E-Book, Deutsch, 336 Seiten
Capellmann Auf Eifelwolke Nummer sieben
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-98707-200-0
Verlag: Emons Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Roman
E-Book, Deutsch, 336 Seiten
ISBN: 978-3-98707-200-0
Verlag: Emons Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Liebe mit Eifelblick. Humorvoll, leicht und voller Sprachwitz.
Liane hat ihre Erbschaft spontan in ein marodes Ferienhaus in der Eifel gesteckt – sehr zum Ärger ihres Freundes Matthias. Kurzerhand lässt sie den Beziehungsstress hinter sich und nimmt eine Auszeit in ihrem Haus am Maar. Ein Flirt mit Makler Joop und eine Begegnung mit den herrlich verschrobenen Eifelhexen zeigen ihr, wie befreiend es ist, einfach sie selbst zu sein. Doch dann steht Matthias überraschend vor ihrer Tür, und Liane wird klar, dass sie einige weitreichende Entscheidungen treffen muss ...
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Freitag, 12. April April, April? 1 Wolkenweg 7. Wir halten vor meinem neuen Grundstück. Meinem neuen Garten. Meinem neuen Haus! Wir halten, doch was nicht zu halten ist, ist mein Herz. Es hüpft und tanzt. Ich steige aus und stelle mir vor, wie es hier bald sein wird – wenn der Kirschbaum blüht. Ob man das Haus dann überhaupt noch sieht? Vielleicht sollte ich meinen Kölner Freunden lieber erzählen, dass ich ab sofort stolze Besitzerin eines Baumes mit Haus dahinter bin. Ein Windstoß fährt mir in die offene Jacke. Ich lache. Macht nichts, dass der April macht, was er will. In meinen Gedanken liege ich schon in der Hängematte unterm Baum, schwinge sanft hin und her und schaue durch die Blüten nach oben in ein tiefes, intensives Blau. Ein Photoshop-Blau, ein Kindheitshimmelblau – ein Blau, das es nur noch auf dem Land gibt. In der Eifel halt. Eifelhimmelblau. »Mensch. Sie strahlen ja, als wären Sie verliebt!« Der Makler tritt neben mich und reicht mir ein Glas Sekt. »Und ob!« Ich nehme es, obwohl es auch so schon überall in mir drin prickelt, und wir stoßen an. Auf das Haus, auf den Baum, auf die Eifel. Auf meinen Kauf, die schnelle Entscheidung, den Blitztermin beim Notar. Auf den Makler, der das alles möglich gemacht hat. Auf Liebe auf den ersten Blick. Denn so war es. Ich kam, sah und liebte. Und seufze. Abgrundtief und aus ganzem Herzen. Weil das Herz so voll ist und ich nicht weiß, wie ich meine Freude in Worte fassen soll. Am liebsten würde ich juchzen und um den Baum herumspringen wie ein kleines Kind. So glücklich habe ich mich lange nicht mehr gefühlt, dabei bin ich nicht unglücklich, vielleicht ausgelaugt, ein wenig müde, immer mal wieder traurig. Kein Wunder. Ein Jahr ist es her, dass meine Mutter gestorben ist. Und jetzt dieser Baum. Wie der, den wir früher hinter unserem Haus stehen hatten. »Ich liebe diesen Baum«, sage ich schließlich und wundere mich über mich selbst. »Umarmen Sie ihn ruhig, wenn Ihnen danach ist. Da wären Sie nicht die Einzige, die Bäume haben sich bestimmt schon dran gewöhnt.« Aufmunternd sieht der Makler mich an, doch ich bleibe, wo ich bin. Mit einem Zwinkern in den Augen breitet er die Arme aus. »Sie können aber auch gern mich umarmen.« Ich muss lachen. Er würde sich bestimmt gut anfühlen, groß und kräftig, gerade gewachsen, ein kraftvoller Stamm. Mit wunderbaren Lachfalten in den Augenwinkeln. »Sie haben ja recht.« Seine Lachfalten werden noch ein bisschen tiefer. »Einen x-beliebigen Makler würde ich auch nicht umarmen.« »Lass uns doch Du sagen. Ich bin Liane.« Ich hebe mein Glas, und er stößt mit mir an. »Joop.« Anschließend geben wir uns gegenseitig Küsschen auf die Wangen. Das hat er sich verdient. Und ich mir auch. Verdammt, wann bin ich das letzte Mal so spontan gewesen? »Na, wenn ich mir dich so anschaue, wirst du bestimmt öfter herkommen als nur am Wochenende.« Und sei es, um Joops herrliches niederländisches Deutsch zu hören, das noch dazu eine leichte Einfärbung von Dialekt hat – isch, misch, disch. Mein Kopf macht sich selbstständig. Das muss ein Glückseligkeitsrausch sein, mir ist schon ganz schwindlig vor Freude – oder vom Sekt. Ich kichere und schüttele den Kopf, als Joop die Flasche hebt und mich fragend anguckt. »Alkoholfrei«, setzt er hinzu, und ich lasse ihn mein Glas auffüllen. Währenddessen greift er unser Gespräch von vorhin wieder auf. »Also was? Wochenendhäuschen? Ferienwohnung? Oder ziehst du, sorry, zieht ihr ganz her?« Bei seiner letzten Frage verschlucke ich mich fast, weil das Nein schon rauswill, bevor der Sekt runter ist. Das hier wird mein Refugium, wenn ich es in Köln nicht mehr aushalte. Wenn Matthias andere Pläne hat, beruflich irgendwo außerhalb ein Projekt betreuen muss, mit seinen Kumpels auf Tour ist. Wobei – das macht er nur noch selten. Zu viel zu tun. Genau wie ich. Dafür taucht er aber gern richtig ab. Im Unterschied zu mir findet er die Unterwasserwelt total faszinierend. Wenn er also wie jetzt Tauchurlaub auf den Malediven macht, werde ich in meinem Häuschen wohnen. Arbeiten kann ich auch von hier aus. Und in der übrigen Zeit werde ich es vermieten. Zufrieden nicke ich und erkläre Joop, dass ich noch mal in mein Haus will. »Klar. Maß nehmen«, sagt er. »Ach was.« Ich grinse. »Einfach noch mal gucken.« »Sag ich doch. Maß nehmen. Mit das Herz.« Er nickt wissend und begleitet mich vor die Haustür. »Ich bin so gespannt, was mein Freund sagt. Er predigt mir schon die ganze Zeit, dass ich das Erbe am besten in eine Immobilie investiere. Und jetzt …« »Jetzt hast du eine. Haus bauen, Baum pflanzen – quasi erledigt. Einem erfüllten Leben steht nichts mehr im Weg.« »Ich muss nur durch diese Tür treten.« Ich gebe Joop mein leeres Glas, stecke den Schlüssel ins Schloss und komme mir vor wie eine Prinzessin, die vor ihrem Palast steht. Noch sieht es aus, wie ein in die Jahre gekommenes Haus halt aussieht, aber gleich … »Tadaa!« Feierlich drehe ich den Schlüssel und stoße die Tür auf. Sie knarzt. Wunderbar. »Warte mal.« Joop sieht zu seinem Auto rüber, schüttelt dann aber den Kopf. »Mist. Das Ölkännchen steht wieder in meiner Garage.« »Macht nichts. Du hast doch schon den Sekt mitgebracht.« »Stimmt auch wieder. Na, ich mach mich mal auf den Weg. War schön, dich kennenzulernen. Ruf einfach an, wenn du was brauchst.« »Dann aber nicht nur aus geschäftlichen Gründen.« Hoffentlich fasst er das jetzt nicht falsch auf, aber er weiß ja, dass ich vergeben bin. Und, ach, soll er es doch verstehen, wie er will. Wir verabschieden uns, und dann betrete ich – einen Tusch, eine Fanfare, einen Trommelwirbel im Ohr – mein Haus. 2 »Freude, schöner Götterfunken, Tochter aus Elysium, ich betrete – Sekt getrunken – Eifelhaus, mein Eigentum!« Leise singend gehe ich in die Küche, die nach vorne zur Straße liegt und der einzige Raum ist, der nicht leer geräumt ist. Die Einbauzeile kommt mir so alt vor wie das Haus selbst, aber angeblich funktioniert noch alles. Und abgesehen von einem bisschen Staub scheint es, als wäre sie von der Vorbesitzerin gehegt und gepflegt worden. Genau so hat es in der Küche meiner Mutter auch immer ausgesehen. Blitzblank war noch trübe dagegen. Ist das so ein Generationending? Jahrgang 1980 weiß nicht mehr, wie man richtig putzt? Ich lehne mich gegen die Fensterbank und schieße ein Selfie, Kopf schräg im Fensterrahmen, im Hintergrund ein paar Äste vor dem grauen Himmel. Dann fotografiere ich den Gasherd. Im Gegensatz zu Matthias liebe ich antike Geräte und mag alte Möbel mit Seele. Den Herd werde ich behalten, vorausgesetzt, er funktioniert wirklich noch, so wie Joop mir versichert hat. Den Rest werde ich durch ausgesuchte Stücke ersetzen – Vintage –, nichts wird zusammenpassen, und doch wird es urgemütlich wirken. Ein kleiner Tisch, an dem ich Kirschen entkernen kann, zwei, drei Holzstühle mit bunten Kissen, ein altes Röhrenradio mit großen Drehknöpfen und einem beleuchteten Sendersuchlauf, wie mein Vater sie geliebt hat. Ob es so etwas überhaupt noch zu kaufen gibt? Schwelgend begebe ich mich nach nebenan ins Esszimmer. Von hier führt eine Tür in den kleinen Garten hinterm Haus. Kurz bevor der Wald anfängt, steht ein einsamer Gartenstuhl, so ein schwerer aus Eisen. Wunderschön, aber sicher unbequem. Den werde ich aufpolieren und mit Kissen in eine Sitzoase verwandeln. Ich konzentriere mich wieder aufs Haus. Links geht es ins Wohnzimmer. Da bleibt nicht viel Stellfläche, aber eine große Schrankwand kann ich mir in diesem Haus eh nicht vorstellen. Die »Gute Stube« ist genauso klein wie der Essraum. Ich überlege, wie es wäre, die beiden Zimmer zusammenzulegen. Ein großer Wohnraum. Mit Sitzfensterbank. Davon träume ich schon lange. Auf der Fensterbank sitzen und ins Grüne schauen, das ist nur von der Hängematte unterm Kirschbaum zu toppen. Ich mache ein Foto, um Matthias zu ködern. Es ist immer gut, wenn er ein baufestes Problem lösen kann. Ich schaue mich weiter um und entdecke einen beigefarbenen Kasten hinter der Tür. In der Küche und im Esszimmer stehen jeweils auch welche. Nachtspeicheröfen. Unpraktisch, teuer und hässlich. Ein weiterer Punkt, zu dem Matthias bestimmt ein paar gute Ideen hat. Aber das hat Zeit. Auf nach oben. Die Holztreppe ist klasse. Abgetretene Stufen, ein hölzerner Handlauf, den man gar nicht mehr loslassen mag, und da, die wievielte Stufe war es, die da gerade geknarrt hat? Es ist, als ob das Haus leben würde. Oben befindet sich das Badezimmer, leider ohne frei stehende Wanne. Die müsste ich wohl von einer Kuhwiese klauen. Ich grinse. Im Schlafzimmer ist gerade mal genug Platz für Doppelbett und Schrank. Das zweite Zimmer ließe sich hervorragend als Büro nutzen, aber ich will ja vermieten. Da ist ein zweites Schlafzimmer sinnvoller. Ich setze meine Runde durch das Haus fort. Dann wird es höchste Zeit, mich auf den Rückweg zu machen. Schließlich will ich Matthias nicht nur mit dem Hauskauf überraschen, sondern ein kleines Fest organisieren, und sein Flieger landet in zwei Stunden. Ich schaue auf das Display meines Handys – allerhöchste Zeit! 3 Wie gut, dass ich Mamas Golf noch nicht verkauft habe, denke ich, als ich den Wagen aufschließe. In den nächsten Wochen werde ich bestimmt häufiger in die Eifel fahren, um das Haus herzurichten. Ob ich wohl schon im Sommer vermieten kann? Ich steige ein, werfe einen letzten Blick auf...