Dörner / Bartl / Detje | Die Mechanik des Seelenwagens | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 382 Seiten

Dörner / Bartl / Detje Die Mechanik des Seelenwagens

Eine neuronale Theorie der Handlungsregulation
1. Auflage 2002
ISBN: 978-3-456-93814-1
Verlag: Hogrefe AG
Format: PDF
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)

Eine neuronale Theorie der Handlungsregulation

E-Book, Deutsch, 382 Seiten

ISBN: 978-3-456-93814-1
Verlag: Hogrefe AG
Format: PDF
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)



Jeder Kriminalkommissar weiß: Die Motive muss man kennen! Doch Menschen haben selten nur eines: Ihr "Wagen" wird von mehr als einem "Pferd" gezogen. Man hat ein wenig Hunger, zugleich ist man neugierig, wie der Roman weitergeht. Für solche komplexe Vorgänge gibt es Computersimulationen. Man kann Versuchspersonen daransetzen und untersuchen, wie Handlungen reguliert werden. Und das ist genau, was Dörner zusammen mit seiner Arbeitsgruppe getan hat. Fazit: Handeln lässt sich nicht - wie es immer noch bevorzugt geschieht - rein "kognitiv" erklären, sondern nur als Zusammenspiel emotionaler, kognitiver und motivationaler Prozesse.
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Zielgruppe


Psychologen, Psychiater, Psychotherapeuten, Neurowissenschaftler

Weitere Infos & Material


1;Inhalt;6
2;Einleitung;10
2.1;Theorien, Modelle, Simulation;17
2.2;Was ist das: Simulation?;18
3;1. Handlungsregulation;24
3.1;1.1 Die Insel;24
3.2;1.2 «Psychische Instanzen»;27
3.3;1.3 Der Verhaltenszyklus;29
3.4;1.4 Ein Beispiel fur das Verhalten von ?;33
4;2. Gedächtnisstrukturen;38
4.1;2.1 Neuronen und Synapsen;39
4.2;2.2 Quad-Netzwerke;45
4.3;2.3 Sensorische Schemata;51
4.4;2.4 Verhaltensprogramme;55
4.5;2.5 Ziele und Aversionen;57
4.6;2.6 Abstrakte Schemata;60
4.7;2.7 Das Gedachtnis von ?;63
4.8;2.8 Die Logik der Neuronen;66
5;3. Operationen;70
5.1;3.1 Basale Operationen;73
5.2;3.2 Komplexe Operationen;87
5.3;3.3 Gedächtnisbildung und Lernen;156
5.4;3.4 Gedächtnis und Gedächtnisgebrauch;166
5.5;3.5 Neuronale Programmierungen und das Gehirn;168
5.6;3.6 Symbolische und subsymbolische Informationsverarbeitung;173
6;4. Die Organisation des Verhaltens;178
6.1;4.1 Absichten;182
6.2;4.2 Orientierung;183
6.3;4.3 Suche nach Automatismen;187
6.4;4.4 Planen;188
6.5;4.5 «Was kann man tun?»;188
7;5. Emotionale Regulationen;196
7.1;5.1 EMOREG: die Dekomposition von Emotionen;198
7.2;5.2 Bestimmtheitsregulation;202
7.3;5.3 Kompetenzregulation;207
7.4;5.4 Emotionale Modulationen;208
7.5;5.5 Emotionen;220
7.6;5.6 Gefühlsausdruck;222
7.7;5.7 Emotionen und Persönlichkeit;231
7.8;5.8 Persönlichkeit und ihre ökologische Validität;235
7.9;5.9 Das Verhalten von Ø und die emotionalenModulationen;242
8;6. Die Insel;250
8.1;6.1 Wie prüft man komplexe Theorien?;250
8.2;6.2 Abenteuer auf der Insel;255
8.3;6.3 Ø auf der Insel;305
8.4;6.4 Einige Beobachtungen;325
9;7. Was tun?;332
9.1;7.1 Ø als Person;333
9.2;7.2 Uber die Rolle der Sprache oder: wie . lernen kann, wirklich zu denken;342
9.3;7.3 Was also tun?;356
10;Nachwort;368
11;Literaturverzeichnis;370
12;Autorenregister;376
13;Sachwortregister;378


6. Die Insel (S. 249-250)

6.1 Wie prüft man komplexe Theorien?

Wir haben jetzt eine vollständig formale Theorie über kognitive Prozesse und ihre Einbettung in motivationale und emotionale Prozesse geschildert. Diese Theorie ist nichts anderes als ein Bündel von Hypothesen.
 
Jede einzelne Hypothese besteht aus einer «wenn . . . dann . . .-Aussage».

Wie prüft man Hypothesen? Jeder Psychologiestudent lernt in den methodischen Veranstaltungen im Grundstudium, wie das zu machen ist. Man unterscheidet zunächst die Prädiktoren (oder die «unabhängigen Variablen») von den Kriteriumsvariablen (oder den «abhängigen Variablen»). Dann variiert man die Prädiktorvariable und stellt fest, ob diese Variation die Kriteriumsvariable beein.usst. Wenn dieser Ein.uss vorhanden und außerdem theoriekonform ist, dann ist die Prüfung der Theorie positiv ausgefallen. Man kann die Theorie (vorerst einmal) für richtig halten. – Man überprüft also z. B., ob sich Ärger auf die Rechenleistung auswirkt, indem man zwei Versuchspersonengruppen bildet und die Personen der einen Gruppe auf irgendeine Weise ärgert, die der anderen nicht.

Dann lässt man die Versuchspersonen beider Gruppen die gleichen Rechenaufgaben lösen und stellt Fehleranzahl oder Lösungszeit oder beides fest und überprüft mit dem geeigneten statistischen Verfahren, ob ein Unterschied zwischen den beiden Gruppen besteht. Wenn dieser vorhanden und außerdem theoriekonform ist, dann ist die Theorie richtig. Man könnte z. B. die Hypothese gebildet haben, dass Ärger auf der einen Seite aktiviert und deshalb das Handeln beschleunigt, auf der anderen Seite aber zu ungenauem Arbeiten verführt, so dass die «ärgerlichen» Versuchspersonen einerseits mehr Aufgaben in Angriff nehmen, andererseits aber mehr Fehler machen. Wenn das herauskommt, ist die Theorie bestätigt.

Hat man mehr Prädiktorvariablen und auch mehr Kriterienvariablen, dann greift man am besten zu einem varianzanalytischen Planversuch und prüft die Effekte der Variation von mehreren Prädiktorvariablen zugleich. Soweit so gut; man kann mit solchen Verfahren sicherlich unter bestimmten Umständen eine Menge anfangen. Für die Überprüfung der Ø-Theorie aber sind diese Verfahren aus mehreren Gründen unbrauchbar. Die Anzahl von Variablen, über die Zusammenhänge behauptet werden, ist in der Ø-Theorie außerordentlich groß. Es ist schwer, überhaupt die Anzahl von Hypothesen abzuschätzen, die in die Ø-Theorie eingehen.

Denn wie soll man das machen? Soll man jeden einzelnen synaptischen Übergang von einem Quad eines Schemas zu einem anderen als besonders zu prüfende Hypothese betrachten? Zweifellos ist es eine Hypothese, wenn behauptet wird, dass ein bestimmtes Schema existiert, welches in der und der Weise gebraucht wird. Ein Schema ist ein Gefüge synaptischer Übergänge. Wenn wir auf dieser Ebene prüfen wollen, dann besteht die Theorie aus Hunderttausenden von Teilhypothesen, und es ist gänzlich unmöglich, sie alle zu prüfen, ganz davon abgesehen, dass es gar nicht möglich ist, die neuronalen Prozesse im einzelnen (z. B. durch Mikroelektroden) zu erfassen.



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