Bunzl | Die Cogheart-Abenteuer: Das ewige Herz | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 352 Seiten

Bunzl Die Cogheart-Abenteuer: Das ewige Herz

Ein aufregendes Abenteuer voller Rätsel und unerschrockenem Mut
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-95762-283-9
Verlag: Lago
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Ein aufregendes Abenteuer voller Rätsel und unerschrockenem Mut

E-Book, Deutsch, 352 Seiten

ISBN: 978-3-95762-283-9
Verlag: Lago
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Die 13-jährige Lily schwebt in tödlicher Gefahr. Ihr Vater ist spurlos verschwunden, und unheimliche Männer mit Silberaugen scheinen ihr plötzlich auf Schritt und Tritt zu folgen. Was führen sie im Schilde?

Gemeinsam mit ihren Freunden – dem Uhrmachersohn Robert und ihrem mechanischen Fuchs Malkin – macht Lily sich auf, um dem Geheimnis auf die Spur zu kommen. Doch bald muss sie feststellen, dass die Wahrheit tiefer verborgen liegt, als sie ahnen konnte – an einem Ort, mit dem sie nie gerechnet hätte.

Realität und Fiktion verschmelzen gekonnt in diesem fesselnden Abenteuer im spannenden Zeitalter des viktorianischen Englands!

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KAPITEL 9
Im Morgengrauen lief Lily den dunklen Flur entlang. Erneut war sie einbestellt worden, um Madame zu sprechen und trödelte nervös herum, hielt an jedem Zimmer unterwegs an und berührte jede geschlossene Tür mit ihrer Hand. Hier war die Bibliothek, vor der Stapel von Büchern standen, weil im Inneren auf den Regalen kein Platz mehr war. Hier war Papas Studierzimmer, mit der Klingel und dem Türspion, sodass er sehen konnte, wer kam und ging. Dann seine Werkstatt – auf der dicken Metalltür waren die Worte Bitte nicht stören unter einem Blitz aufgemalt. Und schließlich das Zimmer, in dem er schlief: das herrschaftliche Hauptschlafzimmer. Seit er weg war, hatte Madame keine Zeit verschwendet und es einfach übernommen. Lily klopfte an die Tür und trat, ohne eine Antwort abzuwarten, ein. Am hinteren Fenster waren die grünen Samtvorhänge halb zugezogen, um die Kälte draußen zu halten, und auf dem Nachttisch leuchtete eine Gaslampe mit flackerndem Licht. Madame Verdigris thronte an Mamas Frisiertisch und cremte sich das Gesicht ein. Der Duft ihres Parfums, der sich mit dem staubigen Geruch der getrockneten Blumen mischte, die jede Vase im Raum füllten, verursachte Lily leichte Übelkeit. Sie stellte sich neben das Fenster und blickte in die Nacht hinaus. In den Garten, unter die Baumskelette; der Schnee hatte Miss Tock und Mr Wingnut jetzt beinahe ganz bedeckt. Wie Papa selbst verschwanden auch seine Maschinen nach und nach. Bald wären sie nicht mehr sichtbar, versteckt, unter der eisigen weißen Oberfläche, wie Geheimnisse. Wenn sie doch nur ihre Aufziehschlüssel finden könnte, vielleicht könnte sie ihnen dann helfen. »Warum haben Sie die beiden Mechaner auslaufen lassen?«, fragte sie. Madame sah vom Spiegel auf, ihr Gesicht war beinahe vollständig unter einer Maske aus Fettcreme verborgen. »Ist es das, was dir die rostige Rebellin in der Küche erzählt hat, ma chérie?« »Ich habe es selbst bemerkt.« »Natürlich hast du das.« Madame rupfte sich ein widerspenstiges Härchen von einem Leberfleck auf ihrem Kinn und verzog das Gesicht. Dann trug sie etwas von der Paste aus Mamas Schellackkästchen auf die Stelle auf. Lily fühlte sich ganz krank dabei. Papa hatte diese Dinge im Gedenken an Mama aufgehoben, aber seit sie gestorben war, hatte sie niemand benutzt. Bis jetzt. »Sie haben ihre Sachen durchwühlt«, murmelte sie. Mit einem knochigen Finger tupfte sich Madame Rosenwasser auf ihr Kinn. »Was immer Mrs Rust gesagt hat, Lily, es gibt etwas, woran du denken solltest: Alle Mechaner sind Lügner. Stell niemals das Wort eines ordinären Mechs über das eines Menschen.« Tränen stiegen in Lilys Augen. Sie trat gegen den Teppich. »Mrs Rust ist keine ordinäre Mechanerin. Sie hat schon immer bei uns gelebt. Sie versteht uns. Sie hat sich seit Mamas Tod jeden Tag um mich gekümmert. Und sie wird sich um mich kümmern, bis Papa zurückkehrt, so wie die anderen.« »Dein Vater wird nicht zurückkommen. Ich habe maintenant das Sagen.« »Nein.« Lily schüttelte den Kopf. In ihrem Herzen keimte der Gedanke, dass ihr Papa irgendwo da draußen war, am Leben. »Er wird zurückkommen, ich weiß es. Und Mrs Rust hat mehr Liebe in ihrem kleinen Metallfinger als Sie in Ihrem gesamten knöcherigen Körper. Also sagen Sie mir nie wieder, ich solle Ihr Wort über das Ihre stellen.« »Bist du nun fertig? Assieds-toi. Setz dich zu mir.« Madame tätschelte das Samtpolster neben sich. Lily schniefte und schnäuzte sich dann in ihren Ärmel. »Mir geht es hier ausgezeichnet, danke.« Sie verschränkte ihre Arme vor der Brust. »Wie du willst.« Madame nahm einen Waschlappen und begann, sich die geisterhafte weiße Creme vom Gesicht zu wischen. »Ich hätte gerne, dass du meine Entscheidungen nicht hinterfragst. Du weißt, dass ich diejenige war, die deinem Vater vorgeschlagen hat, dich auf Miss Scrimshaws Lehranstalt zu schicken. Ich dachte, es würde dir gut bekommen, aber offen gesagt, kann ich davon kaum etwas erkennen.« Mit einem letzten Handgriff wischte sie sich ein bisschen Kajal von den Augenbrauen. Lily fiel auf, dass sie ungleichmäßig gezupft waren, und ihre gegensätzlichen Winkel sorgten dafür, dass es aussah, als hätte sie zwei Gesichtsausdrücke zugleich. »Du könntest zumindest versuchen, dich so zu verhalten, dass dein Vater stolz auf dich sein könnte.« Madame stand auf und zeigte auf den Platz vor dem Spiegel. »Jetzt, s’il te plaît, lass mich dich zurechtmachen.« Lily blieb kurz am Fenster stehen, tat dann jedoch wie geheißen. »Ich habe über unsere Situation nachgedacht.« Madame nahm Mamas alte silberne Bürste vom Nachttisch und begann, Lilys Haare zu bürsten, wobei sie an verknoteten Strähnen zerrte. Lily zuckte und biss die Zähne zusammen, als Madame einen besonders dicken Knoten mit der Bürste bearbeitete. »Du bist nun keine vermögende junge Dame mehr«, sagte Madame. »Außerdem haben wir keine nennenswerte Summe an Geld. Wenn wir hierbleiben, müssen wir Mrs Rust und die anderen Mechaner verkaufen.« »Bitte«, schluchzte Lily, »das dürfen Sie nicht.« »Sie funktionieren kaum. Sie sind alle abgelaufen. Gestern hat Mrs Rust Motoröl statt Sahne in meine Suppe geschüttet. Man könnte meinen, sie wollte mich vergiften.« Madame nahm ein paar Haarnadeln aus einem Glasgefäß, die sie in Lilys Kopf pikste. »Nein, wenn es mit Mechans erst so weit gekommen ist, muss man sie ständig nachrüsten, und malheureusement, Lily, wir können uns die neuen Teile nicht leisten.« Lily schüttelte ihre Hand ab. »Mir egal«, sagte sie. »Mrs Rust bleibt. Sie bleiben alle.« »Désolée, aber uns bleibt keine Wahl.« Die Haushälterin steckte noch eine Haarnadel in Lilys Haare und kratzte damit über ihre Kopfhaut. »Es sei denn, es gibt da etwas von besonders großem Wert. Eine Erfindung deines Papas, die wir verkaufen könnten? Ein Perpetuum mobile zum Beispiel?« Ihre durchdringenden Augen beobachteten Lily im Spiegel, und sie zog brutal an einer widerspenstigen Haarsträhne. »Ich weiß nicht, was Sie meinen«, sagte Lily. »Ich weiß nicht einmal, was das ist.« Die Frau hatte zu viele Fragen – es war, als würde sie in ihrem Inneren herumwühlen. Lily versuchte, ihre Tränen webzublinzeln, aber sie rollten über ihre Wangen. »Reg dich nicht auf, ma chérie«, gurrte Madame. »Wenn wir Mrs Rust und das Haus retten wollen, müssen wir über diese Angelegenheiten wie Erwachsene reden. So, c’est fini. Damit brachte sie eine letzte Haarnadel an und trat einen Schritt zurück, um ihr Werk zu betrachten. »C’est magnifique, findest du nicht auch?« Lily betrachtete den hochgesteckten Haarturm im Spiegel; er sah den scheußlichen Haarungetümen nicht allzu unähnlich, die die Mädchen in ihrer Klasse so schrecklich gern trugen. »Was für eine Katastrophe«, sagte sie. »So wie alles andere auch.« In dieser Nacht träumte Lily von einem klaren Himmel und glitzernden Sternen, die sich auf der Meeresoberfläche spiegelten. Es war Sommer, und sie rannte am Strand entlang; sie versuchte, Mama und Papa einzuholen, die vor ihr gingen. Als sie stolperte, hielt Mama inne und bückte sich, um ihre winzige Hand zu nehmen und ihr aufzuhelfen. Dann liefen sie zu dritt weiter. Papa hatte seinen Spazierstock dabei und zeigte damit auf Landmarken: reihenweise Eisenschiffe und große spinnenartige Plattformen draußen auf See, die Gas und Öl für die Industrie förderten, doch das verstand Lily nicht. Sie liefen an der Gezeitenlinie der Bucht entlang, und Lily rannte ins flache Wasser und wieder zurück, ließ sich das kalte Meerwasser um die Füße spülen und sprang vor den höheren Wellen weg. Mama hatte etwas gefunden. Einen Stein im Sand. Sie hob ihn auf. »Der ist für dich«, sagte sie und überreichte ihn Lily. Lily nahm den Stein und betrachtete ihn. Er war schwer und die Unterseite fühlte sich auf ihrer Handfläche knubbelig an. »Was ist das?«, fragte sie. Mama nahm den Stein und drehte ihn in ihrer Hand, um ein großes goldenes Fossil in seiner Mitte freizulegen, das wie das gewölbte Haus einer Schnecke aussah. »Ein Ammonit«, sagte sie. »Wie ist es dort hingekommen?« Papa stellte sich neben Mama und schaute ihr über die Schulter. »Vor Milliarden von Jahren, als es gestorben ist«, sagte er, »sank es in den Schlamm und wurde vergraben. Dann drangen langsam Mineralien ein, die die organischen Substanzen ersetzten, bis es versteinert war. Das Pyrit verleiht ihm die goldene Farbe – es wird auch Narrengold genannt.« Lily betrachtete das Fossil. »Es war also ewig lang in diesem Stein versteckt, bis wir es gefunden haben?« »Ja«, sagte Mama. »Das Geheimnis liegt im Herzen verborgen.« Sie legte ihre Hand an Lilys Gesicht. Plötzlich saßen sie zu dritt in einem Wagen und fuhren in dichtem Schneefall durch die dunklen Pflastersteinstraßen Londons nach Hause. Die Geräusche der Stadt waren gedämpft. Doch Lily wusste schlagartig, um welchen Tag es sich handelte: Es war der Tag des Unfalls. Sie saß auf dem Rücksitz des Dampf-Hansom, zwischen Mama und Papa eingezwängt. Der Metallschornstein puffte und stotterte und die hölzernen Räder knarrten und drehten sich, als sie der Mechan-Fahrer, der sich auf dem Außensitz befand, nach Hause kutschierte. Sie hatten auswärts zu Abend gegessen. Mama trug ihr rotes Taftkleid mit dem schönen Revers, ihre langen dunklen Haare hingen lose über ihre Schultern und ihre warme Hand hielt Lilys Bein umklammert. Papa trug seinen hohen Zylinder, der aus dem Dach des Fuhrwerks herausragte; die Schöße...


Bunzl, Peter
Peter Bunzl ist ein preisgekrönter Trickfilmzeichner, Autor und Filmemacher. Er wuchs als Sohn eines Antiquitätenhändlers und einer Künstlerin mit seiner Schwester in einem großen viktorianischen Haus auf. Wie Lily und Robert liebt er Abenteuer und Groschenromane und hätte zu gern auch einen mechanischen Fuchs.

Peter Bunzl ist ein preisgekrönter Trickfilmzeichner, Autor und Filmemacher. Er wuchs als Sohn eines Antiquitätenhändlers und einer Künstlerin mit seiner Schwester in einem großen viktorianischen Haus auf. Wie Lily und Robert liebt er Abenteuer und Groschenromane und hätte zu gern auch einen mechanischen Fuchs.
"Das ewige Herz" ist sein Debütroman und wurde für zahlreiche Auszeichnungen nominiert.



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