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E-Book, Deutsch, 360 Seiten

Brill Der in den Abgrund sah

Eine außergewöhnliche Reise durch die Geschichten unseres Denkens
4. Auflage 2021
ISBN: 978-3-7543-9194-5
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Eine außergewöhnliche Reise durch die Geschichten unseres Denkens

E-Book, Deutsch, 360 Seiten

ISBN: 978-3-7543-9194-5
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Eine humorvolle Reise durch vier Jahrtausende Ideengeschichte, gespickt mit einer ordentlichen Portion Ironie und einer Prise Erotik. Von Noah bis Kant, von Uruk bis Ulm, von Aschenputtel bis zu fliegenden Orang-Utans, die Geschichten sind so zahlreich, dass sicherlich das ein oder andere Souvenir von der Reise durch die Zeit bleibt. Die Bibel als Fundament des christlichen Glaubens, die griechische Philosophie als Grundlage des Denkens, die Zeit der Aufklärung als Basis wissenschaftlicher Erkenntnis - die drei Säulen der heutigen Auffassung der Welt. Dass die Philosophie mit den alten Griechen begann ist ebenso erfunden wie der Mythos der Seevölker, die das Ende der Bronzezeit einleiteten. Auch die Geschichte der Sintflut stammt nicht aus der Bibel. Die Zeit der Aufklärung zerstörte nicht nur ein mittelalterliches Weltbild, sondern schuf zugleich neue Mythen, die bis heute nur selten hinterfragt werden. Mit einer gehörigen Portion Ironie werden jene Geschichten unter die Lupe genommen und filetiert, die noch immer dieses Denken bestimmen. Woher diese Geschichten stammen und seit wann sie erzählt werden hält die ein oder andere Überraschung bereit. Wir begleiten die ersten Archäologen nach Ninive, und nehmen mit Herodot an einem griechischen Symposium teil. Wir treffen Rousseau in Annecy und erfahren, was Haute Cousine und Guillotine gemein haben. Wir nehmen an Hegels Vorlesungen in Berlin teil und begleiten Wallace nach Borneo. Außer amüsanten Geschichten bleibt von manchen Überzeugungen nicht viel übrig.

Dr. Stefan Brill (1967) ist Philosoph, Wirtschafts- und Politikwissenschaftler. Er lebte lange in Mittelamerika, Europa und Asien, verbringt seine Zeit heute jedoch lieber in seinem Haus im sonnigen Süden, in der Hoffnung, nicht wieder allzu viel Geld an der Börse zu verlieren.

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Spaziergang im Park Willkommen in der berühmten Stadt Göttingen. Setzen wir uns ein wenig und genießen die wärmende Sommersonne. Man ist noch recht ungestört, denn gerade erst hat das neue Jahrhundert begonnen, das neunzehnte, wohlgemerkt. Um die Ecke kommt gerade ein junger Student namens Georg Grotefend, der sich lautstark mit seinem väterlichen Freund Fiorillo darüber streitet, was gerade in der Welt passierte. Man befand sich mitten in der Zeit der Aufklärung, und man war sich dessen durchaus bewusst. Wem das bislang noch nicht klar war, dem schmetterte aus Königsberg ein gewisser Immanuel Kant, schon damals bekannt wie ein bunter Hund, seinen Zuhörern entgegen, sie sollten doch zur Abwechslung mal ihr Hirn einschalten und sich aus ihrer 'selbstverschuldeten Unmündigkeit' befreien, wie er es nannte. 'Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung'. Langsam begann man zu erkennen, warum die Welt so war wie sie ist. Die Menschheit begann nach der Sintflut, und die Weisheit mit den Griechen. So stand es geschrieben und so musste es sein. Die Welt veränderte sich gerade gewaltig. Bevor Georg geboren wurde herrschte noch Ordnung. In Frankreich trug der König seinen Kopf noch auf den Schultern und saß fest auf dem Thron. Ludwig XVI. war Frankreich, Frankreich war riesig, und Paris der Nabel der Welt. Jetzt aber war das Chaos ausgebrochen. Der König lag nun auf dem Schafott, sein Kopf im Korb davor, und mit ihm schien die ganze alte Ordnung gefallen zu sein. Plötzlich redete man von Bürgern, von Nation, und von Freiheit und Gleichheit, die mit der Revolution gekommen waren. Auch im Heiligen Römischen Reich deutscher Nationen gab es kein anderes Thema, und natürlich wurde von Napoleon geredet, der gerade aus Ägypten zurückgekommen war. In den Salons und an der Universität gab es kein anderes Thema. Man sprach von einer 'deutschen Nation', und viele wünschten sich, dass der Franzose endlich käme, und mit ihm die ersehnte Veränderung. Der junge Student hatte damit einige Schwierigkeiten. Sein Landesherr war Georg III., und der war deutscher Kurfürst und zugleich englischer König. Welcher Nation sollte man da schon angehören? England war früher ein Zwerg, jetzt aber entwickelte es sich rasend schnell zur Weltmacht. Georg III. besaß Kolonien in der ganzen Welt, von Amerika bis Indien. Dampfmaschinen nebelten ganze Städte ein und trieben die 'industrielle Revolution' an. Wirtschaft war das Top-Thema auf der Insel, und neue Fabriken schossen wie Pilze aus dem Boden. Es rumorte derzeit gewaltig in Europa. Georg hatte in den letzten Wochen die Archive der Bibliothek durchforstet und war auf alte Reiseberichte aus dem Orient gestoßen. In den Büchern waren Zeichnungen von alten Ruinen, und auf diesen Ruinen war eine uralte Schrift notiert, die noch niemand entziffern konnte. Dass diese wenigen Zeilen den Schlüssel zu einem außergewöhnlichen Schatz bargen, konnte Georg natürlich nicht wissen. Niemand ahnte, dass diese alte Schrift bald ein ganzes Weltbild zum Einsturz bringen sollte. Wie dieser Schlüssel in den Besitz der Göttinger Universität gelangt war, ist wiederum einer Geschichte von Zufällen zu verdanken. Coitus Interruptus in Arabien Heynes Vorgänger, der ehrenwerte Professor Michaelis, den der Onkel des Lügenbarons seinerzeit an die neu gegründete Universität in Göttingen geholt hatte, hatte es nämlich vierzig Jahre zuvor fertig gebracht, die erste wissenschaftliche Forschungsexpedition nach Arabien auf die Beine zu stellen. Den Bericht dieser Reise hatte Georg nun in den verstaubten Gefilden der Universitätsbibliothek wiedergefunden. Es war eigentlich eine gescheiterte Expedition, und Professor Michaelis hatte schließlich keine weitere Notiz davon genommen. Der alte Professor wollte seinerzeit nachprüfen, was denn an den Geschichten der Bibel wahres dran war. Er zweifelte keinesfalls an der heiligen Schrift, und es gab auch keinen Grund dafür, vielmehr suchte er nach wissenschaftlicher Evidenz für die Echtheit der Bibel. Man lebte in der Zeit der Aufklärung, und niemand, der einigen Verstandes war, zweifelte wirklich an der Schrift Gottes, der Geschichte der Schöpfung und der Sintflut. Aufklärung hieß ja schließlich auch, den Verstand zu benutzen. Wie viele seiner Kollegen war Professor Michaelis der Auffassung, dass sich Arabien seit den biblischen Zeiten nicht sehr verändert habe. Was wäre also einfacher und einleuchtender, als jemanden dort hinzuschicken und die Angaben der Schrift zu überprüfen. So setzte er sich also bald auf seine vier Buchstaben, nahm seine Bibel zur Hand und notierte all die Fragen, die ihm für seine Forschung wichtig erschienen. Es gab Fragen zum allgemeinen Klima in Arabien, nach Städten und Landschaften, nach den Tieren die dort lebten und auch den Pflanzen, die man dort antreffen könnte. Ihn interessierte, woher das Rote Meer seine Farbe habe, ob es fliegende Schlangen gäbe, wie das Manna zubereitet werde, oder ob die Araber, ähnlich der Hottentotten, ihre Ochsen mit ihren Hörnern zum Schutz gegen wilde Tiere in Reihe dicht aneinander stellten. Die Vorstellungen vom Orient waren, gelinde gesagt, noch etwas dürftig. Sehr wahrscheinlich hatte der Professor den Norden Europas niemals verlassen und bezog seine Kenntnisse hauptsächlich aus der heiligen Schrift. Vielen seiner Kollegen ging es nicht anders. Seine Forschungsziele fasste er in einem Buch zusammen, den 'Fragen an die Gesellschaft gelehrter Männer', ein wahres Kabinett von Köstlichkeiten. Ob Zahnschmerzen in Arabien seltener seien, wurde dort gefragt, und was dies mit dem Gebrauch von warmen Kaffee zu tun habe. Oder ob 'Unbeschnittene' im warmen Klima Arabiens häufiger von Karbunckeln geplagt würden als 'Beschnittene', und was das ganze schließlich mit der Hautfarbe zu tun habe. Natürlich interessierte er sich auch für die unterschiedlichen Arten der Entmannung, speziell, ob die 'Testikel nun ausgedrückt oder die Ruthe abgeschnitten' werde. Er kannte nämlich seine Bibel auswendig, und dort steht ja auch, dass kein Mann mit zerquetschten Hoden oder verstümmelten Glied in die Gemeinde darf (5 Mose 23.1). Wenn den Professor schon so etwas interessierte, dann ganz bestimmt auch, ob in Arabien die verschmähte Schwägerin noch immer ihren Schwager anspucken, den Schuh ausziehen, und als 'Barfüßler' beschimpfen dürfe. Was uns heute eher befremdlich erscheint, war für die damalige Zeit eine durchaus verständliche Frage. Dazu muss man nur die biblische Geschichte von Juda und Tamar kennen, und die geht folgendermaßen: Tamer hatte damals nämlich Judas ältesten Sohn Ger geheiratet, beide lebten glücklich und zufrieden, nur hatten sie noch keinen männlichen Nachkommen gezeugt, als Ger plötzlich starb. Ohne Sohn steht die Witwe nun auch ohne Erbanspruch da, und folglich schickte ihr ihr Schwiegervater seinen zweiten Sohn Onan, um sich der Sache anzunehmen. Die beiden bemühten sich zwar nach Kräften, aber immer wenn es so weit war, ließ ihr Schwager den Samen lieber auf den Boden fallen, so steht es in der Bibel. Dieser erste 'coitus interruptus' der Weltgeschichte passte dem HERRN nun gar nicht, und so muss Onan sterben. Interessanter Weise jedoch steht 'Onanie' heute als Synonym für 'Masturbation', mit der der biblische Onan so gar nichts zu tun hatte. Hingegen wird noch heute der 'coitus interruptus', dem Onan letztendlich zum Opfer fiel, in vielen christlich-religiösen Kreisen als einzig zulässige Methode der Empfängnisverhütung angesehen. Eigentlich eine vollkommen verkehrte Welt, aber so ist das manchmal mit der Religion. Aber zurück zur Geschichte. Tamer war noch immer ohne Erbe und wartete nun vergebens auf Sohn Nummer drei, um endlich einen männlichen Nachkommen zu produzieren. Der kleine Schela war offensichtlich noch nicht so weit für derartige Erfahrungen, und so vergaß Papa Juda denn auch bald, seiner Verpflichtung nachzukommen. Tamer war darüber naturgemäß weniger begeistert, und beschloss daher, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Sie verkleidete sich als Prostituierte, in dem sie sich ein Kopftuch auftat - so einfach ging das damals - setzte sich vor die Stadt und wartete auf ihren Schwiegervater. Der kam auch tatsächlich vorbei, und scheinbar war Tamers Tarnung so gut, dass selbst der Schwiegervater sie nicht erkannte. Er buchte sie für eine Nacht, schwängerte sie, bezahlte brav, und zog von dannen. So erhielt Tamer endlich ihr Erbe, so steht es in der Bibel, und wenn es schon in der Bibel steht, dann muss es auch so sein (1 Mose 38). Bleibt noch die Sache mit dem 'Schuh' zu klären, den die Verschmähte ihrem Schwager auszieht. Auch das ist...



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