Denfeld | Das Schmetterlingsmädchen | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 2, 336 Seiten

Reihe: Naomi Cottle

Denfeld Das Schmetterlingsmädchen

Thriller
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-98676-015-1
Verlag: Festa Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Thriller

E-Book, Deutsch, Band 2, 336 Seiten

Reihe: Naomi Cottle

ISBN: 978-3-98676-015-1
Verlag: Festa Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Vor 20 Jahren verschwand ihre Schwester. Naomi selbst hat kaum Erinnerungen an dieses Ereignis – und doch will die »Kinderfinderin« die Spur aufnehmen.

Die Suche führt sie direkt in die Dunkelheit von Portland in Oregon, wo mehr Kinder auf der Straße leben als im Rest des Landes. Und immer wieder findet man die Leichen junger Mädchen im Fluss ...

Dort trifft Naomi auf Celia, ein zwölfjähriges Mädchen, das vor ihren Eltern geflohen ist. Der Vater missbrauchte sie, die Mutter ist suchtkrank. Ceilas einzige Hoffnung sind die Schmetterlinge. Sie sieht sie überall um sich herum – ihre schillernden Beschützer und Führer auf den trostlosen Straßen.

Poetisch, fesselnd und bittersüß. Rene Denfeld schickt Naomi, die Ermittlerin mit der unheimlichen Fähigkeit vermisste Kinder zu finden, ein weiteres Mal auf eine emotionale Suche.

Washington Post:

»Erinnert uns daran, dass Geschichten nach wie vor eines der wirkungsvollsten Mittel sind, mit dem wir unseren dunkelsten menschlichen Impulsen begegnen können.«

Kirkus Reviews:

»Naomi zeigt uns die Botschaft von Denfelds gesamter Arbeit auf: Kein Mensch verdient es, vergessen zu werden.«

Margaret Atwood:

»Ein herzzerreißender, an den Nerven zerrender und doch hoffnungsvoller Roman.«

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Weitere Infos & Material


»Du willst nicht, dass ich dich begleite?«, vergewisserte sich Jerome. Es war Morgen, sie standen auf Dianes Veranda. Das bezaubernde Haus im viktorianischen Stil war in leuchtenden Farben gestrichen. Ihr Gästezimmer ging zur Straße hinaus, Dianes großes Schlafzimmer nach hinten, mit Blick über den stillen Garten. Naomi hatte Diane kennengelernt, als sie beide in einem Fall als Zeuginnen aussagten. Sie freundeten sich augenblicklich an, vielleicht auch, weil Diane akzeptierte, dass Naomi ständig wegen ihrer Fälle durchs Land zog und daher immer wieder in ihrem Leben auftauchte und daraus verschwand. Sie hatte ihr sogar den leeren Dachboden überlassen, damit Naomi ihre Akten dort verwahren konnte. Aber nun waren Naomi und Jerome pleite. Das letzte Jahr hatte die knappen Ersparnisse verschlungen, die sie beiseitegelegt hatten. Naomi hatte sich geweigert, andere Fälle anzunehmen, bis sie ihre Schwester finden würde, und das ständige Reisen bedeutete, dass auch Jerome keine Anstellung fand. »Wir brauchen Geld, mein Schatz«, erwiderte Naomi lächelnd. »Ich versuche es ja«, scherzte er und spannte den einen Arm an, der ihm geblieben war. Der fehlende sprach Bände: Versuch du doch mal Arbeit zu finden, wenn du nur einen Arm hast. Jerome, der Soldat und Sheriff gewesen war, wusste, dass er einen exzellenten Polizeibeamten und Ermittler abgab. Aber das bedeutete noch lange nicht, dass ihn die hiesigen Vollzugsbehörden eingestellt hätten, und darüber hinaus wusste er ja auch nicht, ob sie in der Stadt bleiben würden. Er hätte viel lieber draußen auf dem Land gelebt, aber das Gespräch darüber musste warten, bis sie Naomis Schwester gefunden hätten. Sollten sie sie nicht finden … Nun, darüber wollte er gar nicht nachdenken. Die eine Möglichkeit, die ihm einfiel, war, wie seine Frau Privatermittler zu werden. Aber er war nicht sicher, was Naomi davon gehalten hätte. Die Misserfolge des vergangenen Jahres hatten beide verunsichert zurückgelassen, auch im Umgang miteinander. Zum ersten Mal seit sie in sein Leben getreten war, zögerte Jerome, ganz offen mit Naomi zu sprechen. Er wünschte, jemand hätte ihm beigebracht, wie eine Ehe funktionierte. Ohne Mutter und Vater aufgewachsen, hatte er nur seine Pflegemutter Mrs. Cottle gehabt, Gott sei ihrer Seele gnädig, die verwitwet gewesen war. Er wollte Naomi ein guter Ehemann sein. Sie kam näher, lehnte sich auf der Suche nach einer Umarmung an ihn. Überrascht legte er seinen einen Arm um sie und erinnerte sich an das erste Mal, dass sie sich geliebt hatten. Ihr Gesicht unter seinem. »Es wird alles gut«, sagte er zu ihr und wünschte, er wäre zufriedener mit sich selbst gewesen. Jeromes früheste Erinnerungen an Naomi, als sie gerade erst bei ihnen aufgenommen worden war: zunächst verängstigt und dann ganz die Draufgängerin, bevor sich diese Eigenschaft zu stillem Mut wandelte. Sie rannten über die Felskämme am Rand von Opal, stöberten die Zaubersteine auf, die die Versteinerung der Zeit ihnen dort hinterlassen hatte: Quarz und Jaspis, glänzende Achate, die sie mit ihren T-Shirts polierten, und die allgegenwärtigen Opale. Mit etwas Spucke brachte man sie zum Leuchten. Ihre zweite Lieblingsbeschäftigung war die Suche nach alten Artefakten der Urbevölkerung. Teile seines Erbes wie Splitter seiner eigenen Knochen aus der Erde. Manchmal fanden sie Pfeilspitzen – oder taten so, als wären es Pfeilspitzen, auch wenn es sich wahrscheinlich bloß um dreieckige Felssplitter handelte. Ein paarmal fanden sie Orte im Wald, die wie sehr alte Lagerplätze wirkten, untypisch weite Lichtungen, auf denen Bohlenhäuser gestanden haben mochten. An diesen Orten gab es Steinhaufen, unter denen sich Schätze verbargen. Heute war Jerome traurig, dass er sie nicht aufbewahrt hatte. Hornlöffel und verrottende Lederbeutel, die bei der sachtesten Berührung zerfielen. Bisweilen gab es Stellen im Wald, wo die Kiefern auf eine bestimmte Art zusammenstanden, und dann sah Jerome Naomis Gesichtsausdruck an, dass sie sich an etwas erinnerte, auch wenn sie ansonsten alles hatte vergessen müssen. In solchen Momenten nahm er sie bei der Hand und zog sie mit sich, weg von diesen Orten. Er lenkte sie ab, indem er ihr erzählte, was er über seinen Stamm gelesen hatte – später würde er herausfinden, dass die Informationen nur teilweise stimmten –, etwa dass die Familien seiner Vorfahren deren Habseligkeiten an Bäume banden, wenn sie gestorben waren. Dann gingen Naomi und er zurück zum Farmhaus, in dem sie lebten, suchten die Unterseiten des Geästs aller Bäume ab und hofften, ein Überbleibsel seiner Vorfahren zu finden. Es spielte gar keine Rolle, dass sie nie etwas fanden. Er war mit ihr zusammen, und nur das zählte. »Wenn das nicht die Kinderfinderin ist!« Detective Lucius Winfield erhob sich von seinem Schreibtisch und streckte eine seiner großen Hände aus, während die Deckenlampen seines Büros die Naturkrause auf seinem Kopf zum Funkeln brachten. Naomi erwiderte sein Lächeln. In seiner Gegenwart fühlte sie sich stets wohl. Sie nahm im Ledersessel Platz, blieb aber nicht still sitzen. Naomi spürte, dass die Uhr tickte. »Was ist los?«, wollte der Detective wissen. Winfield kannte Naomi seit beinahe einem Jahrzehnt – seit den ersten Fällen vermisster Kinder, die sie bearbeitet hatte. Einige davon waren seine Fälle gewesen. Oft heuerten die Eltern Naomi an, wenn die Ermittlungen der Polizei keine Ergebnisse brachten. Winfield hatte kein Problem damit, einen Fall zu teilen, wenn das zu Ergebnissen führte. »Ich versuche immer noch, meine Schwester zu finden«, erklärte Naomi. Sie erläuterte, was sie im vergangenen Jahr alles versucht hatten, ausgehend von der spärlichen Handhabe ihres Gedächtnisses. Sie erzählte dem Detective davon, wie sie und Jerome alte Farmregister und Volkszählungsunterlagen durchkämmt, Dutzende Erdbeerfelder in den fruchtbaren Tälern Oregons besucht hatten. Sie waren nach Arizona und Kalifornien gefahren und hatten die Hersteller unterirdischer Bunker aufgesucht, um herauszufinden, ob es eine Liste von Käufern gab. Sie hatten Dutzende Männer befragt, die wegen Kindesentführung einsaßen. Ein Abstrich ihrer DNA war in diverse Datenbanken eingegeben worden, um zu sehen, ob es eine Übereinstimmung an unidentifizierten Leichen gab. Sie hatten sich sogar über internationale Kinderhändlerringe informiert. Nichts. Sie konnte noch nicht einmal herausfinden, wer sie war. Es war, als wäre sie an jenem Tag geboren worden, an dem sie entkommen war, neunjährig aus dem Boden gewachsen. Aber dann hatten sie und Jerome eines Tages an einer Tankstelle gehalten, auf einer Landstraße tief im Obstanbaugebiet. Ein Truck voller migrantischer Landarbeiter hatte neben ihnen gehalten. Die Frauen und Kinder saßen hinten, braun gebrannt und schwankend von zu viel Sonne. Sie hatten leere Plastikkanister hervorgeholt, um sie mit Wasser aus dem Schlauch aufzufüllen. Es war Jerome, der ein lupenreines Spanisch sprach, der eine Unterhaltung mit den Tanknachbarn begann. Eine alte Frau bekreuzigte sich und sagte, ja, sie erinnere sich an einen solchen Ort. Es war ein böser Ort gewesen, nahe einem Dorf namens Elk Crossing. »Danach war es wie ein Wettlauf mit der Zeit«, erzählte Naomi dem Detective. Sie und Jerome hatten die Felder gefunden und dann den Bunker im angrenzenden Wald. Aber die verrottete Falltür war eingebrochen, die unterirdischen Räume leer. Ihre Schwester war schon lange fort. Naomi schätzte, dass ihr Entführer ihre Schwester nach Naomis Flucht mitgenommen hatte. »Das tut mir leid«, sagte Winfield, und seine Stimme war voller Mitgefühl. »Es muss furchtbar für dich gewesen sein, dort runterzugehen.« Naomi nickte und schluckte den Schmerz hinunter. »Also sind wir zurück zum Büro der Sondereinheit, und dort habe ich gehört, dass ihr hier mehrere verschwundene Straßenkinder habt. Einige davon wurden gefunden, sind Opfer von Mord geworden.« Detective Winfield lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und legte die Hand auf die Schreibtischplatte. »Ich hätte wissen sollen, dass dich das in die Stadt lockt.« »Fünf Mädchen, alle erstochen und aus dem Fluss gezogen«, stellte Naomi fest. »Mindestens ein Dutzend weitere Straßenkinder werden vermisst, den Aussagen ihrer Freunde zufolge. Womöglich habt ihr es mit einem neuen Green River Killer zu tun.« »Ich weiß«, gab Winfield zurück. »Wir ertrinken in Arbeit da draußen.« Er gestikulierte erschöpft, meinte die Stadt jenseits der Mauern seines Reviers. »Du hast ja gesehen, wie es läuft. Obdachlose überall. Und all die Arten, wie die Gefährdeten ausgenommen werden. Menschenhandel, Verbrechen, Krankheiten, Mord. Ich weiß nicht, wo mir der Kopf steht, so viele Fälle müsste ich lösen.« Naomi zog die Brauen zusammen. »Was ist mit Sozialarbeitern und Gemeindebehörden?« »Die ertrinken ebenso.« »Hast du den Fall deswegen an die lokale FBI-Dienststelle abgegeben?« »Ich habe gar nichts abgegeben, die haben ihn mir abgenommen.« Sein Ton war scharf. Sie sah den aufflackernden Zorn. »Wenn du helfen willst, nur zu gern.« Seine Stimme wurde wieder weicher. »Du weißt, wir alle geben unser Bestes. Ich weiß, dass du das tust, und ich ebenso. Aber ich kann auch nicht mehr machen als meine Arbeit. Ich habe momentan mehr als 50 offene Fälle. Wie viele hast du?« Naomi schwieg, denn das hatte gesessen. Sie hatte genau null Fälle, wenn sie ihre Schwester nicht mitzählte. Sie hatte leicht reden, leicht urteilen. Nun regte sich das schlechte...


Denfeld, Rene
Bevor Rene Denfeld als Autorin arbeitete, war sie als Ermittlerin für eine Pflichtverteidigung tätig und untersuchte Hunderte der schlimmsten Verbrechen – darunter auch der berühmte Fall der »Central Park Five«. In einigen Prozessen bewahrte sie Menschen vor der Todesstrafe.2017 wurde sie von der New York Times als Heldin des Jahres ausgezeichnet.Rene lebt mit ihren Adoptivkindern in Portland, Oregon, und setzt sich auch weiterhin für soziale Gerechtigkeit ein.Sie schrieb die von der Presse hoch gelobten Bestseller The Enchanted, The Child Finder (Das Schneemädchen) und The Butterfly Girl (Das Schmetterlingsmädchen).



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