E-Book, Deutsch, 192 Seiten
Decker Europa und Afrika
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-451-82260-5
Verlag: Verlag Herder
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
und jetzt auch noch Corona
E-Book, Deutsch, 192 Seiten
ISBN: 978-3-451-82260-5
Verlag: Verlag Herder
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Weitere Infos & Material
Einleitung
Im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott
und den Menschen, von dem Willen beseelt,
als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa
dem Frieden der Welt zu dienen … Präambel des Grundgesetzes für die
Bundesrepublik Deutschland3 Europa und Afrika – und jetzt auch noch Corona
„Corona“ markiert die bisher verheerendste Pandemie unseres Jahrhunderts, eine die ganze Welt erfassende Katastrophe. Diese kam plötzlich, ohne jede Vorwarnung. Die Folgen für die Zukunft sind gravierend und noch kaum absehbar. Millionen Tote, weltweite Zunahme von Armut und Hunger, Rückgang von Wohlstand und sozialer Fürsorge gehören zu den Folgen der Krise. Mit dem ungehemmt fortschreitenden Bevölkerungswachstum Afrikas hat unerbittlich eine weitere Katastrophe begonnen, die immer schwerer zu beherrschen sein wird, je länger nicht wirksam gegengesteuert wird. Noch ist diese Katastrophe am Anfang ihrer Entwicklung. In aller Unheimlichkeit werden verhängnisvolle Fakten geschaffen. Corona erzwingt geradezu, auch die mögliche Afrika-Katastrophe in das Rampenlicht der Beachtung zu rücken, um unabsehbare Folgen für beide Kontinente abzumildern. In den ersten Tagen des März 2020 wurde damit begonnen, diese Neuauflage von „Europa und Afrika“ (2017) zu bearbeiten. Unerwartet kam nun Corona dazwischen. Als Angehöriger der Risikogruppe war ich zunächst frei, mich ohne Einschränkung dieser Neuauflage zuzuwenden. Erst nach einigen Wochen wurde klar, dass Corona ganz entscheidend auch Perspektiven von „Europa und Afrika“ berührt. Heute steht fest: Die Pandemie beeinflusst auch jede denkbare Entwicklung des Verhältnisses der Nachbarkontinente zueinander. Sie wird zur einschneidenden Wegmarke der weiteren Weltgeschichte und wird uns auf lange Dauer beschäftigen. Passt im Hinblick auf Corona die Befassung mit „Europa und Afrika“ in die jetzige Zeit? Unbedingt, meine ich inzwischen. Es ist geradezu unverzichtbar, jetzt in beiden Kontinenten über die Menschen, ihre Würde und ihr Schicksal nachzudenken. Gemeinsam sind Europäer und Afrikaner sozusagen der aus beiden Kontinenten kommenden „Pandemie der Überbevölkerung und Überalterung“ ausgesetzt. Offensichtlich wird diese „Pandemie“ vieles ändern. Indessen führt Corona schon jetzt zu einer verblüffenden Erkenntnis: Zur Abwehr von Corona-Folgen stehen erstmalig in der deutschen Nachkriegsgeschichte unbegrenzt Finanzmittel zur Verfügung: Das grenzenlose Problem verlangt grenzenlose Mittelbereitstellung. Das Problem „Europa und Afrika“ ist vergleichbar und bedarf derselben Grenzenlosigkeit, auch wenn im Unterschied zu Corona nicht die ganz unmittelbare Todesgefahr droht. Unverändert sind auch heute und zunehmend Millionen Menschen weiterhin auf der Flucht.4 Sie erschüttern Europa und die Welt. Insbesondere muss an das Jahr 2015 erinnert werden mit der Ankunft afrikanischer Bootsflüchtlinge vor der italienischen Insel Lampedusa. Den Afrikanern folgten Hunderttausende aus dem Nahen Osten. Täglich bis heute zeigen Schreckensbilder, dass die Menschlichkeit auf der Strecke bleibt. Europa war schon damals und ist heute noch unvorbereitet und vielerorts nicht in der Lage, mit dem Zustrom der Männer, Frauen und Kinder fertig zu werden. Die Gemeinschaft der Europäer versagte überraschend und versagt weithin. Tatsachen und Prognosen zu beiden Kontinenten drängen die Vermutung auf, dass die bisherigen Flüchtlingsströme vielleicht nur Vorboten viel größerer kommender Herausforderungen sind. Aus Afrika könnten heute hundert Millionen kommen und viel mehr, wenn sich wie vorhergesagt die Bevölkerung des Kontinents bis 2050 mehr als verdoppelt5 und einem überalterten Europa gegenübersteht. Europa kommt an Afrika nicht mehr vorbei. In diesem Buch geht es darum, mit allem denkbaren Einsatz aus den Nöten Tugenden zu machen. Afrika steht schon längst auf der europäischen Tagesordnung. Bereits 1950 sah der Vorschlag des französischen Außenministers, Robert Schuman, zur Schaffung der Kohle- und Stahlunion vor, dass Europa zu Wohlstand gelange, um sich dann Afrika zuzuwenden.6 Europa werde dann mit vermehrten Mitteln die Verwirklichung einer seiner wesentlichsten Aufgaben verfolgen können: die Entwicklung des afrikanischen Erdteils. Das hochentwickelte Europa mit seinem Potenzial an Wissen und Erfahrung für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft ist ein idealer Partner für ein zwar weithin noch unterentwickeltes, aber überaus vitales und nach vorne strebendes Afrika, ein Traumpaar, wenn sich die so Unterschiedlichen finden. Das ist mit interessanten Zukunftsperspektiven verbunden und in einer „Nebenwirkung“ geeignet, durch Beseitigung von Fluchtursachen künftig Flüchtlingsmassen zu reduzieren. Ausgangspunkt für die in dieser Auflage vorgeschlagenen Partnerschaften für Staaten oder Teilstaaten sind unabweisbare demografische und soziale Entwicklungen in beiden Kontinenten. Diese legen nahe, dass sich Europa und Afrika auf ein gemeinsames Schicksal besinnen und dieses zu bewältigen versuchen. Die Alternative wären hermetische Absperrungen mit Zäunen und Grenzwachen entlang von je vielen tausend Kilometern Mittelmeerküste auf europäischer oder auf afrikanischer Seite. Mit Waffengewalt müssten millionenfach Männer, Frauen und Kinder von der Flucht nach Europa zurückgehalten werden. Unvorstellbare menschliche Tragödien wären das tägliche Hauptthema der Medien, eine Niederlage für die Menschlichkeit! Global betrachtet stellt Europa zusammen mit Afrika neben Asien und Australien sowie Nord- und Südamerika eine der drei großen Nord-Süd-Regionen der Erde dar. Diese Geografie bestimmt das Schicksal der Kontinente in der absehbaren Zukunft. „Geschichte ist nichts als eine in Bewegung gesetzte Geografie der Zeiten und Völker“, formulierte Johann Gottfried Herder im 18. Jahrhundert. Die historische Geografie und reale Demografie führen zu zwei Optionen: Zum einen: unabweisbaren Dingen ihren Lauf zu lassen und ihnen tatenlos entgegenzugehen, um alles der ungewissen Entwicklung zu überlassen. Zum anderen: die heute bekannten Tatsachen und verlässlichen Prognosen zur Kenntnis zu nehmen und alsbald das „Gesetz des Handelns“ zu ergreifen. Der vorgeschlagene Lösungsweg für „Europa und Afrika“ soll zu der Erkenntnis führen, dass gemeinsam zu unternehmen ist, was unabweislich erscheint. Die Haltung „nach mir die Sintflut“ kann angesichts der heraufziehenden Katastrophe von heute lebenden jungen Menschen in beiden Kontinenten nicht hingenommen werden. Vielen Gemeinsamkeiten stehen krasse Unterschiede gegenüber. Europa altert und die Zahl seiner Einwohner schrumpft. Afrika ist jung und wächst unaufhörlich. Europa ist reich und weit entwickelt mit überwiegend funktionierenden Staaten, erfolgreichen Marktwirtschaften und Grundrechten. Afrika ist weitgehend arm und unterentwickelt, mit überwiegend unzureichenden Staatswesen und oft fehlenden Grundrechten. Können derart ungleiche Nachbarn an eine gemeinsame Zukunft denken? In Europa ergaben sich erhebliche Auswirkungen der Flüchtlingskrise auf Wahlen und unerwartete Verschiebungen im politischen Spektrum. Seit Jahren spielt sich das Weltgeschehen durch die elektronischen Medien vor unser aller Augen ab. Diese neue „Weltoffenheit“ ist faszinierend und furchterregend zugleich. Bis in „am Ende der Welt“ gelegene Siedlungen in den ärmsten Ländern und bis hinein in die erbärmlichsten Hütten der Slums in den Megastädten wird bekannt, wie andere Menschen in den wohlhabenden Ländern leben. Alle erleben durch das Fernsehen mit, dass Millionen sich aufmachen, um die tatsächlich bessere Welt zu finden. Über das Mobiltelefon dirigieren die am Ziel ihrer Flucht Angekommenen die noch Zurückgebliebenen, wenn diese sich auf den Weg machen. Ist die Welt aus den Fugen geraten? Das sind einige der Fakten: Kriegerische Auseinandersetzungen in aller Welt bestimmen immer wieder die Schlagzeilen. Viele davon ereignen sich in Afrika. „Menschengemachte“ Umweltzerstörung führt zu dramatischen Klimaveränderungen, die bestenfalls aufgehalten, aber nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Der Unterschied der Lebensverhältnisse zwischen der reichen Minderheit der Weltbevölkerung und der armen Mehrheit wächst unaufhaltsam. Der Unterschied kann als Ungerechtigkeit erkannt und für die privilegierte Minderheit zur Bedrohung werden. Die demografische Entwicklung diktiert die zukünftige Menschheitsgeschichte. Jahr für Jahr wächst die Erdbevölkerung nach UN-Angaben um über 70 Millionen Menschen. Wohin wird das führen? Die Mehrzahl der Kinder von heute kann mit einer Lebenserwartung bis über das Jahr 2070 hinaus rechnen.7 Die Nachbarkontinente Europa und Afrika repräsentieren mit nahezu 2 Milliarden Menschen etwa ein Viertel der Weltbevölkerung.8 Davon fallen etwa 37 % auf Europa, etwa 63 % auf Afrika. Schätzungen zufolge sind etwa 640 Millionen Afrikaner bis zu 18 Jahre alt im Vergleich zu nur 160 Millionen Europäern in der gleichen Altersstufe. Der Hintergrund zu diesem Buch
Für umfassende Aussagen über zwei Kontinente und für seriöse Voraussagen bedarf es einer Vielzahl von Experten. Erkenntnisse dazu füllen Fachbücher, Buchhandlungen und Bibliotheken. Weder meine 50-jährige Tätigkeit als selbstständiger Beratender Ingenieur des Bauwesens noch meine 24-jährige Mitgliedschaft im Landtag von Baden-Württemberg qualifizieren mich zum Experten für die Entwicklung von Kontinenten. Mein Engagement für Afrika erkläre ich mit einem ehrenamtlichen Hintergrund in...