, doch von der Anlage war nichts mehr übrig. Die Wasserstadt hatte die Trümmer der Labors unter sich begraben und damit alle Geheimnisse mit sich genommen. GEOFLOTT sammelte sämtliche Leichen ein, die sie zumindest an Land noch finden konnten. Eine von ihnen bestand aus den Überresten eines verloren gegangenen Eigentums. Als GEOFLOTT Jören Neelström aus dem Reich der Toten geholt hatte, bestand er lediglich aus einem Stück Oberkörper, an dem ein Arm und ein Kopf hingen. Ein Teil seiner linken Gehirnhälfte war zerquetscht gewesen. Doch es war ihnen gelungen, aus dem vorhandenen Material das fehlende Teil nachzuzüchten. Viel Erfahrung hatten sie nicht damit, das Verfahren war bislang nur experimentell angewandt worden. Doch Jören war zu einem Spezialfall geworden. Er hatte einen Blick auf ein vielversprechendes Projekt geworfen. Schädel und Kehlkopf hatten sie so weit zusammengeflickt, dass er sprechen konnte. Doch in dem nachgezüchteten Gehirn von Jören Neelström waren keine Erinnerungen mehr vorhanden. Sein Geist kam in einem Meer aus Wahnsinn und Qualen wieder zu sich. Er wusste nicht einmal mehr seinen Namen. In der Hoffnung, dass er sich dennoch irgendwann erinnern würde, schenkten sie ihm ein zweites Leben. Seine beiden Beine wurden durch künstliche Elemente ersetzt. Ebenso sein rechter Arm und Teile seines Kopfes. Man hatte ihn auf den Mars gebracht, dem neuen Zentrum von GEOFLOTT. Sie erinnerten ihn daran, dass er ihr Eigentum war. Damit er ihnen nicht noch einmal entwischte, wurde ihm ein Sender implantiert, mit dem er im gesamten Sonnensystem aufzuspüren war. In teilnahmsloser Apathie ließ er alles über sich ergehen. Mit mäßigem Erfolg versuchte er sich an seine künstlichen Beine zu gewöhnen, den neuen Arm und die vielen Teile in und an seinem zusammengesetzten Kopf. Immer wieder befragten sie ihn nach den Laboren. Doch seine Erinnerungen meldeten sich nur zögerlich und stückweise zurück. Er erinnerte sich undeutlich, schon einmal bei GEOFLOTT gelebt zu haben, vor unendlich langer Zeit auf dem Mond. Er erinnerte sich auch wieder an die Erde und an NORDSTERN. Er erinnerte sich an das Schwimmen im Fjord und an Oelsons väterliche Hand. Immer mehr Details tauchten auf, wenn auch mit vielen schwarzen Löchern. Am Ende erinnerte er sich wieder an die Labore. Sie hatten alles verändert. An den Angriff, der am Tag darauf erfolgte, erinnerte er sich heute am deutlichsten. Vor allem an das kleine Mädchen. Alicia. Mit dem Mädchen auf seinem Arm hatte er zum ersten Mal erlebt, wie sich ein Krieg in der Realität anfühlte. Wie es den Menschen erging, die leibhaftig daran beteiligt waren. Der Krieg hatte sich in dem Bild einer kleinen, Hilfe suchenden Hand manifestiert, die aus den Trümmern ragte. Seinen Rettern sagte er, dass er nicht wisse, was in den Laboren von NORDSTERN vor sich gegangen war, da er erst seit wenigen Tagen vor Ort gewesen war. Er hätte zum Sicherheitsteam gehört und das entsprach immerhin der Wahrheit. Man fand sich vorläufig damit ab, dass Jörens Rettung umsonst gewesen war. Nach seiner Rehabilitation bekam er einen Arbeitsplatz zugewiesen. Kleine, funktionale Alltagsmaschinen, die gewartet werden mussten. Putzroboter und Küchenhilfen. In GEOFLOTTS Datenbanken war er als Kleinmaschinentechniker und Programmierer einfacher Systeme aufgeführt. Trotz aller Lücken in seiner Vergangenheit erinnerte er sich an das Wissen, das ihn Oelson gelehrt hatte. Um keinen Verdacht zu erregen, zeigte er es nur ansatzweise. Gerade soweit, dass sie ihn an komplexeren Phasenprogrammen arbeiten ließen. Dort täuschte er vor, das neue Wissensgebiet für sich zu entdecken, das er schon einmal beherrscht hatte. Er achtete darauf, sein intuitives Verständnis der HI-Systeme geheim zu halten und die Waage zwischen dem Halbwissen eines Kleinmaschinentechnikers und seiner tatsächlichen Ausbildung zu halten. Irgendwann ließen sie ihn sogar in den Weltraum, wo er sich auf einem Frachter zum Ingenieur vortastete. Tatsächlich begeisterte ihn die Beschäftigung mit der Technik und den künstlichen Systemen längst nicht mehr so wie in seinem ersten Leben. Er tat einfach nur das, was er gelernt hatte. Man hatte ihm ein neues Leben geschenkt, aber sie hätten es ebenso gut bleiben lassen können. Niemand bei GEOFLOTT ahnte, dass er das Konzernimperium jahrelang infiltriert und ausspioniert hatte. Jetzt war er gezwungen, für das System arbeiten, das er bekämpft hatte. Doch GEOFLOTT war nur noch ein Name unter anderen. Eine Zeit lang hatte Jören geglaubt, bei NORDSTERN eine neue Heimat gefunden zu haben. Doch jetzt gab es nichts mehr, womit er sich verbunden fühlte. Er fragte sich, was er mit der Menschheit noch gemein hatte. Er fühlte sich nicht mehr zugehörig. Abgesehen davon war er jetzt tatsächlich kein Mensch mehr. Einige nannten ihn den Zombie. Und genauso fühlte er sich. Als lebender Toter. Alles änderte sich an dem Tag, als er von der interstellaren Mission erfuhr. Er rechnete sich aus, dass seine Chancen gar nicht so schlecht standen. Immerhin war er einmal ein Weltklasse-Cyberkrieger gewesen und konnte sich in Empfehlungslisten eintragen. Außerdem hatte er sich inzwischen zu einem Fachmann für flexible Phasenprogramme hochgearbeitet. Er konnte virtuelle HI-Entwicklungsingenieure zusammenstellen und war jetzt offiziell Schiffsingenieur und...



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