E-Book, Deutsch, 127 Seiten
Bornewasser / Hacker Mein Pflichtteil
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-406-69958-0
Verlag: C.H.Beck
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Mein Anteil am Erbe
E-Book, Deutsch, 127 Seiten
Reihe: Beck kompakt - prägnant und praktisch
ISBN: 978-3-406-69958-0
Verlag: C.H.Beck
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
So viel steht Ihnen zu am Nachlass! Sie sind enterbt oder sehen eine konkrete Gefahr? Lernen Sie Ihre Rechte kennen, sowohl was Pflichtteil und Pflichtteilsergänzungsanspruch betrifft als auch Sicherung und Durchsetzung Ihrer Rechte. Anschaulich mit vielen Beispielen, Mustern und Tipps, einem Glossar zu den wichtigsten Begriffen sowie einem ausführlichen Sachverzeichnis für den schnellen, gezielten Zugriff.
Die Schwerpunkte:
- Pflichtteilsanspruch, Berechtigte, Quote und Wert
- Pflichtteilsergänzungsanspruch
- Auskunft und Wertermittlung
- Verhalten bei Strafklauseln
- Fälligkeit und Verjährung
- Verzicht, Entziehung und Unwürdigkeit
- Gerichtliche Durchsetzung.
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29Voraussetzung des Pflichtteilsanspruchs
Ein Pflichtteilsanspruch entsteht nur dann, wenn der Pflichtteilsberechtigte durch Verfügung von Todes wegen völlig enterbt wurde (siehe unten), oder die zugewandte Erbquote kleiner als die Pflichtteilsquote ist (siehe Seite 33). oder der zugewandte Erbteil beschränkt oder beschwert wurde (siehe Seite 34), Der enterbte Pflichtteilsberechtigte
Notwendige Voraussetzung für einen Pflichtteilsanspruch ist, dass der Pflichtteilsberechtigte auf Grund einer Verfügung von Todes wegen wirksam von der Erbfolge ausgeschlossen ist. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Pflichtteilsberechtigte ausdrücklich enterbt wurde, oder ob der gesamte Nachlass einer anderen Person zugewendet wird. Enterbung durch Testament
Für die Frage der Enterbung ist es ohne Bedeutung, ob der Erblasser ein handschriftliches oder ein notarielles Testament verfasst hat. Auch ein sog. Negativ – Testament, das heißt die Bestimmung, dass eine Person nicht Erbe werden soll, beinhaltet eine wirksame Enterbung. 30Enterbung durch ein gemeinschaftliches Testament
Ein gemeinschaftliches Testament kann nur von Ehegatten oder Lebenspartnern einer eingetragenen Lebenspartnerschaft errichtet werden. Typischerweise setzen sich die Ehegatten jeweils gegenseitig zu alleinigen sog. Vollerben ein (erster Todesfall) und bestimmen Dritte, die sog. Schlusserben für den Fall des Todes des Zuletztversterbenden (zweiter Todesfall). Da bei dieser gegenseitigen Einsetzung zu Alleinerben der überlebende Ehegatte Vollerbe wird, bedeutet dies zugleich die Enterbung der Abkömmlinge auf den ersten Todesfall. Häufig finden sich in gemeinschaftlichen Testamenten sogenannte „Pflichtteilsstrafklauseln“ mit dem Inhalt, dass für den Fall, dass ein Abkömmling beim ersten Todesfall gegenüber dem überlebenden Ehegatten seinen Pflichtteil geltend macht, dieser dann auch beim Todesfall des überlebenden Ehegatten auf den Pflichtteil beschränkt wird (siehe Seite 93). Beispiel Die Ehegatten haben in einem gemeinschaftlichen Testament verfügt, dass sie sich wechselseitig als Alleinerben einsetzen. Als Schlusserben bestimmen sie ihren einzigen Sohn (S). Hinsichtlich der Schlusserbeneinsetzung soll keine Bindung für den überlebenden Ehegatten bestehen. Weiter besteht eine Pflichtteilsstrafklausel. S macht bei dem Tod der Mutter seinen Pflichtteil gegenüber seinem Vater nicht geltend, da er davon ausgeht, später durch die Schlusserbeneinsetzung Alleinerbe nach dem Vater zu werden. Nach fünf Jahren lernt der Vater eine neue Lebensgefährtin kennen, die er in einem weiteren Testament als Alleinerbin einsetzt. 31Bei dem Tod des Vaters erhält S „nur“ noch den Pflichtteil für diese Enterbung. Der Pflichtteilsanspruch hinsichtlich der Enterbung bei dem Tod der Mutter ist verjährt (zur Verjährung siehe Seite 96). Hätte S gleich nach dem Tod der Mutter seinen Pflichtteil geltend gemacht, hätte er aufgrund der Pflichtteilsstrafklausel auch nur den Pflichtteil auf den zweiten Todesfall erhalten. Aber S hat die Geltendmachung auch in dem falschen Glauben unterlassen, Alleinerbe zu werden. Damit hat er im Ergebnis einmal den Pflichtteilsanspruch verloren. Tipp für den Pflichtteilsberechtigten Bevor ein Abkömmling den Pflichtteil geltend macht, muss auf jeden Fall überprüft werden, ob sich in den testamentarischen Verfügungen Pflichtteilsstrafklauseln finden. Ein Verstoß gegen eine Pflichtteilsstrafklausel ist nicht „heilbar“. Weiter ist zwingend zu prüfen, ob die den Erben des längerlebenden Elternteils begünstigende Schlusserbenstellung endgültig bindend ist. Nur in diesem Fall kann sich der Pflichtteilsberechtigte sicher sein, auf jeden Fall Erbe des längerlebenden Ehegatten zu werden. Enterbung durch Erbvertrag
Auch durch einen wirksamen Erbvertrag können Enterbungen erfolgen, in dem andere Personen zum Erben bestimmt werden. Zur Wirksamkeit muss der Erbvertrag notariell beurkundet sein. Auch Ehegatten können einen solchen notariellen Erbvertrag schließen. Für den Pflichtteilsberechtigten ist es unerheblich, ob Ehegatten wirksam in einem handschriftlichen 32gemeinschaftlichen Testament oder in einem notariellen Erbvertrag die Enterbung vorgenommen haben. Tipp für den Pflichtteilsberechtigten Gibt es Bedenken gegen die Wirksamkeit einer Verfügung von Todes wegen, ist dies gegenüber dem Nachlassgericht mitzuteilen. Das Nachlassgericht hat bei nachvollziehbaren Zweifeln die Wirksamkeit des Testaments zu prüfen. Keine Enterbung bei Vor- und Nacherbschaft
Der Erblasser kann für sein Erbe mehrere Erben in einer zeitlichen Abfolge einsetzen. Das Gesetz spricht hierbei von einem Vorerben (dem zuerst Bedachten) und einem Nacherben (dem zuletzt Bedachten). Bei der Vorerbschaft wird mit dem Tod des Erblassers die Vermögensmasse des Erblassers zunächst dem Vorerben zugewendet. Mit Eintritt des Nacherbfalls, regelmäßig der Tod des Vorerben, wird aber das Vermögen dem Nacherben zugewendet. Der Vorerbe erhält also das Erbe nur vorläufig, in der Kenntnis dies später dem vom Erblasser bestimmten Nacherben zu hinterlassen. Die Stellung des Vorerben lässt sich mit der eines „Treuhänders für die Nacherben“ umschreiben, da der Vorerbe für die Nacherben das Erbe zu verwalten und zu erhalten hat. Testamentarisch können hier durch den Erblasser Vorgaben gemacht werden. Im Ergebnis ist aber durch die Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft keine Enterbung des Vorerben und des Nacherben im Sinne des Pflichtteilsrechts entstanden. Ist der Pflichtteilsberechtigte selbst als Vorerbe eingesetzt, ist er 33gerade nicht enterbt, sondern er ist (vorläufig bis zum Eintritt des Nacherbfalls) Erbe. Ist der Pflichtteilsberechtigte dagegen als Nacherbe eingesetzt, muss er nur auf den Eintritt des Nacherbfalls warten, um das Vermögen des Erblassers zu erhalten. Eine Enterbung im Sinne des Pflichtteilsrechts liegt aber nicht vor (zur Geltendmachung des Pflichtteils bei Vor- und Nacherbschaft siehe Seite 34). Beispiel Die Eheleute M und F bringen beide aus einer jeweils ersten Ehe zwei Kinder in die Ehe mit. Die Stiefkinder werden nicht adoptiert. In einem gegenseitigen Testament setzen sich M und F gegenseitig jeweils ausdrücklich als Vorerben ein, als Nacherben werden die Kinder aus der jeweiligen ersten Ehe benannt. Damit wird bei einem Todesfall eines Ehegatten gesichert, dass der überlebende Ehegatte das Erbvermögen zunächst nutzen kann, aber für die Kinder des Verstorbenen aus erster Ehe erhalten muss. Eine Enterbung der Kinder des Erblassers ist damit aber nicht verbunden. Der zurückgesetzte Pflichtteilsberechtigte
Der Gesetzgeber berücksichtigt, dass der Erblasser einen Pflichtteilsberechtigten mit einer Erbquote bedenken kann, die geringer ist, als die Hälfte seines gesetzlichen Erbteils. Damit liegt keine „vollständige“ Enterbung vor. Andererseits kann durch diese unzureichende Erbeinsetzung das Pflichtteilsrecht nicht ausgehöhlt werden. Deshalb kann der Erbe zusätzlich zu seinem Erbteil einen Zusatzpflichtteil bis zur Höhe seines gesetzlichen Pflichtteils verlangen. 34Beispiel Der nicht verheiratete Erblasser setzt seinen Sohn als Erben mit einer Quote zu 7/8, seine Tochter als Erbin mit einer Quote zu 1/8 ein. Die gesetzliche Erbquote wäre für beide Abkömmlinge je ½. Die Tochter kann nun die „Ergänzung“ ihres Erbteils von dem Bruder als Miterben bis zur Höhe der Hälfte des gesetzlichen Erbteils, also einen Pflichtteilsanspruch verlangen. Folglich kann die Tochter, die bereits zu 1/8 Erbin ist, als Wertergänzung zu ihrem Erbteil, ein weiteres Achtel als Zusatzpflichtteil verlangen. Tipp für den Pflichtteilsberechtigten Im Falle eines Erbteils der unter der Pflichtteilsquote liegt, führt eine Ausschlagung des Erbteils nicht dazu, dass sodann der gesamte Pflichtteil geltend gemacht werden könnte, sondern der ausschlagende Erbe verliert den Anteil des ihm zugewandten Erbes. Selbstverständlich kann aber weiterhin der Zusatzpflichtteil geltend gemacht werden. Der belastete Pflichtteilsberechtigte
Der Erblasser kann eine Anordnung in seiner Verfügung von Todes wegen gegenüber dem Erben treffen. So kann er den Erbteil durch die Einsetzung eines Nacherben (damit ist der Erbe nur Vorerbe), die Ernennung eines Testamentsvollstreckers oder die Bestimmung einer Teilungsanordnung beschränken. In diesen abschließenden drei Fällen hat der 35Erbe entweder die Möglichkeit, diese Beschränkungen zu akzeptieren oder er kann seinen Erbteil ausschlagen und den Pflichtteil verlangen. Damit hat der pflichtteilsberechtigte Erbe ein Wahlrecht. Dieses Wahlrecht steht dem Erben auch bei einer sog. Beschwerung zu, wenn sein Erbteil nämlich mit einem Vermächtnis oder einer Auflage belastet ist. Ein Vermächtnis ist ein Anspruch eines Dritten gegen den Erben in Form eines Forderungsrechts. Dies beinhaltet typischerweise Geldzahlungen oder die Herausgabe von Gegenständen. Unter einer Auflage versteht man eine Verpflichtung in Form eines Tun oder...