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E-Book, Deutsch, Band 4, 110 Seiten

Reihe: Kometen der Anderen Bibliothek

Buch Nolde und ich. Ein Südseetraum

E-Book, Deutsch, Band 4, 110 Seiten

Reihe: Kometen der Anderen Bibliothek

ISBN: 978-3-8477-6003-0
Verlag: AB - Die Andere Bibliothek
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Wir begleiten Emil Nolde auf seine inspirierende Reise in die Südsee, wir bestaunen das unternehmerische Geschick von Queen Emma und folgen den Spuren Hans Christian Buchs durch Städte und Landschaften. Neu-Guinea gesehen aus drei unterschiedlichen Perspektiven, die sich im Raume, aber nicht in der Zeit treffen. Drei Lebensgeschichten, die sich kreuzen und doch nicht zueinander finden. Queen Emma, die neben fabelhaftem Reichtum durch Plantagen und Ländereibesitz in der Südsee trotz ihrer Herkunft – halb Samoanerin, halb Amerikanerin – zum Mittelpunkt der Upper-Class-Südsee-Gesellschaft aufsteigt und ein aufregendes Leben mit vielen, unterschiedlichen Männern führt. Emil Nolde, der Maler, der neben seinem künstlerischen Stil auf Neu-Guinea seine große Liebe fand – und das war nicht seine Frau Ada – und seinen Antisemitismus überwand. Sein Blick auf das Land, die Menschen, die Farben: mit Interesse, aber nicht mit Teilnahme. Hans Christoph Buch, der Papua-Neuguinea, die Stadt Rabaul, das fremde Land entdeckt und dabei mit sezierendem Blick und einer großen Portion Sarkasmus die auf der Suche nach sich selbst-Reisenden beschreibt.

'Ja, so etwa könnte es gewesen sein, aber nein, so war es nicht.'

Hans Christoph Buch verbindet, das ist sein literarisches Stilprinzip, Fiktion und Wirklichkeit: Emil Nolde unternahm in den Jahren 1913-1914 eine Reise in die Südsee; Queen Emma (1850–1913), die Königin der Südsee, war in der Tat reich durch ihr unternehmerisches und weibliches Geschick. In klarer Sprache entsteht ein magischer Sog, der uns tief in die Geschichte eines sehr fremden Landes eintauchen lässt.
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Maler Nolde (1)
»Find out what you cannot do, then go and do it – there lies the golden rule …« (John Donne) 1 Im Herbst 1913 reiste Emil Nolde nach Neuguinea. Nolde, der mit bürgerlichem Namen Hans Emil Hansen hieß, war 46 Jahre alt und hatte sich vom armen Bauernbub aus Nordschleswig zum expressionistischen Maler emporgearbeitet, ein von Rückschlägen und Enttäuschungen markierter Weg, den er nur im festen Glauben an seine künstlerische Berufung hatte zurücklegen können. Schlimmer noch als die materielle Not, die Fronarbeit in der Fabrik, der ständige Geldmangel und die durch Hunger und Kälte verursachte Tuberkulose, die er durch einen Aufenthalt in der Schweiz kurieren musste, war die Zurückweisung seiner Bilder durch die offizielle Kunstkritik, gegen deren Engstirnigkeit er in einem offenen Brief Einspruch erhob. Der ruppige Ton dieses Briefs, mit dem er den Nachäffern der französischen Impressionisten den Kampf ansagte, ebenso wie dessen Adressat, der Präsident der Berliner Sezession Max Liebermann, hatten Nolde den Ruf eingebracht, ein fanatischer Antisemit zu sein, obwohl nichts ihm ferner lag. Auf seinen religiösen Gemälden hatte er die Jünger Jesu und die Gottesmutter Maria als orientalische Juden kenntlich gemacht, wie dies vor ihm schon Rembrandt getan hatte – nicht in blasphemischer Absicht, sondern aus tiefer Religiosität, die der Bibellektüre seiner Kindheit entsprang. Der glühenden Kraft und Farbigkeit dieser Bilder hatten auch jüdische Kritiker Respekt gezollt, während die christlichen Kirchen ihn zum Gottesleugner erklärten. Verkehrte Welt! Zwar hatte die Ausstellung des Kölner Sonderbunds Arbeiten Noldes in einer Reihe mit Meistern der Moderne wie Munch, van Gogh und Cézanne gezeigt, und vom Verkaufserlös seiner Bilder hatte er für sich und seine Frau Ada eine Fischerkate in Nordschleswig gekauft, aber es war unklar, ob es sich um einen dauerhaften Durchbruch oder nur um eine kurzfristige Wetterbesserung handelte, der Sturm und Hagel folgen würden. Wie viele Künstler wurde Nolde von Zweifeln geplagt, was die äußere Anerkennung seines Werkes, nicht aber was dessen inneren Wert betraf. In dieser verfahrenen Situation erschien ihm die Einladung zur Teilnahme an einer vom Reichskolonialamt veranstalteten Südsee- und Neuguinea-Expedition wie zwischen Wolken hervorbrechendes Sonnenlicht, eine höhere Fügung, die den gordischen Knoten seiner selbstverschuldeten Isolation zerschlug. Sein Entschluss stand von vornherein fest, aber während er in Erwartung des Telegramms, das seine Berufung zum Ethnographen der Expedition bestätigen sollte, den hinter dem Deich gelegenen Auwald durchstreifte, auf dessen einsamen Pfaden er sich die Inspiration zum Malen holte, kamen ihm ernste Zweifel, ob die Entscheidung richtig war: Elender Scharlatan, blutiger Dilettant, künstlerischer Bankrott und ästhetischer Offenbarungseid – diese und andere Formulierungen gingen ihm durch den Kopf, mit denen der Kunsthändler Paul Cassirer seine Bilder abqualifiziert hatte, und beim Gedanken an Adas geschwächte Gesundheit und seine prekäre Finanzlage, die den Aufenthalt in der Südsee zum doppelten Risiko machten, entschloss er sich, die dem Kolonialamt gegebene Zusage unter Hinweis auf mangelnde Tropentauglichkeit zu widerrufen. Nolde beschleunigte die Schritte, um seiner Frau, die der Reise mit Bangen entgegensah, die gute Nachricht zu überbringen, als er Ada mit einem roten Tuch aus dem Dachfenster ihres über den Deich ragenden Hauses, genannt Utenwarf, winken sah. Was mochte das bedeuten? 2 Ja, so etwa könnte es gewesen sein, aber nein, so war es nicht. Emil Nolde war alles andere als ein Bürgerschreck, kompromisslos nur in der Malerei, deren ungestümer Pinselstrich und wüster Farbenrausch in grellem Kontrast standen zu seiner Wortkargheit und Menschenscheu. Er hasste Baskenmützen und Samtjacken, mit denen Pseudokünstler ihre Originalität zur Schau stellten, kleidete sich betont konventionell und mied Studentenkneipen und Literatencafés, in denen die Bohemiens biederen Bürgern das Geld aus der Tasche zogen – oder umgekehrt. Wie viele Provinzler, die es in die Reichshauptstadt verschlagen hatte, kompensierte er sein holpriges Deutsch durch übertriebenen Nationalismus und soziale Anpassung – nicht unähnlich dem Mann aus Braunau, der damals noch im Wiener Obdachlosenasyl residierte und in den Sophiensälen dem Schriftsteller Karl May zu Füßen lag. EMPOR INS REICH DER EDELMENSCHEN – unter diesem von Nietzsche entlehnten Motto hatte der Autor des Winnetou die Zuhörer eingeladen, mit Zeppelinen der Seele ins Jenseits zu fliegen, dessen Commodore ihn bald darauf von seiner irdischen Existenz entband. Mit Blindheit geschlagen nach einem Gasangriff, beschloss der Postkartenmaler aus Braunau, Politiker zu werden, während Nolde alias Hansen sich vom Sozialdemokraten und Pazifisten zum Nationalsozialisten wandelte oder umgekehrt. Aber es hilft alles nichts – wir kommen nicht darum herum, seine Kampfansage an Liebermann im Wortlaut zu zitieren: »Dem so klugen alten Liebermann geht es wie so manchem klugen Mann vor ihm – er kennt seine Grenze nicht … Er veranlasst, dass so viel wie möglich über ihn geschrieben und publiziert wird, er macht, malt und stellt aus, soviel er nur kann. Die Folge davon ist, dass die junge Generation erkennt, wie absichtlich dies alles ist, wie schwach und kitschig nicht nur seine gegenwärtigen Arbeiten, sondern auch so manche seiner früheren sind … Man begreift es nicht recht, dass er nicht schon vor Jahren sich von allem entledigte, was seine Spannkraft verbraucht, um ausschließlich seiner Kunst zu leben …« Alfred Kerr konnte dazu nicht schweigen, der Kritiker griff zur Feder und dichtete: Emil Nolde hockte brütend Saß und sann und wurde wütend Da er unbezweifelbar Jung, doch nicht talentvoll war Seht ihn mit dem Briefe hasten Zu dem nahen Posteskasten. »Schwach und kitschig, – Firlefanz Ist das Schaffen Liebermanns!« Sieh die Richter, racheröchelnd, – – Doch der Meister wehrt es lächelnd, Bittet (mit dem großen Friedrich): »Soll er hängen, hängt ihn niedrig!« Nolde hängt. Der Unglückswurm Baumelt im Dezembersturm. Jung; gehängt; o schnödes End’. (Doch auch jetzt noch kein Talent.) 3 In Wahrheit wurde Emil Nolde nicht als Ethnograph, sondern als Zeichner nach Neuguinea in Marsch gesetzt – ein kulturelles Relikt des 19. Jahrhunderts, denn inzwischen hatte die Photographie die Malerei verdrängt, und anders als die regulären Teilnehmer der vom Reichskolonialamt finanzierten Expedition musste er die Reisekosten für sich und seine Frau Ada aus eigener Tasche bezahlen. Diese Aussicht bereitete ihm Kopfzerbrechen, denn er war arm wie eine Kirchenmaus, und das spärliche Einkommen, das ihm der Verkauf seiner Blumenstillleben einbrachte, wurde durch den Erwerb von Ölfarben und Leinwänden aufgezehrt. In dieser ausweglosen Situation kam ihm der Zufall zu Hilfe, hinter dem sich wie stets ein Fingerzeig der Vorsehung verbarg – davon war er felsenfest überzeugt. Er wusste nicht, ob er lachen oder weinen sollte, denn die Depesche, die seine Frau Ada ihm übergab, enthielt nur scheinbar die Lösung des Problems und verstärkte seine Verwirrung, statt sie zu beseitigen: »Wie viel können Sie bequem / STOP / wie viel höchstens für Reise von Ihnen beiden ausgeben«, stand auf dem handschriftlich ausgefüllten Formblatt der Telegraphie des Deutschen Reichs, aufgegeben am 19. August 1913 um 16 Uhr 33 in Göttingen und unterschrieben von Alfred Leber, dem Leiter der Neuguinea-Expedition. Der kunstsinnige Augenarzt war ein Verwandter des mit Nolde befreundeten Landgerichtsrats Schiefler, der sein graphisches Werk in einem Gesamtverzeichnis dokumentieren wollte. Dass Schiefler zu den Bewunderern von Max Liebermann gehörte, wog weniger schwer als die in der Depesche aufgeworfene Geldfrage. Noldes Eltern waren blutarme Bauern und hatten sich jeden Pfennig vom Munde abgespart, um ihrem Sohn den Aufstieg vom Möbeltischler zum Künstler zu ermöglichen. Schon in früher Jugend hatten sie ihm eingeschärft, nicht über seine Verhältnisse zu leben und lieber am Hungertuch zu nagen, als Schulden zu machen – eine Devise, die Emil Hansen, der sich nach seinem Geburtsort Nolde nannte, stets beherzigt hatte. In seiner Not wandte er sich, Rat und Hilfe suchend, an Harry Graf Kessler, den berühmten Kunstsammler, der öffentlich für ihn Partei ergriffen hatte, als wegen seiner Polemik gegen Max Liebermann eine Woge selbstgerechter Empörung über ihm zusammenschlug. 4 »Gehen wir ins Adlon, dort sind wir ungestört«, sagte Harry Graf Kessler, der ihn vor seinem Stadtpalais am Festungsgraben erwartete, nur einen Steinwurf entfernt von Rauchs Reiterstatue Friedrichs des Großen, die all das verkörperte, was Nolde in der Kunst missfiel: Schwülstige Historienmalerei, verlogenen Klassizismus und falsche Monumentalität. Der Graf trug einen grauen Gehrock, Glacéhandschuhe und eine Reitgerte, die er, jeden Schritt skandierend, gegen seine Stiefelschäfte schlug. »J’ai fait une bêtise!« – »Wie bitte?« Auf Anregung Graf Kesslers hatte Nolde ein Dreivierteljahr in Paris zugebracht, ausgestattet mit Empfehlungsbriefen an Kunsthändler und Mäzene, aber sein Französisch war rudimentär – er verstand nur die Hälfte und konnte keinen Satz fehlerfrei aussprechen, obwohl das viel vertracktere Dänisch ihm...


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