E-Book, Deutsch, Band 3, 353 Seiten, Format (B × H): 1260 mm x 1860 mm, Gewicht: 363 g
Reihe: Simone Jaan
Durrani Rachsüchtig
Originalausgabe 2024
ISBN: 978-3-911172-58-5
Verlag: medimont
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Kriminalroman
E-Book, Deutsch, Band 3, 353 Seiten, Format (B × H): 1260 mm x 1860 mm, Gewicht: 363 g
Reihe: Simone Jaan
ISBN: 978-3-911172-58-5
Verlag: medimont
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
In der weltberühmten Klosterbibliothek des Stiftes Admont in der Steiermark wird ein Mann ermordet aufgefunden.
Was hat eine antike Marienstatue aus der Sammlung Mayer mit dem Mord zu tun?
Die Wiener Neustädter Hobbydetektivin Simone Jaan stolpert zufällig über den Toten und somit in ihren dritten spannenden Kriminalfall.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Städtischer Friedhof Wiener Neustadt Anfang April
Allmählich legt sich Dunkelheit über den Friedhof. Die alten Bäume gleichen finsteren, bedrohlichen Gestalten. Der alte gebückte Mann umklammert den Gehstock fester. Rasch geht er weiter. Der Kies knirscht unter seinen Schuhen. Einzelne Schneeflocken tanzen vom wolkenverhangenen Himmel. Die Gräberfelder scheinen unendlich. Welche Reihe? Wo ist die Grabstätte? Er hält inne, versucht, sich zu erinnern. Verdammt! Er hat keine Zeit. Er lauscht, aber alles bleibt still. Trotzdem ist er etwas nervös. Ist ihm jemand gefolgt? Er umklammert seinen Stock fester und geht einen schmalen Kiespfad entlang. Da muss es irgendwo sein! Plötzlich bleibt er stehen und sieht auf eine hohe symmetrische Tanne, die sich hinter einem schönen gepflegten Grab gen Himmel reckt. »Urban« ist in goldenen Lettern in den Grabstein gemeißelt. Ja, da ist er richtig. Er atmet durch. Hier hat er es versteckt, ganz vorne beim Grabstein, wo niemand jemals die Erde aufgräbt. Unter einem naturbelassenen flachen Stein. Seit Jahren liegt sein Schatz hier vergraben. Er holt tief Luft, bückt sich ächzend, kramt eine kleine Schaufel aus seiner Umhängetasche und fängt kraftvoll und verbissen an zu graben. Simone Jaan ist eine junge Frau Ende zwanzig, von zierlicher Gestalt, hat karottenrote Haare und Sommersprossen mit blassem Teint. Wenn man ihre Neugierde und Naivität bemerkt, ihre Fröhlichkeit, ihr offenes Wesen und die Unbeschwertheit, sollte man meinen, sie ist um zehn Jahre jünger. Simone hat schon oft ihren Ausweis zeigen müssen, weil ihr niemand ihre Volljährigkeit geglaubt hat. Die junge Frau ist stets von Neugierde getrieben und steckt mit Vorliebe ihre Nase in fremde Angelegenheiten. Begonnen hat alles vor fast zwei Jahren mit dem Verschwinden des Wahrzeichens ihrer Heimatstadt Wiener Neustadt, dem Corvinusbecher. Ein kostbarer Prunkbecher, der sich mittlerweile wieder im Stadtmuseum befindet. Gott sei Dank, oder besser: Simone sei Dank. Sie hat damals einiges zum Auffinden des Bechers beigetragen. Oder die Sache mit dem Gemälde von Egon Schiele und dem Mord an einer jungen Frau? Ja, Simone hat bereits einiges erlebt und ein Gespür entwickelt, genauso wie eine unbändige Neugier, die jedoch ihr Freund Markus Heindl versucht, etwas auszubremsen. Ihre ältere Schwester Melanie schätzt Simones Eigenschaft gar nicht. Schon mehrmals hat sich Simone in Unannehmlichkeiten, auch in Lebensgefahr begeben und ihre ganze Familie mit hineingezogen. Ihrer Meinung nach ist Simone unglaublich leichtsinnig im Gegensatz zu ihr selbst. Melanie ist Mutter von zwei halbwüchsigen Buben, Moritz und Lorenz, Ehefrau von Martin Urban und Schriftsachverständige. Sie hat viel Verantwortung und stets eine Menge zu tun. Ja, unterschiedlicher könnten die beiden Schwestern nicht sein. Melanie ist groß, etwas korpulent, hat brünette, kinnlange Haare und steht, im Gegensatz zu ihrer Schwester, voll im Leben. Denn Simone träumt gerne vor sich hin, ergeht sich sogar ab und zu in Fantasiegeschichten. Das ist eigentlich kein Wunder, denn Simone arbeitet in einer Buchhandlung und liest gezwungenermaßen viel. In ihrem Fall Jugendliteratur. Wann Simone endlich erwachsen wird? Vielleicht hilft ja die Verlobung mit Markus etwas? Markus Heindl hat Simone im letzten Frühjahr die Frage aller Fragen gestellt und sie hat eingewilligt. Wann sie heiraten, wissen die beiden nicht so recht, denn leider ist das hochansteckende Coronavirus dazwischen gekommen. Seit dem Beginn der weltweiten Pandemie hangelt sich die Welt von einem Lockdown zum nächsten. Traurig aber wahr. Geschäfte und Schulen geschlossen, Gastronomie und Hotellerie ebenso. Über die Menschen ist eine schwierige Zeit hereingebrochen, aber alles geht vorbei. Irgendwann. Die Hoffnung stirbt zuletzt. Simone nützt ihre freie Zeit mit Malen, ausgedehnten Spaziergängen, Kochen und Handarbeiten. Sie entdeckt tatsächlich neue Facetten an sich und das überrascht sie selbst. Markus hingegen arbeitet im Krankenhaus und hat kaum Zeit. Umso mehr freut sich Simone auf ein paar freie Tage, ein Wochenende mit Markus. Sie fahren in die schöne Steiermark, denn dort ist die Coronasituation besser als in Niederösterreich und alles ist geöffnet. Tatsächlich. Aber das momentane Wetter lässt Simone kaum auf ein paar sonnige frühlingshafte Tage in Admont hoffen … Ob es eine gute Idee ist, den Friedhof zu überqueren? Mit Sicherheit nicht. Simone bleibt unschlüssig stehen und wirft einen kurzen Blick auf ihre kleine schwarze Hündin zu ihren Füßen. Rala erwidert ihren Blick mit Schwanzwedeln. Danach sieht Simone wieder auf. Das Tor zum städtischen Friedhof steht offen, so wie immer um diese Zeit. Soll sie die Abkürzung nehmen? Simone schaut auf die Uhr. Es ist kurz nach 19 Uhr 30. Die Sonne ist im Untergehen. Simone sieht kurz in den schiefergrauen Himmel. Es fängt leicht zu Schneien an. Dieses Wetter ist für die Jahreszeit vollkommen normal. Ja der April, der macht was er will! Wie immer! Simone seufzt. Ein mulmiges Gefühl beschleicht sie. Keine Ahnung wieso. Sie hebt ihre Bolonkahündin Rala hoch und schleicht durch das schmiedeeiserne Tor des Städtischen Friedhofs. Die Leuchtreklame vom Burger King erhebt sich strahlend links von ihr. Wenn sie ihren Hund nicht dabei hätte, würde sie sich wahrscheinlich eine Packung Cheese Nuggets holen. Ein letzter sehnsüchtiger Blick auf die Leuchtreklame. Ihr Magen knurrt. Simone schüttelt den Kopf. Ungesundes Zeug, macht nur dick! Eine zwei Meter hohe Steinmauer, teils von Efeu überwuchert, gibt dem Friedhof seinen typischen Charakter. Grabsteine, Alleen, hohe einzelne Nadelbäume und Stille. Jeder von Simones Schritten knirscht laut, sodass sie versucht ist, auf Zehenspitzen zu gehen. Hie und da kann sie ein Auto in der Ferne hören, aber es ist Sonntag und nicht viel auf den Straßen los. Niemand möchte bei diesem Sauwetter spazierenfahren oder gehen. Simone kennt sich auf dem Städtischen Friedhof aus. Sie wendet sich dem breiten Kiesweg zu und folgt ihm bis zur Kapelle. Der Schneefall wird dichter, die Flocken tanzen vom mittlerweile dunklen Himmel. Mancherorts brennt eine Kerze auf einem Grab und gibt dem Friedhof etwas Mystisches. Zum Glück ist es nicht winterlich kalt, obwohl der lange Spaziergang durch die Stadt in Simone eine Sehnsucht nach Wärme und Frühling entfacht hat. Schnee? Wer braucht ihn schon knapp vor Ostern? Zu Weihnachten passt er ja, aber nein, er kam immer zu spät … Simone erreicht nach wenigen Minuten die Kapelle. Gut, jetzt muss sie sich nach links wenden, wenn sie zu dem Tor in der Nähe der Pottendorfer Straße kommen will. Simone sieht sich um. Keine Menschenseele treibt sich um diese Uhrzeit und bei diesem Wetter auf dem Friedhof herum. Vorsichtig setzt die junge Frau ihre zappelnde zottelige Hündin auf den Kiesweg und streicht sich mit einer Handbewegung die karottenroten Haare aus dem Gesicht. Die Kapuze ihrer Jacke verrutscht und sie zieht sie wieder hoch. Rala knurrt just in dem Moment, als Simone ein seltsames Geräusch hört. War es ein tiefes Seufzen? Eine Katze, eine Krähe? Simone läuft Gänsehaut auf. »Was war das?«, flüstert Simone ihrer kleinen Hündin zu. Ist sie nicht alleine hier? Sie sieht sich in der Dunkelheit um. Wo ist das Geseufze hergekommen? Von vorne, von rechts? Simone lauscht in die Stille hinein. Vielleicht braucht ja jemand Hilfe. Rala zerrt an der Leine. Simone folgt ihr, ohne viel nachzudenken. Sie überqueren schmale Wege, steigen über Gräber hinweg, zwängen sich zwischen Bäumen hindurch bis zu einer hohen Tanne. Moment. Simone kennt diesen Platz. Das Grab dort vorne ist das von Melanies Schwiegermutter, Christine Urban. Die Mutter ihres Schwagers Martin wurde vor einigen Jahren hier beerdigt. Martin erzählt manchmal von seiner Kindheit, von Christine. Aber wenn seine Gedanken seinen Vater Franz Urban streifen, dann versteinert seine Miene und er verstummt. Simone weiß, dass er manchmal auf den Friedhof zum Grab seiner Mutter geht und Blumen bringt. Melanie begleitet ihn. Auch Lorenz und Moritz. Die Grabpflege macht Melanie, sie tut das gerne für ihren Mann. Ein paar Mal ist Simone ihrer Schwester zur Hand gegangen, deshalb kennt sie dieses Grab gut. Aber irgendetwas stimmt da nicht. Simone presst die Lippen aufeinander und hält die Luft an, als sie einen dunklen Schatten zu erkennen glaubt. Kniet jemand auf dem Grab? Simone holt ihr Handy hervor und betätigt mutig die TaschenlampenApp. Niemand darf sich an fremden Gräbern zu schaffen machen und Martin wird es ja wohl nicht sein. Simone leuchtet zu dem Grab. Rala knurrt ihr tiefstes Knurren, dann beginnt sie wie verrückt zu bellen. Ein alter Mann sieht erschrocken hoch. Er hält sich die Hand vor die Augen, denn der Lichtstrahl des Smartphones blendet ihn. »Was machen Sie hier?«, fragt Simone geradewegs heraus. »Verschwinden Sie und schalten Sie gefälligst das Licht aus, sonst …« Der alte Mann sieht sich um. »Machen Sie schon, was ich sage. Rasch!« Er packt...