E-Book, Deutsch, 232 Seiten
Reihe: Systemaufstellungen
Essen Selbstliebe als Lebenskunst
5. Auflage 2023
ISBN: 978-3-8497-8445-4
Verlag: Carl-Auer Verlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Ein systemisch-spiritueller Übungsweg
E-Book, Deutsch, 232 Seiten
Reihe: Systemaufstellungen
ISBN: 978-3-8497-8445-4
Verlag: Carl-Auer Verlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Die Liebe zu sich selbst ist die beste Voraussetzung für ein erfülltes Leben. Sie entsteht, wenn das Ich und das Selbst in Balance kommen, wenn ein Gleichgewicht besteht zwischen dem Individuum und seiner Umwelt, zwischen dem sichtbar Körperlichen und dem immateriell Seelischen, zwischen Menschlichem und Spirituellem.
Ein Weg, zu dieser heilenden Balance zu finden, stellt die autopoietische Aufstellung dar, die Siegfried Essen in diesem Buch vorstellt. Zu ihren Grundlagen gehört neben systemischen Erkenntnissen und den Regeln der Aufstellungsarbeit der Aspekt der Spiritualität aus einem urchristlichen und buddhistischen Verständnis heraus.
In den zahlreichen Fallbeispielen und Übungsanleitungen geht es um unser Wünschen, Wollen, Bitten und Beten, um die Kultivierung von Selbstgesprächen, um den heilenden und stärkenden Umgang mit Ahnenreihen und Stammbäumen, mit Medizinrädern und Chakren zur Entfaltung von Intuition, Kreativität, Herzenskraft, Selbstmächtigkeit, Erotik und Erdung. Weitere Themen sind der Umgang mit Schuld und Schuldgefühlen, Täter-Opfer-Verstrickung sowie die ressourcenorientierte Traumabehandlung im Einzelschicksal und im Kollektiv.
Am Ende ist der Leser in der Lage, mithilfe der Anleitungen zu Alltagsritualen, Übungen und Meditationen eigenständig, d. h. ohne Therapeut:in oder Gruppe, Ich-Selbst-Verkörperungen durchführen. Kurzum: Ein Praxisbuch zum Einüben von Selbstliebe mit ihren vielen Facetten der Selbstwahrnehmung, Selbstrespekt, Selbstvergebung und Selbstermächtigung.
Weitere Infos & Material
Einleitung
Wenn man es mit Menschen zu tun hat,
sagte er, sollte man sich nur bemühen,
ihrem Körper etwas zu vermitteln. Don Juan Verkörperung als spiritueller Weg
Ist es möglich, sich im Körper wohlzufühlen, sich in der materiellen Begrenztheit und Sterblichkeit zu lieben? Ich stelle mir vor, wie wir im Moment unserer Geburt mit voller Wucht aus der Verbundenheit gerissen, von der Mutter getrennt und in die Einzelexistenz geworfen werden. Dokumentiert nicht der Schrei des Babys das Entsetzen und die bodenlose Angst der Seele? Wo ist die Verbundenheit geblieben? Oder dokumentiert dieser Schrei die Überraschung darüber, dass alles so anders ist als bisher, so neu? Oder deutet unser erster Umgang mit der Luft und der Stimme (manche Babys schreien nicht) schon eine erste Entscheidung an, wie wir die Welt sehen? Werden wir unser Leben dafür nutzen, in die Verbundenheit zurückzukehren, oder dafür, das Überraschende des Lebens auf der Erde anzunehmen und gleichzeitig zu erkennen, dass wir die Verbundenheit nie verloren haben. In Verbundenheit getrennt sein und in Getrenntheit verbunden sein, das ist Selbstliebe, Selbstachtung, Selbstmächtigkeit. Dieses Buch ist als Praxisbuch zum Einüben von Selbstliebe mit ihren vielen Facetten gedacht: Selbstwahrnehmung und Selbstvergebung, Selbstrespekt und Selbstermächtigung, um nur einige zu nennen. Es entstand aus der universalen Sehnsucht nach Lebensfreude, nach Liebe, Selbstbewusstsein und Macht. Die Grundhaltung meiner Arbeit ist die Liebe zur Erde. Das heißt die Anerkennung und Würdigung der Dualität. Das ist vielleicht für manche überraschend, die sich unter Spiritualität die Liebe zum Himmel und die Aufhebung der Dualität vorgestellt haben. In dieser anderen Auffassung von Spiritualität wird aber die Nichteinheit nicht als Sündenfall oder als böse betrachtet, sondern als Geschöpflichkeit, Materialität und Kraft der Unterscheidung. Dualität wird als wesentlich zur Einheit gehörend betrachtet. Das Erscheinende, die Form, entspringt aus dem Einen, Leeren, Nichterscheinenden, und umgekehrt! Das Größere, die Leerheit und Einheit, entsteht aus der Bewusstwerdung der Teile. Indem sich das Lebendige seiner selbst bewusst wird, entsteht es erst als Leben, das immerfort sich selbst überschreitet. Das Göttliche ist nur denkbar als in Ausdehnung begriffen, in ständiger Erneuerung und Ausdehnung seiner selbst. Durch und in uns erneuert sich Gott. Deshalb wird er im Judentum und Christentum immer wieder als lebendig bezeichnet, für alle Überraschungen gut, doch gleichzeitig treu, und darum wird er hier wie eine Person betrachtet, das heißt in Lebendigkeit und autopoietischen Identität. Die buddhistische Erkenntnistheorie hat mir geholfen, die Lebendigkeit und das umfassende Schöpfertum »Gottes« zu begreifen. Ich werde das immer wieder zu beschreiben und zu erzählen versuchen. Wo sonst als in uns Menschen können sich die beiden Seiten des Universums, Dualität und Nondualität, Materie und Geist, Getrenntheit und Verbundenheit begegnen?! Und wer sonst als der Mensch entscheidet darüber, ob diese Begegnung in Liebe geschieht oder in Hass?! In jedem Moment unseres Lebens, in jedem Atemzug realisieren wir beide Seiten unserer Natur, das Unterscheiden und das Verbinden. Dieses Buch soll dazu anleiten, dass Sie in beiden Fähigkeiten zu exzellenten Könnern werden und so Selbstliebe, Selbstmächtigkeit und Selbstachtung erlangen. Dabei ist es mir wichtig, Wege der Selbstliebe aufzuzeigen, die keine neue Abhängigkeit von außen schaffen, weder von Therapeuten noch von Lehrern1, Gurus oder anderen Experten. Keine Korruption, keine Bestechung, keine Ersatzbefriedigungen, kein Vertuschen, Verschleiern, Verdrängen. Unsere Freiheit, die Frucht unserer Trennung von Gott oder der Mutter, erscheint mir als das höchste spirituelle Gut, und sich selbst anzunehmen als die Lebenskunst schlechthin. Meine Lieblingsmethode als Therapeut ist die der Inkarnation oder Verkörperung. Sie kennen sie auch als »Skulpturarbeit«, »systemische Aufstellungsarbeit«, »Familienstellen« oder »Familienrekonstruktion«, »Strukturaufstellung« und so weiter. Unter diesen Namen hat sie den Ruf, Expertenwissen zu sein. Aber ich bin skeptisch gegenüber jedem Expertenwissen, besonders wenn es sich auf psychische oder seelische Themen bezieht. Auch im Wirtschaftsleben und in sozialen Belangen wird Expertentum ununterbrochen missbraucht und schafft Abhängigkeit und Suchtverhalten. Marianne Gronemeyer hat das in ihren Büchern (2002 u. 2008) wunderbar beschrieben. In diesem Buch versuche ich, unserer Unfreiheit zu begegnen, indem ich Sie auf unsere universale Verbundenheit als unser innerstes Wesen hinweise. Der Einfachheit halber benenne ich diese Qualität von Verbundenheit, Liebe oder Eins sein mit dem Namen »Selbst«. Wieder und wieder werde ich Ihnen vorschlagen, es zu spielen, zu verkörpern, zu üben, zu praktizieren. All diese Begriffe sind für mich Synonyme für das Realisieren des Selbst. Auch andere Formen, es ins Spiel zu bringen, wie zum Beispiel im Reden, Schreiben, Malen, Tanzen, Visualisieren, Singen, Denken oder Musizieren werde ich Ihnen vorschlagen. Mein Favorit ist jedoch das Verkörpern oder Aufstellen. Und nun kommt das Wörtchen »System« ins Spiel. Nur sich selbst zu spielen würde wenig Neues bringen. Erst Unterscheidungen schaffen neue Erkenntnisse, neues Bewusstsein, neue Materie, wie wir schon aus dem biblischen Schöpfungsbericht erfahren. Interessant wird es, wenn wir die Ur-Unterscheidung treffen, die Eins und die Zwei, die Einheit und die Vielheit, das Verbinden und das Unterscheiden. Beide Prozesse laufen ständig in uns ab, beide Fähigkeiten haben wir in uns. Ich nenne die Verbundenheit das »Selbst« und die Getrenntheit das »Ich«. Wenn wir dieses Ur-System verkörpern (oder auf andere Art realisieren), kommen wir auf ganz leichte Weise zu Selbstliebe und Freiheit. Wir tun dies mithilfe von drei wesentlichen Aktivitäten: Zunächst durch das Repräsentieren aller wichtigen Aspekte eines Systems, einer Geschichte oder eines Bildes entweder durch Rollenspieler oder andere Symbole. Dabei realisieren wir die wechselseitige Verbundenheit aller Teile zu einem lebendigen Ganzen, in dem nichts überflüssig und nichts ausgeschlossen ist, in Spiel und Experiment. Kinder tun das ganz von selbst und entwickeln so Lebensfreude und Lebenskunst. Darauf gilt es, diese Erfahrung von Verbundenheit und Selbstliebe und gleichzeitiger schöpferischer Freiheit im Alltag zu verankern. Dies geschieht durch Übung, durch kleine positive Rituale und durch viele Formen schöpferischen Ausdrucks, wie Singen, Schreiben, Tanzen, Fantasieren usw. Solche Übungen und Rituale stellen einen wesentlichen Teil dieses Buches dar. Die Spiritualität dieses heilsamen Prozesses besteht beim ersten Schritt in Externalisierung und Zerstückelung. Einheit zerfällt in Dualität. Ein Prozess unendlicher Differenzierung und Desidentifikation beginnt. Dieser Schritt ist schmerzhaft und verstörend, zeigt die existenzielle Tiefe und Allgemeinheit unserer menschlichen Getrenntheit auf und macht die Unmöglichkeit einer linearen Lösung deutlich. Abwertung unserer Getrenntheit ist keine Lösung. Vielmehr ist Verkörperung (das lateinische Wort dafür ist Inkarnation) schon ein Ebenenwechsel, eine Lösung zweiter Ordnung. In der christlichen Theologie bezeichnet Inkarnation einen Ebenenwechsel des Gottesbegriffs. Gott wird Mensch. Das Wort wird Fleisch (Joh 1)2. Der erste Schritt »Gottes« aus seiner unendlichen und nicht erkennbaren Einheit heraus ist das »Wort«. Das All-Eine geht in Kommunikation. Zur Kommunikation braucht man zwei, die Dualität. Der zweite Schritt ist die Verkörperung. Im Grunde können wir nicht sagen, was zuerst war, die Kommunikation oder die Dualität, Verbundenheit oder Trennung. In der symbolischen Ausdrucksweise der jüdischen Tradition geht alles Hand in Hand: das Sprechen und Schaffen und Sehen und Unterscheiden. Und Gott sprach, es werde Licht, und es wurde Licht. Und Gott sah, dass das Licht gut war. Da schied Gott das Licht von der Finsternis und nannte das Licht Tag und die Finsternis Nacht. Da wurde aus Abend und Morgen der erste Tag (Gen 1). Aufstellungen verkörpern Kommunikation, das macht ihre Spiritualität aus. Aufstellen ist Wechseln vom Sprechen ins Verkörpern und zurück. Die Betonung liegt aber auf dem Verkörpern, denn das Sprechen verändert üblicherweise nicht so wie das Verkörpern oder Handeln. Sie können das bei therapeutischen Methoden überprüfen oder bei sich zu Hause in den Übungen, die ich Ihnen anbieten werde. Es gibt natürlich auch ein Sprechen, das Handeln ist und nicht in reiner Theorie stecken bleibt. Es hat Wirkung. Sie können es bei anderen leicht unterscheiden, bei sich selbst ist der Unterschied manchmal schwerer festzustellen. Meist erkennen Sie die Unterschiede zwischen Theorie und Praxis erst, wenn Sie...