Šedivý / Sedivý | Salzburgs Musikgeschichte im Zeichen des Provinzialismus? | E-Book | sack.de
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Šedivý / Sedivý Salzburgs Musikgeschichte im Zeichen des Provinzialismus?

Die ersten Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts
1. Auflage 2014
ISBN: 978-3-99012-147-4
Verlag: Hollitzer Wissenschaftsverlag
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark

Die ersten Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts

E-Book, Deutsch, Band 2, 384 Seiten

Reihe: Veröffentlichungen der Forschungsplattform "Salzburger Musikgeschichte"

ISBN: 978-3-99012-147-4
Verlag: Hollitzer Wissenschaftsverlag
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark



Als Folge von Eroberung, Säkularisierung und Bedeutungsverlust wurden zu Beginn des 19. Jahrhunderts in Salzburg gewohnte Verhältnisse tiefgreifend umgestaltet. Entsprechend nachhaltig waren die Konsequenzen auch für das kulturelle Leben der Stadt, dessen musikalische Seite bislang nur lückenhaft erforscht war. Im vorliegenden Band beleuchten nun siebzehn ausführliche Beiträge die Zeit nach den politischen Umbrüchen bis zur Gründung des Dommusikvereines und des Mozarteums. Thematisiert werden das fortgeführte geistliche Musikleben nach der Säkularisierung, das Leben und Werk zeitgenössischer Komponisten in und aus Salzburg, aber auch das allmähliche Entstehen des Mozartkultes in der Stadt. Im Rahmen dieses Überblicks entsteht ein umfassendes Bild über das vielfältige Musikleben, dessen Details und neue Erkenntnisse überraschen und zahlreiche hergebrachte Ansichten über diese 'Zeit des Übergangs' korrigieren.
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Vorwort des Herausgebers Thomas Hochradner: Unter Krummstab, Löwe und Adler: Wahrnehmungsperspektiven einer musikgeschichtlichen Etappe Eva Neumayr: Kirchenmusik am Salzburger Dom in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts Lars Laubhold: Repertoire und Repertoireentwicklung in der Musik am Salzburger Dom in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Beobachtungen am Musikalienbestand Dommusikarchiv im Archiv der Erzdiözese Salzburg Gerhard Walterskirchen: „Kein vergleichbares Institut im Bereich der österreichischen Monarchie“. Zur Geschichte der Kapellknaben und des Kapellhauses P. Petrus Eder OSB: Die Musikaliensammlung des Paters Michael Nagnzaun aus St. Peter Carena Sangl: Musikpflege im Salzburg der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts nach Quellen des Musikarchivs im Franziskanerkloster Monika Oebelsberger: Schullieder und Schulmethoden in Salzburg - ein Beitrag zur Geschichte der Musikpädagogik im frühen 19. Jahrhundert Wolfgang Dreier: Zwischen Suggestion und Systematik - regionale Musikkonzepte im Spiegel zeitgenössischer Beschreibung und Sammlung am Beispiel des Jodlers Elke Michel-Blagrave: Fürst Ernst von Schwarzenberg (1773-1821) in Aigen - Begegnungen, Musikzirkel und Fürst Ernst als Widmungsempfänger Margit Haider-Dechant: Joseph Wölfls Salzburger Jahre Milada Jonášová: Benedikt Hacker - Verleger und Geschäftspartner des Verlags Hoffmeister und Kühnel Irene Holzer: Anton Diabelli - 'Musikalischer Provinzialismus‘ als erfolgreiches Geschäftsmodell Erich Wolfgang Partsch: Anton Diabelli als Gitarren-Komponist, -Bearbeiter und -Verleger Irene Holzer: „Ad Chorum Monasterii S. Petri hic Salisburgi“ - Sigismund Neukomms Messkompositionen als Beispiel für das musikalische Erbe des Erzstiftes Salzburg Dominik Šedivý: Traditionalismus nach Beethoven: Ignaz Assmayr als Symphoniker Anja Morgenstern: Constanze Nissen in Salzburg 1824-1842. Neue Aspekte zur Entstehung des Mozartkults Rainer J. Schwob: Salzburg auf dem Weg zur Mozartstadt. Zur Mozart-Rezeption in der ersten Hälfte des 19. JahrhundertsNamensregister


Thomas Hochradner
Unter Krummstab, Löwe und Adler: Wahrnehmungsperspektiven einer musikgeschichtlichen Etappe
Musikgeschichte lebt mit einem Auf und Ab ihres Gegenstands. Phasen wirtschaftlichen Aufschwungs ziehen kulturelle Blütezeiten nach sich, Phasen der ökonomischen Krise münden in Verniedlichung und Niedergang. Aber Ausnahmen bestätigen die Regel. Immer wieder gab es Regenten, die von politischer Erfolgslosigkeit begleitet waren, indes an ihrem Hof für ein künstlerisch hochwertiges Ambiente sorgten, und umgekehrt raffinierte Machtstrategen, die Kunst bestenfalls als Mittel ihrer Ambitionen benützten. Man muss also die jeweiligen Gegebenheiten näher beleuchten und ihre Hintergründe freilegen, um einer Milchmädchenrechnung zu entgehen: dass nämlich die Entfaltung der Künste stets aus der Prosperität von Politik und Wirtschaft resultiere. Wie vielschichtig und situationsbedingt individuell sich eine kulturelle Konstellation ausprägt, zeigt nicht zuletzt die Regentschaft Fürsterzbischof Hieronymus Graf Colleredos im Erzstift Salzburg. Auf der einen Seite erholt sich Salzburgs Handel, werden moderne Gedanken der Aufklärung handfest und prospektiv umgesetzt, entwickelt sich Salzburg zu einem Zentrum der Wissenschaft und des Publikationswesens in Oberdeutschland, lässt sich durchaus auch von einem Musikleben mit Niveau sprechen, in dem sich ein Wunderkind entwickeln konnte, war Salzburg in Worten Manfred Hermann Schmids „ein Ort für sein Talent“1 – auf der anderen Seite ziehen sich die Wolken der drohenden Säkularisation zusammen, bietet sich für den kompositorischen Genius Wolfgang Amadé Mozarts kein Raum für eine adäquate Zukunft. Eine aus meiner Sicht eigenartige Diskrepanz wird hier deutlich, die den musikwissenschaftlichen Ansatz vom musikhistorischen unterscheidet, wenn einesteils immanenten Qualitäten, andernteils dem Bedeutungsfaktor von Musik in einer zeitbezogenen Sphäre nachgespürt wird. Alfred Einstein hat den ‚Ausbruch‘ aus dieser Sphäre als Zeichen von „Größe in der Musik“ gesehen und damit den Kreis ‚großer‘ Komponisten sehr eng gezogen.2 Analog dazu jene, die diese Voraussetzung nicht erfüllten, invers und in verschiedener Abstufung zu ‚Kleinmeistern‘ abzuwerten, scheint mir jedoch dem Spannungsfeld der immanenten Werkbetrachtung zu entgleiten. Gerade an diesem Punkt gilt es Vorsicht vor dem Urteil walten zu lassen. Es ist nicht nur von soziologischen Kriterien zu reden, sondern auch von einer Verschiebung der qualitativen Ansprüche. So verständlich es ist, wenn Constantin Schneider in seiner Geschichte der Musik in Salzburg für die Zeit des Vormärz von den „Epigonen der Klassiker und Romantiker“ spricht3 – eine solche Einschätzung ist letztlich auch eine Frage des Maßstabs. Im Übrigen geht Schneider im Detail zunächst behutsamer vor: Mit Michael Haydns Tod im Jahre 1806 war eine Glanzzeit der Salzburger Musikkultur zu Ende. Die Tradition riß aber nicht jäh ab, wie sehr dies auch die wirren politischen Verhältnisse dieser Zeit erwarten ließen. Treffliche, fleißige Schüler des klassischen Meisters retteten das Erbe der Vergangenheit hinüber. – um dann aber doch zu resümieren: Nur aus dem Geiste der Vergangenheit, der Kunst ihres größten Sohnes Mozart und seiner bedeutendsten Vorgänger konnte das Musikleben der Stadt seine Wiedergeburt erwarten – ein rettender Gedanke, der noch vor der Jahrhundertmitte in Salzburg aufgegriffen wurde.4 Resultat dieser Einschätzung sind ganze zwei Absätze, die Schneider der Zeit von 1816 bis 1841 einräumt, und mithin legte er eine Lücke fest, die zu erschließen seither Kolleginnen und Kollegen mehrmals, meist punktuell beschäftigt hat. Als zwischenzeitliche Wegbereiter eines Überblicks sind vor allem zwei Publikationen zu erwähnen: zum einen der 1981 von Rudolph Angermüller herausgegebene Band Bürgerliche Musikkultur im 19. Jahrhundert in Salzburg5, zum anderen die einschlägigen Kapitel in der 2005 erschienenen Salzburger Musikgeschichte, namentlich das von Gerhard Walterskirchen verfasste „Theater, Redouten, Liebhaber-Konzert, Haus- und Salonmusik an der Wende zum 19. Jahrhundert“.6 Freilich gewinnt man den Eindruck, dass die Schwellenzeit zwischen dem Tod Michael Haydns und der Errichtung des Mozart-Denkmals zwar nicht mehr totgesagt wird, aber vielfach weitere Einsichten fehlen, die zu einer präzisierenden Revision führen könnten – sodass eine breit gefächerte Erhellung der Salzburger Musikkultur vom Ende der politischen Souveränität bis zur Wiedererlangung einer Selbstverwaltung bis auf den heutigen Tag unterblieben ist. Die Eckdaten des gegenständlichen Zeitraumes seien kurz zusammengefasst. Spektakulär verlief das Schicksal Salzburgs zu Beginn des 19. Jahrhunderts: Der Flucht Colloredos vor den nahenden Truppen Napoleons im Dezember 1800 folgte die Säkularisation des Erzstifts im Frieden von Lunéville (1801) und Reichsdeputationshauptschluss von Regensburg (1803) samt der Umwandlung in ein Kurfürstentum, das zusammen mit den ebenfalls säkularisierten Hochstiften Berchtesgaden, Passau und Eichstätt dem ehemaligen Großherzog von Toskana, Erzherzog Ferdinand von Österreich zugesprochen wurde. Als die Franzosen Salzburg 1805 ein zweites Mal besetzten, zog dies das Ende des Kurfürstentums und eine Odyssee des Landes nach sich. 1806 fielen Salzburg und Berchtesgaden an Österreich, 1810 – wieder hatte eine französische Besetzung den Wechsel ausgelöst – an Bayern, und diesmal wirkten sich die damit verbundenen Maßnahmen nachhaltig aus: Universität und Landschaft wurden aufgehoben, die verfügbaren finanziellen Ressourcen rasch ausgegeben, insgesamt die Bildungs-, politische und Wirtschaftskraft entscheidend geschädigt. Das weitere militärische Geschehen ereignete sich außerhalb Salzburgs, führte aber 1816 im Vertrag von München am grünen Tisch zum abermaligen, nunmehr endgültigen Zuschlag an Österreich, unter Verlust von Berchtesgaden und des als Kornkammer landwirtschaftlich wichtigen Rupertiwinkels, die bei Bayern verblieben. Neben die territoriale Einbuße trat jedoch die einschneidende einer Verwaltungsreform, die Salzburg einzig als Kreis beließ, das Land aber dem Herzogtum ob der Enns zuschlug und somit alle entscheidenden administrativen Stellen nach Linz verlagerte. Dadurch kam es zu einem Aderlass im Beamtenadel, womit in Zeiten eines allgemeinen Bevölkerungsrückgangs auch und vor allem eine kulturell tragfähige Gruppe der bürgerlichen Intelligenz betroffen war, die nach der Auflösung des Hofstaates Kontinuität verbürgte. Salzburgs ‚Provinzialität‘ wandert gleichsam sprichwörtlich durch Publikationen über diese Zeit, bis hin zu den Jahren 1848, als Salzburg wieder eine eigenständige Verwaltung erhielt, und 1850, als es zum ‚Kronland‘ erhoben wurde und sich bald darauf erste Anzeichen der Gründerzeit bemerkbar machten.7 „Zusammenfassend kann man sagen, daß die Eingliederung in den österreichischen Staatsverband für die Stadt Salzburg eine Reihe schwerer Nachteile mit sich brachte, die erst nach einem Jahrzehnte dauernden Prozeß der Anpassung überwunden werden konnten“, resümiert der Historiker Robert Hoffmann.8 Die einheimische Bevölkerung empfand es allerdings – soweit sich nach einer Durchsicht von ca. 80 Landesbeschreibungen und Reiseberichten aus dem Zeitraum 1790 bis 1850 sagen lässt – durchaus anders, und die verbliebene Intelligenzschicht entwickelte ein aus heutiger Sicht überraschendes Selbstbewusstsein hinsichtlich ihres kulturellen Lebens. Damit wird der retrospektiven Einschätzung des Historikers in ihrem Bedeutungsgehalt keineswegs widersprochen9, die Punze der Provinzialität jedoch gewissermaßen unterlaufen. Was Karl Wagner 1980 als Thesen formulierte, hat sich bestätigt: Die kulturelle Leistungsfähigkeit der Salzburger Bürgerschaft kann nicht unabhängig von der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Situation und die Richtung des Engagements nicht isoliert von den herrschenden Zeitströmungen beurteilt und bewertet werden. / Das Bürgertum hat sich im „Museum“ einen beachtenswerten Kulturträger geschaffen, der in ausgesprochen kleinstädtischen Verhältnissen und unter schwierigsten wirtschaftlichen Bedingungen ein öffentliches Konzertleben einrichtete und aufrecht erhielt. Darüber hinaus gingen vom „Museum“ die Impulse für die Errichtung des Mozart-Denkmals aus, dessen Enthüllungsfeier die Initialzündung für weitere Musikfeste unter der Patronanz des Namens Mozart wurde.10 Das Museum hatte sich 1810 im Zusammenschluss einer seit 1784 bestehenden Lesegesellschaft und der 1809 ins Leben gerufenen Musikalischen Gesellschaft gebildet11, fungierte also als Traditionsträger, der 1834 sogar in einem Reisebericht genannt wird12, das intellektuelle Leben der Stadt Jahrzehnte lang prägte und erst 1854 in zwei Nachfolge-Institutionen aufging13 – ein Signal wider vermeintliches völliges Absterben oder eine Bruchlinie im gesellschaftlich-musikalischen Leben der Stadt in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts. Gemäß den Statuten strebte das Museum nach „literarischer Ausbildung durch Lektüre, Konversation, Musik und geselliges Vergnügen“, die einmal wöchentlich in Veranstaltungen gepflegt wurden.14 Auf Stellenwert und Ausrichtung der Musikdarbietungen lassen die Mitgliedschaften des Musikalienhändlers und Komponisten Benedikt Hacker sowie des Priesters und Komponisten Thaddäus Susan, eines Schülers von Michael Haydn schließen.15 Ihr künstlerisches Schaffen steht im Zeichen eines...



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