E-Book, Deutsch, 232 Seiten
Reihe: Reden reicht nicht!?
Bohne / Ohler / Schmidt Reden reicht nicht!?
3. Auflage 2023
ISBN: 978-3-8497-8408-9
Verlag: Carl Auer Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Bifokal-multisensorische Interventionsstrategien für Therapie und Beratung
E-Book, Deutsch, 232 Seiten
Reihe: Reden reicht nicht!?
ISBN: 978-3-8497-8408-9
Verlag: Carl Auer Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
In der täglichen Praxis beschleicht Psychotherapeuten und Berater immer wieder der Verdacht: Reden reicht nicht. Wenn dem so ist, was hilft dann weiter?
In diesem Band stellen neun Autoren unterschiedliche, in der Mehrzahl bifokal-multisensorische Techniken vor. Dazu gehören eingeführte Methoden wie Eye Movement Integration (EMI) und Eye Movement Desensitization and Reprocessing (EMDR), Klopfen sowie Prozess- und Embodimentfokussierte Psychologie (PEP). Sie werden ergänzt durch hypnosystemische und verhaltenstherapeutische Ansätze sowie die Ego-State-Therapie.
Das Potenzial der Ansätze wird aus verschiedenen professionellen und wissenschaftlichen Perspektiven zur Diskussion gestellt. Im Vergleich werden Gemeinsamkeiten und Unterschiede sichtbar gemacht, in deren Mittelpunkt nicht Konkurrenz, sondern gegenseitige Wertschätzung steht.
Mit Beiträgen von: Michael Bohne • Martin Grunwald • Evelyn Beverly Jahn • Matthias Ohler • Eva Pollani • Gary Bruno Schmid • Gunther Schmidt • Bernhard Trenkle • Matthias Wittfoth.
Zielgruppe
Hypnotherapeuten
Psychotherapeuten
Körpertherapeuten
Verhaltenstherapeuten
Coachs
Autoren/Hrsg.
Fachgebiete
- Sozialwissenschaften Psychologie Psychologische Disziplinen Coaching, Training, Supervision
- Sozialwissenschaften Psychologie Psychotherapie / Klinische Psychologie Verhaltenstherapie
- Sozialwissenschaften Psychologie Allgemeine Psychologie Bewusstseinszustände Hypnose, Psychopharmaka-induzierte Bewusstseinszustände
- Sozialwissenschaften Psychologie Psychotherapie / Klinische Psychologie Beratungspsychologie
Weitere Infos & Material
Ausrufezeichen und Fragezeichen – eine Einleitung
»Reden reicht nicht!?« – Beim Abendessen nach dem zweiten Planungstreffen zur Organisation eines Kongresses zu bifokal-multisensorischen Interventionstechniken schlug Beate Ch. Ulrich, Geschäftsführerin des Carl-Auer Verlages, zwischen zwei Gabelfüllungen spontan diesen Kongress-Titel vor. Michael Bohne hatte zuvor beiläufig erwähnt, dass viele Seminarteilnehmer in den Vorstellungsrunden der PEP-Kurse äußerten, dass in der Praxis reden allein oft nicht reiche. Allen Anwesenden war sofort klar: Das trifft es. Über ihre Intonation hatte die Ideengeberin, ob nun bewusst oder nicht, auch unmissverständlich mit eingebracht, dass neben das Ausrufezeichen ein Fragezeichen gehöre. Es sollte von Anfang an ja nicht um profitables Marketing für irgendwelche Formen therapeutischer Interventionen und Modelle gehen, sondern um Begegnung, Austausch, Lernen und Kontroverse. Und all dies sollte sich auch durchaus konfrontativ gestalten dürfen (was die einen oder anderen Vortragenden und Teilnehmer an Podiumsdiskussionen und Themenforen dann auch nutzten). Es ging auf dem Kongress ja auch darum, die teils verdeckt, teils offen, vor allen Dingen aber teils unschön ausgetragenen Konkurrenzen einem öffentlichen Forum zuzuführen, um ihre professionellere Beobachtung zu ermöglichen und alle daran Interessierten in eine gemeinsame, zugewandtere Lernatmosphäre einzuladen. Dafür durfte der Titel aber auch eine provozierende Note haben.1 Ein erklärtes Ziel der Carl-Auer Akademie ist es, unwahrscheinliche Kommunikation wahrscheinlich zu machen: Menschen treffen sich, die sich sonst eher nicht begegnet wären – oder eine Begegnung vielleicht sogar vermieden hätten –, und es entstehen Gelegenheiten, Neues entstehen zu lassen. Dafür muss man Räume für sich strukturierende Kommunikation schaffen. In diesen soll – ein weiteres erklärtes Ziel – möglichst Nutzen entstehen für beraterische, therapeutische und medizinische Forschung und Praxis.2 Das ist im Mai 2014 unwahrscheinlich gut gelungen: Der erste Kongress »Reden reicht nicht!? – Bifokal-multisensorische Interventionstechniken«, zu dem die Carl-Auer Akademie in Kooperation mit den Milton-Erickson-Instituten Heidelberg und Rottweil sowie dem Institut für Prozess- und Embodimentfokussierte Psychologie (PEP) – namentlich Gunther Schmidt, Bernhard Trenkle und Michael Bohne – und der Trenkle Organisation GmbH eingeladen hatte, brachte hochinteressierte und -motivierte Menschen aus unterschiedlichen professionellen Feldern und therapeutisch-beraterischen Konzeptwelten in Heidelberg zusammen. Teilnehmende wie Referierende konnten erfahren, wie auch ein zweites, in der Kongressankündigung erklärtes Ziel erreicht werden kann: Im Mittelpunkt steht die fachliche Kontroverse, die über die Darstellung der eigenen Positionen deutlich hinausgeht und Wege für neue Entwicklungen sowie Modelle für die Zukunft schaffen hilft. Dass es bei solchen Begegnungen auch dampft und kracht, ist in kreativen Labors gang und gäbe und muss nicht in Widerspruch zu Respekt und Wertschätzung geraten. Thematisch gingen die Beiträge und Diskussionen des Kongresses auch über den zunächst enger gezogenen Kreis sogenannter bifokalmultisensorischer Techniken hinaus. In dem vorliegenden Buch geben neun Autoren aus unterschiedlichen Perspektiven Einblicke in Konzepte und Praxis solcher wissenschaftlicher, konzeptioneller und methodischer Ansätze zur Entwicklung eines vertieften Verständnisses beraterischer und therapeutischer Vorgehensweisen, die entweder über »bloßes« Reden teils weit hinausgehen oder die sich dem Reden in anderer, bislang weniger beobachteter Form anschließen bzw. anders zu ihm positionieren. Michael Bohne eröffnet das Spektrum mit der kritischen Positionierung der von ihm entwickelten Prozess- und Embodimentorientierten Psychologie (PEP) in Bezug zu und Abhebung von Traditionen verschiedener körperorientierter Verfahren und Klopftechniken (wenn man es mit einem von Helm Stierlin geprägten Begriff sagen wollte: die bezogene Individuation von PEP). Besonderes Augenmerk gelten der therapeutischen Beziehung und deren möglichst großer Leichtigkeit, der kritischen Reflexion bisher angebotener wissenschaftlicher »Erklärungen« für erfolgreiche Techniken sowie, last not least, der Entmystifizierung des Märchenwaldes von Wirkhypothesen, um Raum für kritisch-offene und überraschungsfreudige Forschung zu schaffen. Unter Bezug auf Milton H. Erickson und andere verfolgt Bernhard Trenkle die These, dem Erfolg von Techniken wie EMDR und EMI könnten sowohl explizite als auch implizite Musterunterbrechungen zugrunde liegen. Die gleichzeitige Unterbrechung alter pathologischer Problemtrance-Muster ist ein nicht zu unterschätzender Beitrag zur Wirksamkeit von Techniken, die für sich alleine angewandt sogar kontraproduktiv wirken können. Über eine Fülle praktischer Fallbeispiele wird diese Spur konsequent verfolgt. Die besondere Rolle der Einbeziehung von Mustern der Augenbewegung lässt sich auf diese Weise besser spezifizieren, nicht zuletzt in der Unterschiedlichkeit ihrer Schnelligkeit und daraus folgender Vor- und Nachteile. Martin Grunwald beschäftigt seit langer Zeit der »homo hapticus«. Grunwalds umfangreiche und detaillierte Forschungen zur Neurobiologie spontaner Selbstberührungen gehören für ihn in das große Projekt, »in allen lebenswissenschaftlichen Disziplinen (…) die biopsychischen Grundlagen der menschlichen Körperlichkeit im Verhältnis zu Emotions- und Kognitionsprozessen besser als bisher zu verstehen«. Es liegt klar auf der Hand, welch hohe Relevanz dies für Fragen nach der Wirkung und praktischen Weiterentwicklung von u. a. auf Selbstberührung setzenden therapeutischen Methoden und Interventionen hat. Auf solche Weise könnten aus einer von Michael Bohne ebenso wie von Matthias Wittfoth – dessen Artikel dem Grunwalds folgt – geforderten Forschung nützliche Fragen und Vorgehensweisen gewonnen werden, die zum einen helfen zu entmystifizieren und zum anderen für wirksame therapeutische Praxis dienlicher sind. Matthias Wittfoth widmet sein Kapitel dem Lob der »Wiederentdeckung des Körpers« in psychotherapeutischen Kontexten sowie der daraus resultierenden Chancen für ein nutzvolleres Verhältnis von Wirkungsforschung und therapeutischer Praxis. Allerdings bleibt die Warnung nicht aus, allzu wohlfeilen Legitimierungsmythen durch falsch oder verkürzt dargestellte Forschungsergebnisse, z. B. aus der Hirnforschung – aber nicht nur aus dieser –, auf den Leim zu gehen. Die politische Dimension der teils respektvollen, teils kungelhaften Forschung-Praxis-Beziehung scheint hier deutlich durch. Mit zwischenmenschlichen Atmosphären thematisiert Matthias Ohler ein Phänomen, dem in der letzten Zeit eine wachsende Aufmerksamkeit zukommt. Eine konzeptionelle Klärung jenseits begrifflich schwer zugänglicher und teils doch spekulativ-esoterischer Texte ist bislang aber Desiderat geblieben. Von der Idee her, Atmosphäre als grundständig metaphorisches Konzept zu begreifen – das im alltäglichen Leben gar nicht so unzureichend verstanden ist, wie zuweilen behauptet wird – werden Grundthesen zu Struktur und Bedeutung von Atmosphäre in zwischenmenschlichen Verhältnissen entwickelt. Es folgen Argumente zu Vorteilen der atmosphärischen Perspektive und praktische Tipps für den alltäglichen Umgang damit. Den Abschluss dieses Beitrags bildet die Präsentation zweier Übungsformate für Beratung und Selbstanwendung, die an sprachlich-grammatische Formen angelegt sind. Gary Bruno Schmid stellt in knappen, szenisch präzise bemessenen Schritten eine Empowerment-Methode vor, die dramaturgischen Vorbildern folgt. Seine Methode ist der Idee verpflichtet, Bewusstsein als im gesamten Organismus organisiertes Phänomen zu verstehen. Von dort her wird einleuchtend, inwiefern menschliche Vorstellungskraft genauso Nocebo- wie Placebo-Effekte hervorbringen kann – und auch, warum und wie sie über den »hypnosystemischen Aufbau einer individualisierten Selbstheilungsgeschichte« zu nutzen wäre, in Heilung förderndem Sinne. Als versierte Verhaltenstherapeutin und zugleich erfahrene Nutzerin verschiedener körpertherapeutischer und bifokal-multisensorischer Techniken entwickelt Evelyn Beverly Jahn ein erweitertes praktisches Verständnis von Embodiment. Ziel sind die Selbstbefähigung und Selbstwirksamkeit von Klienten an der Schwelle von kognitiven Einsichten zu beglückenderem Tun (»mind behavior gap«). Das Verfahren wird in acht ausführlichen Schritten beschrieben, von der Entwicklung eines Ziealbildes über die würdevolle Betrachtung bisheriger Überlebensmuster und neuen, ressourcengestützten Motivationsaufbau bis hin zur durch einen mit sich selbst geschlossenen Vertrag gestützten proaktiven Phase....