Bundi / Merz | Dichtung und Belichtung | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 432 Seiten

Bundi / Merz Dichtung und Belichtung

Materialien zum Werk von Klaus Merz. Werkausgabe Band 9
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-7099-3987-1
Verlag: Haymon Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Materialien zum Werk von Klaus Merz. Werkausgabe Band 9

E-Book, Deutsch, 432 Seiten

ISBN: 978-3-7099-3987-1
Verlag: Haymon Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Klaus Merz – vierflüglig schillernd: eine Rezeptionsgeschichte

Der Großmeister der leisen Töne erzeugt Widerhall

Klaus Merz ist spätestens seit seinen beiden erfolgreichen Prosawerken Jakob schläft (1997) und Der Argentinier (2009) einer der bedeutendsten Schweizer Gegenwartsautoren. Sein Gesamtwerk – bestehend aus Prosa und Lyrik, Hörspielen und Theatertexten, Essays und Aphorismen – wäre aber nicht vollständig, fände nicht auch die rege Diskussion über seine literarischen Arbeiten darin Eingang. Dieser Band 9 der Werkausgabe widmet sich jenen Stimmen, die sich über alle Schaffensphasen des Autors hinweg, seit 1967, reflektiert mit seinen Texten auseinandersetzten: Der Merz-Kenner Markus Bundi hat hierfür über 80 Rezensionen, Laudationen und weitere Reaktionen aus nationalen und internationalen Medien gesammelt und zementiert damit die Bedeutung Klaus Merz' für die deutschsprachige Literaturlandschaft und -kritik.

Wider der Etikettierung und Festschreibung – ein Zeugnis des Immer-wieder-Losschreibens

Die zahlreichen Versuche und Bestrebungen einer komparatistischen Einbettung von Klaus Merz' Werken macht deutlich: Der Schriftsteller ist sich stets darin treu geblieben neue Wege zu finden, neues Licht auf Unsichtbares zu werfen. Und so wird er einmal als Lakoniker, einmal als poetischer Chronist besprochen, immer aber als ein Meister künstlerischer Leichtigkeit, der mit Worten – leise, dicht und präzise – von dem erzählt, was wartend, in schillerndster Pracht, bereits vor uns liegt.

"Sucht man nach den literarischen Wurzeln von Klaus Merz, so wird man diese nur schwer in der Schweizer Literatur finden, sieht dieser hartnäckige Provinzler doch weit über den Schweizer Tellerrand hinaus."

Peter Hamm (aus seiner Laudatio zum Rainer Malkowski-Preis 2016)

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Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


«Vierflüglig, schillernd»
Markus Bundi
Nur was einem Widerstand leistet, trägt.
Man wäre elend gefangen im Schlaraffenland,
denn man ist frei nur im Umgang mit Gewichten,
die die Freiheit kontrollieren. Albrecht Fabri «Hypothese: die Landschaftsstadt Aargau ist geradezu prädestiniert als Terrain für Modell-Bildungen. Das hat mit dem Selbstbewusstsein der Regionen zu tun, das auf der Verschiedenartigkeit ihrer Tradition beruht. Es hat mit der Machlust zu tun, gerade dort zu ‹bauen›, wo noch keine Vorverstädterung eingesetzt hat, wo noch ‹nichts› ist.» – Diese Annahme formulierte einst Hermann Burger, und zwar in einer von ihm konzipierten Sonderbeilage im Aargauer Tagblatt zum Schweizer Nationalfeiertag unter dem Titel «Literatur im Aargau 1986 – eine Dreisternliteratur». Und der damals verantwortliche Literaturredakteur Burger schloss seinen Aufsatz mit der Bemerkung: «Nein, die Literatur im Aargau braucht sich nicht zu verstecken vor den Aktivitäten in Zürich, Bern oder Basel. Aber es ist in dem Sinne keine ‹Aargauer Literatur›, als die Themen international, die Ausdrucksformen den modernen Strömungen verpflichtet sind. Die meisten in dieser Beilage vertretenen Autoren haben die Frage nach ihrer Beziehung zum Aargau damit beantwortet, dass sie in diesem Kanton aufgewachsen seien, dass hier ihre Landschaft der Kindheit läge.» Annahme und Fazit des Textes meinen zunächst den Aufsatzschreibenden selbst; er konstatiert: «Die ‹Kirchberger Idyllen› und ‹Schilten› sind ohne das alte Pfarrhaus Kirchberg und das Schulhaus Schiltwald nicht denkbar.» Im Jahr zuvor, also 1985, wurde Hermann Burger von Marcel Reich-Ranicki und seinen Jurykollegen der Ingeborg-Bachmann-Preis verliehen, im Jahr darauf, 1987, wird er Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. Die Reihe jener elf Autorinnen und Autoren, die auf Burgers Einladung hin die 24-seitige Zeitungsbeilage mit Originaltexten bestücken, setzt ein mit Erika Burkart und Ernst Halter. An dritter Stelle folgt Klaus Merz mit der Erstveröffentlichung der Erzählung «Bacharach», die zwei Jahr später Eingang in den Band Tremolo Trümmer (1988) findet. Obwohl der Redakteur in die Mitte seines Artikels eine Fotografie von Schloss Brunegg (damaliger Wohnsitz von Jean-Rudolphe von Salis, wo Hermann Burger seinerseits im Pförtnerhaus residierte) mit der Bildlegende «Selbstbewusstsein der Regionen» setzt, wird durch die Konzeption der Bundesfeier-Beilage einsichtig, dass sich das eigentliche Epizentrum dieser aufstrebenden Literatur im Freiamt auf einer Moräne befindet, im Haus Kapf, dem Wohnsitz von Erika Burkart und Ernst Halter in Althäusern, einem Gebäude aus dem 18. Jahrhundert, das den Äbten des Klosters Muri und ihrer Entourage einst als Sommerresidenz diente und im 20. Jahrhundert von den Eltern Erika Burkarts über Jahrzehnte hinweg als Gastwirtschaft betrieben wurde. «Der Kapf: Eine Beschwörungsvokabel für viele», hielt Verleger Egon Ammann im Band Das verborgene Haus (2008) fest, wohlwissend um die illustre Gästeschar, die in diesem Haus verkehrte – auch lange nachdem die Wirtschaft nicht mehr geführt wurde. Eindrückliche Zeugnisse davon, wer über die Jahrzehnte hinweg auf dem Kapf ein- und ausging, finden sich übrigens in Ernst Halters Erinnerungsbuch Alphabet der Gäste (2021). Es war der erste Zufluchtsort Hermann Burgers, der sich – nach Aussagen Erika Burkarts – zuweilen in ihrem Haus vor den Eltern verbarg, und es war auch die erste literarische Anlaufstelle von Klaus Merz und seinem jüngeren, früh verstorbenen Bruder Martin. 1967 öffnete Erika Burkart dem blutjungen Aspiranten die Tür zum St. Galler Tschudy-Verlag, wo ein erster Bogen mit Gedichten – Mit gesammelter Blindheit – des damals 22-jährigen Klaus Merz erschien (im selben Verlag debütierte Erika Burkart 1953 mit dem Bogen Der dunkle Vogel). Dass allerdings Hermann Burger früh um die poetischen Fähigkeiten eines Bäckersohnes wusste und also zu einer so substanziellen wie auch emphatischen Besprechung von Merz’ Erstling im Aargauer Kurier anheben konnte, lag nicht so sehr in der Bekanntschaft vom Haus Kapf begründet, sondern war vielmehr der Tatsache geschuldet, dass beide denselben Weg zur großen Dichterin hatten, sprich im selben Dorf im Wynental aufgewachsen waren, in Menziken. Im Nachruf auf Burger schreibt Klaus Merz im Zürcher Tages-Anzeiger (3. März 1989): «Ich sehe Hermann Burger auf dem Rad balancieren, Schulhausplatz in Menziken, Mitte der fünfziger Jahre. Als drei Jahre Jüngerer stand ich ohne Velo im Tor und versuchte, die scharfen Bälle von Hermanns Vorderrad zu parieren. Dass Gleichgewicht ‹équilibre› heisst, wusste ich damals noch nicht, und Hermann freute sich über jedes erzielte Tor. An freien Mittwochnachmittagen stieg er nur vom Rad, wenn die Gebrüder Engesser mit ihrem roten Tretauto – kein Ferrari, ein Austin – auf den Schulhausplatz einbogen. Wir umstanden das zweisitzige Cabriolet mit den Ledersitzen, den leuchtenden Front- und Hecklichtern und beneideten die Besitzer des Wagens um ihr tröstendes Göttigeschenk, das ihnen der frühe Tod ihres Vaters eingebracht hatte. Eigentlich waren Hermanns Beine schon etwas zu lang, um im roten Austin eine Ehrenrunde zu drehen. Aber er achtete nicht auf das Gelächter seiner gleichaltrigen Klassenkameraden, die schon wieder auf ihren Drahteseln sassen und das unterbrochene Radballspiel fortsetzen wollten.» Wer mit der Biografie von Hermann Burger vertraut ist, erkennt, wie viel Burger in diesen wenigen Merz-Zeilen steckt; wer ein wenig mit Klaus Merz’ Bibliografie bekannt ist, sieht sofort, dass der Nachrufschreiber sein eigenes Leitmotiv offenlegt: Balance. Die Schwerkraft im Gleichgewicht. In einer Rezension zu Latentes Material (1978) schreibt Heinz F. Schafroth in der Weltwoche: «Seit 1967 publiziert der dreiunddreissigjährige Aargauer Klaus Merz Lyrik und Prosa. Die Rezensentenfunkstille, von der seine bisherige Arbeit weitgehend begleitet war, müsste angesichts der unter dem programmatischen Titel Latentes Material erschienenen Erzählungen nun unbedingt durchbrochen werden.» Ganz ungehört verhallte Schafroths Ruf nicht: Immerhin findet sich erstmals eine Besprechung in einem der großen deutschen Feuilletons (Hermann Kinder bespricht den Erzählungsband in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung), und Merz wird der Schweizer Schillerpreis verliehen. Zwei Jahre zuvor hatte Merz die Bühne für sich entdeckt, feierte mit dem Zschokke-Kalender (UA Aarau 1976) einen Achtungserfolg. Dann das Großprojekt Danuser (UA Baden 1980), ein Freilichtspiel mit über 300 Darstellern; Zugluft – Türen schliessen automatisch, die Zusammenarbeit mit Urs Faes (UA Aarau 1982); schließlich Die Schonung, Merz’ «Moritat in sieben Gängen» (UA Zürich 1988). Alle Stücke wurden von der Presse mehr als wohlwollend, teilweise gar euphorisch aufgenommen, und dennoch gelangte kein Merz-Theater über die Landesgrenzen hinaus. Mitte der 1980er-Jahre avancierte der Autor zum Drehbuchschreiber und verfasste sieben Folgen der Schweizer Sitcom Motel – ein Fernsehereignis, das beste Quoten feierte und nicht zuletzt in der Boulevard-Zeitung Blick seinen Niederschlag fand. Der große Erfolg indes ließ auf sich warten. Inzwischen sind sich alle einig: Da erschien 1997 dieser schmale Band mit dem merkwürdigen Untertitel «Eigentlich ein Roman», also Jakob schläft … und sein Autor schoss durch die Decke. Lobeshymnen, Preise, Übersetzungen. Alles davon mehr als zurecht, denn dieser Text gehört fraglos zum Besten, was Merz bislang geschrieben hat. Genau betrachtet begann die Erfolgsgeschichte aber ein wenig früher. Im Nachhinein zu behaupten, die Bedingungen eines Erfolgs lägen in der Kontinuität, weil eben erst Kontinuität so etwas wie Entwicklung und anhaltende Aufmerksamkeit ermöglichte, ist leicht. Doch die Behauptung stimmt, trifft, so glaube ich, im Fall von Klaus Merz gar exemplarisch zu. Die ersten zehn Titel seines Œuvres erschienen zwischen 1967 und 1991 in sechs unterschiedlichen Verlagen, seit 1994 ist Klaus Merz beim Innsbrucker Verlag Haymon zuhause. Erst als Sachbuchverlag gegründet, startete Verleger Michael Forcher Ende der 1980er-Jahre ein belletristisches Programm, darin zum Beispiel die ersten Bücher von Raoul Schrott erschienen, worin aber auch bald Jürg Amann als Autor auftauchte, der wiederum seinen Kollegen Klaus Merz empfahl. Dass der Innsbrucker Verleger mit seinem jungen literarischen Programm große Ambitionen hatte, lässt sich an einer Einladung von 1994 ablesen: «Der Haymon-Verlag Innsbruck, die Österreichisch-Schweizerische Kulturgesellschaft, das Österreichische Generalkonsulat Zürich und das Schauspielhaus Zürich präsentieren die beiden soeben erschienenen Bücher der Schweizer Autoren Jürg Amann (Über die Jahre), Klaus Merz (Am Fuß des Kamels).» Dazu las Felix Mitterer am selben Abend des 12. März aus eigenen Werken und aus jenen von Norbert C. Kaser. Am unteren Ende der Einladung ist vermerkt: «Im Anschluß lädt Generalkonsul Dr. Aurel Saupe zu einem Glas österreichischen Wein.» Es wurde angerichtet. Die Reaktionen auf den neuen Merz-Band waren ausnehmend positiv, so dass nicht nur Haymon nachlegte mit dem Band Kurze Durchsage (1995),...


Markus Bundi ist Literaturwissenschaftler, -kritiker, und -vermittler sowie Autor und Herausgeber. Er beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem
Werk von Klaus Merz. Seit 2011 erscheint unter seiner Herausgeberschaft die Klaus-Merz-Werkausgabe im Haymon Verlag.

Klaus Merz gilt als einer der bedeutendsten Schweizer Gegenwartsautor*innen. Sein Werk wurde bereits vielfach ausgezeichnet – u. a.
mit dem Gottfried-Keller-Preis und dem Christine-Lavant-Preis.



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