Dörge / E. Howard / Koja | ENGEL DER FINSTERNIS | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 372 Seiten

Dörge / E. Howard / Koja ENGEL DER FINSTERNIS

Internationale Horror-Storys, hrsg. von Christian Dörge
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-7487-5591-3
Verlag: BookRix
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Internationale Horror-Storys, hrsg. von Christian Dörge

E-Book, Deutsch, 372 Seiten

ISBN: 978-3-7487-5591-3
Verlag: BookRix
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



20 internationale Spitzen-Autoren und -Autorinnen, vereint in einer Horror-Anthologie der Extra-Klasse (zusammengestellt und herausgegeben von Christian Dörge): Ray Bradbury, William F. Nolan, Kathe Koja, Joseph Payne Brennan, Stephen R. Donaldson, Robert E. Howard, Alan Ryan, Stefan Franck, Robert Bloch, Inka Mareila, Ramsey Campbell, John Coyne, Michael Bishop, Lewis Shiner, David Morrell, Thomas Wawerka, Tanith Lee, Robert Grant, Eric van Lustbader und Christian Dörge. ENGEL DER FINSTERNIS - Band 8 der Reihe APEX HORROR!
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Ray Bradbury:
  EIN HERBSTLICHES SPIEL
      Er legte den Revolver in die Kommodenschublade zurück und schloss sie.   Nein, nicht so. Louise würde so nicht leiden. Sie wäre tot, und es wäre vorbei, und sie wurde nicht leiden. Vor allem war es wichtig, dass sich die Sache in die Länge zog. Psychisch hinzog. Aber wie das Leiden verlängern? Wie - zunächst einmal - es überhaupt herbeiführen? Jedenfalls... auf überlegte Weise?   Der Mann, der vor dem Schlafzimmerspiegel stand, steckte sorgfältig seine Manschettenknöpfe zusammen. Er hielt lange genug inne, um die Kinder unten auf der Straße vorbeirennen zu hören, außerhalb dieses warmen zweistöckigen Hauses; die Kinder-ähnlich grauen Mäusen, ähnlich dem Laub.   Am Lärmen der Kinder konnte man den Kalendertag erkennen. An ihrem Geschrei konnte man diesen Abend erkennen. Man erkannte, dass es sehr spät war im Jahr.   Oktober.   Der letzte Tag im Oktober, weiße Knochenmasken und ausgeschnittene Kürbisse und der Geruch von heruntergetropftem Kerzenwachs.   Nein.   Die Dinge waren seit geraumer Zeit nicht mehr im Lot. Und der Oktober half da auch nicht. Wenn überhaupt, verschlimmerte er die Angelegenheit nur noch. Er rückte seine schwarze Fliege zurecht. Wenn jetzt Frühling wäre, nickte er seinem Spiegelbild langsam, ruhig und empfindungslos zu, dann könnte es noch eine Chance geben. Aber heute Nacht ging die ganze Welt in Flammen unter. Kein Grünen des Frühlings war spürbar, keine frühlingshafte Frische, keines seiner Versprechen.   Von der Diele waren leise laufende Schritte zu vernehmen. »Das ist Marion«, sagte er zu sich, »Meine Kleine. Die ganze achtjährige stille Person. Nie ein Wort. Nur ihre leuchtenden grauen Augen und ihr fragender kleiner Mund.« Seine Tochter war den ganzen Abend mal draußen, mal drinnen gewesen, hatte dabei die verschiedensten Masken anprobiert und ihn gefragt, welche die erschreckendste, die furchtbarste sei.   Sie hatten sich schließlich beide für das Skelettkostüm entschieden. Es war wirklich schrecklich! Da mussten die Leute ja einfach vor Schreck was in ihren Beutel fallen lassen!   Wieder begegnete er seinem eigenen langen, gedankenvollen und grüblerischen Blick im Spiegel. Er hatte den Oktober nie gemocht. Seit der Zeit nicht mehr, als er vor vielen Jahren vor dem Haus seiner Großmutter im Herbstlaub lag und den Wind hörte und die kahlen Bäume sah. Das hatte ihn zum Weinen gebracht, ohne jeden Grund. Und jedes Jahr kehrte ein wenig von dieser Traurigkeit zu ihm zurück. Jedesmal wieder verging sie mit dem Frühling.   Aber heute Abend war es anders. Ein herbstliches Gefühl, das eine Million Jahre andauern würde, machte sich breit.   Es würde keinen Frühling mehr geben.   Er hatte den ganzen Abend in aller Stille geweint. Nichts davon, nicht einmal eine Andeutung war auf seinem Gesicht zu sehen. Alles war irgendwo verborgen, aber es wollte nicht aufhören.   Reicher, Sirup-artiger Bonbongeruch erfüllte das geschäftige Haus. Louise hatte Äpfel karamellisiert und zum Trocknen ausgelegt, riesige Schalen frischer Bowle waren angesetzt, an jeder Tür hingen an Schnüren Äpfel aufgereiht, aus jedem kalten Fenster starrten ausgehöhlte, ausgeschnittene Kürbisse aus dreieckigen Augen. In der Mitte des Wohnzimmers standen eine Wanne mit Wasser und daneben ein Sack voller Äpfel, die darauf warteten, aus der Wanne gefischt zu werden. Nur noch der Auslöser, die hereinströmenden Kinder, fehlten, um das Apfelspiel beginnen zu lassen, die aufgereihten Äpfel in den überfüllten Türen zum Schwingen zu bringen, die Bonbons verschwinden, die Flure von Schrecken oder Entzücken - egal, welches von beiden - widerhallen zu lassen.   Nun umfing die Stille der Vorbereitung das Haus.   Und noch ein klein wenig mehr als das.   Louise war es gelungen, in jedem anderen Raum zu sein als dort, in welchem er sich heute aufhielt. Das war ihre ach so feinfühlige Art anzudeuten: Schau, ich, schau nur, wie beschäftigt ich bin. So beschäftigt, dass es immer irgendetwas in einem anderen Raum zu tun gibt, wenn du in ein Zimmer kommst, in dem ich gerade bin! Schau nur, wie ich herumwirble!    Eine Zeitlang hatte er sich ein kleines Spielchen mit ihr erlaubt, ein gemeines, kindisches Spiel. Wenn sie in der Küche war, kam er auch in die Küche und sagte: »Ich möchte ein Glas Wasser.« Einen Augenblick später, während er im Stehen das Wasser trank und sie sich wie eine kristallene Hexe über das Karamellgebräu beugte, das wie in einem vorgeschichtlichen Kessel auf dem Herd vor sich hin brodelte und blubberte, sagte sie: »Oh, ich muss die Kerzen in den Kürbissen am Fenster anzünden!« Und sie eilte ins Wohnzimmer, um die Kürbisse durch den Lichtschein zum Lächeln zu bringen.   Und er folgte ihr lächelnd: »Ich muss meine Pfeife holen...«   »Oh, der Apfelwein!«, hatte sie ausgerufen und war ins Esszimmer gelaufen.   »Ich sehe schon nach dem Apfelwein«, hatte ich gesagt. Aber als er ihr zu folgen versuchte, lief sie ins Badezimmer und sperrte die Tür zu.   Er stand vor der Badezimmertür, lachte unheimlich und ohne ersichtlichen Grund mit der erkalteten Pfeife im Mund, und dann, dieses Spiels zwar müde, aber dennoch unerbittlich, wartete er noch fünf Minuten. Kein Ton km aus dem Bad. Und um ihr jegliche Freude an dem Wissen zu verderben, dass er draußen wartete, langsam nervös und gereizt werdend, fuhr er unvermittelt herum und ging die Treppe fröhlich pfeifend hinauf.   Oben angekommen, hatte er gewartet. Endlich hatte er gehört, wie die Badezimmertür entriegelt wurde, und sie war herausgekommen, und das Leben unten hatte wieder begonnen, wie das Leben in einem Dschungel wieder beginnen muss, sobald der Schrecken vorüber ist und die Antilopen wieder zu ihrer Quelle zurückkehren.   Nun, als er seine Fliege zurechtrückte und seinen dunklen Mantel anzog, war vom Flur ein Rascheln wie von Mäusen zu hören. Marion erschien in der Tür, in ihrer Verkleidung ganz wie ein Skelett.   »Wie seh' ich aus, Papa?«   »Großartig!«   Unter der Maske schaute blondes Haar hervor. Aus ihren ausgeschnittenen Löchern lächelten kleine blaue Augen... Er seufzte. Marion und Louise, die beiden stillen Ankläger seiner Manneskraft, seiner dunklen Macht. Welche Hexenkunst hatte Louise zu Diensten gestanden, die sich das Dunkel eines dunklen Mannes nutzbar machte und die dunkelbraunen Augen und das pechschwarze Haar immer weiter bleichte und das Kind in ihrem Bauch auswusch und ausbleichte, während der ganzen Zeit von seiner Zeugung bis zu seiner Geburt, als blonde, blauäugige, rotbackige Marion? Manchmal argwöhnte er, dass Louise das Kind geistig - also vollkommen unkörperlich - empfangen hatte in der unbefleckten Empfängnis eines Geistes und eines Körpers voller Verachtung. Als scharfen Tadel seiner Person hatte sie ein Kind nach ihrem eigenen Bilde hervorgebracht, und - wie, um all das zu krönen - hatte sie den Arzt irgendwie in ihren Bann geschlagen, so dass er den Kopf schüttelte und sagte: »Tut mir leid, Mr. Wilder, Ihre Frau kann kein Kind mehr bekommen. Es ist unwiderruflich das letzte...«   »Und ich wollte einen Jungen«, hatte Mich damals vor acht Jahren gesagt.   Fast beugte er sich jetzt hinab, um Marion in den Arm zu nehmen, Marion in ihrer Totenkopfmaske. Er empfand ein unerklärliches Aufwallen von Mitleid für sie, weil sie niemals die Liebe eines Vaters empfangen hatte, nur die erdrückende, besitzergreifende Liebe einer lieblosen Mutter. Aber am meisten bemitleidete er sich selbst, weil er ihm irgendwie nicht gelungen war, das Beste aus einer schlechten Geburt gemacht, sich seiner Tochter um ihrer selbst willen erfreut zu haben, ohne Rücksicht darauf, dass sie nicht dunkel und nicht ein Sohn und nicht so wie er war. An irgendeinem Punkt hatte er seine Chance verpasst. Selbst wenn alles andere genauso gewesen wäre, wie es nun einmal war, hätte er das Kind geliebt. Aber Louise hatte sowieso kein Kind gewollt, Von vornherein nicht. Sie war bei dem Gedanken an die Geburt zurückgeschreckt. Er hatte ihr das Kind aufgezwungen, und von dieser Nacht an hatte Louise das ganze Jahr bis zur Qual der Geburt in einem anderen Teil des Hauses gewohnt. Sie hatte erwartet, an dem Kind zu sterben, das ihr aufgezwungen worden war. Es war sehr einfach für Louise gewesen, diesen Ehemann zu hassen, der sich so sehnlich einen Sohn wünschte, dass er sogar seine einzige Frau dem Tode überantwortete.   Aber - Louise überlebte. Und zwar triumphal!   Ihre Augen waren kalt an dem Tag, an dem er ins Krankenhaus kam. Ich lebe, sagten sie. Und ich habe eine blonde Tochter! Schau her! Und als er eine Hand aussteckte, um sie zu berühren, wandte sich die Mutter weg, um sich mit ihrem neugeborenen, rosigen Töchterchen zu verschwören - weg von dem dunklen Mörder, der ihr Gewalt angetan hatte. Alles war so wundervoll ironisch gewesen. Seine Selbstsucht verdiente es nicht anders.   Aber nun war wieder Oktober. Es hatte schon andere Oktober davor gegeben, und wenn er an den langen Winter dachte, war er jedes Jahr wieder von Schrecken erfüllt gewesen, sobald er an die endlosen Monate dachte, in denen er bei...



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