E-Book, Deutsch, 190 Seiten, Format (B × H): 150 mm x 210 mm, Gewicht: 260 g
Reihe: Edition Erlebnispädagogik
Bous / Scholz / Eisinger Im Erlebnis forschen - Durch Erlebnis forschen
1. Auflage 2018
ISBN: 978-3-944708-81-2
Verlag: ZIEL
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)
Erlebnispädagogik in Wissenschaft und Forschung
E-Book, Deutsch, 190 Seiten, Format (B × H): 150 mm x 210 mm, Gewicht: 260 g
Reihe: Edition Erlebnispädagogik
ISBN: 978-3-944708-81-2
Verlag: ZIEL
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)
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Forschung, Theorie und Praxis der Erlebnispädagogik Zur Notwendigkeit eines Trialoges erster Ordnung und zweiter Ordnung von Janne Fengler 1. Kontextualisierung und Eingrenzung des Themenfeldes In der Erlebnispädagogik liegt das übergreifende Anliegen im Veränderungsimpuls: Wie jede Pädagogik geht sie von einer Erziehungsbedürftigkeit des Menschen, von seiner Lernfähigkeit und von der Fähigkeit, für andere Menschen erzieherisch tätig sein zu können, aus (Fengler 2015, 2017a). Die Frage nach den Wirkungen liegt daher ebenso wie bei anderen pädagogischen Ansätzen auf der Hand. Inwieweit ist die bisherige Forschungshistorie der Erlebnispädagogik mit forschungsbezogenen Diskussionssträngen und Kontroversen in der Erziehungswissenschaft in Zusammenhang zu sehen? Inwieweit ist die Erlebnispädagogik von diesen tangiert gewesen und inwieweit ist sie es heute? In welcher Hinsicht stehen die Herausforderungen, mit denen die erlebnispädagogische Forschung umzugehen hat, mit Vorgenanntem in Zusammenhang? Der Fokus einer Beurteilung pädagogischer Maßnahmen nach ihrem Ergebnis hat sich in der Erziehungswissenschaft insbesondere seit den empirischen Wenden Bahn gebrochen. Zu Beginn der Disziplinbildung Ende des 19. und bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts war die Forschung in der Pädagogik als geisteswissenschaftliche Fachrichtung hermeneutisch-qualitativ geprägt (vgl. Matthes 2011). Der erste Umbruch zu stärker quantitativ orientierter Forschung, realistische Wendung genannt, erfolgte in den 1960er und 1970er Jahren im Zuge bildungsökonomischer und bildungssoziologischer Initiativen (vgl. Roth 1962, 256 –286). Durch die sog. empirische Erziehungswissenschaft wurde dem Verstehen der frühen geisteswissenschaftlich und hermeneutisch geprägten Pädagogik das Erklären zum Erfassen von Erziehungswirklichkeiten paradigmatisch entgegengestellt (vgl. hierzu Smith/Keiner 2015). Ende der 1990er Jahre kam es im Zuge erster internationaler Schulleistungs-Vergleichsstudien zur sog. zweiten empirischen Wende (vgl. Fend 2010). Die Erlebnispädagogik in Deutschland ist seit Anbeginn stark in der außerschulischen Handlungspraxis etabliert und allenfalls im Rahmen von Schulsozialarbeit oder eingebettet in Klassenfahrten systematisch-strukturell in Kontexte formellen Lernens integriert gewesen. Angesichts der in diesen Handlungsfeldern jedoch vollständig anderen Zielsetzungen sind die angestrebten Wirkungen erlebnispädagogischerMaßnahmen bisher nicht in das Blickfeld systematischer Evaluationen des Bildungssystems gefallen. Entsprechend kann von direkten Einflüssen der dort gelagerten empirischen Umorientierungen bzw. kann von analogen Wenden nicht gesprochen werden. Die Hinwendung zur Erforschung der Effekte von Erlebnispädagogik war und ist demgegenüber eher dem Anliegen einer Legitimierung nach innen und außen geschuldet. Für den englischsprachigen Raum ist seit den 1950er Jahren ein gewisser body of research der Erlebnispädagogik dokumentiert; die Anzahl und Qualität der Studien hat seit den 1970er Jahren noch einmal deutlich zugenommen (vgl. Ewert 1987; Paffrath 2013); im deutschsprachigen Raum markieren die späten 1980er und beginnenden 1990er Jahre eine stärkere Hinwendung zur Empirie (vgl. hierzu auch die Wirkungsanalyse Outward Bound, Jagenlauf/Bress 1990; vgl. Michl 2009; Paffrath 2013). Zur empirischen Forschungslage sei exemplarisch auf die dazu vorliegenden Meta-Analysen verwiesen (ausführlicher, wie auch zur kritischen Diskussion vgl. Fengler 2017b). Auf Grundlage dieser Datenbasis lässt sich feststellen, dass erlebnispädagogische Programme statistisch bedeutsame Effekte auf eine verbesserte Selbstwahrnehmung von Teilnehmerinnen und Teilnehmern haben. Der Forschungsstand ist unter Einbeziehung der vorliegenden empirischen Arbeiten und deren Qualität insgesamt als recht gut zu bezeichnen, wie auch die Diskussion über die Frage der Wissenschaftlichkeit der Erlebnispädagogik im Zusammenhang mit ihrer systematischen Einordnung (vgl. z. B. Ziegenspeck 1992, Themenheft 5/2014 der Zeitschrift erleben & lernen) als zufriedenstellend gelöst gelten kann. Manche mittlerweile an Universitäten verankerte Institute (vgl. hierzu auch das Themenheft 6/2012 der Zeitschrift erleben & lernen) geben seit einigen Jahren Forschungsansätzen eine institutionelle Rahmung und ermöglichen empirische Abschlussarbeiten, die, so ist zu hoffen, die Forschungslage perspektivisch noch differenzierter und fundierter werden lässt. Im Zuge der erläuterten letzten empirischen Wende der Erziehungswissenschaft wurden erstmals Gesichtspunkte einer bis dahin in Medizin und Psychotherapie geführten Diskussion auch in den pädagogischen Diskurs aufgenommen: Es ging um Evidenzgrade und Sinn und Zweck evidenzbasierter Forschung (vgl. z. B. Tippelt/Reich-Claassen 2010; Biesta 2011a). Im Kern folgt diese dem Anliegen, empirisch-experimentelle Erkenntnisse über Wirkfaktoren von Interventionen zu gewinnen mit der Zielsetzung, entsprechendes Steuerungswissen zu generieren. Kritiker führen die Haltung eines pädagogischen Zweck-Mittel-Denkens im Sinne von „Kausaltechnologien“ (Biesta 2011b, 102) ins Feld. Für die deutsche Erlebnispädagogik besteht im Unterschied etwa zur deutschen Psychotherapie oder Kunsttherapie kein berufs- oder sozialrechtlicher Zwang, ihren Handlungsansatz als evidenzbasiert auszuweisen; die Anzahl an Diskussions-Beiträgen aus der Erlebnispädagogik zu diesem Thema ist überschaubar. Eine mit dem Thema Evidenzorientierung allerdings eng verbundene Thematik wird von wissenschaftlich, wie auch praktisch arbeitenden Erlebnispädagoginnen und Erlebnispädagogen intensiv thematisiert: Es geht hierbei um die beigemessene Güte und Nützlichkeit ergebnisorientierter, im Unterschied zu prozessorientierter, Forschung (Heekerens 2013). Gleichsam als Pole eines Spannungsfeldes werden von verschiedenen Autoren darüber hinaus verwandte Aspekte in den Mittelpunkt der Betrachtung gestellt (vgl. für das Folgende z. B. Priest 1999; Hovelynck 2003; Lakemann 2005; Klawe 2006; Heekerens 2013). So werden nicht nur ausdrücklich und prominent die Begrifflichkeiten von Ergebnis und Prozess verwendet, sondern es werden als Herausforderungen auch zugrundeliegende erkenntnistheoretische Paradigmata zwischen der Überzeugung einer Existenz von Kausalitäten (positivistischer Ansatz) im Unterschied zu der multipler Wirklichkeiten (naturalistischer Ansatz) in ihrer jeweiligen Anschlussfähigkeit zum erlebnispädagogischen Ansatz diskutiert. Zudem werden forschungsmethodische Zugänge im Vergleich qualitativer und quantitativer Verfahren erörtert. Auf diese Themen wird unter dem Stichwort Kernfragen weiter unten ausführlich einzugehen sein (vgl. Tab. 1), denn sie bilden die Rahmung für folgende Feststellung: Wenden wir uns nach der einleitenden Erörterung des Forschungsvolumens in der Erlebnispädagogik im Ganzen und der wissenschaftlichen Verortung in toto der Frage zu, ob und ggf. in welcher Weise sich der Forschungszugang in der Erlebnispädagogik in entsprechender oder andersartiger Weise wie in der Allgemeinen Erziehungswissenschaft verändert hat, so sind anstelle von „Wenden“ eher polarisierende Kontinuitäten zu verzeichnen. Wer ein Anliegen der Weiterentwicklung empirischer Forschung in der Erlebnispädagogik hat, kommt nicht umhin, sich mit diesen Fragen auseinander zu setzen. Zusammenfassend ist festzustellen: Der Forschungsstand zur Erlebnispädagogik in Deutschland wie auch international ist unter Berücksichtigung des vorliegenden body of research und der Qualität zahlreicher Arbeiten als zufriedenstellend zu bezeichnen. Von den sog. empirischen Wenden ist die (außerschulisch verortete) Erlebnispädagogik nicht nennenswert beeinflusst bzw. tangiert worden. Im Unterschied zu anderen Interventionsansätzen im psychosozialen Bereich musste sich die Erlebnispädagogik bisher nicht mit Fragen nach Wirksamkeitsnachweisen durch den Beleg von Evidenz befassen. Würde dies eines Tages gefordert, so könnte jedoch eine Reihe von Meta-Analysen, welche nach Evidenz-Kriterien als höchster Standard („Gold-Standard“) angesehen werden, und weitere Studien auf hohen Evidenzstufen ins Feld geführt werden. In diesem Beitrag soll auf Grundlage der Errungenschaften erlebnispädagogisch orientierter Forschung der Versuch unternommen werden, aus einer Metaperspektive zu erörtern, welche zentralen Linien der weiteren Beachtung bei Forschungsbemühungen lohnen, um dem erlebnispädagogischen Ansatz zur Weiterentwicklung auf eine neue Stufe zu verhelfen – in der Forschung und damit untrennbar verbunden auch in der Theorie und der pädagogischen Praxis. Es wird dabei erkennbar werden, dass die in der Erziehungswissenschaft und der Bildungsforschung beobachteten Entwicklungen bemerkenswerte Erkenntnisse und Fragestellungen hervorgebracht haben, die, wenn sich die erlebnispädagogische Community mit ihnen befasst, ganz entscheidend den weiteren Verlauf der Forschung in der Erlebnispädagogik prägen können. 2. Trialog von Forschung, Theorie und Praxis Welche Entwicklungsperspektiven gibt es für die Forschung in der Erlebnispädagogik? Nachdem im vorangegangenen Abschnitt die Forschungssituation der Erlebnispädagogik erläutert wurde, lohnt sich zur Beantwortung dieser Frage die Theorie und die Praxis der Erlebnispädagogik mit in den Blick zu nehmen und das Beziehungsgeflecht zwischen den drei Bereichen (Trialog) zu erörtern. Die erlebnispädagogische Praxis ist in Literatur und Handlungsfeld umfassend aufgestellt. Eine Vielzahl einschlägiger Bücher mit methodischen Empfehlungen (z. B. Priest/Gass/Gillis 2000) wie auch Methodenkompendien (z.B. Rohnke 1995; Kölsch/Wagner...